I.
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13.07.2005 - 86 Ca 24618/04 - wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens beim Bundesarbeitsgericht - 9 AZR 823/06 - hat das beklagte Land zu tragen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung bei der Entscheidung über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses.
Die am 27.03.1962 geborene Klägerin, die Mutter zweier Kinder im Alter von nunmehr 17 und 19 Jahren ist, leidet an Neurodermitis. Sie steht in ständiger Behandlung mit Antihistaminika und gelegentlich mit Corticoiden. 1993/1994 traten während einer Arbeitslosigkeit im Zusammenhang mit der Neurodermitis erhebliche gesundheitliche Probleme auf. Mit Bescheid vom 31.01.1994 (Bl. 05/06 d. A.) erkannte das Versorgungsamt der Klägerin einen Grad der Behinderung von 40 wegen einer äußerlich erkennbaren dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit zu. Während eines Arbeitsverhältnisses mit überwiegend stehender Tätigkeit in der Zeit von 1995 bis Ende 2003 war die Klägerin nicht wegen Neurodermitis arbeitsunfähig erkrankt.
Am 10.10.2003 bewarb sich die Klägerin bei der Polizei des beklagten Landes als Angestellte in der Parkraumbewirtschaftung, wobei sie eine monatliche Bruttovergütung zwischen 1.821,00 _ und 1.915,00 _ erhalten hätte. Am 24.02.2004 nahm sie an einem schriftlichen Auswahlverfahren und am 11.03.2004 an einer mündlichen Prüfung, jeweils mit Erfolg teil. Anlässlich der polizeiärztlichen Untersuchung zur weiteren Bearbeitung ihrer Bewerbung am 16.03.2004 legte sie dem untersuchenden Arzt ... den Bescheid des Versorgungsamtes über den Grad ihrer Behinderung vor. Im Ergebnis der Untersuchung erklärte ... die Klägerin für den Dienst in der Parkraumüberwachung als nicht verwendungsfähig (Befundschein Bl. 32 d. A.). Er teilte der Klägerin mit Schreiben vom 01.04.2004 (Bl. 10 d. A.) mit, dass der Befund ihrer Neurodermitis zur gesundheitlichen Nichteignung für die Tätigkeit in der Parkraumüberwachung geführt habe. Mit Schreiben vom 06.04.2004 (Bl. 11 d. A.) wurde der Klägerin von der Polizeibehörde mitgeteilt, dass ihre Bewerbung wegen der polizeiärztlich festgestellten Nichteignung erfolglos bleibe.
Mit Schreiben vom 22.04.2004 machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Polizeibehörde (Bl. 12/13 d. A) eine angemessene Entschädigung in Geld wegen einer ungerechtfertigten Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung geltend und bat zugleich um weitere Überprüfung der Auswahlentscheidung. Hierauf ging das beklagte Land nicht ein. Gespräche des Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der zuständigen Mitarbeiterin des Landespolizeiverwaltungsamtes und mit dem stellvertretenden Leiter des polizeiärztlichen Dienstes ... sowie ein weiteres anwaltliches Schreiben vom 14.07.2004 (Bl. 14. d. A.) führten zu keinem anderen Ergebnis. In der Zeit vom 01.01.2004 bis zum 16.01.2005 war die Klägerin arbeitslos.
Mit der am 07.10.2004 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und am 22.10.2004 zugestellten Klage hat die Klägerin die Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen Benachteiligung als behinderter Mensch verlangt und dabei ihren Anspruch auf die Richtlinie 2000/78/
EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vom 27.11.2000 (im Folgenden: Richtlinie) gestützt, die durch die Bundesrepublik Deutschland im
SGB IX nicht vollständig umgesetzt worden sei. Die bloße Behauptung des ärztlichen Dienstes des beklagten Landes, sie sei aufgrund ihrer Neurodermitis für die Tätigkeit der Parkraumüberwachung nicht geeignet, genüge nicht den Anforderungen an die diesem obliegende Darlegungs- und Beweislast zur Rechtfertigung der Benachteiligung. Allein ein erhöhtes Krankheitsrisiko könne ihre Benachteiligung als behinderter Mensch nicht rechtfertigen. Die allgemein bekannten Risikofaktoren wie Umwelteinflüsse seien bei ihr nicht einschlägig. Sie reagiere nur auf Latex und Wolle und lebe seit ihrer Geburt im urbanen Milieu, was die Symptome weder hervorgerufen noch verschlimmert, noch zu einer generellen Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Die erheblichen Probleme in den Jahren 1993/1994 seien vielmehr auf den mit der Arbeitslosigkeit verbundenen Stress wegen des Ausgeschlossenseins zurückzuführen, während ihrer unmittelbar vorangegangenen Berufstätigkeit habe sie trotz der Doppelbelastung durch Beruf und Kinder eine hohe Stresstoleranz an den Tag gelegt. Die Klägerin hat auf eine Stellungnahme ihrer behandelnden Hautärztin ... vom 28.03.2005 (Bl. 69 d. A.) verwiesen.
Die Klägerin hat beantragt,
das beklagte Land unter Einbeziehung der außergerichtlichen Anwaltskosten zu verurteilen, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung in Geld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.10.2004 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch auf Entschädigung stehe der Klägerin aufgrund des
SGB IX nicht zu, weil sie weder ein schwerbehinderter Mensch noch ein diesem gleichgestellter behinderter Mensch sei. Unabhängig davon sei ihre Neurodermitiserkrankung so schwerwiegend, dass eine Einstellung wegen der mit der Tätigkeit verbundenen gesundheitlichen Belastungen nicht in Frage gekommen sei, wie aus der Stellungnahme des untersuchenden Polizeiarztes, Herrn ... vom 14.12. 2004 (Bl. 34/35 d. A.) hervorgehe. Als Parkraumbewirtschafterin müsse sie sich über lange Zeiträume im Freien aufhalten und sei dabei verstärkt Umwelt- und Witterungseinflüssen im Straßenverkehr, wie
z.B. Abgasen und Fahrzeuglärm ausgesetzt. Außerdem sei mit einer erhöhten Widerstands- und Widerspruchsbereitschaft der betroffenen Verkehrsteilnehmer zu rechnen, was bei den in der Parkraumbewirtschaftung eingesetzten Arbeitnehmern zu einem verstärkten beruflichen Stress führe. Dabei handle es sich um medizinisch anerkannte Provokationsfaktoren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Krankheitsschüben bei der Klägerin führen würden. Während ihrer bisherigen Tätigkeit sei die Klägerin ausschließlich in Innenräumen tätig und lediglich dem Stress des normalen Berufsalltags ausgesetzt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.07.2005, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, das beklagte Land zur Zahlung einer Entschädigung von 12.000,00 Euro nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus der Richtlinie
i.V.m. den in §§ 611a
BGB, 81
Abs.2
SGB IX gesetzlich normierten allgemeinen Rechtsgrundsätzen zur Entschädigung wegen gemeinschaftsrechtswidriger Diskriminierung bei der Einstellung, gegen deren Bestimmungen das beklagte Land verstoßen habe, indem es die Bewerbung der Klägerin wegen ihrer Neurodermitiserkrankung abgelehnt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin aufgrund dieser Erkrankung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für eine Tätigkeit im Bereich der Parkraumbewirtschaftung nicht erfülle. Für die durch die Entschädigung auszugleichenden materiellen Nachteile seien drei Bruttomonatsgehälter anzusetzen, weil die Klägerin im Falle einer Einstellung aller Voraussicht nach nicht innerhalb der Probezeit von sechs Monaten gekündigt worden wäre. Wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin erscheine eine Entschädigung von weiteren drei Bruttomonatsentgelten als angemessen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihm am 30.08.2005 zugestellte Urteil hat das beklagte Land mit am 22.09.2005 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 21.11.2005 mit an diesem Tage eingegangenem Schriftsatz begründet.
Zur Begründung der Berufung hat das beklagte Land unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag ausgeführt, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Bundesrepublik Deutschland die Richtlinie für den Fall einer Benachteiligung wegen Behinderung in § 81
Abs.2
SGB IX vollständig umgesetzt habe. Da die Klägerin weder schwerbehindert noch einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sei, könne sie keinerlei Ansprüche geltend machen. Jedenfalls aber sei im Falle einer vermuteten Benachteiligung wegen Behinderung dargelegt, dass eine bestimmte körperliche Funktion wesentliche und entscheidende Anforderung für die Tätigkeit sei. Unstreitig habe das Hautleiden der Klägerin bereits zu einer äußerlich erkennbaren Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt. Ein Mitarbeiter in der Parkraumbewirtschaftung müsse sich aber täglich auf der Straße uneingeschränkt,
z.B. bei der Feststellung von Parksündern, aber auch bei Reaktion auf bei dieser Tätigkeit nicht auszuschließende Gefahrensituationen, schnell und zügig bewegen können. Wenn die Klägerin behaupte, diese zehn Jahre zuvor vom Versorgungsamt festgestellte Einschränkung habe im Zeitpunkt der polizeiärztlichen Untersuchung nicht mehr bestanden, müsse bezweifelt werden, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt noch anspruchsbegründend behindert gewesen sei. Auch die Neurodermitis als solche schließe die körperliche Funktion aus, die eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit in der Parkraumbewirtschaftung sei. Nach den medizinischen Erkenntnissen sei davon auszugehen, dass sich das Leiden über die ohnehin schon bestehende Einschränkung der Beweglichkeit hinaus bei dieser Tätigkeit noch verschlimmere, sodass die Klägerin die Aufgabe nicht wahrnehmen könne. Bereits die polizeiärztliche Feststellung, dass die Klägerin aufgrund der Neurodermitiserkrankung für die Tätigkeit nicht geeignet sei, stelle eine konkrete Tatsache dar, aus der sich ergebe, dass ihr die erforderliche körperliche Funktion fehle. Weder könnten aus den früheren Tätigkeiten der Klägerin im Innendienst Schlussfolgerungen auf die hier in Rede stehenden Außendiensttätigkeiten mit erhöhtem Stresspotenzial gezogen werden, noch sei die allgemein gehaltene Stellungnahme der ... vom 28.03.2005 geeignet, die Feststellungen des ... zu widerlegen. Vorsorglich hat sich das beklagte Land zum Beweis für die Nichteignung der Klägerin wegen ihres Hautleidens für die Tätigkeit im Bereich der Parkraumbewirtschaftung auf ein einzuholendes Sachverständigengutachten berufen. Selbst wenn der Klägerin eine Entschädigung zustünde, habe das Arbeitsgericht sie zu hoch angesetzt. Die Kündigungsmöglichkeit während der Probezeit sei zu berücksichtigen. Der Vorwurf irgendeiner Fahrlässigkeit treffe das beklagte Land nicht. Wer sich als medizinischer Laie eines Fachmanns bediene, müsse sich auf die Richtigkeit der ärztlichen Feststellung verlassen dürfen.
Das beklagte Land hat beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin - 86 Ca 24618/04 - vom 13. Juli 2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch die Klägerin hat auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen und ihre Rechtsansicht zum Richtlinienverstoß weiter begründet. Sie hat behauptet, die im Bescheid des Versorgungsamtes festgestellte äußerlich erkennbare Einbuße der körperlichen Beweglichkeit habe zum Zeitpunkt der polizeiärztlichen Untersuchung nicht mehr bestanden, es sei keinerlei körperliche Beeinträchtigung erkennbar gewesen. Für die wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung sei auch darauf abzustellen, ob die Behinderung durch Heil- oder Hilfsmittel ausgeglichen werden könne, was vorliegend durch Antihistaminika und gelegentlich kortisonhaltige Externa geschehe. Zum Fehlen einer körperlichen Funktion könne sich das beklagte Land allein auf einen hypothetischen Verlauf der Krankheit stützen. Es müssten jedoch Umstände benannt werden, die gerade für die Klägerin den alsbaldigen Eintritt einer Beeinträchtigung nahe legten. Die Angabe der Klägerin zu den Provokationsfaktoren Wolle und Latex werde nicht gewürdigt. Der Berufungsvortrag erschöpfe sich in der Darlegung eines abstrakt vorliegenden erhöhten Krankheitsrisikos, was eine Benachteiligung wegen der Behinderung nicht rechtfertigen könne. Hinsichtlich der Anspruchshöhe verkenne die Berufung, dass die Entschädigung nicht allein aufgrund einer hypothetischen Ermittlung des entgangenen Gewinns zu ermitteln sei, sondern auch dem Ausgleich des immateriellen Nachteils diene.
Mit Urteil vom 09.03.2006 - 5 Sa 1794/05 - hat das
LAG Berlin unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen, mit der Begründung, die Bundesrepublik Deutschland habe die Richtlinie durch die Bestimmung des § 81
Abs.2
SGB IX bezüglich der Diskriminierung wegen Behinderung umgesetzt. Die darin bestimmten Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch lägen nicht vor, da die Klägerin weder schwerbehinderter Mensch noch einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden sei.
Auf die Revision der Klägerin ist dieses Urteil wiederum mit Urteil des
BAG vom 04.03.2007 - 9 AZR 823/07 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht, nunmehr das
LAG Berlin-Brandenburg, zurückverwiesen worden. Darin hat das
BAG zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, in gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung von § 81
Abs.2 Satz 1
SGB IX a.F. sei es schon vor Inkrafttreten des
AGG einem öffentlichen Arbeitgeber verwehrt gewesen, eine Bewerberin um eine Stelle im öffentlichen Dienst wegen ihrer Behinderung (
GdB 40) zu benachteiligen. Der klägerische Sachvortrag lasse eine Benachteiligung wegen Behinderung vermuten. In der neuen Berufungsverhandlung werde das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die vom Land vorgebrachten beruflichen Anforderungen geeignet seien, die weniger günstige Behandlung zu rechtfertigen. Das beklagte Land müsse im Einzelnen darlegen und
ggf. beweisen, dass der Klägerin wegen ihrer Behinderung eine bestimmte körperliche Funktion fehle, die wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für eine Tätigkeit in der Parkraumbewirtschaftung sei, § 81
Abs.2 Satz 2
Nr.1 Satz 3
SGB IX a.F. Zu beachten sei, dass das Interesse des Arbeitgebers, die Anzahl von krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten möglichst gering zu halten, noch keine berufliche Anforderung darstelle.
Das beklagte Land nimmt nunmehr Bezug auf seinen gesamten bisherigen Vortrag und meint, es habe bereits erstinstanzlich hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Parkraumbewirtschaftung für die Klägerin mit ihrem nicht ausgeheilten Hautleiden, das schon zehn Jahre vorher zu einer äußerlich erkennbaren dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt habe, ein besonders gesundheitsgefährdender Arbeitsplatz gewesen wäre, zumal die Klägerin an diesem Arbeitsplatz eine Uniform tragen müsse, die Wolle enthalte. Ein Arbeitgeber könne nicht gezwungen werden, jemanden durch Zuteilung von Arbeit an der Gesundheit zu schädigen, unabhängig davon, ob er als Behinderter anzusehen sei, oder nur überhaupt aufgrund einer Erkrankung oder Allergie mit Krankheit oder Schlimmerem reagiere. Die Feststellung des
BAG, dass die Klägerin eine weniger günstige Behandlung erfahren habe als eine mit ihr in vergleichbarer Position befindliche Person, bei der keine Behinderung vorliege, sei eindeutig falsch. Es sei nicht um die Behinderteneigenschaft, sondern um die Grunderkrankung der Klägerin an Neurodermitis, und nicht um die möglichen krankheitsbedingten Ausfallzeiten, sondern allein darum gegangen, dass das beklagte Land die Klägerin nicht auf einen ihre Gesundheit gefährdenden Arbeitsplatz habe setzen wollen. Aufgrund des Ergebnisses der polizeiärztlichen Untersuchung habe es nicht anders handeln dürfen. Vorsorglich werde erneut Beweis durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens angeboten. Über die in den beiden Vorinstanzen vorgetragenen Tatsachen hinaus könnten keine neuen Tatsachen dazu vorgetragen werden, dass der Klägerin eine bestimmte körperliche Funktion fehle, die wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für eine Tätigkeit in der Parkraumbewirtschaftung sei. Der bisherige Vortrag sei aber ausreichend. Die dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit habe sich nach der Lebenserfahrung seit 1994 bis 2004 weiter verschlimmert. Bei jedem Krankheitsschub trete eine weitere Einschränkung der körperlichen Beweglichkeit akut, insgesamt aber auch chronisch ein. Beim Tragen der teils aus Wolle bestehende Uniform wäre die Klägerin ständig mit dem Allergen in Kontakt, würde also ständig an akuter Neurodermitis leiden. Den ärztlichen Feststellungen des ... komme ein größeres Gewicht zu als denen der Hausärztin der Klägerin, weil der Polizeiarzt mit den Erfordernissen des Polizeidienstes auch in der Parkraumbewirtschaftung vertraut sei.
Auch die Klägerin nimmt Bezug auf ihren gesamten bisherigen Vortrag und meint, das beklagte Land habe keine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dargelegt, die in dem Fehlen eine Neurodermitiserkrankung begründet sei. Die Schlussfolgerung, dass die Tätigkeit bei ihr Krankheitsschübe auslösen würde, überzeuge nicht. Sowohl ihr beruflicher Werdegang als auch die Stellungnahme ihrer Hausärztin legten sehr klar dar, dass sie körperlich den tatsächlichen und vermeintlichen Belastungen durch das Arbeitsumfeld Straßenverkehr und die zum Widerspruch oder gar Widerstand neigenden Betroffenen gewachsen sei. Selbst wenn die angestrebte Tätigkeit die Klägerin mehr fordere als andere Personen, sei damit nicht bereits stets eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung gegeben. Die Stellungnahme des ... leide bereits daran, dass sie zu diesen Vorgaben keine Aussage treffe. ... habe ausdrücklich ausschließlich die Feststellungen des Versorgungsamtes vom 31.01.1994 zur Grundlage seiner Beurteilung gemacht, ohne die Tauglichkeit der Klägerin im Jahre 2004 sowie eine etwaige Kompensation der Behinderung durch wirksame Heilmittel in Erwägung zu ziehen. Seine Feststellungen bezögen sich allein auf die Sorge um krankheitsbedingte Ausfallzeiten der Klägerin, die jedoch unbegründet sei.
Im letzten Verhandlungstermin hat die Klägerin auf Nachfrage erklärt, sie sei gegen Kleidung aus Wolle nur empfindlich, wenn sie unmittelbar auf der nackten Haut getragen werden müsse und der Wollanteil über 70 % liege. Auch wäre sie bereit gewesen, eventuelle Mehrkosten für die Anfertigung einer Uniform ohne belastenden Wollanteil zu tragen, falls dies erforderlich gewesen wäre.
Zum übrigen Sachvortrag der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der unter ihnen gewechselten Schriftsätze vom 21.11.2005, 21.12.2005, 01.02.2006, 27.09.2007, 26.10.2007 und 23.01.2008 nebst Anlagen verwiesen.
I.
Die gemäß §§ 8
Abs.2, 64
Abs.1 und 2
ArbGG statthafte Berufung des beklagten Landes ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520
Abs.1 und 3
ZPO, § 66
Abs.1 Satz 1 und 2
ArbGG) und daher zulässig.
II.
Die Berufung hatte in der Sache keinen Erfolg.
1.
Die auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung gerichtete Klage ist zulässig. Sie ist ausreichend bestimmt im Sinne von § 253
Abs.2
Nr. 2
ZPO. Die Klägerin durfte die Höhe der begehrten Geldzahlung in das Ermessen des Gerichts stellen, da die Bestimmung des Betrages von einer gerichtlichen Schätzung
bzw. billigem Ermessen des Gerichts abhängig war, musste dann jedoch die für die Schätzung heranzuziehenden Tatsachen benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (
vgl. Urteile des
BAG vom 15.02.2005 und vom 12.09.2006, EzA § 81
SGB IX Nr. 6 und 14). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat dargelegt, dass sie im Falle einer benachteiligungsfreien Auswahl eingestellt worden wäre, sie hat die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angegeben und die für die Schätzung heranzuziehenden Tatsachen benannt. Sie hat deshalb ausreichende Ausführungen gemacht, um dem Gericht die Feststellung des Betrages der angemessenen Entschädigung zu ermöglichen.
2.
Der Anspruch der Klägerin auf eine angemessene Entschädigung ergibt sich aus einer europarechtskonformen Anwendung von § 81
Abs.2 Satz 2
Nr.1 und
Nr. 2
SGB IX a.F. Die im Sinne des Europarechts behinderte Klägerin ist bei der Einstellungsentscheidung des beklagten Landes wegen ihrer Behinderung benachteiligt worden. Die von der Klägerin fristgerecht geltend gemachte Entschädigung ist vom Arbeitsgericht mit einem Betrag von 12.000,00 Euro auch in angemessener Höhe festgesetzt worden.
2.1
Zwar erfüllte die Klägerin die in § 81
Abs.2
SGB IX a.F. bestimmten Voraussetzungen nicht, weil sie mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 kein schwerbehinderter Mensch im Sinne von § 81
Abs.2 Satz 1 SBG IX a.F. war und auch keine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach
§ 68 Abs.2 Satz 1 SGB IX durch die Bundesagentur für Arbeit erfolgt ist. Das
BAG hat jedoch in der Revisionsentscheidung mit gemäß § 563
Abs.2
ZPO bindender Wirkung für die Berufungsinstanz festgestellt, dass die gesetzliche Regelung in § 81
Abs.2
SGB IX a.F. keine gemeinschaftsrechtskonforme Umsetzung der Richtlinie darstellte und dass die Bundesrepublik Deutschland diese nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt hatte. Der gemeinschaftsrechtliche Begriff der Behinderung ist nicht auf behinderte Menschen beschränkt, bei denen eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von wenigsten s 50 vorliegt, oder die diesen Menschen gleichgestellt sind. Es widersprach deshalb den Vorgaben aus
Art. 2, 5 und 17 der Richtlinie, den Geltungsbereich der zur Bekämpfung der Diskriminierung für erforderlich gehaltenen Schutzvorschriften und Sanktionen auf schwerbehinderte und gleichgestellte behinderte Beschäftigte zu verengen. Dadurch wurde die Gruppe der Einfach-Behinderten in von der Richtlinie nicht zugelassener Weise aus dem Schutzbereich des Umsetzungsgesetzes herausgenommen, wie der EuGH mit Urteil vom 23.02. 2006 (- C-43/05 - AP Richtlinie 2000/78/
EG Nr. 2) inzwischen festgestellt hat. Da ansonsten Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot sanktionslos blieben, müssen die Entschädigungsansprüche nach § 81
Abs.2 Satz 2
Nr.2 und 3
SGB IX a. F. auch für nicht schwerbehinderte und nicht gleichgestellte behinderte Beschäftigte gelten. Zur Gewährleistung des rechtlichen Schutzes des Gemeinschaftsrechts müssen die gemeinschaftsrechtswidrigen Bestimmungen gemeinschaftsrechtskonform auf alle Bewerber mit einer Behinderung im Sinne der Richtlinie angewendet werden. Diese sich aus der Richtlinie ergebende Verpflichtung obliegt allen öffentlichen Stellen der Mitgliedsstaaten, weshalb auch das beklagte Land die Richtlinie unmittelbar anwenden musste (so das Revisionsurteil unter II. 2., 3. und 5 der Entscheidungsgründe).
2.2
Durch Ziffer 18 der Erwägungen zur Richtlinie, wonach u.a. der Polizei unter Berücksichtigung des rechtmäßigen Zieles, ihre Einsatzbereitschaft zu wahren, nicht zur Auflage gemacht werden darf, Personen einzustellen, die nicht den jeweiligen Anforderungen entsprechen, um sämtliche Aufgaben zu erfüllen, die ihnen übertragen werden können, war der Anspruch der Klägerin nicht von vorneherein ausgeschlossen. Diese Erwägung stellt die Polizei der Mitgliedsstaaten nicht grundsätzlich vom Verbot der Benachteiligung von behinderten Bewerbern frei, sondern stellt lediglich klar, dass die Polizei im Einzelfall einen behinderten Bewerber deshalb ablehnen darf, weil dieser aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage ist, sämtliche polizeilichen Aufgaben zu erfüllen, die ihm übertragen werden können. Diese Erwägung der Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber dadurch in das nationale Recht umgesetzt, dass er in § 81
Abs.2 Satz 2
Nr.1 Satz 2
SGB IX a.F. die unterschiedliche Behandlung wegen Behinderung für zulässig erklärt hat, soweit eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der von dem schwerbehinderten Beschäftigten auszuübenden Tätigkeit zum Gegenstand hat und eine bestimmte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit und seelische Gesundheit wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für diese Tätigkeit ist (
vgl. Urteil des
BAG vom 03.04.2007, aaO, unter II. 4. der Entscheidungsgründe). Eine Ungleichbehandlung Behinderter bei der Einstellung war deshalb nur berechtigt, soweit diese Voraussetzungen gegeben waren.
2.3
Die Klägerin war im Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung des beklagten Landes behindert im Sinne der Richtlinie. Mit Bescheid des Versorgungsamtes vom 31.01.1994 ist bei ihr wegen ihres Hautleidens ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt worden. Soweit das beklagte Land wegen der Einlassung der Klägerin, die 10 Jahre zuvor festgestellte Einschränkung der körperlichen Beweglichkeit habe im Zeitpunkt der polizeiärztlichen Untersuchung nicht mehr bestanden, gemeint hat, das Vorliegen einer anspruchsbegründenden Behinderung müsse deshalb bezweifelt werden, steht dem bereits die fortbestehende Bestandskraft des Bescheides vom 31.01.1994 entgegen. Nach dem Grundsatz der Drittbindungswirkung von Verwaltungsakten sind sowohl das beklagte Land als auch das angerufene Gericht an die Feststellungen des Bescheides vom 31. 01.1994 gebunden, worauf bereits die erste Instanz zutreffend hingewiesen hat.
2.4
Mit dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22.04.2004 hat die Klägerin die Ausschlussfrist von § 81
Abs.2 Satz 2
Nr.4
SGB IX a.F., wonach ein Entschädigungsanspruch innerhalb von zwei Monaten nach Ablehnung der Bewerbung schriftlich geltend zu machen war, eingehalten, da das beklagte Land ihre Bewerbung mit Schreiben vom 06.04.2004 abgelehnt hatte (dazu siehe Revisionsurteil unter III. 1 der Entscheidungsgründe).
2.5
Die Klägerin wurde von dem beklagten Land bei der Einstellung im Sinne von
Art. 2
Abs.2 Buchstabe a der Richtlinie unmittelbar diskriminiert (zum Begriff der unmittelbaren Diskriminierung siehe
BAG aaO., unter II. 1 a) der Entscheidungsgründe), da sie wegen ihrer Behinderung bei der Besetzung der Stelle im Bereich der Parkraumbewirtschaftung nicht berücksichtigt wurde, und das beklagte Land hierfür keine sachlichen Gründe
i.S.v. § 81
Abs.2 Satz 2
Nr. 1 Satz 2 und 3
SGB IX a.F. dargelegt hat.
2.5.1
Das
BAG hat in der Revisionsentscheidung bereits festgestellt, dass der klägerische Sachvortrag eine Benachteiligung wegen ihrer Behinderung vermuten lässt (unter III. 2. b) der Entscheidungsgründe). Die Klägerin hatte die vorangegangenen Auswahlschritte mit Erfolg durchlaufen, die Ablehnung ihrer Bewerbung erfolgte ausschließlich aufgrund der vorangegangenen ärztlichen Untersuchung vom 16.03.2006, anlässlich derer die Klägerin den Bescheid des Versorgungsamtes über den Grad ihrer Behinderung vorgelegt und damit dem beklagten Land zur Kenntnis gebracht hatte. Es war deshalb von der Kausalität der Behinderung der Klägerin für die Erfolglosigkeit ihrer Bewerbung auszugehen.
2.5.2
Das beklagte Land, das nach § 81
Abs.2 Satz 2
Nr.1 Satz 3
SGB IX a.F. die Beweislast dafür trägt, hat nicht in der erforderlichen Weise dargelegt, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin rechtfertigten. Insbesondere hat es keine ausreichend konkreten Tatsachen dafür vorgetragen, dass der Klägerin wegen ihrer Behinderung eine bestimmte Funktion fehlte, die wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für eine Tätigkeit in der Parkraumbewirtschaftung ist. Weder der bisherige Vortrag des beklagten Landes noch seine weiteren Ausführungen im Nachgang der Revisionsentscheidung reichten hierfür aus, weshalb der angebotene Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erhoben werden konnte.
2.5.2.1
Soweit das beklagte Land sich darauf berufen hat, dass es bereits aufgrund der polizeiärztlichen Feststellung im Befundschein vom 01.04.2004, dass die Klägerin für den Dienst in der Parkraumüberwachung nicht verwendungsfähig sei, nicht anders habe handeln dürfen, ist diese Ansicht bereits deshalb unzutreffend, weil die Klägerin anlässlich der Untersuchung am 16.03.2004 den Bescheid des Versorgungsamtes hinsichtlich des Bestehens ihrer Behinderung vorgelegt und ihm damit zur Kenntnis gebracht hatte. Es hätte deshalb bei richtlinienkonformer Anwendung von § 81
Abs.2 Satz 2 Ziffer 1 Satz 2 SBG IX
a. F. besonderer Anlass zur Prüfung bestanden, ob die Klägerin wegen ihrer Behinderung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit nicht erfüllte. Dass dieser Maßstab bei der polizeiärztlichen Prüfung angelegt wurde, war weder dem Befundschein noch der Erklärung gegenüber der Klägerin im Schreiben des ... vom 01.04.2004, dass im Rahmen der polizeiärztlichen Untersuchung der Befund der Neurodermitis zur gesundheitlichen Nichteignung der Klägerin geführt habe, zu entnehmen. Vielmehr begründete gerade die Begründung der Ablehnungsentscheidung mit dem Untersuchungsergebnis die Vermutung, dass sie Klägerin bei dieser Entscheidung benachteiligt wurde.
2.5.2.2
Die in dem Bescheid des Versorgungsamtes vom 31.01.1994 festgestellte äußerlich erkennbare Einschränkung der körperlichen Beweglichkeit der Klägerin war nicht geeignet, eine Tätigkeit der Klägerin bei der Parkraumüberwachung auszuschließen. Das beklagte Land hat bereits nicht im Einzelnen erklärt, weshalb für die in Aussicht genommene Tätigkeit der Parkraumüberwachung eine uneingeschränkte körperliche Beweglichkeit erforderlich wäre und die bei der Klägerin nach dem Bescheid bestehende Einschränkung diesen Erfordernissen nicht genügen sollte. Weder wurden Maßgaben eines für alle Bewerber vorliegenden Anforderungsprofiles der Tätigkeit vorgetragen, die die Feststellung bestimmter Beweglichkeitsanforderungen hierfür erlaubt hätten, noch wurde mitgeteilt, welche konkreten Einschränkungen der körperlichen Beweglichkeit bei der Klägerin vorlagen, aufgrund derer diese Anforderungen nicht erfüllt sein sollten. Auch die Stellungnahme des untersuchenden Arztes, ..., vom 14.12.2004, die das beklagte Land im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits zusätzlich eingeholt hatte, enthielt zu diesen Vorgaben keine erhebliche Aussage, worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat. Wenn darin erklärt wurde, die gesundheitliche Nichteignung beruhe auf dem festgestellten Hautleiden Neurodermitis, das im Bescheid des Versorgungsamtes vom 31.01.1994 bereits zu einer äußerlich erkennbaren dauerhaften Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt habe, war daraus vielmehr erkennbar, dass allein dieser Bescheid den untersuchenden Arzt bereits zur Feststellung der Nichteignung geführt hatte, ohne dass offensichtlich die erforderlichen weitere Untersuchungen vorgenommen wurden, die diesen Schluss erlaubt hätten. Auch in diesem Schreiben wird weder ausgeführt, welcher Art die Einbuße der körperlichen Beweglichkeit nunmehr - zehn Jahre später - ggfs. noch war, noch werden Angaben dazu gemacht, für welche Tätigkeiten bei der Parkraumüberwachung die der Klägerin möglicherweise fehlende konkrete körperliche Beweglichkeit wesentlich und entscheidend sei.
Soweit das beklagte Land in der Berufungsinstanz dazu ausgeführt hat, ein Mitarbeiter in der Parkraumbewirtschaftung müsse sich täglich auf der Straße uneingeschränkt,
z.B. bei der Feststellung von Parksündern oder in Reaktion auf bei dieser Tätigkeit nicht auszuschließende Gefahrsituationen, schnell und zügig bewegen können, war weder nachvollziehbar, weshalb gerade die Feststellung von Parksündern eine besonders schnelle und zügige Abwicklung verlangte, noch, dass bei der Parkraumüberwachung, also im ruhenden Verkehr, mögliche Gefahrsituationen eine solche Beweglichkeit verlangen könnten. Auch war mangels näherer Angaben hierzu nicht erkennbar, dass gerade die bei der Klägerin vorliegende Einschränkung der körperlichen Beweglichkeit eine schnelle und zügige Durchführung der Tätigkeit und die Bewältigung etwaiger Gefahrsituationen verhindert hätte. Es kam deshalb nicht mehr darauf an, ob die in dem Bescheid vor mehr als zehn Jahren festgestellte Einschränkung im Zeitpunkt der Bewerbung bei der Klägerin überhaupt noch vorlag.
2.5.2.3
Die Neurodermitiserkrankung als solche schloss nach den Darlegungen des beklagten Landes eine körperliche Funktion als wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die in Aussicht genommene Tätigkeit der Klägerin in der Parkraumbewirtschaftung ebenfalls nicht aus. Angesichts der Vielzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die trotz dieses Leidens in körperlich und psychisch anspruchsvollen Berufen arbeiten, bedurfte es auch insoweit einer Berücksichtigung der gerade bei der Klägerin vorliegenden Dispositionen, die den Darlegungen des beklagten Landes indes nicht zu entnehmen war.
Die Stellungnahme des ... vom 14.12.2004 enthält die hierfür erforderlichen konkreten Angaben nicht. Mit dessen Hinweis auf die Verhütung von Verschlimmerungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge durch bestimmte äußerliche Einflüsse bei der Tätigkeit im Straßenverkehr (Beanspruchung der Haut durch Schmutz, Staub - Notwendigkeit häufiger Waschvorgänge und Desinfektionsmaßnahmen - überdurchschnittliche Expositionen gegenüber Allergenen, Lösemittel, Kühlschmierstoffe, Hitze, Feuchtigkeit und die Vermeidung von Stresssituationen) unter Bezugnahme auf beigefügte arbeitsmedizinische Literatur und der Feststellung, im Rahmen der Parkraumkontrolle sei mit vermehrten Witterungseinflüssen, Abgasen und Fahrzeuglärm zu rechnen, weshalb es sich um einen gesundheitsgefährdenden Arbeitsplatz handle, auch sei mit einer erhöhten Widerspruchs- und Widerstandsbereitschaft betroffener Verkehrsteilnehmer zu rechnen, wurde lediglich ein abstraktes Risiko der Verschlimmerung der Krankheit bei der Außendiensttätigkeit der Klägerin in der Parkraumüberwachung und bei der Feststellung von Parksündern durch Umwelteinflüsse und Stress bezeichnet, ohne dies mit den im Einzelnen bei der Klägerin ggfs. festgestellten besonderen Dispositionen für diese Einflüsse abzugleichen und die eingesetzten
bzw. einsetzbaren Heil- und Hilfsmittel zu berücksichtigen.
Das Schreiben des ... legte vielmehr die Annahme nahe, dass dazu keine Untersuchungen und Feststellungen erfolgt sind. Das beklagte Land hat zu den ärztlichen Feststellungen des
Dr. Fuchs nicht weiter vorgetragen, obwohl sowohl das Urteil des Arbeitsgerichts als auch das Revisionsurteil dazu Veranlassung hätten geben können. Soweit es dazu im Schriftsatz vom 01.02. 2006 ausgeführt hat, eine weitere Darlegung sei ihm nicht möglich, weil die Klägerin ... nicht ausdrücklich von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden habe, war diese Einlassung nicht nachvollziehbar. Das beklagte Land hatte bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 12.01.2005 vorgetragen, dass ... durch die Klägerin mit Erklärung vom 08.11.2004 (Bl. 36 d. A.) von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden worden sei, indem sie dessen Fachvorgesetzten ... von der Schweigepflicht entbunden habe, sodass sich diese Schweigepflichtentbindung auch auf die von ... bei der Klägerin durchgeführte Untersuchung beziehe. Dem ist die Klägerin nicht entgegen getreten. Es war nicht erkennbar, weshalb in der Berufungsinstanz diese Schweigepflichtentbindung nicht mehr ausreichen sollte, um dem beklagten Land ggfs. weitere Darlegungen zu ermöglichen.
Allein ein abstraktes Risiko, dass sich das Leiden der Klägerin aufgrund der speziellen Belastungen einer Tätigkeit in der Parkraumbewirtschaftung verschlimmern könnte, vermochte die Ablehnung ihrer Bewerbung und damit ihre Benachteiligung in Anbetracht ihrer Neurodermitis nicht zu rechtfertigen. Unter Berücksichtigung des unstreitigen Vorbringens der Klägerin, dass die Neurodermitis nur während ihrer Arbeitslosigkeit in den Jahren 1993/ 1994 zu gesundheitlichen Problemen geführt habe, sie aber von 1995 bis Ende 2003 in einem Arbeitsverhältnis mit überwiegend stehender Beschäftigung tätig gewesen sei, ohne dass in dieser Zeit eine Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit aufgetreten sei, und dass sie wegen der Krankheit ständig mit Antihistaminika und gelegentlich Corticoiden behandelt werde, also ständig Heilmittel einsetze, um etwaigen gesundheitlichen Problemen vorzubeugen, war davon auszugehen, dass sie auch den beruflichen Anforderungen dieser Tätigkeit gewachsen gewesen wäre. Soweit bei der Tätigkeit in der Parkraumüberwachung in vermehrtem Umfang Staub und Schmutz sowie witterungsbedingte Hitze und Feuchtigkeit auftreten dürften, hätte die Klägerin diesen Einflüssen durch geeignete Kleidung begegnen und häufiger notwendige Waschvorgänge dadurch vermeiden können. Soweit die Klägerin bei dieser Tätigkeit überhaupt mit Lösemitteln und Kühlschmierstoffen in Berührung gekommen wäre, hätte sie sich mit Handschuhen schützen können. Nicht nachvollziehbar war, warum die zweifellos allgemein gesundheitsschädlichen Belastungen mit Fahrzeuglärm und Abgasen bei einer Tätigkeit im Straßenverkehr gerade die Hauterkrankung der Klägerin verschlimmern könnten. Schließlich konnte auch ein gelegentlich auftretender beruflicher Stress bei der Auseinandersetzung mit widerspruchs- oder widerstandsbereiten Verkehrsteilnehmern nicht zu der Annahme führen, dass dadurch Neurodermitisschübe bei der Klägerin ausgelöst werden könnten. Konkrete Anhaltspunkte hierfür in der Person der Klägerin hat das beklagte Land ebenfalls nicht vorgetragen. Die Tatsache, dass die Klägerin in den acht Jahren zuvor trotz der Doppelbelastung durch das damals bestehende Arbeitsverhältnis und die Erziehung zweier Kinder nicht an Neurodermitis erkrankte, ließ im Gegenteil die Annahme zu, dass die Klägerin auch etwaige Stresssituationen bei der in Aussicht genommenen Tätigkeit ohne Erkrankung an Neurodermitis bewältigen würde. Die behandelnde Hautärztin der Klägerin, ..., hat in ihrer Stellungnahme vom 28.03.2005 zudem ausdrücklich erklärt, dass die Klägerin über ein ausgeglichenes Wesen verfüge und sie sich diese auch in einer Auseinandersetzung nur ruhig und sachlich vorstellen könne. Auch dies sprach für diese Annahme.
2.5.2.4
Soweit das beklagte Land schließlich zuletzt darauf verwiesen hat, dass die Klägerin bei ihrer Tätigkeit eine teils aus Wolle bestehende Uniform tragen müsse, weshalb sie ständig mit dem Allergen in Kontakt komme und deshalb ständig an akuter Neurodermitis leiden würde, fehlten einerseits Ausführungen zur Höhe des Wollanteils in der Uniform, andererseits konnte einer etwaigen allergischen Reaktion der Klägerin dadurch begegnet werden, dass ihr eine Uniform ohne belastenden Wollanteil zur Verfügung gestellt worden wäre. Es war deshalb nicht davon auszugehen, dass die Neurodermitis der Klägerin bei Tragen der Dienstuniform ständig akut auftreten würde. Die Klägerin hat überdies hierzu in der letzten Berufungsverhandlung auf Nachfrage erklärt, dass sie gegen Kleidung aus Wolle nur empfindlich sei, wenn diese unmittelbar auf der nackten Haut getragen werden müsse und der Wollanteil über 70 % liege. Sie hat auch erklärt, dass sie bereit gewesen wäre, eventuelle Mehrkosten für die Anfertigung einer Uniform ohne belastenden Wollanteil zu tragen, falls dies erforderlich gewesen wäre. Auch diesbezüglich war deshalb nicht feststellbar, dass der Klägerin bei ihrer Bewerbung eine bestimmte körperliche Funktion fehlte, die wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für eine Tätigkeit in der Parkraumbewirtschaftung war.
2.6
Hat das beklagte Land nach alledem objektiv rechtswidrig gegen das Benachteiligungsverbot in § 81
Abs.2 Satz 2 Ziffer 1
SGB IX a.F. verstoßen, ist es der Klägerin entschädigungspflichtig, ohne dass ein Verschulden hierfür vorausgesetzt wird (
vgl. Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, 11. Aufl., § 81 SBG IX Rn. 16 unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 08.11.1990, EzA
Nr. 7 zu § 611a
BGB).
2.7.
Die nach §§ 46
Abs.2
ArbGG, § 287
Abs.1 Satz 1
ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vom Gericht festzusetzende Entschädigung war in der vom Arbeitsgericht festgesetzten Höhe von 12.000,00 Euro, die aufgerundet in etwa sechs Monatsverdiensten der Klägerin bei der angestrebten Tätigkeit entsprach, auch angemessen im Sinne von § 81
Abs.2 Satz 2 Ziffer 2
SGB IX a.F.
Da die Klägerin bei benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre, nachdem sie die der polizeiärztlichen Untersuchung vorangegangenen Auswahlschritte sämtlich mit Erfolg durchlaufen hatte, war die Entschädigung nicht auf drei Monatsverdienste beschränkt, § 81
Abs.2 Satz 2 Ziffer 3
SGB IX a.F. kam nicht zur Anwendung.
Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Art und Schwere des Verstoßes und nach dessen Folgen für den schwerbehinderten Bewerber (Neumann, aaO § 81 Rn. 17; Urteil des
BAG vom 12.09.2006, EzA § 81
SGB IX Nr. 14). Es sind sowohl die materiellen als auch die immateriellen Nachteile des benachteiligten Bewerbers zu berücksichtigen, auch ist bei der Bewertung der Schwere des Verstoßes ggfs. einem Grad des Verschuldens Rechnung zu tragen. Die Entschädigung soll einerseits den Nachteil ausgleichen, der dem behinderten Bewerber durch die ihm entgangene Beschäftigung auf dem angestrebten Arbeitsplatz entstanden ist, insbesondere also die entgangene Verdienstmöglichkeit, andererseits ist der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts Rechnung zu tragen (
vgl. ErfK/Rolfs, 5. Aufl., § 81
SGB IX Rn. 10). Daneben kommt der Entschädigung auch eine gewisse Präventivfunktion zu, da nach
Art. 17 Satz 2 der Richtlinie die im nationalen Recht der Mitgliedsstaaten festzulegenden Sanktionen für den Fall von Verstößen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze war die vom Arbeitsgericht bestimmte Höhe der Entschädigung nicht zu beanstanden:
Die der Klägerin entstandenen materiellen Nachteile durch die Nichteinstellung wurden mit drei Monatsverdiensten entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht zu hoch angesetzt. Auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin während der Probezeit von sechs Monaten mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Wochenschluss gemäß § 53
BAT hätte gekündigt werden können, war nicht davon auszugehen, dass dies geschehen wäre. Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht darauf verwiesen, dass die Klägerin im Rahmen des Bewerbungsverfahrens die schriftliche wie die mündliche Prüfung mit Erfolg bestanden hatte und damit ersichtlich mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen den Anforderungen der Stelle in vollem Umfang entsprach. Auch lagen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass etwaige krankheitsbedingte Fehlzeiten Anlass für eine schnelle Wiederbeendigung eines Arbeitsverhältnisses in den ersten sechs Monaten hätten geben können, insbesondere war die Befürchtung von Fehlzeiten wegen Neurodermitis nach dem Vortrag des beklagten Landes nicht begründet, wie bereits ausgeführt. Es sprach deshalb alles dafür, dass die Klägerin die Probezeit absolviert hätte, ohne dass das beklagte Land eine Kündigung ausgesprochen hätte. Zudem war die Klägerin im Anschluss an die erfolglose Bewerbung bei dem beklagten Land noch weiterhin mehr als neun Monate arbeitslos, weshalb ganz erhebliche materielle Nachteile infolge der Ablehnung ihrer Bewerbung auszugleichen waren, die die hierfür angesetzten drei Monatsverdienste noch bei weitem überstiegen.
Die immateriellen Nachteile durch Verletzung des Persönlichkeitsrechts waren mit weiteren drei Monatsverdiensten ebenfalls nicht zu hoch bewertet. Der in § 81
Abs.2 Satz 2 Ziffer 3
SGB IX bestimmte Entschädigungsrahmen von drei Monatsverdiensten zum Ausgleich der immateriellen Nachteile eines Bewerbers, der auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, an dem sich das Arbeitsgericht zutreffend orientiert hat, wurde zwar in vollem Umfang ausgeschöpft, aber nicht überschritten. Auch wenn das beklagte Land bei der Ablehnung der Klägerin nicht vorsätzlich gehandelt haben dürfte, erschien es auch der Berufungskammer als angemessen, für diesen Teil der Entschädigung den höchstmöglichen Betrag von drei Monatsverdiensten anzusetzen. Entscheidend hierfür war die Intensität des festgestellten Verstoßes. Das beklagte Land hat die Klägerin wegen Neurodermitis nicht auf die freie Stelle in der Parkraumüberwachung eingestellt, nachdem ihm diese den Bescheid des Versorgungsamtes im Rahmen des Einstellungsverfahrens zur Kenntnis gebracht hatte. Dieser Entscheidung hat es eine ärztliche Stellungnahme zugrunde gelegt, mit der offenbar allein aufgrund des abstrakten Risikos einer Verschlimmerung der Krankheit der Klägerin aufgrund von Umwelteinflüssen und Stress bei der Tätigkeit, ohne konkrete Feststellungen zum aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin, deren Nichteignung festgestellt wurde.
Die Kenntnis von der mit Bescheid des Versorgungsamtes festgestellten Behinderung der Klägerin wegen Neurodermitis hätte jedoch bei pflichtgemäßem Verhalten des beklagten Landes dazu führen müssen, im Rahmen der polizeiärztlichen Untersuchung ganz gezielt Feststellungen darüber zu treffen, ob der Klägerin im Zeitpunkt der Bewerbung aufgrund ihrer Behinderung eine bestimmte körperliche Funktion fehlte, die wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung der Tätigkeit in der Parkraumbewirtschaftung war. Dazu hätten die beruflichen Anforderungen ggfs. anhand eines allgemein für alle Bewerber vorliegenden Anforderungsprofiles zunächst bezeichnet und sodann aufgrund konkreter ärztlicher Untersuchungen und Befragungen der Klägerin festgestellt werden müssen, ob und in welchem Umfang diese wegen ihrer Behinderung bestimmte wesentliche und entscheidende Anforderungen nicht erfüllte. Nichts dergleichen ist offenbar geschehen. Das beklagte Land muss sich die unzureichenden Feststellungen durch den Polizeiarzt auch zurechnen lassen, da dieser kein unabhängiger Gutachter, sondern sein Bediensteter war und deshalb als sein Erfüllungsgehilfe handelte. Es kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass es sich auf die Richtigkeit der ärztlichen Feststellung hätte verlassen dürfen. Zudem hat das beklagte Land auch die Schreiben und mündlichen Mitteilungen des klägerischen Prozessbevollmächtigten, in denen dieser mehrfach auf das Diskriminierungsverbot hinwies, nicht zum Anlass genommen, seine Entscheidung zu überprüfen.
Wegen der durch die Ablehnung der Bewerbung für die Klägerin eingetretenen gravierenden materiellen Nachteile, der Intensität der Verletzung des Persönlichkeitsrechts und wegen des teilweise präventiven Charakters der Entschädigung war deren Höhe auch im Verhältnis zu der damit verbundenen wirtschaftlichen Belastung des beklagten Landes als angemessen anzusehen.
2.8
Der Zinsanspruch folgt aus § 291
i.V.m. § 288
Abs.1 und § 247
Abs.1
BGB.
3.
Aus diesen Gründen war die Berufung zurückzuweisen.
4.
Die Kostenentscheidung folgt für das Berufungsverfahren aus § 97, für das Revisionsverfahren aus § 91
ZPO.
Die Zulassung der Revision kam mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 72
Abs.2
ArbGG nicht in Betracht. Die Entscheidung ist im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergangen und im Übrigen am Einzelfall orientiert.