II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG -). Die Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juli 2009 konnte nicht aufrecht erhalten werden. Die Antragsgegnerin war vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, den Antragsteller auch von der Aufzahlung in Höhe von 6.641,00 EURO im Rahmen der Kosten für die Wiederanschaffung eines Blindenführhundes freizustellen. Eine Entscheidung auf die Zahlung eines Betrages von 23.741,00 EURO war entbehrlich, weil die Antragsgegnerin auf Nachfrage des Senats vom 19. Oktober 2009 mitgeteilt hat, dass sie bereit sei, 17.100,00 EURO zu übernehmen.
Nach § 86 b
Abs. 2
SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (Anordnungsanspruch) vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Anordnungsgrund; Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach
§ 33 Abs. 1 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch -Gesetzliche Krankenversicherung - (
SGB V) in der seit dem 1. April 2007 geltenden Fassung (
Art. I
Nr. 17 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (
GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I
S. 378)) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Die Frage der Notwendigkeit der Versorgung des Antragstellers mit einem Blindenführhund ist zwischen den Beteiligten dem Grunde nach nicht streitig. Das vorliegende Beschwerdeverfahren betrifft nur noch die Beantwortung der Frage, ob die Antragsgegnerin auch den noch umstrittenen Aufpreis in Höhe von 6.641,00
EUR zu tragen hat.
Nach § 33
Abs. 6
SGB V können die Versicherten alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkassen oder nach
§ 126 Abs. 2 SGB V versorgungsberechtigt sind. Hat die Krankenkasse Verträge nach
§ 127 Abs. 1 SGB V über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist. § 126
Abs. 1
S. 1
SGB V (in der ab 1. April 2007 geltenden Fassung) bestimmt, dass Hilfsmittel an Versicherte nur von den zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Vertragspartner der Krankenkassen können nur Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen. Diese Vorschrift formuliert qualitative Anforderungen an Leistungserbringer als Voraussetzung für den Vertragsabschluss. Die Eignung des Leistungserbringers ist von den Krankenkassen zu prüfen und sicherzustellen. Die alte Rechtsprechung zur Eignung des Leistungserbringers (
vgl. Urteil des Senats vom 4. Mai 2006 -
L 8/14 KR 148/02 -) behält damit ihre Bedeutung, da die zu stellenden Anforderungen (mit Ausnahme der weggefallenen "Wirtschaftlichkeit") identisch formuliert geblieben sind (so Schneider, in: jurisPK
SGB V, § 126 Rdnrn. 7, 10). Solche wirksamen Verträge hat die Antragsgegnerin aber bisher nicht vorweisen können. Der Antragsteller hat dies bereits erstinstanzlich zu Recht gerügt. Die Antragsgegnerin nennt in ihrem ablehnenden Bescheid vom 6. Februar 2009 ausschließlich sechs "Vertragsführhundeschulen der
DAK, Stand: 1. Juni 2006". Das Vorbringen des Antragstellers, dass die Antragsgegnerin nicht die in § 126
Abs. 1
S. 2
SGB V normierten Anforderungen der von ihr genannten "Vertragsführhundeschulen" geprüft habe, ist von der Antragsgegnerin unwidersprochen geblieben. Dazu ist nichts durchgreifend Verwertbares vorgetragen worden. Auch im Erörterungstermin ist diese Frage trotz Rüge des Antragstellers und auf Nachfrage unbeantwortet geblieben. Soweit die Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren einen Vertrag des Verbandes der Angestellten Krankenkassen e. V. (VdAK) mit der Blindenführhundeschule D., D-Straße, D-Stadt, vorgelegt hat, widerlegt dies nicht die Behauptung des Antragstellers, dass eine entsprechende qualitative Prüfung nicht erfolgt sei. Inhalt dieses mit Wirkung vom 1. Januar 2007 geschlossenen Vertrages ist die "Zulassung nach § 126
SGB V zur Abgabe von Hilfsmitteln (Versorgung mit Blindenführhunden)". Der von der zugelassenen Blindenführhundeschule D. unterzeichnende Vertrag trägt das Datum des "8. Dezember 2006". Die Landesvertretung T. des VdAK hat den Vertrag am 8. Januar 2007 unterzeichnet. § 126
SGB V ist mit Wirkung vom 1. April 2007 neu gefasst worden. Die Formulierung qualitativer Anforderungen an die Leistungserbringer als Voraussetzung für den Vertragsabschluss stellt sicher, dass von diesen Anforderungen nicht im Wege der vertraglichen Vereinbarung Abstand genommen werden kann. Die bis dahin vorgesehene gesonderte Zulassung der Leistungserbringer zur Versorgung durch Verwaltungsakt ist entfallen (
vgl. dazu Schneider, a.a.O.). Damit steht fest, dass bei der vertraglichen Regelung nach § 126
SGB V die Krankenkassen dafür einzustehen haben, dass die (qualitativen) Voraussetzungen bei den Leistungserbringern vorliegen (
Abs. 1 a des § 126
SGB V). Dazu ist vorliegend von der Antragsgegnerin nichts vorgetragen worden.
Für Leistungserbringer, die am 31. März 2007 über eine Zulassung nach § 126 in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung verfügten, gelten zwar die Voraussetzungen nach
Abs. 1
S. 2 (des § 126
SGB V) bis zum 30. Juni 2010 insoweit als erfüllt. Eine solche Übergangs- und Bestandsschutzregelung kann aber nur für Verträge gelten, die schon zu jener Zeit wirksam waren, was nach wie vor mangels Vortrag der Antragsgegnerin ungeklärt ist. Der Antragsteller hat in diesem Zusammenhang im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 21. August 2009 zur Stützung seiner Behauptung der fehlenden Eignungsprüfung ein Schreiben der Antragsgegnerin und Beklagten aus einem anderen Verfahren vom 30. Juni 2006 vorgelegt, wonach die Beklagte wegen der Bestandsschutzregelung "keinen neuen Versorgungsverträge mit den Blindenführhundeschulen abgeschlossen hat". Auch dies deutet darauf hin, dass konkrete Prüfungen nicht erfolgt sind. Bei der vorliegend zu treffenden Entscheidung musste der Senat deshalb nach § 86 b
SGG eine Folgenabwägung mit Blick auf das erstinstanzlich rechtshängige Hauptsacheverfahren vornehmen, bei der das gesetzlich vorausgesetzte öffentliche Interesse mit dem Interesse des Antragstellers abzuwägen ist. Bei solchen Fallgestaltungen kann das Gericht seine Entscheidung allein auf eine Vorausbeurteilung der Erfolgsaussicht einer Klage stützen, wenn es sich bereits ohne wesentliche verbleibende Zweifel von der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Leistungsträgers überzeugt. Bestehen demgegenüber durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer getroffenen Entscheidung des Leistungsträgers und stellt diese sich bereits mit Gewissheit als rechtsdogmatisch nicht haltbar dar, so überwiegt regelmäßig das Interesse des Betroffenen, denn es besteht kein öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung rechtswidriger Verwaltungsentscheidungen. So liegt der Fall hier. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts hat der Antragsteller u.a. darauf hingewiesen, dass der für ihn vorgesehene Führhund am 27. Oktober 2009 geprüft werde. Im Anschluss an die erfolgreiche Prüfung könne dann (im November 2009) die konkrete Einschulung mit dem Hund stattfinden. Komme dies nicht zustande, verzögere sich die Wiederbeschaffung eines Führhundes um Monate. Mit Blick auf diese faktischen und zeitabhängigen Komponenten konnte ein dringendes Interesse des Antragstellers im Rahmen der vorzunehmenden Folgenabwägung nicht verneint werden. Der Senat legt in diesem Zusammenhang auch den bereits im erstinstanzlichen Verfahren von dem Sozialgericht unterbreiteten Vergleichsvorschlag zugrunde. Dieser Vergleichsvorschlag lautete: "1. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, an den Antragsteller einen Zuschuss in Höhe von 17.100
EUR für seine Versorgung mit einem Blindenführhund aus der Blindenführhundeschule
Dr. C. zu zahlen. 2. Die Klärung der Frage, ob und in welcher Höhe die den unter 1. genannten Betrag übersteigenden Kosten für die Anschaffung des Blindenführhunde des von der Antragsgegnerin zu übernehmen sind, bleibt der Erklärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten." Die Antragsgegnerin hatte sich mit Schriftsatz vom 14. Juli 2009 mit diesem Vergleichsvorschlag vom 9. Juli 2009 einverstanden erklärt, diesen Vorschlag im Beschwerdeverfahren aber dann als gegenstandslos bezeichnet. Der Senat geht im Beschwerdeverfahren gleichwohl von der Bereitschaft der Antragsgegnerin aus, dem Antragsteller einen Zuschuss in Höhe von 17.100
EUR für seine Versorgung mit einem Blindenführhund zur Verfügung zu stellen. Dieses Angebot an den Antragsteller ist auch Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009, in dem ebenfalls ein Aufzahlbetrag (in Höhe von 6.644,00
EUR (nicht 6.641,00
EUR)) genannt ist. Auf dieser Grundlage ist der vorliegende Beschluss tenoriert worden.
Der Senat bejaht auch einen Anordnungsgrund. Soweit die Antragsgegnerin dazu im Beschwerdeverfahren vorträgt, der Antragsteller sei offensichtlich monatelang ohne Hund nur mit dem Langstock zurecht gekommen, verkennt sie, dass der von einem blinden Menschen benutzte Langstock nicht den Blindenführhund ersetzen kann. Auf eine weitere Begründung verzichtet der Senat.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193
SGG.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden.