Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 5.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.8.2010 nicht beschwert im Sinne des § 54
Abs. 2
S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG). Der Kläger hat über den 31.5.2004 hinaus keinen Anspruch auf die Gewährung von Übergangsleistungen.
Rechtsgrundlage für den streitigen Anspruch sind §§ 3
Abs. 2
S. 1 und 2
Nr. 2 der auf der Rechtsgrundlage des § 9
Abs. 1 SGB (Sozialgesetzbuch) VII erlassenen BKV in der seit 1.12.1997 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungsträger Anspruch auf Übergangsleistungen. Als Übergangsleistung wird eine monatlich wiederkehrende Zahlung bis zur Höhe eines Zwölftels der Vollrente längstens für die Dauer von fünf Jahren gezahlt.
Der Anspruch aus § 3
Abs. 2
S. 1 und 2 BKV hat fünf Voraussetzungen: Zunächst muss eine aktuelle, konkret individuelle Gefahr der Entstehung, des Wiederauflebens oder der Verschlimmerung einer BK vorliegen, als zweites ist die Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit erforderlich, dritte Voraussetzung ist das Vorliegen einer Minderung des Verdienstes oder des Eintretens sonstiger wirtschaftlicher Nachteile, schließlich muss (viertens und fünftens) ein doppelter Kausalzusammenhang zwischen der drohenden BK und der Einstellung der gefährdenden Tätigkeit einerseits und zwischen dieser Einstellung der Tätigkeit und der Minderung des Verdienstes oder den sonstigen wirtschaftlichen Nachteilen andererseits bestehen (
BSG, a.a.O, Juris-Rn. 16-19 mwN).
Die beiden erstgenannten Voraussetzungen sind unproblematisch erfüllt, wovon auch die Beklagte ausgeht und deshalb Übergangsleistungen für den Zeitraum vom 3.5.2004 bis 31.5.2004 bewilligt hat. Das gilt ebenso für die zwischen diesen beiden Tatbestandsmerkmalen erforderliche Kausalität. Zu Beginn des streitigen Zeitraums ab 1.6.2004 hat auch ein Minderverdienst vorgelegen, da das Renteneinkommen niedriger war als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit.
Dieser Minderverdienst ab dem 1.6.2004 kann aber nicht mehr der Unterlassung der schädigenden Tätigkeit kausal zugerechnet werden. Denn der Kausalzusammenhang muss zu jedem Zeitpunkt des Bezugs von Übergangsleistungen und nicht nur zu dessen Anfang bestehen (Mehrtens/Brandenburg, Kommentar zur BKV, Stand Januar 2018, G § 3.Rn. 5.3 mwN).
Diese Voraussetzung ist beim Kläger ab dem 1.6.2004 nicht mehr gegeben. Der erkennende Senat hat für den vergleichbaren Fall, dass eine Erwerbsunfähigkeit unabhängig von den Folgen einer anerkannten BK
bzw. von dem Gesundheitszustand eintritt, der die konkrete Gefahr im Sinne des § 3
Abs. 1 BKV begründet, bereits entschieden (Urteil vom 9.12.1998, L 17 U 162/98, juris), dass ab diesem Zeitpunkt ein ursächlich auf die etwaige festgestellte konkrete Gefahr zurückzuführender Minderverdienst nicht mehr vorliegt. Nur dann, wenn die Feststellung von Erwerbsunfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger allein oder zumindest wesentlich auf der Gesundheitsstörung beruht, welche die konkrete Gefahr im Sinne von § 3
Abs. 1 BKV begründet, entfällt die Übergangsleistung nicht (Senatsurteil vom 9.12.1998, a.a.O. Rn. 42 mwN). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Sie ist auf den Versicherungsfall der Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu übertragen, denn auch diese führt aus vorwiegend gesundheitlichen Gründen zum gänzlichen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, so dass die Sachverhalte im Wesentlichen vergleichbar sind.
Die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers, die den Versicherungsfall der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hat, beruht nicht auf der anerkannten BK 2108. Ausweislich der Unterlagen aus der Schwerbehindertenakte ist ihm die Schwerbehinderteneigenschaft erst auf seinen Änderungsantrag vom April 2004 hin bewilligt worden, bis dahin lag der
GdB wegen degenerativer LWS-Veränderungen und Restbeschwerden nach Bandscheibenoperationen bei 30. Ausschließlich das im April 2004 hinzugekommene Harnblasenkarzinom und damit eine gänzlich andere Erkrankung als das Wirbelsäulenleiden hat zur Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft geführt. Es war wegen des hierfür festgestellten Einzel-
GdB von 50 für die Anerkennung der Schwerbehinderung ganz allein hinreichend, aber auch notwendig. Die Nachfrage des Senats beim Rentenversicherungsträger hat ergeben, dass die Bewilligung der Rente allein aufgrund der Schwerbehinderteneigenschaft bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Übrigen erfolgt ist, ohne dass weitere medizinische Gutachten angefertigt wurden. Die anerkannte BK ist damit nicht einmal ursächlich im Sinne einer conditio sine qua non des Rentenbezuges, denn die BK allein reichte weder aus noch war sie erforderlich, die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers zu begründen. Die Kausalität für das vollständige Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsleben ab dem 1.6.2004 kann damit nicht in der BK 2108 gesehen werden, auch nicht im Sinne einer wesentlichen Mitursache.
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Ansicht des Klägers, er habe Anspruch auf Leistungsgewährung über den 31.5.2004 hinaus, weil ihm bis zu diesem Zeitpunkt Übergangsleistungen bewilligt worden seien. Ratio legis des § 3
Abs. 2 BKV ist nicht der Gedanke der sozialen Entschädigung, sondern der der Prävention. Der Kausalzusammenhang muss zu jedem Zeitpunkt des Bezugs von Übergangsleistungen und nicht nur zu Anfang gegeben sein (Mehrtens/Brandenburg, a.a.O.). Der Leistungsträger hat bei der Bewilligung zu berücksichtigen, ob aktuell im Entscheidungszeitpunkt die mit der Leistungsart "Übergangsleistung" intendierten Zwecke (noch) zu erreichen sind. Die präventiven Übergangsleistungen sollen Anreize schaffen, der beruflich bedingten Erkrankung durch Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit vorzubeugen
bzw. deren Verschlimmerung zu vermeiden. Die Übergangsleistung ist damit als präventive Hilfe beim und zum Übergang in eine nicht gefährdende Tätigkeit (!) ausgestaltet und verfolgt aufgrund dessen zukunftsgerichtete Ziele (
BSG a.a.O. Rn. 22, 24, 27 mwN). Dagegen dient die Übergangsleistung nicht dem Ausgleich des Schadens, den der Versicherte durch die krankheitsbedingte Tätigkeitsaufgabe in Form des Minderverdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile erleidet (
BSG, a.a.O., Rn. 26).
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem Kläger ab 1.6.2004 keine Übergangsleistungen mehr bewilligt hat. Zu diesem Zeitpunkt waren die mit der Übergangsleistung intendierten Zwecke nicht mehr zu erreichen, da der Kläger aus Gründen, die von der Berufskrankheit unabhängig sind, dauerhaft aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist und auch nicht die Absicht hatte, in das Erwerbsleben zurückzukehren. Es bedurfte daher zu diesem Zeitpunkt keiner zukunftsorientierten Bemühungen mehr, dem Kläger den Übergang in eine nicht gefährdende Tätigkeit zu erleichtern, derartige Bemühungen wären ins Leere gegangen.
Letztlich führt auch der Vortrag, § 2
SGB I sei zu beachten, zu keiner abweichenden Entscheidung. Nach
Abs. 2 dieser Vorschrift sind die sozialen Rechte bei der Auslegung der Vorschriften des SGB und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten; dabei ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Hieraus ergibt sich für den Kläger kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen, denn es wird in
Abs. 1
S. 2 der Norm ausdrücklich erwähnt, dass aus den sozialen Rechten nur insoweit Ansprüche geltend gemacht oder hergeleitet werden können, als deren Voraussetzungen und Inhalte durch die Vorschriften der besonderen Teile des SGB im Einzelnen bestimmt sind. Maßgeblich ist daher allein § 3
Abs. 2 BKV. Ermessensgesichtspunkte (
vgl. § 2
Abs. 2
SGB I) greifen nicht ein. Ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung über die Zuerkennung eines Rechts auf eine Übergangsleistung entsteht erst, wenn der Versicherte nach der durch die (drohende) Berufskrankheit bedingten Aufgabe seiner bisherigen gefährdenden Tätigkeiten deswegen einen geringeren oder keinen Verdienst erlangt hat (
BSG, a.a.O., Rn. 25). Daran fehlt es hier, da wegen der fehlenden Kausalität zwischen Tätigkeitsaufgabe und Minderverdienst schon der Tatbestand des § 3
Abs. 2 BKV nicht gegeben ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
SGG.
Revisionszulassungsgründe sind nicht gegeben (§ 160
Abs. 2
SGG).