Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 12.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2015 ist zu Recht ergangen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung eines Zuschusses.
Da die Klägerin das Auto, für das sie Leistungen der
Kfz-Hilfe begehrt, bereits am 03.09.2015 gekauft hat, bildet Anspruchsgrundlage hierfür
§ 15 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX).
Nach § 15
Abs. 1 Satz 1
SGB IX teilt der Rehabilitationsträger dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit, wenn über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in
§ 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden kann. Erfolgt die Mitteilung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen (
Abs. 1 Satz 2). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet (
Abs. 1 Satz 3). Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (
Abs. 1 Satz 4). Ob § 15
SGB IX als unmittelbare Rechtsgrundlage im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung überhaupt Anwendung findet, kann zunächst dahingestellt bleiben, da die Vorschrift jedenfalls entsprechend anzuwenden ist (
BSG, Urteil vom 21.08.2008 -
B 13 R 33/07).
Hiernach besteht eine Erstattungspflicht der Beklagten nach § 15
Abs. 1 Satz 1 bis 3
SGB IX schon deshalb nicht, weil die Beklagte mit Schreiben vom 27.02.2015 mitgeteilt hatte, dass noch weitere Unterlagen, die von der Klägerin vorzulegen seien, erforderlich seien, um über den Antrag abschließend zu entscheiden und dass die persönlichen Voraussetzungen gegenwärtig für Leistungen nach der
KfzHV vorliegen würden. Weiterhin erklärte sich die Beklagte mit Schreiben vom 03.03.2015 grundsätzlich bereit, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu bewilligen. Die angeforderten Unterlagen übersandte die Klägerin am 17.03.2015. Auch eine Erstattung der Aufwendungen nach § 15
Abs. 1 Satz 4 Fall 1
SGB IX scheidet vorliegend aus. Bei dem von der Klägerin getätigten Fahrzeugkauf handelte es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der genannten Vorschrift. Unaufschiebbare Leistungen liegen vor allem bei Notfällen und in anderen dringlichen Bedarfslagen vor, in denen eine Sachleistung nicht rechtzeitig zur Verfügung steht (
vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.3.2009 -
L 10 R 2684/07). Unaufschiebbarkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Leistung sofort, ohne die Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs erbracht werden muss. Nicht rechtzeitig erbracht ist ein Leistung, wenn diese dem Betroffenen, obwohl dieser alles nach den konkreten Umständen erforderliche, mögliche und zumutbare getan hat, um die Leistung auf dem Sachleistungswege zu erhalten, nicht in der der Dringlichkeit angemessenen Zeit erbracht wurde. Dass ein derartiger Notfall vorlag, ist nicht ersichtlich, da die Klägerin noch über ein Kraftfahrzeug verfügte.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten nach § 15
Abs. 1 Satz 4 Fall 2
SGB IX. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte als zuständiger Rehabilitationsträger die Gewährung der Leistung (hier Förderung der Beschaffungskosten für den Mercedes Vito Tourer) zu Unrecht abgelehnt hat. Das ist jedoch nicht der Fall.
Teilhabeleistungen am Arbeitsleben als Ermessensleistungen erbringt der Rentenversicherungsträger gemäß § 9
Abs. 2
SGB VI nur, sofern die persönlichen und auch versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Hierunter fällt die von der Klägerin begehrte
Kfz-Hilfe (
§ 33 Abs. 3 Nr. 1, 6, Abs. 8 Nr. 1 SGB IX).
Bei der Klägerin liegen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nach § 11
SGB VI vor und auch die persönlichen Voraussetzungen nach § 10
Abs. 1
SGB VI. Dies hatte die Beklagte mit Bescheid vom 3.3.2015 auch festgestellt.
Das ihm zustehende Ermessen hat der Rentenversicherungsträger hinsichtlich der Art und des Umfangs der Gewährung von
Kfz-Hilfe
gem. § 9
Abs. 1 und 2, 13
Abs. 1
iVm 16
Abs. 1
Nr. 1
SGB VI auszuüben. Das Ermessen des RV-Trägers bei der Gewährung von
Kfz-Hilfe ist hinsichtlich Art und Umfang der Leistung durch die Vorschriften der
KfzHV eingeschränkt (
BSG SozR 4 - 5765 § 7
Nr. 1).
Die Klägerin hat jedoch weder im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Kaufvertrags am 03.09.2015 noch frei heute einen Anspruch auf die Gewährung eines Zuschusses oder eines Darlehens.
Die Kraftfahrzeughilfe umfasst
§ 2 Abs. 1 Nr.1 KfzHV Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs. Nach
Abs. 2 der Vorschrift werden die Leistungen als Zuschüsse und nach Maßgabe des
§ 9 als Darlehen erbracht. Nach
§ 6 Abs. 1 KfzHV wird Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs in der Regel als Zuschuss geleistet. Der Zuschuss richtet sich nach dem Einkommen des behinderten Menschen nach Maßgabe der folgenden Tabelle:
Einkommen: 40
(bis zu v.H. der monatlichen Bezugsgröße
nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)
Zuschuss: 100
(in v.H. des Bemessungsbetrags nach § 5)
Einkommen: 45
(bis zu v.H. der monatlichen Bezugsgröße
nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)
Zuschuss: 88
(in v.H. des Bemessungsbetrags nach § 5)
Einkommen: 50
(bis zu v.H. der monatlichen Bezugsgröße
nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)
Zuschuss: 76
(in v.H. des Bemessungsbetrags nach § 5)
Einkommen: 55
(bis zu v.H. der monatlichen Bezugsgröße
nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)
Zuschuss: 64
(in v.H. des Bemessungsbetrags nach § 5)
Einkommen: 60
(bis zu v.H. der monatlichen Bezugsgröße
nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)
Zuschuss: 52
(in v.H. des Bemessungsbetrags nach § 5)
Einkommen: 65
(bis zu v.H. der monatlichen Bezugsgröße
nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)
Zuschuss: 40
(in v.H. des Bemessungsbetrags nach § 5)
Einkommen: 70
(bis zu v.H. der monatlichen Bezugsgröße
nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)
Zuschuss: 28
(in v.H. des Bemessungsbetrags nach § 5)
Einkommen: 75
(bis zu v.H. der monatlichen Bezugsgröße
nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)
Zuschuss: 16
(in v.H. des Bemessungsbetrags nach § 5)
Die Beträge nach Satz 2 sind jeweils auf volle 5 Euro aufzurunden.
Nach
Abs. 3 der Vorschrift sind Einkommen im Sinne der Absätze 1 und 2 das monatliche Netto-Arbeitsentgelt, Netto-Arbeitseinkommen und vergleichbare Lohnersatzleistungen des behinderten Menschen. Die Ermittlung des Einkommens richtet sich nach den für den zuständigen Träger maßgeblichen Regelungen.
Im Jahr 2015 lag die monatliche Bezugsgröße bei 2.130,00 Euro, welche die Klägerin mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.471,30 Euro überschreitet, im Jahr 2017 lag die Grenze bei 2.235,00 Euro, welche ebenfalls durch das jetzige monatliche Nettoeinkommen von 2.678,19 Euro überschritten wird, so dass sie keinen Anspruch auf einen Zuschuss hat.
Auch ist eine besondere Härte im Sinne des § 9
Abs. 1, 2
KfzHV nicht ersichtlich. Hiernach können zur Vermeidung besonderer Härten Leistungen auch abweichend von § 2
Abs. 1, §§ 6 und 8
Abs. 1 erbracht werden, soweit dies
- notwendig ist, um Leistungen der Kraftfahrzeughilfe von seiten eines anderen Leistungsträgers nicht erforderlich werden zu lassen, oder
- unter den Voraussetzungen des § 3 zur Aufnahme oder Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit unumgänglich ist.
Nach
Abs. 2 der Vorschrift können Leistungen nach
Abs. 1 Satz 1 als Darlehen erbracht werden, wenn die dort genannten Ziele auch durch ein Darlehen erreicht werden können; das Darlehen darf zusammen mit einem Zuschuss nach § 6 den nach § 5 maßgebenden Bemessungsbetrag nicht übersteigen. Das Darlehen ist unverzinslich und spätestens innerhalb von fünf Jahren zu tilgen; es können bis zu zwei tilgungsfreie Jahre eingeräumt werden. Auf die Rückzahlung des Darlehens kann unter den in
Abs. 1 Satz 1 genannten Voraussetzungen verzichtet werden.
Der Begriff der besonderen Härte stellt, wie das Bundessozialgericht bereits entschieden hat, einen unbestimmten Rechtsbegriff dar (
vgl. insbesondere
BSG SozR 3-4100 § 56
Nr. 10, S 44). Dies hat zur Folge, dass die Gerichte - ähnlich wie beim Vorliegen eines wichtigen Grundes im Rahmen der Sperrzeitregelung des § 144
SGB III - in vollem Umfang rechtlich nachprüfen, ob eine besondere Härte gegeben ist und der Beklagten kein Beurteilungsspielraum zusteht. Der Begriff "besondere Härte" ist eng auszulegen (
BSG SozR 4 - 5765 § 9
Nr. 1 Rn. 14 mwN). Zwar spielen die Einkommensverhältnisse eine besondere Rolle, weil gewährleistet sein muss, dass auch dem wirtschaftlich weniger leistungsfähigen Behinderten der Erwerb und der Betrieb des erforderlichen
Kfz ermöglicht wird (
vgl. BSGE 57, 199, 205 = SozR 4100 § 56
Nr. 17); sie sind jedoch nicht das alleinige Kriterium. Härtefälle kommen
z.B. in Betracht, wenn der Versicherte wegen Erkrankung von Familienmitgliedern in finanzielle Schwierigkeiten kommt, ferner bei plötzlich angefallenen hohen Reparaturkosten infolge eines Unfalls, wenn dieser zu unzumutbaren finanziellen Belastungen führt (
BSG SozR 4 - 5765 § 9
Nr. 1 Rn. 15). Für solche besonderen Verhältnisse bei der Klägerin bestehen keine Anhaltspunkte. Der Vortrag, dass die Klägerin zur Aufrechterhaltung ihrer psychischen Kräfte bei der Bewältigung ihres Lebens der Gewissheit, unter allen Umständen finanziell so abgesichert zu bleiben, dass sie sich auch für den Fall unerwartet entstehender oder denkbarer Entwicklungen zum Negativen hin oder etwa auch für den Fall notwendig werdender Aufwendungen für bedürfnisgerechte Zahn- und Krankenbehandlungen oder für die Immobilie keine Sorgen machen muss, begründet ebenfalls keinen besonderen Härtefall. Finanzielle Absicherung erstrebt jedermann. Weiterhin folgt auch aus der
UN-Behindertenrechtskonvention kein Anspruch der Klägerin, zumal diese die Anwendbarkeit der
KfzHV nicht berührt. Auch liegt Sozialhilfebedürftigkeit weder zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses noch heute vor. Unter Berücksichtigung von Aufwendungen der Klägerin im Jahr 2015 in Form des 1,5-fachen Regelsatzes von 598,50 Euro, der Eigentumswohnung von 490,00 Euro, der Heizungspauschale von 96,00 Euro, Versicherung von 30,13 Euro, Telefongrundgebühr von 34,95 Euro, Rundfunkgebühren von 5,99 Euro, Aufwendungen für Sport von 5,00 Euro, Vollkaskoprämien von 25,63 Euro, Hausgeld von 259,00 Euro Aufwendungen für einmalige Bedürfnisse von 26,00 Euro, Darlehen für
Kfz von 431,18 Euro und Betrieb des
Kfz von 285,00 Euro ergeben sich Gesamtaufwendungen von 2.287,38 Euro. Das Gehalt der Klägerin in Höhe von 2.471,30 Euro liegt hierüber, wobei es auch vertretbar wäre, nur den einfachen Regelsatz von 399,00 Euro zu berücksichtigen, womit die Klägerin noch geringere Aufwendungen hätte. Auch zum heutigen Zeitpunkt ist eine Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin zu verneinen, da der 1,5-fache Regelsatz 613,50 Euro beträgt und bei sonst gleich bleibenden Aufwendungen die Gesamtaufwendungen der Klägerin in Höhe von 2.302,38 Euro das Gehalt von 2.678,19 Euro nicht übersteigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.