I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.01.2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Teilhabeleistungen insbesondere auf eine Umschulung zum Techniker für Agrarwirtschaft, Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau, hat.
Der 1966 geborene Kläger erlernte nach dem Hauptschulabschluss in den Jahren 1983 bis 1986 den Beruf eines Landschaftsgärtners, den er danach nach seinen Angaben in verschiedenen Firmen ausübte. Nach einer längeren Arbeitslosigkeitszeit erfolgte von Oktober 1993 bis Mai 1995 unter Kostenträgerschaft der Beigeladenen eine Umschulung zum Bürokaufmann. Nach Angaben des Klägers soll die Umschulung hauptsächlich wegen einer Gonarthrose rechts erfolgt sein. Als Beleg für die Kniebeschädigung wurde ein Bescheid der Gartenbauberufsgenossenschaft vom 27.08.1992 vorgelegt, in dem zwar eine Berufserkrankung abgelehnt worden war, aber gesundheitliche Einschränkungen am Knie ersichtlich waren.
Eine regelmäßige Tätigkeit als Bürokaufmann erfolgte in der Folgezeit nicht; zeitweilig war der Kläger als Bürohilfe, als kaufmännischer Sachbearbeiter und als kaufmännischer Angestellter erwerbstätig. Außerdem war der Kläger immer wieder auch als Landschaftsgärtner sowie als Gemeindearbeiter, als LKW-Fahrer, als Hausmeister und mit anderen eher kurzfristigen Tätigkeiten
z.B. als Saisonkraft im Winterdienst beschäftigt. Im Juli 2012 war der Kläger auch wenige Tage als Gärtnermeister beschäftigt. Ebenfalls immer wieder befand sich der Kläger in Maßnahmen der Weiterbildung. So besuchte er ab dem Schuljahr 1995/96 die Staatl. Technikerschule für Agrarwirtschaft in V-Stadt, brach die Weiterbildung nach seinen Angaben jedoch wegen eines privaten Verkehrsunfalles zunächst ab, wobei ein Abschluss trotz zwei weiterer Besuche dieser Schule bisher nicht erreicht wurde. Im Jahr 1998 erlitt der Kläger zudem einen Wegeunfall. Die Regierung der Oberpfalz ließ den Kläger im März 2001 extern zur Gärtnermeisterprüfung im Garten- und Landschaftsbau zu; die Meisterprüfung als Gärtnermeister legte der Kläger jedoch erst am 21.07.2011 in Baden-Württemberg ab. Eine kaufmännische Qualifizierungsmaßnahme zur Teilhabe am Berufsleben im Berufsförderungswerk L. im Fachbereich Kaufmännische Berufe erfolgte in der Zeit vom 05.05.2008 bis 02.10.2008. Nach Mitteilung der Beigeladenen bezieht der Kläger seit 11.08.2015 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB II).
Eine vorübergehend festgestellte Schwerbehinderung liegt beim Kläger seit November 2004 nicht mehr vor, als der Grad der Behinderung (
GdB) auf 40 abgesenkt und das Merkzeichen G entzogen wurde.
Am 24.05.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Der Kläger konkretisierte den Antrag dahingehend, dass er ab 02.09.2013 mit einer Ausbildung zum Techniker beginnen wolle, und legte Unterlagen der Staatl. Fachschule für Agrarwirtschaft und Staatl. Technikerschule für Agrarwirtschaft in V-Stadt vor, wonach er am 23.09.2013 das Studium aufnehmen könne. Er gab hierbei an, von September 1995 bis Januar 1997 die Semester 1 bis 3 und von September 1999 bis März 2000 die Semester 3 und 4 an der Staatl. Technikerschule ohne Abschluss besucht zu haben.
Die Beklagte ermittelte, dass die vom Kläger zuletzt vor der Antragstellung ausgeübte Beschäftigung eine vom 01.11.2012 bis 31.03.2013 befristete Tätigkeit bei der Autobahndirektion Nordbayern als Saisonkraft in der Autobahnmeisterei war und die Berufsaufgabe nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern wegen der Befristung erfolgt sei. Vor der Tätigkeit bei der Autobahndirektion sei der Kläger längere Zeit arbeitslos gewesen.
Am 19.08.2013 wurde der Kläger auf Veranlassung der Beklagten durch den Allgemein- und Sozialmediziner
Dr. L. untersucht, wobei folgende Gesundheitsstörungen festgestellt wurden:
1. Arthrotische Veränderungen der Kniegelenke rechts betont nach früheren Unfallverletzungen,
2. Hüftarthrose mit TEP links 2003,
3. Schultergelenksbeschwerden beidseits nach früheren Unfallverletzungen,
4. Arterieller Bluthochdruck sowie Übergewicht.
Der Kläger leide vor allem unter Beschwerden des Bewegungsapparates. Betroffen seien die Kniegelenke, die Schultergelenke sowie die Hüftgelenke. Zu einer gravierenden Beeinträchtigung der Bewegungsabläufe sei es allerdings bislang nicht gekommen. Auch die Gehstrecke sei nicht beeinträchtigt. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen weiterhin vollschichtig einsetzbar. Schwere Hebe- und Tragearbeiten, länger dauernde Zwangshaltungen, insbesondere Überkopfarbeiten und hockende Positionen seien zu vermeiden. Nachtschicht käme nicht in Betracht. Die Tätigkeit als Bürokaufmann wäre durchaus leidensgerecht und könnte weiterhin ausgeübt werden.
Die Beklagte kam zum Ergebnis, dass eine Teilhabeleistung nicht erforderlich sei. Die Tätigkeit als Straßenwärter habe der Kläger nicht lange genug ausgeübt, als dass diese die maßgebliche berufliche Tätigkeit darstellen könnte. Aufgrund des Berufslebens des Klägers sei vielmehr auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes abzustellen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil er in der Lage sei, eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben. Mit Bescheid vom 26.08.2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 04.09.2013 am 05.09.2013 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass ein Verweis auf den allgemeinen Arbeitsmarkt weder zulässig noch sachdienlich sei. Eine zustandsangemessene Beschäftigung als Landschaftsgärtnermeister sei wegen der bestehenden körperlichen Leiden nicht mehr möglich. Daher sei eine Umschulung zum staatl. geprüften Techniker für Garten- und Landschaftsbau angestrebt. An gesundheitlichen Einschränkungen werde geltend gemacht:
1. Kniearthrose zweiten und dritten Grades rechts.
2. Folgen einer Schienbeinkopffraktur rechts.
3. Beginnende Arthrose im linken Kniegelenk.
4. Künstliches Hüftgelenk links.
5. Bewegungseinschränkung im Bereich der Schulter links nach stattgehabter Fraktur.
6. Eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit der Hände, insbesondere der rechten Hand bei verstetigten Schmerzen im Bereich des rechten Ringfingers.
7. Refluxkrankheit nach Zwerchfellbruch mit Erfordernis zum Tragen eines Korsetts.
Die Beklagte überprüfte noch einmal die Tätigkeitsfelder, in denen der Kläger tätig gewesen war, und kam zum Ergebnis, dass der Kläger nicht als Gärtnermeister einzustufen sei, da er als solcher nie versicherungspflichtig gearbeitet habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die festgestellten Gesundheitsstörungen seien nicht so gravierend, dass sie die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderten. Dies gelte auch nach nochmaliger Überprüfung aller vorliegenden Unterlagen unter Einbeziehung der Ausführungen in der Widerspruchsbegründung. Im Hinblick auf den beruflichen Werdegang sei für den Kläger der allgemeine Arbeitsmarkt maßgebend, da eine das Berufsleben prägende Tätigkeit nicht ersichtlich sei.
Mit Schreiben vom 18.12.2013 hat der Kläger am 20.12.2013 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Das Sozialgericht hat sich von der Krankenkasse des Klägers - Techniker Krankenkasse - die Mitgliedschaftszeiten des Klägers aus den verschiedenen gemeldeten Tätigkeiten sowie die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und Krankenhausaufenthalte bescheinigen lassen. Weiter hat es im März 2014 Befundberichte bei den Allgemeinmedizinern Dres. Sch. und dem Orthopäden
Dr. K. eingeholt und ärztliche Unterlagen des Stadtkrankenhauses S-Stadt und von
Dr. S. beigezogen.
Anschließend hat das Sozialgericht ein Gutachten durch den Internisten und Sozialmediziner
Dr. Sch. erstellen lassen. Dieser hat den Kläger am 03.06.2014 untersucht und in seinem Gutachten vom 11.06.2014 die Gesundheitsstörungen des Klägers folgendermaßen beschrieben:
1. Funktionsstörung der Hüft- und Kniegelenke beidseits, Zustand nach Hüft-Totalendoprothese links 2003.
2. Schultergelenksbeschwerden beidseits nach früheren Unfallverletzungen.
3. Degeneratives Wirbelsäulensyndrom.
4. Arterielle Hypertonie.
5. Leichtes Übergewicht.
6. Stattgehabte Zwerchfellplastik bei gastroösophagealer Refluxkrankheit 9/2013.
Aus Sicht des Gutachters sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers als gefährdet
bzw. bereits gemindert einzustufen: Als Straßenwärter sei der Kläger ebenso wie als Landschaftsgärtner nur unter drei Stunden täglich einsatzfähig. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er jedoch täglich sechs Stunden und mehr leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnden Körperhaltungen verrichten. Nacht- und Schichtarbeit sollten ausgeschlossen sein. Ebenso seien Heben und Tragen von Lasten über 10
kg, Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, hockende Positionen sowie gehäuftes Bücken nicht möglich. Im angestrebten Beruf des staatl. geprüften Technikers für Garten- und Landschaftsbau sei von einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Klägers auszugehen.
Zu dem Gutachten hat
Dr. S. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten am 04.07.2014 Stellung genommen: Im Gutachten würde eine ausreichende Umstellungsfähigkeit des Klägers für hervorgehobene Tätigkeiten beschrieben. Beim Kläger bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen in der längere Zeit ausgeübten Tätigkeit eines Bürokaufmanns. Dem Gutachten des
Dr. Sch. sei aus prüfärztlicher Sicht zuzustimmen.
Die Klägerseite hat die Klage aufrechterhalten, da sich aus dem Gutachten ergebe, dass bei Fortsetzung einer Tätigkeit als Landschaftsgärtnermeister die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet werde. Der Kläger könne geltend machen, dass Prüfungsmaßstab die letzten Tätigkeiten
bzw. die letzten berufsprägenden Tätigkeiten und erlernten Berufe seien. Es könne nicht sein, dass wie im Rentenrecht für Jahrgänge ab 1961 keinerlei Berufsschutz geltend gemacht werden könne.
Die Beklagte hat im Folgenden dargelegt, dass der Kläger die Tätigkeit als Landschaftsgärtner zuletzt regulär im August 1991 verrichtet habe und danach eine Umschulung zum Bürokaufmann erhalten habe. Die Tätigkeit des Landschaftsgärtners könne daher der Beurteilung für einen erneuten Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe nicht mehr zugrunde gelegt werden. Auch die Tätigkeit eines Landschaftsgärtnermeisters könne nicht der Prüfung zugrunde gelegt werden, da der Kläger diese bisher nicht versicherungspflichtig ausgeübt habe. Auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Straßenwärter sei nur im Rahmen einer Saisonbeschäftigung im Winterdienst erfolgt. Eine Berücksichtigung als maßgeblicher Bezugsberuf scheide aus, da bereits bei Aufnahme nur von einer vorübergehenden Ausübung der Tätigkeit habe ausgegangen werden können.
Der Kläger hat weiter vorgetragen, dass er nunmehr ab 29.09.2014 in eigener Regie die Staatl. Meister- und Technikerschule für Weinbau und Gartenbau Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau in V-Stadt besuche. Diese Technikerausbildung hat der Kläger aber nach wenigen Monaten aufgegeben, wozu er im Berufungsverfahren ausgeführt hat, dass dies aus finanziellen Gründen geschehen sei. Eine geplante Nebentätigkeit im Sicherheitsdienst habe so nicht stattgefunden.
In einem Erörterungstermin vom 26.02.2015 ist vom Sozialgericht die Beiladung der Bundesagentur für Arbeit angekündigt worden, da diese im vorliegenden Fall vorrangig als zuständiger Leistungsträger für eine Qualifizierungsmaßnahme im Bereich Bürokaufmann in Betracht komme. Mit Beschluss vom 06.03.2015 ist die Bundesagentur für Arbeit dann beigeladen worden.
Die Beigeladene hat am 04.05.2015 dazu Stellung genommen, dass eine Qualifizierung im vorliegenden Fall aus gesundheitlichen Gründen und nicht aus arbeitsmarktlichen Gründen erforderlich sei. Der Kläger habe sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt für Tätigkeiten als Gärtnermeister zur Verfügung gestellt und auf diese Tätigkeiten seien die Vermittlungsbemühungen gerichtet.
Der Kläger hat weiter ein Gutachten, das im Auftrag der Agentur für Arbeit A. am 12.08.2015 durch Frau
Dr. T. erstellt worden ist, vorgelegt. Danach bestünden bei ihm
1. eine verminderte Belastbarkeit des Stütz- und Bewegungsskeletts bei beginnenden Abnutzungserscheinungen,
2. Zustand nach Hüftgelenksersatz links,
3. behandlungsbedürftige Kreislaufregulationsstörungen und
4. Schwachsichtigkeit rechts mit Einschränkung des räumlichen Sehvermögens.
Der Kläger könne sechs bis acht Stunden täglich körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in jeder Körperhaltung verrichten. Einschränkungen seien für Überkopf-, Leiter- und Gerüstarbeiten sowie für das Transportieren schwerer Lasten, Rumpfzwangsarbeiten sowie Arbeiten in kniender oder hockender Körperhaltung zu beachten. Körperliche gärtnerische Tätigkeiten seien nicht als gesundheitlich angepasst anzusehen. Bei Einsätzen im Bürobereich sei voraussichtlich eine Nachqualifizierung erforderlich.
Vorgelegt worden ist ferner eine Eingliederungsvereinbarung des Jobcenters des Landkreises A. mit dem Kläger vom 25.08.2015. Danach hat der Kläger Änderungen im gerichtlichen Verfahren, seiner gesundheitlichen Situation und des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 05.01.2016 durch Gerichtsbescheid entschieden. Es hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sei nicht nachgewiesen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei weder erheblich gefährdet noch gemindert. Die Kammer gelange zu dieser Auffassung aufgrund des Gutachtens des
Dr. Sch.. Das Erfordernis der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bemesse sich im Übrigen nach der Minderung des Leistungsvermögens in seiner nicht nur kurzfristig ausgeübten letzten Tätigkeit. Im vorliegenden Fall sei aufgrund der Besonderheiten im Lebenslauf des Klägers nicht die zuletzt ausgeübte Beschäftigung als Straßenwärter maßgeblich, da diese vom Kläger kurzfristig für wenige Monate ausgeübt worden sei. Auch der erlernte Beruf des Landschaftsgärtners und Landschaftsgärtnermeisters sei nicht maßgeblich. Letzteren habe der Kläger im Juli 2012 lediglich 13 Tage ausgeübt. Hinsichtlich des Berufs des Landschaftsgärtners sei bereits eine Umschulung im Jahr 1993 erfolgt. Der Kläger habe in den letzten Jahren die verschiedensten Tätigkeiten ausgeübt und diese hierbei jeweils nur kurzfristig verrichtet. Ein aufgrund des beruflichen Werdegangs typisches Leistungs- und Anforderungsprofil sei nicht feststellbar. Die Ausführungen des
Dr. Sch. zur Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit würden sich nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt beziehen, sondern auf die Tätigkeit als Landschaftsgärtner
bzw. Straßenwärter, wie aus den Erläuterungen im Gutachten deutlich werde.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.02.2016 per Telefax Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Mit Schreiben vom 30.05.2017 hat der Kläger die Berufung begründet und vorgebracht, dass das Sozialgericht den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt habe. Der Kläger habe in den Jahren 1986 bis 2015 fast ausschließlich als Landschaftsgärtner gearbeitet. Übergeben wurde hierzu eine Liste mit Tätigkeiten. Es wurde ausgeführt, dass die Unterbrechungen durch andere Tätigkeiten jeweils nur von kurzer Dauer gewesen seien. Aus alledem ergebe sich, dass der Kläger über mehr als 20 Jahre hinweg überwiegend als Landschaftsgärtner gearbeitet habe.
Die Beklagte hat entgegnet, dass die Beschäftigungsübersicht des Klägers teilweise den Angaben im erstinstanzlichen Verfahren widerspreche und auch nicht mit den gespeicherten Zeiten im Versicherungskonto des Klägers in Einklang zu bringen sei. Beispielhaft sei in der Zeit von August 1996 bis Oktober 1996 ein Fachschulbesuch vorgemerkt, so dass eine Beschäftigung nicht ersichtlich sei. Bei der Firma Garten- und Landschaftsbau E. sei erstinstanzlich vorgetragen worden, dass die Beschäftigung ab 01.07.2012 nach weniger als zwei Wochen zum 13.07.2012 aufgrund von gesundheitlichen Problemen gekündigt worden sei. In der nunmehr vorgelegten Beschäftigungsübersicht sei eine Beschäftigung vom 02.07.2012 bis 30.03.2015 angegeben. Dies widerspreche ebenfalls dem Versicherungskonto.
In einem Erörterungstermin vom 11.10.2017 hat die Klägerseite noch eine Eingliederungsvereinbarung vom 13.10.2016 übergeben. Ab April 2017 sei keine neue Eingliederungsvereinbarung mehr abgeschlossen worden und es gebe nur noch finanzielle Leistungen und keine Förderung mehr. Der Kläger hat seinen Plan des Besuchs der Technikerschule weiterverfolgt und dabei auf bereits in den Jahren 1998 bis 2001 erworbene Kenntnisse in sicherheitstechnischen Fragen und Pädagogik hingewiesen.
Im Termin vom 11.10.2017 haben Kläger und Beklagte ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt. Die Beigeladene hat dieses mit Telefaxschreiben vom 03.11.2017 ebenfalls erteilt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.01.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 26.08.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.01.2016 zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe;
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, noch darauf, dass die Beklagte über seinen diesbezüglichen Antrag erneut entscheidet.
§ 9
Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) legt fest, dass es sich bei Leistungen zur Teilhabe, die als Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen erbracht werden, um sog. Ermessensleistungen handelt ("können erbracht werden"). Voraussetzung für die Eröffnung des Ermessens ist die Erfüllung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Als zusätzlicher Maßstab wird in dieser Vorschrift die Zielrichtung von Teilhabeleistungen festgelegt: Sie sollen den Auswirkungen einer Krankheit oder einen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit entgegenwirken oder sie überwinden und zugleich dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit oder ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verhindern oder Versicherte möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereingliedern.
Der Kläger ist Versicherter; er hat auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11
Abs. 1
Nr. 1
SGB VI d.h. für Teilhabeleistungen erfüllt.
Nach § 10
Abs. 1
SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, wenn ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist (
Nr. 1) und wenn gleichzeitig gemäß
Nr. 2 voraussichtlich eine der folgenden Alternativen vorliegt:
- bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,
- bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, oder
- bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann (§ 10
Abs. 1
SGB VI).
In Ermangelung eines vorhandenen Arbeitsplatzes scheidet die dritte Alternative offensichtlich aus.
Zutreffend hat die Klägerseite darauf verwiesen, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 10
SGB VI nicht identisch ist mit der von § 43
SGB VI erfassten vollen oder teilweisen Erwerbsminderung. Auch in der Kommentarliteratur (
z.B. Kater in: Kasseler Kommentar, Stand Juni 2015, § 10
SGB VI Rn 6) wird vertreten, dass hier eine niedrigere Schwelle maßgeblich ist. Es können auch schon qualitative Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ausreichen, wenn sie nicht nur unwesentlich sind und die Berufsausübung behindern. Unter der hier genannten erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit wird verstanden, dass in einer Zeit von bis zu drei Jahren absehbar eine Erwerbsminderung eintreten würde, wenn keine Gegenmaßnahmen erfolgen (
vgl. Kater a.a.O. Rn. 7).
Anknüpfungspunkt ist regelmäßig die vor der Erkrankung und Antragstellung ausgeübte berufliche Tätigkeit. Der Kläger war zuletzt versicherungspflichtig als Saisonkraft in einer Straßenmeisterei beschäftigt. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger, der keine hierfür zielgerichtete Ausbildung durchlaufen hatte, tatsächlich Tätigkeiten eines Straßenwärters auf der Ebene des Facharbeiters verrichtet hat. Hinzu kommt, dass es sich um von vornherein befristete Beschäftigungen gehandelt hat, so dass ein dauerhafter Wechsel in diese Berufstätigkeit nicht angenommen werden konnte.
Die höchste Ausbildungsqualifikation innerhalb seines beruflichen Werdegangs hat der Kläger mit dem Erwerb des Meistertitels im Gartenbau erreicht gehabt. Auf dieser Qualifikationsebene war er aber tatsächlich nur extrem kurz berufstätig gewesen, so dass von einer Prägung der beruflichen Tätigkeit durch dieses Berufsbild keine Rede sein kann, wie schon das Sozialgericht ausführlich dargelegt hat. Auch ist es nicht so, dass die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers erst während der Ausübung dieses Berufes eingetreten wären, sondern sie hatten zum Zeitpunkt des Erwerbs des Meistertitels bereits in wesentlichem Umfang bestanden.
Die Tätigkeit als Facharbeiter im Garten- und Landschaftsbau hat der Kläger erlernt gehabt und im Anschluss auch ausgeübt gehabt. Allerdings erscheint dem Senat die Darstellung des Klägers, dass er in seinem gesamten Berufsleben weit überwiegend diese Facharbeitertätigkeit ausgeübt habe, überzogen. So enthält die vom Kläger gefertigte Aufstellung einerseits Unstimmigkeiten, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat.
Vor allem aber wird eine ganze Reihe von Tätigkeiten in jüngerer Zeit, die der Kläger diesem Berufsbild zurechnen will, weder von den Inhalten, noch vom erkennbaren Anforderungsprofil diesem Anspruch gerecht.
Dies kann zur Überzeugung des Senats letztlich aber dahingestellt bleiben, weil der Kläger schon 1993 den Beruf des Facharbeiters im Garten- und Landschaftsbau aus gesundheitlichen Gründen hatte aufgeben müssen und eine später dennoch unternommene Ausübung immer nur in Teilbereichen erfolgen konnte, mit erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten verbunden war und letztlich auf Kosten der Restgesundheit erfolgt ist. Zwar war für die seinerzeit bewilligte Umschulung offensichtlich die Arbeitsmarktlage ein zentrales Kriterium gewesen, doch sind eben auch gesundheitliche Einschränkungen belegt, die sich dann als Vermittlungshemmnisse ausgewirkt haben dürften. Dem steht die Ablehnung des Vorliegens einer Berufskrankheit nicht entgegen, da dort ja wesentliches Merkmal die Kausalität der Verursachung der gesundheitlichen Einschränkungen durch die Berufstätigkeit gewesen ist. Mit der seinerzeit erfolgten Umschulung ist eine Berufung auf den zuvor ausgeübten und später nur noch teilweise und auf Kosten der Restgesundheit ausgeübten Beruf eines Facharbeiters im Garten- und Landschaftsbau ausgeschlossen.
Auch der Umschulungsberuf des Bürokaufmanns hat zur Überzeugung des Senats das Berufsleben des Klägers nicht geprägt. Entgegen Äußerungen, die von der Beklagtenseite und den von ihr beauftragten Ärzten getätigt wurden, hat es nach den vorliegenden Unterlagen keine längere und prägende Berufstätigkeit des Klägers in diesem Bereich gegeben. Im Übrigen wird zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Tätigkeit mit dem aktuellen sozialmedizinischen Leistungsbild des Klägers vereinbar wäre. Auch bei den beruflichen Kenntnissen kann wohl noch von ausreichender Aktualität ausgegangen werden, da zwar die Umschulung selbst schon fast 25 Jahre zurückliegt, aber der Kläger vor einigen Jahren noch einmal nachqualifiziert worden ist, um für die aktuellen beruflichen Anforderungen an einen Bürokaufmann gerüstet zu sein. Unklar ist, ob die gegenteilige Äußerung der
Dr. T. in Kenntnis dieser Nachqualifizierung abgegeben wurde oder nicht.
Das Sozialgericht hat aus Sicht des Senats zutreffend ausgeführt, dass der berufliche Werdegang des Klägers - wenn man von dem wie bereits dargestellt von vornherein ausgeschlossenen Beruf des Facharbeiters im Garten- und Landschaftsbau absieht - kein prägendes Berufsbild aufweist und die Beklagte die Notwendigkeit von Teilhabeleistungen für den Kläger somit zutreffend daran messen konnte, ob der Einsatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gefährdet oder bereits gemindert ist. Dies ist nach den vorliegenden Unterlagen zu Recht verneint worden, weshalb es an den erforderlichen persönlichen Voraussetzungen für die beantragte Teilhabeleistung mangelt.
Die Beklagte hatte als erstangegangener Leistungsträger, der den Antrag nicht weitergeleitet hatte, im Rahmen des
§ 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) den Rehabilitationsbedarf für die beantragten Teilhabeleistungen umfassend zu prüfen gehabt. Als weitere materielle Rechtsgrundlage könnten bei dem arbeitslosen Kläger grundsätzlich über § 16
Abs. 1 Satz 2
SGB II Vorschriften des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB III) - etwa
§§ 81 oder
88 SGB III - in Betracht kommen. Die Beklagte hat sich dazu in ihren Bescheiden zwar nicht geäußert gehabt. Doch war der Kläger in der Zeit bis zur letzten Verwaltungsentscheidung noch nicht längere Zeit arbeitslos gewesen, so dass es an der Grundlage für einen derartigen Anspruch fehlte. Dies ist zwar zwischenzeitlich anders; gleichwohl lässt sich der Bedarf von Teilhabeleistungen im Gefolge der Arbeitslosigkeit auch aktuell nicht bestätigen. Das Jobcenter geht nämlich von gesundheitlichen Vermittlungshemmnissen im Beruf des Gärtnermeisters aus, die vorrangig zu beachten seien, während sich im vorliegenden Verfahren gezeigt hat, dass dies den falschen Maßstab darstellt. Vermittlungsbemühungen in den Bürobereich oder auf den allgemeinen Arbeitsmarkt sind bisher anscheinend noch nicht verstärkt unternommen worden, worauf die vorgelegten Eingliederungsvereinbarungen hindeuten.
Auf die Ausübung von Ermessen kam es in Anbetracht der fehlenden persönlichen Voraussetzungen beim Kläger nicht an. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch noch darauf, dass der Kläger formal zwar allgemein die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe beantragt hat, im Erörterungstermin aber klar zum Ausdruck gebracht hat, dass sein Interesse einzig auf eine Umschulungsmaßnahme zum Techniker abzielt, wobei die entsprechende Maßnahme aus Sicht des Klägers wegen des zeitlichen Abstands zu den früher schon einmal besuchten Ausbildungsabschnitten noch einmal vollständig durchlaufen werden müsste. Ohne dass es für die vorliegende Entscheidung rechtliche Bedeutung hätte, mag bezweifelt werden, ob in Anbetracht der Dauer der angestrebten Maßnahme und dem Alter des Klägers bei Abschluss der Maßnahme von einer positiven Prognose der Eingliederung des Klägers - quasi auf der Stufe eines Berufsanfängers - ausgegangen werden könnte.
Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.01.2016 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.