Die Berufung ist zulässig, aber nur aus dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, ansonsten war sie unbegründet und daher zurückzuweisen.
Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der geltend gemachten Kosten für die oben genannte mittlerweile durchgeführte Ausbildung zur Heilpraktikerin.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2010 in der Fassung des Bescheides vom 19. Januar 2011 und der hierzu insgesamt ergangene Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23. Juni 2011 waren rechtswidrig und daher aufzuheben, weil die Beklagte diese als unzuständiger Träger erlassen hatte. Zuständig für die Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme
bzw. in der Folgezeit auf Kostenerstattung für die Ausbildung zur Heilpraktikerin war und blieb gemäß
§ 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) die Bundesagentur für Arbeit.
Nach § 14
Abs. 1 Satz 1 und 2
SGB IX in der maßgebenden vom 1. Mai 2004 bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (soweit hier relevant, gleichlautend mit der seitdem geltenden Fassung) stellt ein Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, so stellt nach § 14
Abs. 2 Satz 1
SGB IX der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest, wobei er diesen nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen für Teilhabeleistungen unter Beachtung der besonderen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen hat (
BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, Az.:
B 5 R 5/07 R,
BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, Az.
B 3 KR 5/12 R, hier um im Folgenden jeweils zitiert nach juris.de).
Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14
SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten
bzw. Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des
BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14
Abs. 2 S 1
SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt (
vgl. § 8
SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44
SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat (
BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, a.a.O. Rdnr 17,
m.w.N.).
Erstangegangener Träger im Sinne des § 14
Abs. 1
SGB IX ist vorliegend die Bundesagentur für Arbeit, an die sich die Klägerin mit dem Begehren einer Umschulung zur Heilpraktikerin mit Antrag vom 26. Mai 2008 gewandt hatte, wie sich aus ihrem eigenen Vortrag im Verwaltungsverfahren ebenso wie aus dem Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 17. Juni 2008 ergibt. Da die Bundesagentur für Arbeit diesen Antrag nicht im Rahmen der Frist des § 14
Abs. 1 Satz 1
SGB IX weitergeleitet hatte, verbleibt es bei ihrer Zuständigkeit.
An dieser Zuständigkeit änderte sich nichts dadurch, dass die Bundesagentur für Arbeit die Klägerin aufforderte, denselben Antrag nochmals zu stellen, um ihn dann innerhalb der Frist des § 14
Abs. 1 Satz 1
SGB IX an die Beklagte weiterzuleiten. Eine solche Vorgehensweise ist im Gesetz nicht vorgesehen und ändert aus den oben genannten Gründen nichts an der Zuständigkeit als erstangegangener Träger. In den Anträgen vom 8. August 2008 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit und vom 8. September 2008 gegenüber der Beklagten ist lediglich ein wiederholender Zweitantrag zum selben Antragsgegenstand zu sehen (vgl hierzu
BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, Rn. 15), der eine Zuständigkeit abweichend von der durch den maßgebenden Erstantrag nicht zu begründen vermochte. Denn sämtliche Anträge waren auf dasselbe Ziel, nämlich die Umschulung zur Heilpraktikerin, gerichtet, zudem hat die Klägerin sowohl in dem an die Beklagte gerichteten Antrag als auch im Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 8. September 2008 ausdrücklich ausgeführt, keinen neuen Antrag gestellt zu haben, sondern auf den Erstantrag gegenüber der Bundesagentur vom 25. Mai 2008 zu verweisen; man habe in der Folgezeit keinen neuen Antrag gestellt, sondern lediglich ein ergänzendes Formular ausgefüllt. Dies sei erforderlich geworden, da die Bundesagentur die Maßnahme nunmehr nicht mehr als Umschulung, sondern als Reha-Maßnahme eingestuft habe. Ist ein Antrag jedoch - wie vorliegend - nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines bereits eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, verbleibt es bei der Zuständigkeit aufgrund des Erstantrages. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es - wie vorliegend - um denselben Antragsgegenstand geht, hier die Umschulung zur Heilpraktikerin. Unerheblich ist hierfür die rechtliche Einschätzung der Bundesagentur ebenso wie der Aspekt, ob im Rahmen der Zuständigkeit aufgrund des § 14 SGB materiell-rechtlich alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen geprüft wurden. Es ist also von einem einheitlichen, am 26. Mai 2008 bei der Bundesagentur für Arbeit gestellten Antrag auszugehen.
Aus der Zuständigkeit eines Trägers im Sinne von § 14
Abs. 1 und 2
SGB IX folgt, dass gleichzeitig alle anderen Träger die Entscheidungsbefugnis über die Gewährung von Rehabilitationsleistungen verlieren, so dass
evtl. ergangene Bescheide anderer Träger wegen sachlicher Unzuständigkeit rechtswidrig und aufzuheben sind (
BSG, Urteile vom 20. Oktober 2009 und 24. Januar 2013,
a. a. O.). Aufgrund der Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit als erstangegangener Trägerin hatte vorliegend die Beklagte die Entscheidungsbefugnis über die Gewährung der beantragten Rehabilitationsleistungen verloren, so dass ihr Bescheid vom 16. Dezember 2010 in der Fassung des Bescheides vom 19. Januar 2011 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2011 aufzuheben waren.
Der zuvor durch die Beklagte erlassene Bescheid vom 14. Oktober 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2009 war gleichfalls von der Beklagten als unzuständiger Trägerin erlassen worden, aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Der Antrag der Klägerin auf Erstattung der ihr für die Heilpraktiker-Ausbildung entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 15.896 Euro und ergänzende Leistungen nach
§ 44 SGB IX musste erfolglos bleiben, weil über den zugrundeliegenden Antrag eine bestandskräftige ablehnende Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit vorliegt. Denn der Antrag vom 26. Mai 2008 war mit Bescheid vom 17. Juni 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2008 abgelehnt worden. Nach Rücknahme der Klage im Verfahren S 54 AL 5373/08 war diese Ablehnung bestandskräftig geworden. Die Bindungswirkung des Bescheides beruht auf § 77 Sozialgerichtsgesetz. Folge der vorliegend eingetretenen formellen und materiellen Bestandskraft ist grundsätzlich die Verbindlichkeit der mit dem Verwaltungsakt getroffenen Regelung zwischen den Beteiligten (B. Schmidt in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 75 Rn. 12 mwN), die aufgrund der Wirkung des § 14
SGB IX mit der Begründung einer ausschließlichen Zuständigkeit eine abweichende Entscheidung auch anderer Träger über denselben Anspruch ausschließt (
BSG, Urteil vom 24. Januar 2013, a.a.O., Rn 26). Die Bindung besteht dabei grundsätzlich nur bezüglich des Entscheidungssatzes (B. Schmidt in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017,
Rdnr. 5a, 5b, mwN). Dieser lautete vorliegend auf die Ablehnung der beantragten "Heilpraktiker Umschulung", also der Ablehnung der auch vorliegend begehrten Leistung.
Eine Beiladung der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 75
Abs. 2
SGG war vorliegend nicht erforderlich. Eine Beiladung hat lediglich dann notwendig zu erfolgen, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass an Stelle des Beklagten ein anderer Leistungsträger in Betracht kommt (B. Schmidt in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 75 Rn. 12 mwN), eine solche ernsthafte Möglichkeit bestand vorliegend aus den oben dargelegten Gründen nicht. Wenn ein Träger einen Anspruch bereits bestandskräftig abgelehnt hat, kommt seine Verurteilung zur Leistung aufgrund einer Beiladung nicht mehr in Betracht (B. Schmidt in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 75 Rn. 18 b mwN).
Nach alledem war auf die Berufung der Klägerin hin daher das erstinstanzliche Urteil lediglich teilweise abzuändern und die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache und berücksichtigt, dass die Beklagte durch die Fassung ihres vorliegend streitgegenständlichen Bescheides Veranlassung zur Klage gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160
Abs. 2
Nr. 1 oder 2
SGG lagen nicht vor.