I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Dezember 2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 Übergangsgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zahlt.
II. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Zahlung von Übergangsgeld während einer im Zeitraum vom 01.08.2013 bis 31.10.2013 durchgeführten stufenweisen Wiedereingliederung.
Die 1970 geborene Klägerin erlitt 28.11.2011 eine Radiusfraktur links, die konservativ behandelt wurde. Die anschließende Arbeitsunfähigkeitszeit erstreckte sich vom 28.11.2011 bis 03.02.2012. Seit dem 13.02.2012 bestand erneut durchgängig Arbeitsunfähigkeit. Nach Überschreiten der Höchstbezugsdauer, wurde die Klägerin vom Krankengeld ausgesteuert.
Vom 17.06.2013 bis zum 22.07.2013 besuchte die Klägerin in der Fachklinik Sankt L. in Bad G. eine von der Beklagten mit Bescheid vom 27.05.2013 bewilligte und finanzierte Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation. Während dieser stationären Rehabilitation zahlte die Beklagte der Klägerin Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 41,31 Euro. Die Berechnung erfolgte nach Auskunft der Beklagten mit Schreiben vom 02.02.2018 gegenüber dem Senat auf Grundlage des Einkommens, das die Klägerin aus ihrer früheren Vollzeittätigkeit erlangt hat.
Im ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik Sankt L. in Bad G. vom 24.07.2013 wurde ein Morbus Sudeck am linken Unterarm, ein Cervicalsyndrom sowie ein psychosomatisches Schmerzsyndrom diagnostiziert. Die zuvor als Sekretärin vollschichtig (acht Stunden täglich) tätige Klägerin könne nach dem Entlassungsbericht nicht mehr lange sitzen und benötige daher viele Pausen. Aufgrund des Sudeck seien auch die Schreibfähigkeit und die allgemeine Belastbarkeit eingeschränkt.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 18.07.2013 über den Sozialdienst der Klinik Sankt L. eine stufenweise Wiedereingliederung. Der Facharzt für Orthopädie
Dr. R. bescheinigte auf dem Vordruck Rentenversicherung "Stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (Stufenplan)" Folgendes:
"Durch eine stufenweise Wiedereingliederung kann die Versicherte/der Versicherte die bisherige Arbeit wieder aufnehmen. Nach meiner ärztlichen Beurteilung und in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt/Betriebsarzt empfehle ich mit Einverständnis der Obengenannten/des Obengenannten und nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber folgenden Ablauf für die stufenweise Wiederaufnahme der bisherigen beruflichen Tätigkeit.
1.8 - 30.8 2 Stunden täglich Sekretariatstätigkeiten
2.9 - 30.9 3 Stunden täglich ."
Ab 1.10 4 Stunden täglich ."
."
In dem Antrag
bzw. Stufenplan ist vermerkt, dass die Klägerin nach Absprache mit ihrem Arbeitgeber, der Universität in A-Stadt, nach der stufenweisen Widereingliederung in das Erwerbsleben nur noch 4 Stunden arbeiten werde. Ein entsprechender Arbeitsversuch wurde von der Arbeitgeberin der Klägerin, der Universität in A-Stadt, mit Schreiben vom 23.07.2013 und 15.10.2013 genehmigt. Mit Wirkung vom 01.11.2013 wurde die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung der Klägerin auf 4 Stunden täglich reduziert (Änderung des Arbeitsvertrags vom 23.10.2013). Mit Schreiben der Universität in A-Stadt vom 29.07.2013, vom 08.08.2013 und vom 15.10.2013 wurde die bis zum 31.10.2013 verlängerte Durchführung der Wiedereingliederung bestätigt. In der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2018 erklärte die Klägerin, dass sie entgegen des Änderungsvertrages vom 25.02.2014 auch über den September 2014 hinaus nur zur Hälfte der Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten tätig war.
Mit Bescheid vom 24.07.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die von der Klinik in Bad G. eingeleitete stufenweise Wiedereingliederung, die am 01.08.2013 beginnen sollte, von der Beklagten nicht erfüllt werden könne, so dass auch eine Weiterzahlung des Übergangsgeldes nach
§ 51 Abs. 5 SGB IX nicht in Betracht kommen würde.
Mit Bescheid vom 13.08.2013 bewilligte die beigeladene Bundesagentur für Arbeit der Klägerin für die Zeit ab 07.06.2013 bis 16.06.2013 Arbeitslosengeld I
gem. § 136 SGB III in Höhe von täglich 41,31 Euro (Nachzahlung von 413,10 Euro). Dabei wurde von der Beigeladenen auf
§ 156 Abs. 1 Nr. 2 SGB III verwiesen. Danach ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die ein Anspruch auf Übergangsgeld besteht. Mit weiterem Bewilligungsbescheid der Beigeladenen vom 13.09.2013 wurde der Klägerin Arbeitslosengeld I
gem. § 136
SGB III für den Zeitraum 14.08.2013 bis 02.08.2014 in Höhe von täglich 41,31 Euro bewilligt. Diese Bewilligung wurde mit Bescheid der Beigeladenen vom 23.10.2013 ab 14.08.2013 auf Grund der durchgeführten Wiedereingliederung aufgehoben. Mit Erstattungsbescheid vom 30.01.2014 forderte die Beigeladene von der Klägerin Arbeitslosengeld I in Höhe von 1.239,30 Euro für die Zeit bis 30.09.2013 zurück. Mit Änderungsbescheid vom 30.01.2014 wurden der Klägerin für den Zeitraum 14.08.2013 bis 31.08.2013 erneut Arbeitslosengeld I in Höhe von täglich 41,30 Euro bewilligt. Mit weiterem Änderungsbescheid der Beigeladenen vom 22.04.2014 wurde der Klägerin auch für den Zeitraum 01.09.2013 bis 31.10.2013 Arbeitslosengeld I in Höhe von täglich 41,31 Euro bewilligt. Insgesamt wurde der Klägerin für den Zeitraum 14.08.2013 bis 31.10.2013 Arbeitslosengeld I in Höhe von 7.026 Euro gezahlt. Diesbezüglich meldete die Beigeladene mit Schreiben vom 13.09.2013 - vorsorglich - einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten an.
Gegen den die stufenweise Wiedereingliederung und die Zahlung von Übergangsgeld ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 24.07.2013 legte die Klägerin Widerspruch ein. Die stufenweise Wiedereingliederung setze lediglich eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit sowie die Feststellung von dieser und einer gleichzeitig erkennbaren Teilarbeitsfähigkeit voraus.
Während des laufenden Widerspruchsverfahrens fragte der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten beim Grundsatzreferat der Beklagten in Bezug auf die rechtliche Würdigung in der Dienstanweisung an, dass eine stufenweise Wiedereingliederung prognostisch mit der Fähigkeit zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit enden müsse. Den gesetzlichen Regelungen könne seiner Ansicht nach eine solche Begrenzung nicht entnommen werden. Auch wurde von ihm um die genaue Definition des Begriffs "vollschichtig" gebeten. Die Grundsatzabteilung der Beklagten vertrat daraufhin die Rechtsauffassung, dass als Voraussetzung für die Gewährung einer Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung die Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit absehbar sein müsse und das so umrissene Rehabilitationsziel (Wiederaufnahme der Beschäftigung im bisherigen Umfang) voraussichtlich mit der stufenweisen Wiedereingliederung erreicht werden könne. Da die Klägerin ab dem 01.10.2013 nur vier Stunden täglich arbeiten wollte, sei die Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Entlassung nicht absehbar gewesen. Dabei wurde auf Punkt 3.1. der Dienstanweisung zu
§ 51 Abs. 5 SGB IX sowie Punkt 2.1 des Prüfbogens SWE verwiesen.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2013 zurück.
Zwischenzeitlich bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.12.2013 bis 31.05.2015 in Höhe von monatlich 519,71 Euro.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 24.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2013 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben. Der Wortlaut der Vorschrift von
§ 28 SGB IX trage die Rechtsauffassung der Beklagten gerade nicht. Gefordert werde vom Gesetzgeber lediglich die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Wiedereingliederung in das Erwerbsleben.
Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 11.12.2014 der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 eine stufenweise Wiedereingliederung zu gewähren und der Klägerin für diesen Zeitraum Übergangsgeld zu leisten. Bereits der Wortlaut des § 28
SGB IX "voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert" spreche gegen die restriktive Auslegung der Beklagten. Das Adverb "voraussichtlich" stelle auf eine notwendige Prognoseentscheidung ab, während die "bessere Wiedereingliederung" den Gegenstand der Prognose umreiße. Eine Arbeitsleistung von vier Stunden täglich, die nach Beginn der stationären Rehabilitationsbehandlung noch nicht unmittelbar möglich gewesen sei, sei eine Besserung bezogen auf den Zustand vor Inanspruchnahme der Rehabilitationsleistung, die durch die stufenweise Wiedereingliederungsmaßnahme überhaupt erst ermöglicht worden sei. Der Gesetzgeber habe gerade nicht auf eine vollständige Wiedereingliederung in das Erwerbsleben, sondern auf eine bessere Wiedereingliederung abgestellt. Zur Parallelvorschrift des
§ 74 SGB V habe das Bundesarbeitsgericht bereits judiziert, dass sich die Prognose nicht zwingend auf das Ziel der Wiederherstellung der vollen Arbeitstätigkeit richten müsse, auch wenn dies regelmäßig verfolgt werde. Danach könne auch die Befähigung zu einer nach Art, Dauer, zeitlicher und räumlicher Lage veränderten Arbeitstätigkeit Eingliederung in das Erwerbsleben sein. Der Anspruch auf Bezahlung von Übergangsgeld ergebe sich aus § 51
Abs. 5
SGB IX. Nach der Rechtsprechung des
BSG bedeute die Formulierung "im unmittelbaren Anschluss" auch nicht etwa, dass sich die stufenweise Wiedereingliederung völlig nahtlos an die vorangegangene Reha-Leistung anschließen müsse. Ein - wie vorliegend gegebener - Zeitraum von 10 Tagen zwischen Abschluss der Reha-Maßnahme und Beginn der Wiedereingliederung sei in diesem Sinne jedenfalls unmittelbar.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass eine stufenweise Wiedereingliederung im Sinne des § 28
SGB IX zu Lasten der Rentenversicherung nur in Frage kommen könne, wenn die stufenweise Wiedereingliederung auch an die bisher vertraglich vereinbarte Arbeitszeit (hier: 8 Stunden) wieder heranreiche. Vorliegend sei klar gewesen, dass dieses Ziel nicht beabsichtigt gewesen sei und von der Klägerin nicht hätte erreicht werden können. Die Klägerin sei im streitgegenständlichen Zeitraum weiterhin arbeitsunfähig gewesen und hätte
ggf. einen - fortgesetzten - Anspruch auf Krankengeld gegenüber ihrer Krankenkasse gehabt. In der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2017 hat der Beklagtenvertreter ergänzt, dass sich die Berechnung des Übergangsgeldes während der stufenweise Wiedereingliederung nach der zuletzt ausgeübten Vollzeittätigkeit richte. Auch hieraus werde ersichtlich, dass eine stufenweise Wiedereingliederung das Ziel voraussetze, die bisher vertraglich vereinbarte Arbeitszeit wieder zu erreichen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.12.2014 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 24.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2013 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 04.01.2018 hat der Senat die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der vorliegenden Prozessakten Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht München hat zu Recht mit Urteil vom 11.12.2014 die Beklagte unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 dem Grunde nach Übergangsgeld zu zahlen. Entgegen der Auffassung der Beklagten, kann eine stufenweise Wiedereingliederung im Sinne des
§ 28 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung (ab 1.1.2018
§ 44 SGB IX nF) zu Lasten der Rentenversicherung nicht nur in Frage kommen, wenn die stufenweise Wiedereingliederung an die bisher vertraglich vereinbarte Arbeitszeit (hier: 8 Stunden) heranreicht. Auch die Befähigung zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit ist eine Eingliederung in das Erwerbsleben, die einen entsprechenden Anspruch auf Übergangsgeld
gem. § 51 Abs. 5 SGB IX aF (seit 01.01.2018
§ 71 Abs. 5 SGB IX) auslöst. Nach dem Grundsatz der einheitlichen Bemessungsgrundlage ist auch bei der Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes während einer stufenweisen Wiedereingliederung nicht zu berücksichtigen, dass die Klägerin beabsichtigt hat, künftig nur noch in einem Teilzeitarbeitsverhältnis tätig sein zu wollen.
I.
Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist der Bescheid der Beklagten vom 24.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2013 mit denen es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin eine stufenweise Wiedereingliederung
gem. § 28
SGB IX aF und die Weiterzahlung von Übergangsgeld
gem. § 51
Abs. 5
SGB IX aF für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 zu bewilligen. Da die Wiedereingliederung mittlerweile tatsächlich durchgeführt wurde und diese im Übrigen mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren ist
bzw. diesem gegenüber geltend zu machen ist (mwH. Weber in: vom Stein/Rothe/Schlegel, Gesundheitsmanagement und Krankheit im Arbeitsverhältnis, § 2 F. Rn. 81
ff.), legt der Senat das klägerische Begehren
gem. §§ 133, 157
BGB dahingehend aus, dass alleine noch die Zahlung eines Übergangsgeldes gegenüber der Beklagten streitig ist. Hierauf wurden die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2018 hingewiesen. Da laufende Leistungen im Streit stehen, kommt es auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum an, für den die Leistungen begehrt werden (MKLS/ Keller, 12. Aufl. 2017,
SGG § 54 Rn. 34). Damit ist Anspruchsgrundlage im streitgegenständlichen Verfahren § 51
Abs. 5
SGB IX aF und die jeweiligen Vorschriften des
SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung.
II.
Die von der Klägerin erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54
Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist zulässig. Insbesondere kann der Klägerin auch für den Zeitraum 14.08.2013 bis 31.10.2013 das Rechtsschutzbedürfnis nicht deshalb abgesprochen werden, weil sie für diesen Zeitraum den als Übergangsgeld eingeklagten Betrag in gleicher Höhe bereits als Arbeitslosengeld I von der Beigeladenen erhalten hat, sodass mit Blick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (
SGB X) kein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte resultiert. Die Klägerin hat ein schützenswertes Interesse an der Klärung, welche Leistung ihr zugestanden hat, weil die Bezugsdauer sowohl des Übergangsgeldes als auch des Arbeitslosengeldes begrenzt ist (§ 51
Abs. 5
SGB IX aF Dauer der Wiedereingliederung;
§ 147 Abs. 2 SGB III). In solchen Fällen kann der Entscheidung über die zustehende Leistung Fernwirkungen für spätere Leistungsfälle zukommen (
vgl. BSG, Urteil vom 12.03.2013 - B 1 KR 7/12 R und
BSG SozR 4-2500 § 44
Nr. 1 Rn. 4 mwN). Die Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54
Abs. 4
SGG und die darauf beruhende Verurteilung der Beklagten dem Grunde nach (§ 130
Abs. 1
S. 1
SGG) sind damit ausnahmsweise zulässig. Dies gilt selbst dann, wenn jeglicher Zahlungsanspruch der Klägerin - etwa wegen Arbeitslosengeld-Bezugs und der Erfüllungsfiktion gemäß § 107
SGB X - von vornherein ausscheidet (
vgl. insgesamt
BSG SozR 4-2500 § 44
Nr. 1 Rn. 5 unter Hinweis auf
BSG SozR 3-1300 § 104
Nr. 3
S. 4 f). Es liegt nach der Rechtsprechung des
BSG im Ermessen des erkennenden Gerichts, ob es die Frage der Erfüllung durch eine anderweitige Leistung im Rahmen des Streits um den Grund des Anspruchs klärt oder dem Betragsverfahren vorbehält, solange es hierbei Klarheit schafft (
BSG, Urteil vom 12.03. 2013 - B 1 KR 7/12 R). Dieses Ermessen übt der Senat dahingehend aus, dass die Frage der Erfüllungswirkung dem Betragsverfahren vorbehalten bleibt.
III.
Die Klägerin hatte für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 einen Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung. Damit ist auch dem Grunde nach der Anspruch auf Übergangsgeld
gem. § 51
Abs. 5
SGB IX aF für die Dauer der Wiedereingliederung gegenüber der Beklagten entstanden.
1.). Die Zuständigkeit der Beklagten (
§ 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX) für die stufenweise Wiedereingliederung (§ 15
Abs. 1
SGB VI) setzt zunächst voraus, dass die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (
§§ 7 S. 1,
4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB IX in Verbindung mit § 9
Abs. 1
S. 1 und
Abs. 2, §§ 10, 11
SGB VI). Das ist hier der Fall. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11
SGB VI) liegen unstreitig durchgängig vor. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist wegen Krankheit oder körperlich, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert (§ 10
Abs. 1
Nr. 1
SGB VI), weil sie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sekretärin nicht vollschichtig ausüben konnte. Aus diesem Grunde hat die Beklagte der Klägerin die stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 17.06.2013 bis zum 22.07.2013 in der Fachklinik Sankt L. in Bad G. und Übergangsgeld für die Dauer der Maßnahme bewilligt (
§ 45 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX aF i.V.m. § 20
Nr. 1
SGB VI). Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass nach einer vom Rentenversicherungsträger gewährten Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherungsträger für die stufenweise Wiedereingliederung und damit für die Zahlung von Übergangsgeld zuständig bleibt, solange sich die stufenweise Wiedereingliederung als Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen Gesamtmaßnahme darstellt (
BSG vom 20.10.2009 -
B 5 R 44/08 R -, SozR 4-3250 § 14
Nr. 9). Das ist der Fall, wenn das rentenversicherungsrechtliche Rehabilitationsziel noch nicht erreicht ist, weil der Versicherte den berufstypischen (nicht: arbeitsplatzspezifischen) Anforderungen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gesundheitlich noch nicht gewachsen ist und der weitere Rehabilitationsbedarf spätestens bei Abschluss der stationären Maßnahme zu Tage getreten ist. Bei Anwendung dieser Kriterien steht es für den Senat fest, dass im Falle der Klägerin von einer objektiven, fortbestehenden medizinischen Indikation für eine stufenweise Wiedereingliederung und von einer "Unmittelbarkeit" im Sinne des § 51
Abs. 5
SGB IX auszugehen war. Der Kur-Entlassungsbericht der Fachklinik Sankt L. in Bad G. vom 24.07.2013 belegt, dass die Klägerin ab dem Zeitpunkt der Entlassung den berufsspezifischen Anforderungen der Tätigkeit einer Sekretärin gesundheitlich noch nicht voll gewachsen war und weiterhin ein rentenversicherungsrechtlicher Rehabilitationsbedarf bestand. Die zuvor als Sekretärin vollschichtig (acht Stunden täglich) tätige Klägerin konnte nach den im Entlassungsbericht dokumentierten Feststellungen (Morbus Sudeck am linken Unterarm, Cervicalsyndrom, psychosomatisches Schmerzsyndrom) nicht mehr lange sitzen und benötigte daher viele Pausen. Aufgrund des Morbus Sudeck waren auch die Schreibfähigkeit und die allgemeine Belastbarkeit eingeschränkt.
Eine Fortführung der stufenweisen Wiedereingliederung mit dem Ziel einer Leistungssteigerung auf vier Stunden täglich in dem Beruf als Sekretärin wurde von dem behandelnden Arzt für möglich angesehen und befürwortet. Die stufenweise Wiedereingliederung stellte sich folglich als Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen Gesamtmaßnahme dar. Mit Schreiben vom 23.07.2013 und vom 08.08.2013 hat der Arbeitgeber der Klägerin, die Universität A-Stadt, auch das Einverständnis mit der Wiedereingliederung erklärt und deren Beginn ab 01.08.2013 bestätigt. Die Wiedereingliederung wurde auch im streitgegenständlichen Zeitraum durchgeführt.
2. § 51
Abs. 5
SGB IX aF sieht vor, dass Übergangsgeld bis zum Ende einer stufenweisen Wiedereingliederung (§ 28
SGB IX aF) weiter gezahlt werden muss, wenn diese im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erforderlich ist.
a) Der Senat ist überzeugt, dass bei der Klägerin für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 eine stufenweise Wiedereingliederung erforderlich war, um ihre Eingliederungschancen in das Erwerbsleben zu erhöhen. Gemäß § 28
SGB IX aF sollen die medizinischen und die sie ergänzenden Leistungen erbracht werden, wenn arbeitsunfähige Leistungsberechtigte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten und durch eine stufenweise Wiederaufnahme der Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden können. Die Regelung des § 28
SGB IX aF zielt ebenso wie
§ 74 SGB V auf die nachhaltige Wiedereingliederung langfristig erkrankter Beschäftigter. Dahinter steht die Erfahrung, dass für Arbeitnehmer, die für einen längeren Zeitraum erkrankt und deshalb längerfristig nicht beschäftigt worden sind, mit fortschreitender Abwesenheit vom Arbeitsplatz die Schwierigkeit wächst, nach der Genesung wieder am Arbeitsplatz integriert zu werden. Im schlimmsten Fall spricht der Arbeitgeber die krankheitsbedingte Kündigung aus. Aber auch ohne dieses Szenario nehmen mit der Dauer der Arbeitsunfähigkeit die Hemmnisse für den Wiedereinstieg zu. Fertigkeiten und Kenntnisse können nachlassen oder verblassen. Eigene Verunsicherungen können wachsen. Die stufenweise Wiedereingliederung ist gerade darauf gerichtet, Beschäftigten den Wiedereinstieg in den betrieblichen Arbeitsprozess schon im Verlauf der Genesung zu ermöglichen und so beruflichen Teilhaberisiken und sozialer Exklusion vorzubeugen. Dabei bewirkt die stufenweise Wiedereingliederung mit ihrer schrittweisen Steigerung der Anforderungen zugleich einen Einstieg, den die Beschäftigten regelmäßig leichter bewältigen (zu den Zielen der stufenweisen Wiedereingliederung Nebe SGb 2015, 125, 126).
b) Aus medizinischer Sicht muss eine günstige Aussicht auf berufliche Wiedereingliederung bestehen, wobei die Prognose schon allein wegen der erforderlichen Mitarbeit der verschiedenen Beteiligten (Versicherter, Vorgesetzte, Kollegen) mit Unwägbarkeiten verbunden ist. Dabei muss jedoch weder nach dem Wortlaut, dem Willen des Gesetzgebers noch nach dem Sinn und Zweck des § 28
SGB IX aF die volle Wiedererlangung früherer Fähigkeiten
bzw. der bisher vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung prognostiziert werden. Auch die Befähigung zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit ist eine Eingliederung in das Erwerbsleben. Ausreichend ist eine sinnvoll in der betrieblichen Organisation einsetzbare Fähigkeit. Die Prognose ist - wie vorliegend geschehen - vom Arzt im Weg eines Stufenplanes zu konkretisieren (
BAG Urt. vom 13.06.2006 -
9 AZR 229/05, NZA 2007, 91-93).
aa) Dem Wortlaut von § 28
SGB IX aF"Können arbeitsunfähige Leistungsberechtigte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden, sollen ..."
kann die von Beklagten vorgenommene enge Auslegung (
vgl. auch Gemeinsames Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018,
S. 172), dass die Wiedereingliederung an die bisher vertraglich vereinbarte tägliche Arbeitszeit (vor Beginn der medizinischen Rehabilitationsleistung) heranreichen muss, nicht entnommen werden. Eine am Wortlaut "voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert" orientierte Auslegung ergibt vielmehr, dass zum einen eine Prognoseentscheidung zu treffen ist ("voraussichtlich"), während die "bessere Wiedereingliederung" den Gegenstand der Prognose umreißt. Im streitgegenständlichen Verfahren ist zu berücksichtigen, dass eine Arbeitsleistung von vier Stunden täglich, die nach Beginn der stationären Rehabilitationsbehandlung noch nicht unmittelbar möglich war, auf jeden Fall eine Besserung bezogen auf den Zustand vor Inanspruchnahme der Rehabilitationsleistung ist. Diese Besserung wird jedoch durch die stufenweise Wiedereingliederungsmaßnahme überhaupt erst erreicht. Der Wortlaut der Vorschrift stellt eben nicht auf eine vollständige Wiedereingliederung in das Erwerbsleben ab, sondern alleine auf eine bessere Wiedereingliederung. Diese wird vorliegend unstreitig erreicht. Zur Parallelvorschrift des § 74 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -
SGB V - hat das
BAG mit Urteil vom 13.06.2006 - 9 AZR 229/05 wörtlich ausgeführt:
"Hiervon ausgehend setzt die Empfehlung zur Wiedereingliederung zunächst die Beurteilung voraus, der Arbeitnehmer sei (weiterhin) arbeitsunfähig. Hinzu kommt die Einschätzung, dass er seine arbeitsvertragliche Tätigkeit teilweise verrichten könnte und schließlich muss der Arzt die Prognose treffen, dass eine stufenweise Heranführung des Arbeitnehmers an die berufliche Belastung seine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben fördert. Dabei muss sich die Prognose nicht zwingend auf das Ziel der Wiederherstellung der vollen Arbeitstätigkeit richten, auch wenn dies regelmäßig verfolgt wird (
vgl. dazu
BAG 28.07.1999 -
4 AZR 192/98 - BAGE 92, 140). Auch die Befähigung zu einer nach Art, Dauer, zeitlicher und räumlicher Lage veränderten Arbeitstätigkeit kann Eingliederung in das Erwerbsleben sein."
Vorliegend bestehen keine sachlichen Gründe die Vorschrift sozialrechtlich anders auszulegen als durch das Bundesarbeitsgericht für den Anwendungsbereich des § 74
SGB V. Vielmehr spricht der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung dafür, ein und dieselbe Vorschrift
bzw. vergleichbare Rechtsvorschriften rechtswegübergreifend einheitlich auszulegen (
vgl. BVerfGE 54, 277-300). Dass auch die Befähigung zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit eine Eingliederung in das Erwerbsleben darstellt, ergibt sich auch daraus, dass eine stufenweise Wiedereingliederung nicht nur im bestehenden Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommt; sie setzt nach dem Wortlaut ein solches nicht einmal voraus (so bereits Gagel NZA 2001. 988 (989). Im Übrigen regelt selbst die von der Beklagten zitierte Dienstanweisung (Punkt 3.1. zu § 51
Abs. 5
SGB IX und das Gemeinsame Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018,
S. 172) nicht konkret, was unter den Begriff der "vollschichtigen" Tätigkeit zu verstehen ist. Es lässt sich nicht erkennen, dass hierunter nur eine 8-stündige Tätigkeit zu subsumieren ist oder ob der Versicherte vielmehr dazu in die Lage versetzt werden soll - im Rahmen seiner gesundheitlichen Fähigkeiten - seine arbeitsvertraglichen Obliegenheiten "vollschichtig" d.h. also
ggf. auch im Rahmen eines Teilzeitarbeitsplatzes zu verrichten. Die stufenweise Wiedereingliederung muss nach einer am Wortlaut orientierten Auslegung nicht zum Ziel haben, dass die frühere arbeitsvertragliche vereinbarte Arbeitszeit erreicht wird. Mit ihr kann der oder die Betroffene auch einen Teilzeit-Arbeitsplatz nach §
164 Abs. 5 S. 3 SGB IX nF anstreben (so ausdrücklich Tolmein, in: Plagemann, Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 5. Aufl. 2018, § 28 Die Leistungen im Rehabilitations- und Teilhaberecht, Rn. 75).
bb) Auch eine historische Auslegung von § 28
SGB IX aF führt nicht dazu, dass alleine die Befähigung zu einer vollschichtigen Tätigkeit eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben darstellt. Die Gesetzesbegründung zu § 28
SGB IX aF (
vgl. BT-Drs. 14/5074, 107) führt alleine aus, dass die Vorschrift nun für alle Trägerbereiche der medizinischen Rehabilitation die bisher ausdrücklich nur in der Krankenversicherung (§ 74
SGB V) vorgesehene Möglichkeit der stufenweisen Wiedereingliederung vorsieht. Auch in der Begründung der entsprechenden Parallelvorschrift im Krankenversicherungsrecht (
§ 82 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl. I 1988, 2477) wird die Notwendigkeit einer vollständigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gerade nicht verlangt (BR-Drs. 200/88, Begründung zu § 82
SGB V,
S. 192; BT-Drs. 11/2237, Begründung zu § 82
SGB V,
S. 192).
cc) Ebenso wird der Sinn und Zweck von § 28
SGB IX aF auch mit einem prognostizierten nur teilweisen Erfolg (bezogen auf die Arbeitsfähigkeit vor Beginn der Rehabilitationsbehandlung) der stufenweisen Wiedereingliederung erfüllt. Die stufenweise Wiedereingliederung zielt gerade auf diejenigen Arbeitnehmer ab, die auf Grund einer Erkrankung wochen- oder monatelang aus dem Erwerbsleben ausgegliedert sind, mindestens über den Zeitpunkt der Entgeltfortzahlung hinaus. Hier ist insbesondere an Versicherte mit chronischen oder schweren Erkrankungen zu denken wie Herz- und Gefäßkrankheiten, rheumatische Leiden, Stoffwechselkrankheiten, Krebserkrankungen, Nierenleiden, neurologische und psychiatrische Krankheiten oder an Personen, die gerade schwere Operationen hinter sich bringen mussten (Oppermann in: Hauck/Noftz,
SGB IX K § 28, Rn. 10 unter juris). Bei der stufenweisen Wiedereingliederung handelt es sich um eine schonende, aber kontinuierliche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Der Arbeitnehmer wird hierbei bei zunächst reduzierter Arbeitszeit und
ggf. Arbeitsschwere allmählich wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert. Durch diese schrittweise Wiedereingliederung sollen die Wiedereingliederungschancen am Arbeitsplatz verbessert werden. Diese Maßnahme stellt ein bewährtes Mittel dar um die Belastungsfähigkeit nach einer langen Erkrankung zu erproben. Weiterhin können damit Fehlzeiten überwunden werden, da es durch die Wiedereingliederung oft gelingt, die Mitarbeiter wieder früher zur Arbeit zurückzuführen. Verbunden damit ist auch ein guter Trainingseffekt, da durch diese Maßnahme die Schwellenangst von Mitarbeitern vor der Arbeitsaufnahme nach längerer Krankheit vermindert wird. Als Dauer der Wiedereingliederungsphase wird ein Zeitraum zwischen drei und sechs Monaten empfohlen (Oppermann, a.a.O. Rn. 7 unter juris). Der so umrissene Zweck des Gesetzes wird auch mit einer Wiedereingliederungsmaßnahme, die nicht die volle Wiederherstellung der (bisherigen) Arbeitsfähigkeit umfasst, erreicht.
c) Ein Anspruch der Klägerin auf Wiedereingliederung bei zeitlich limitierter Arbeitstätigkeit ergibt sich auch aus dem Diskriminierungsverbot des
Art. 5 Abs. 2 UN-BRK. Es ist (mittlerweile) grundsätzlich anerkannt, dass das Diskriminierungsverbot von
Art. 5
Abs. 2
UN-
BRK unmittelbar anwendbar ist (Urteile des
BSG vom 06.03.2012 - B 1 KR 10/11 und vom 15.10.2014 -
B 12 KR 17/12 m.w.N.; Aichele, DRiZ 10/2016, 342 (362)). Hierzu hat das
BSG im Urteil vom
BSG 06.03.2012, a.a.O. Folgendes festgestellt:
"Nach dieser Regelung verbieten die Vertragsstaaten jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung und garantieren Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, gleichviel aus welchen Gründen."
Zu den Menschen mit Behinderungen zählen nach
Art. 1 Abs. 2 UN-BRK Menschen, die - wie die Klägerin - langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Nach
Art. 2 UN-BRK bedeutet "Diskriminierung aufgrund von Behinderung" jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung aufgrund von Behinderung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass das auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete Anerkennen, Genießen oder Ausüben aller Menschenrechte und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen oder jedem anderen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird. Sie umfasst alle Formen der Diskriminierung, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen. Im Sinne des Übereinkommens bedeuten gemäß
Art. 2
UN-
BRK "angemessene Vorkehrungen" notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können. Nach
Art. 4 Abs. 1 S. 1 UN-BRK verpflichten sich die Vertragsstaaten, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsstaaten zu den im Einzelnen in
Art. 4
Abs. 1
S. 2
UN-
BRK genannten Maßnahmen.
Ein Ausschluss von Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen aus dem Anwendungsbereich der stufenweisen Wiedereingliederung, die aus gesundheitlichen Gründen prognostisch nicht mehr eine Vollzeittätigkeit ausüben können, jedoch noch über ein Teilleistungsvermögen verfügen, stellt danach einen klaren Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des
Art. 5 Abs. 2 UN-BRK dar. Schließlich besteht kein sachlicher Grund, Personen die von Anfang an in einem Teilzeitarbeitsverhältnis gestanden haben, eine Wiedereingliederung zu gewähren und Personen die ursprünglich in einem Vollzeitarbeitsverhältnis standen, jedoch aus gesundheitlichen Gründen prognostisch nur noch über ein Teilzeitarbeitsverhältnis verfügen, eine Wiedereingliederung zu verweigern. Eine derartige Verwaltungspraxis der Beklagten verstößt auch gegen
Art. 3
Abs. 1 und
Abs. 3
S. 2 Grundgesetz (
GG).
3. Dem Anspruch der Klägerin auf stufenweise Wiedereingliederung folgt der Anspruch gegenüber der Beklagten auf Zahlung von Übergangsgeld
gem. § 51
Abs. 5
SGB IX aF.
a) Wird die Wiedereingliederungsmaßnahme - wie vorliegend - "im unmittelbaren Anschluss" an die medizinische Reha begonnen, so bleibt der Träger zuständig, der letztere bewilligt und durchgeführt hat. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der medizinischen Reha und der Wiedereingliederung muss dabei nicht derart eng sein, dass sich letztere an die erstere völlig nahtlos (taggenau) anschließt. Schon aus praktischen Gründen bedarf es eines gewissen zeitlichen Rahmens, um das Vorliegen der Voraussetzungen für die stufenweise Wiedereingliederung zu klären. Ein Zeitraum von einer Woche zerreißt den unmittelbaren Zusammenhang jedenfalls nicht (
BSG v. 29.01.2008 -
B 5a/5 R 26/07 R - SozR 4-3250 § 51
Nr. 1; Das Gemeinsame Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018,
S. 172 spricht von 4 Wochen). § 32
Abs. 1
S. 2
SGB VI, der den Übergang von Krankenhausbehandlung zu Anschlussrehabilitation innerhalb von 14 Tagen als "unmittelbar" fingiert, lässt sich entnehmen, dass auch ein Zeitraum von zwei Wochen noch ausreicht (Schlette in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 51
SGB IX; Jabben in: BeckOK
SGB IX, § 51 Rn. 21; Redwitz in: Bihr/Fuchs,
SGB IX, § 51 Rn. 36; von der Heide in: Kossens,
SGB IX, § 51 Rn. 22). Ein wie vorliegend gegebener Zeitraum von 10 Tagen zwischen Abschluss der Reha-Maßnahme und Beginn der Wiedereingliederung ist damit noch unmittelbar im Sinne des § 51
Abs. 5
SGB IX.
b) Für den Zeitraum vom 01.08.2013 bis 13.08.2013 steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch auf Übergangsgeld
gem. § 21
SGB VI i. V. m.
§§ 46,
49 SGB IX aF in Höhe von kalendertäglich 41,31 Euro zu.
Der Zahlungsanspruch von kalendertäglich 41,31 Euro entspricht der Höhe des während der medizinischen Rehabilitationsmaßname geleisteten Übergangsgeldes. Haben Leistungsempfänger - wie die Klägerin - während der medizinischen Rehabilitation (hier: Fachklinik Sankt L. in Bad G.) bereits Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt
gem. § 49
SGB IX von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen. Mit der getroffenen Regelung wird die Berechnungsgrundlage für das sogenannte Anschlussübergangsgeld im Falle des Vorbezuges von Lohnersatzleistungen, ausgehend von dem Grundsatz der Kontinuität der Bemessungsgrundlage, bestimmt. Die Vorschrift dient dabei der Verwaltungsvereinfachung (Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen/Majerski-Pahlen
SGB IX § 49 Rn. 1-6; Gemeinsames Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018,
S. 175). Dabei erfolgt vorliegend auch ein Gleichlauf mit dem von der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Arbeitslosengeld I in Höhe von kalendertäglich 41,31 Euro. Wurde bis zum Beginn der Rehabilitationsleistung Arbeitslosengeld I gezahlt, wird nach § 21
Abs. 4
SGB VI das Übergangsgeld in Höhe der bisherigen Entgeltersatzleistung weitergezahlt. Schließlich hat auch die Beklagte mit Schreiben vom 02.02.2018 gegenüber dem Senat bestätigt, dass das kalendertägliche Übergangsgeld 41,31 Euro für den streitgegenständlichen Zeitraum beträgt.
Nach dem Grundsatz der einheitlichen Bemessungsgrundlage ist bei der Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes während einer stufenweisen Wiedereingliederung nicht zu berücksichtigen, dass die Klägerin beabsichtigt hat, künftig nur noch in einem Teilzeitarbeitsverhältnis tätig sein zu wollen. Eine anteilige Kürzung sehen die § 21
SGB VI i. V. m. §§ 46, 49
SGB IX aF nicht vor. Vorliegend kommt auch eine telelogische Reduktion dieser Vorschriften nicht in Frage. Dies ergibt sich aus der Zweckbestimmung des Übergangsgeldes (
vgl. hierzu
BSG, Urteil vom 21.06.1983 - B 4 RJ 39/82, Rn. 12, juris, zu § 1241
Abs. 1 RVO
aF; Urteil vom 26.06.2007 - B 2 U 23/06 R, juris, zur Parallelvorschrift des § 45
Abs. 1
Nr. 2
SGB VII; Urteil vom 29.01.2008 - B 5a/5 R 26/07 R, Rn. 31, sowie Urteil vom 05.02.2009 -
B 13 R 27/08 R, Rn. 23, juris, jeweils zu § 51
Abs. 5
SGB IX; Urteil vom 07.09.2010 -
B 5 R 104/08 R, Rn. 18, juris, zu § 49 Hs. 1
SGB IX). Dieser liegt darin, die bisherigen Einkommensverhältnisse aufrechtzuerhalten und damit den Entgelt- und Einkommensverlust auszugleichen, den ein in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherter durch die Inanspruchnahme von Leistungen der medizinischen Rehabilitation erleidet (
BSG, Urteil vom 18.02.1981 -
1 RJ 74/79, juris, zu § 1241b RVO
aF; KassKomm/ Kater, 97. EL Dezember 2017,
SGB VI § 20 Rn. 3). Künftige arbeitsvertragliche Gestaltungen - also für den Zeitraum nach Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederungen - haben keinen Einfluss auf die Berechnung des Übergangsgeldes.
c) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin gegenüber der Beklagten auch für den Zeitraum 14.08.2013 bis 31.10.2013 dem Grunde nach einen Anspruch auf Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 41,31 Euro.
Für diesen Zeitraum ist jedoch zu beachten, dass die Klägerin in gleicher Höhe bereits Leistungen von der Beigeladenen als Arbeitslosengeld I erhalten hat. Mit Blick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (
SGB X) resultiert daraus kein weitergehender Zahlungsanspruch. Dies ist von den Beteiligten im Betragsverfahren zu berücksichtigen. Nur ergänzend wird angemerkt, dass die Beigeladene mit Schreiben vom 13.09.2013 gegenüber der Beklagten bereits einen Erstattungsanspruch angemeldet hat. Der Senat hat somit nur dem Grunde nach für diesen Zeitraum geklärt, welche Leistung der Klägerin zugestanden hat, da der Entscheidung über die zustehende Leistung Fernwirkungen für spätere Leistungsfälle zukommen kann.
Nach alldem war die Berufung der Beklagten im Ergebnis zurückzuweisen. Da die Wiedereingliederung bereits durchgeführt wurde, wurde im Tenor klargestellt, dass sich der Leistungsanspruch alleine auf die Zahlungen des Übergangsgeldes bezieht. Nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften bedeutet, dass im Betragsverfahren die Erfüllungsfiktion
gem. § 107
SGB X zu beachten ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und berücksichtigt, dass die Berufung der Beklagten im Wesentlichen unbegründet war.
IV.
Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob eine stufenweise Wiedereingliederung
gem. § 28
SGB IX aF (zur identischen Rechtslage ab 01.01.2018
vgl. § 44
SGB IX nF) nur dann in Frage kommt, falls diese an die bisher vertraglich vereinbarte Arbeitszeit heranreicht oder ob auch die Befähigung zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit Eingliederung in das Erwerbsleben darstellen kann, durch das
BSG - soweit ersichtlich - bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde. Die Rechtsfrage hat auch Breitenwirkung und damit grundsätzliche Bedeutung
gem. § 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG, weil eine grundsätzliche Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger in Streit steht, welche eine Vielzahl von Fällen betreffen kann. So ist auch im Gemeinsamen Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018,
S. 172 weiterhin die Formulierung enthalten, dass eine stufenweise Wiedereingliederung die Aufnahme einer "vollschichtigen" Tätigkeit verlangt. Als Annex hierzu hat auch die Frage grundsätzliche Bedeutung, ob in Fällen, in denen die Wiedereingliederung nur noch in eine Teilzeitbeschäftigung erfolgt/erfolgen soll, das Übergangsgeld ungekürzt oder nur anteilig zu zahlen ist.