Urteil
Voraussetzungen einer Bewilligung von Übergangsgeld nach durchgeführter medizinischer Rehabilitationsmaßnahme

Gericht:

LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat


Aktenzeichen:

L 8 R 164/14


Urteil vom:

11.04.2019


Grundlage:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 31. Januar 2014 und der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2012 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 21. Mai 2006 bis zum 31. August 2008, 24. September 2008 bis 1. November 2008, 16. Juli 2009 bis 4. Oktober 2009 und 2. November 2009 bis 6. Juni 2010 Übergangsgeld dem Grunde nach zu gewähren.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das gesamte Verfahren zu 4/5.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Übergangsgeld in der Zeit vom 21. Mai 2006 bis zum 6. Juni 2010.

Der 1960 geborene Kläger hatte den Beruf des Maschinenbauers erlernt. Am 5. August 1980 erlitt er einen von der damaligen Tiefbau-Berufsgenossenschaft - später: Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft - (BauBG) anerkannten Arbeitsunfall, der zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 führte.

Nach diesem Arbeitsunfall war der Kläger zunächst bis in das Jahr 1984 hinein arbeitsunfähig krankgeschrieben und anschließend in unterschiedlichen Berufen tätig (Schlosser, Verkauf). In Kostenträgerschaft der BauBG nahm er von September 2000 bis Juni 2002 an einer nicht beendeten Umschulung zum IT-Kaufmann teil, über die ihm ein Teilnahmezertifikat ausgestellt worden war. Seit März 2004 war er für die Firma M M GmbH zunächst als angestellter Geschäftsführer mit Aufgaben der Baustellenbetreuung und - nach der Abberufung als Geschäftsführer - ab 16. November 2005 aufgrund eines Arbeitsvertrags als kaufmännischer Mitarbeiter gegen ein monatliches Gehalt von 2.000,- EUR brutto beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Dezember 2005.

Seit 30. November 2005 war der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben. Nach dem Ende der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bezog er ab 1. Januar 2006 zunächst Krankengeld. In Kostenträgerschaft der Beklagten befand er sich dann vom 25. April bis zum 20. Mai 2006 zur medizinischen Rehabilitation in der Klinik D T und bezog während dieser Zeit Übergangsgeld. Nach dem Entlassungsbericht in seiner ursprünglichen Fassung wurde der Kläger aus der Heilkur als arbeitsunfähig entlassen und das Leistungsvermögen in der letzten beruflichen Tätigkeit (bezeichnet mit: Geschäftsführer) auf täglich weniger als drei Stunden, im Übrigen auf täglich mindestens sechs Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen eingeschätzt. Die Tätigkeit als Geschäftsführer sei aus orthopädischer Sicht nicht mehr mehr leidensgerecht. Die Umschulung in eine leidensgerechte berufliche Tätigkeit überwiegend im Sitzen werde empfohlen (Diagnosen: Zustand nach Arthroskopie, partieller Synovialektomie des linken Kniegelenkes am 1. Dezember 2005 bei Synovitis und Chondromalazie; Zustand nach offener Unterschenkelfraktur links 1980 mit Sprunggelenksversenkungsbruch, mehrfach operativ versorgt; Zustand nach Arthrodese des linken oberen Sprunggelenkes bei posttraumatischer Arthrose am 18. März 1997; Zustand nach Hauttransplantation im Bereich des linken Unterschenkels und Defektdeckung mit rechtsseitigem Latissimus-dorsi-Lappen 28. Juli 1997; posttraumatische Spitzfußstellung des linken Fußes; arterielle Hypertonie; chronische Gastritis).

Nachdem der Kläger gegen den Entlassungsbericht Einwendungen erhoben hatte, erstellte die Kurklinik eine Neufassung, ausweislich der sein Leistungsvermögen in der letzten beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer nunmehr abweichend von der Erstfassung mit täglich wenigstens sechs Stunden eingeschätzt und keine Empfehlung für eine Umschulung ausgesprochen wurde. Mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit für die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit, bei der es sich nach Charakterisierung des Klägers um eine leichte körperliche Arbeit gehandelt habe, sei zu rechnen. Ein (im einzelnen näher bezeichneter) leidensgerechter Arbeitsplatz für die vielen zu erledigenden Arbeiten in Sitzposition müsse aber zur Verfügung gestellt werden. Hierzu äußerte sich der Kläger in einem Schreiben vom 20. August 2006, ohne dass der Entlassungsbericht nochmals geändert wurde. In dem Schreiben machte der Kläger unter anderem Ausführungen zum Inhalt seiner Tätigkeit als Geschäftsführer. Diese habe bei Bauvorhaben auch Verrichtungen in unebenem Gelände und auf Leitern und Gerüsten umfasst. Die Einschätzung im ersten Entlassungsbericht auch in Bezug auf eine eventuelle Weiterbildung/Umschulung, dass diese Tätigkeit nicht mehr leidensgerecht gewesen sei (weshalb sie auch zu seiner Abberufung geführt habe), sei deshalb zutreffend gewesen.

Vom 21. Mai 2006 bis zum 31. Juli 2006 hatte der Kläger zunächst wieder Krankengeld bezogen und - nachdem eine Arbeitsunfähigkeit als Folge des Arbeitsunfalls aus dem Jahr 1980 festgestellt worden war - vom 1. August 2006 bis zum 2. Juli 2007 Verletztengeld von der BauBG. Die Berufshilfe der BauBG kam währenddessen im Juni 2007 verwaltungsintern zu dem Ergebnis, dass voraussichtlich nicht mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit für die zuletzt vor dem Versicherungsfall ausgeübte Tätigkeit (bezeichnet mit "Geschäftsführer mit Tätigkeiten im Tiefbaubereich") zu rechnen sei und dass berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation nicht in Betracht kämen.

Seit dem 3. Juli 2007 bezog der Kläger erneut Krankengeld bis zum 21. April 2008 und danach vom 22. April bis zum 31. August 2008 Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit P teilte ihm in einem Schreiben vom 5. Juli 2007 mit, dass er seit dem 15. Dezember 2005 arbeitsuchend gemeldet sei, ihm aber aufgrund der fehlenden Ausbildung im kaufmännischen Bereich bisher kein geeignetes Stellenangebot habe unterbreitet werden können. Mit Förderleistungen der Bundesagentur für Arbeit (Bildungsgutschein) nahm er vom 25. April bis 24. Juni 2008 an einer Weiterbildungsmaßnahme mit dem Bildungsziel Berufskraftfahrer teil, während der das Arbeitslosengeld weitergezahlt wurde. Vom 1. bis 23. September 2008 stand er in einem Beschäftigungsverhältnis als Kraftfahrer, wobei er ab dem 8. September 2008 wieder als Folge des Arbeitsunfalls aus dem Jahr 1980 arbeitsunfähig krankgeschrieben war und bis zum 4. Oktober 2008 Verletztengeld erhielt. Nachdem er vom 5. Oktober bis 1. November 2008 nochmals Arbeitslosengeld bezogen hatte, übte er vom 2. November 2008 bis zum 1. November 2009 - wiederum mit Förderung der Bundesagentur für Arbeit (Eingliederungszuschuss) und teils mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit - erneut eine Beschäftigung als Kraftfahrer aus. Wegen des Arbeitsunfalls aus dem Jahr 1980 war er dann nochmals vom 21. Oktober 2009 bis zum 6. Juni 2010 krankgeschrieben und bezog nach dem Ende der Entgeltfortzahlung durch seinen damaligen Arbeitgeber Verletztengeld vom 2. November 2009 bis zum 6. Juni 2010. Ab 7. Juni 2010 bis zum 17. Januar 2011 war er schließlich - als kaufmännischer Angestellter bzw. Betriebsleiter - versicherungspflichtig beschäftigt.

Einen im November 2006 gestellten Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hatte die Beklagte durch Bescheid vom 12. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2007 unterdessen mit der Begründung abgelehnt, der Kläger sei noch in der Lage, eine Beschäftigung als kaufmännischer Mitarbeiter/Angestellter auszuüben. Ob er seinen erlernten Beruf als Maschinenbauer noch ausüben könne, habe keine Bedeutung. Im Verwaltungsverfahren hatte die Beklagte einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. E vom 30. Oktober 2006 berücksichtigt, außerdem lagen ihr beide Entlassungsberichte der Rklinik D vor.

Das anschließende Klageverfahren auf Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (SG Neuruppin S 5 R 223/07 = LSG Berlin-Brandenburg L 4 R 996/08), das nach Ablehnung eines Antrags des Klägers auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf den entsprechenden Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2008 erweitert worden war, endete am 28. Oktober 2010 nach klageabweisendem Urteil erster Instanz vom 14. Mai 2008 durch Erledigungserklärung des Klägers, auch in Bezug auf den Rentenanspruch. Zuvor hatte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 2009 einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zunächst dem Grunde nach anerkannt. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers als kaufmännischer Mitarbeiter im Sinne des § 10 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sei erheblich gefährdet/gemindert. Sie hat dem Kläger dann Leistungen zur Teilnahme an einer Kurzmaßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung für die Zeit vom 15. bis 18. Februar 2010 und schließlich dem Grunde nach Leistungen zur Teilhabe durch Übernahme einer Ausbildung zum Fahrlehrer bewilligt. In dem Rechtsstreit hatte das Sozialgericht Neuruppin diverse medizinische Unterlagen beigezogen und den Kläger durch den Facharzt für Orthopädie Dr. F untersuchen und begutachten lassen. Dr. F war in seinem Gutachten vom 12. Dezember 2007 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die von ihm festgestellten, mit hoher Wahrscheinlichkeit seit der Entlassung aus der Klinik Dünenwald bestehenden Funktionsstörungen, durch Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation nicht mehr wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden und auch der Eintritt von Berufsunfähigkeit nicht abgewendet werden könne. Möglich seien dem Kläger noch leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Option zum zeitweiligen Gehen und Stehen, ohne dass hierbei gleichzeitig schwere Gegenstände transportiert würden. Das Sozialgericht Neuruppin hatte ferner ein berufskundliches Gutachten des Sachverständigen L vom 5. März 2008 eingeholt. Dieser war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger kaufmännische Innendiensttätigkeiten im Sinne von Büro- und Schreibtischtätigkeiten noch auf dem Niveau der bisher ausgeübten verrichten könne. Das Qualifikationsniveau im kaufmännischen Berufsfeld erreiche nicht das eines Angestellten mit abgeschlossener mindestens zweijähriger Ausbildung. In der Umschulung 2000/2002 seien dem Kläger kaum verwertbare Vorkenntnisse für eine kaufmännische Innendiensttätigkeit vermittelt worden. Mit maximal dreimonatiger Einarbeitung seien ihm Tätigkeiten oberhalb einfacher Bürohilfsarbeiten möglich.

Ab 18. Januar 2011 nahm der Kläger dann in Kostenträgerschaft der Beklagten und unter Gewährung von Übergangsgeld an der Ausbildung zum Fahrlehrer teil. Diese wurde zweimal, zuletzt im Juni 2012 nach einer ab 17. April 2012 bestehenden Arbeitsunfähigkeit im Juni 2012, abgebrochen. Aufgrund eines auf den 17. April 2012 festgestellten Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund eines im Juli 2012 gestellten Rentenantrags zunächst befristet vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2016 und für die Zeit ab 1. Juni 2016 auf Dauer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Rentenansprüche betreffend war im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats unter anderem der Rechtsstreit SG Neuruppin S 2 R 76/17 anhängig, in dem sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2017 wendet, durch den es die Beklagte abgelehnt hatte, den Bescheid der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 24. Mai 1982 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger - unter Vorverlegung des Leistungsfalls auf den 5. August 1980 (Tag des ersten Arbeitsunfalls) oder das Jahr 1997 - Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. In dem Rechtsstreit LSG Berlin-Brandenburg L 8 R 914/15 (= SG Neuruppin S 7 R 178/13) wendet sich der Kläger gegen den ersten Bescheid über Bewilligung einer Zeitrente (vom 17. Dezember 2012) aufgrund des Rentenantrags aus dem Jahr 2012 und macht geltend, dass der Leistungsfall der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bereits vor dem 17. April 2012 eingetreten sei.

Übergangsgeld unter Anrechnung anderweitigen Verdienstes unter anderem für die Zeit ab dem 21. Mai 2010 hatte der Kläger bei der Beklagten am 14. Dezember 2010 unter Hinweis auf die 2006 beantragten, jedoch zunächst abgelehnten Leistungen zur Teilhabe beantragt. Nachdem sein Bevollmächtigter im August 2011 an die Bearbeitung des Antrags erinnert hatte, lehnte die Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 31. August 2011 ab. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung seien nicht erfüllt, weil der Kläger nach dem Ende der Maßnahme der medizinischen Rehabilitation am 2. November 2008 eine Beschäftigung aufgenommen habe.

Mit einer im Dezember 2011 erhobenen Untätigkeitsklage (SG Neuruppin S 7 R 247/12) machte der Kläger dann zunächst die Bescheidung seines Antrags vom 13. Dezember 2010 geltend. Gegen den ihm dann im März 2012 übermittelten Bescheid vom 31. August 2011 erhob er mit Schriftsatz vom 13. März 2012 Widerspruch, dem er das Schreiben der Agentur für Arbeit vom 5. Juli 2007 und den Bildungsgutschein vom 24. April 2008 beifügte. Er habe mindestens bis zum 2. November 2008 nicht in eine zumutbare Beschäftigung vermittelt werden können. Die Beklagte verwarf den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 3. September 2012 als unzulässig. Der Bescheid vom 31. August 2011 gelte mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugegangen. Der Widerspruch vom 13. März 2012 sei deshalb verspätet.

Mit seiner am 12. September 2012 erhobenen Klage hat der Kläger die Gewährung von Übergangsgeld durchgehend für die Zeit vom 21. Mai 2006 bis zum 17. Januar 2011 geltend gemacht. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 31. August 2011 sei fristgerecht erhoben worden, weil er ihn erst im März 2012 tatsächlich erhalten habe. Die von der Beklagten für sich in Anspruch genommene Zugangsfiktion gelte deshalb nicht. In der Sache sei der Anspruch begründet. Ihm habe, auch nach der Aufnahme der Beschäftigung als Fernfahrer Anfang September 2008, keine zumutbare Beschäftigung vermittelt werden können. Zur Unterstützung seiner Auffassung hat er ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit E (Gutachterin Fachärztin für Allgemeinmedizin mit Zusatzbezeichnungen Betriebsmedizin/Sozialmedizin Dr. K) vom 20. August 2007 vorgelegt. Danach wurde sein Leistungsvermögen voraussichtlich für mehr als sechs Monate auf weniger als drei Stunden täglich eingeschätzt. Nach einer Operation im Juli 2007 sei er nach Mitteilung des behandelnden Orthopäden arbeitsunfähig krank und werde es noch für mehr als sechs Monate bleiben. Schon jetzt könne eingeschätzt werden, dass er den erlernten Beruf des Maschinenbauers und eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer dauerhaft nicht werde verrichten können. Eine Tätigkeit als Geschäftsführer sei voraussichtlich wieder möglich. Vor Einleitung von Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation sollten der Ausgang der anhängigen Klageverfahren gegen die BauBG und gegen die Rentenversicherung wegen beruflicher Reha-Maßnahmen berücksichtigt werden.

Die Beklagte hat geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für die Zahlung eines Übergangsgeldes im geltend gemachten Zeitraum nicht erfüllt seien. Dessen Zahlung sei ausgeschlossen, wenn sich ein weiterer Rehabilitationsbedarf erst nach dem Abschluss der vorangegangenen Leistung ergebe. Anders sei es nur dann, wenn ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zeitnah nach der abgeschlossenen Reha-Maßnahme gestellt werde und sich die Notwendigkeit der beantragten Leistung aus der vorangegangenen ergebe. Im vorliegenden Fall seien Leistungen zur Teilhabe erst im Zuge des Berufungsverfahrens gegen den Ablehnungsbescheid vom 12. Januar 2007 anerkannt worden. An einem unmittelbaren Anschluss zu der im Mai 2006 beendeten Maßnahme der medizinischen Rehabilitation fehle es, weil in diesem Zeitpunkt noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für den Beruf des Geschäftsführers bestanden habe.

Der Kläger ist dem entgegengetreten. Er habe keine vollständige Ausbildung im kaufmännischen Bereich absolviert. Seine Berufstätigkeit als Fremdgeschäftsführer ab März 2004 sei viel zu kurz gewesen, um ihn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt trotzdem als kaufmännischen Mitarbeiter voll wettbewerbsfähig zu machen. Von seinem erlernten Beruf habe er sich auch nicht freiwillig gelöst, sondern weil er ihn als Folge des Arbeitsunfalls aus dem Jahr 1980 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr habe ausüben können. Die Beklagte sei auch jedenfalls deshalb der für die geltend gemachte Leistung zuständige Rehabilitationsträger, weil sie den Leistungsantrag nicht weitergeleitet habe.

Durch Urteil vom 31. Januar 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 31. August 2011 sei zwar zulässig gewesen, weil der Beklagten der Nachweis eines zeitnahen Zugangs nicht gelungen sei. Die Voraussetzungen für die geltend gemachte Leistung seien aber nicht erfüllt. Die Klinik D habe ihren Entlassungsbericht aus nachvollziehbaren Gründen korrigiert. Sie sei zunächst unzutreffend davon ausgegangen, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer mit schwerer körperlicher Arbeit und permanenter Einnahme von Zwangspositionen verbunden sei. Dies habe sich nach dem eigenen Vortrag des Klägers gegen den ursprünglichen Entlassungsbericht als unzutreffend herausgestellt. Der berufskundliche Sachverständige L sei in seinem Gutachten vom 5. März 2008 ebenfalls davon ausgegangen, dass der Kläger kaufmännische Tätigkeiten im Innendienst zumutbar verrichten könne. Die Gutachterin Dr. Kahle habe eine Tätigkeit als Geschäftsführer in ihrem Gutachten vom 20. August 2007 ebenfalls als zukünftig wieder möglich bezeichnet. Damit habe die Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei Abschluss der medizinischen Reha-Maßnahme am 20. Mai 2006 rückschauend nicht objektiv festgestanden. Die später bewilligten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gingen auf den Antrag des Klägers von November 2006 zurück.

Mit seiner Berufung vom 24. Februar 2014 gegen das seinem Verfahrensbevollmächtigten am 17. Februar 2014 zugestellte Urteil verfolgt der Kläger - nach Beschränkung des ursprünglichen Berufungsantrags - den Anspruch auf Übergangsgeld noch für Zeiten weiter, in denen er kein Entgelt aus einem Arbeitsverhältnis erzielt hat. Über seinen bisherigen Vortrag hinaus führt er aus, die medizinischen und berufskundlichen Ermittlungen in dem Rechtsstreit betreffend die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hätten ergeben, dass er bereits bei Abschluss der medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation im Mai 2006 nur noch zu körperlich leichten Arbeiten vorzugsweise im Innenbereich in der Lage gewesen sei. Wie er in seinem Schreiben vom 20. August 2006 an die Beklagte geschildert habe, habe es sich bei der Tätigkeit als Geschäftsführer bis Ende 2005 gerade nicht um eine körperlich leichte gehandelt und er habe auch die Einschätzung in dem ursprünglichen Entlassungsbericht vom 20. Mai 2006, dass eine Weiterbildung oder Umschulung zu empfehlen sei, als zutreffend bezeichnet. Die Äußerung der Dr. K besage nichts anderes, da ihr die konkreten Anforderungen der zuletzt ausgeübten Beschäftigung als Geschäftsführer nicht bekannt gewesen seien. Der Sachverständige L habe zu Recht darauf hingewiesen, dass es keine alleingültige Definition des Geschäftsführers gebe. Gegebenenfalls sei der Anspruch auch nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung zu prüfen, weil die Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit wesentlich durch "den" Unfall bedingt gewesen seien. Insoweit habe keine Bedeutung, dass die BauBG 2002 die Gewährung von Anschlussübergangsgeld nach Abbruch der damaligen Umschulungsmaßnahme abgelehnt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 31. Januar 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2012 zu ändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 21. Mai 2006 bis zum 31. August 2008, 24. September 2008 bis 1. November 2008, 16. Juli 2009 bis 4. Oktober 2009 und 2. November 2009 bis 6. Juni 2010 Übergangsgeld dem Grunde nach zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend. Auf Anforderung des Senats hat sie einen Versicherungsverlauf vom 30. Juni 2014 vorgelegt.

Der Senat hat die Gerichtsakten SG Neuruppin S 8 U 56/04 / LSG Berlin Brandenburg L 3 U 612/08, S 5 R 223/07 / L 4 R 996/08, S 2 R 76/17 / L 8 R 914/15 und S 7 R 247/12 beigezogen. Aus der beigezogenen Gerichtsakte SG Neuruppin S 7 R 178/13 hat der Senat die Blätter 13 und 14 "Fragebogen zur Person", und aus den Verwaltungsakten der BauBG betreffend den Arbeitsunfall vom 5. August 1980 diverse Unterlagen zur Gerichtsakte genommen. Die BauBG hat auf Anforderung des Senats außerdem eine gesonderte Aufstellung über die Zeiträume der Zahlung von Verletztengeld im Zeitrahmen 21. Mai 2006 bis 17. Januar 2011 eingereicht.

Die Gerichtsakte sowie vier Bände Reha-Verwaltungsakten der Beklagten waren neben den eben genannten Akten Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Rechtsweg:

SG Neuruppin, Urteil vom 31.01.2014 - S 7 R 329/12

Quelle:

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Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf (Anschluss-)Übergangsgeld in den noch geltend gemachten Zeiträumen.

Rechtsgrundlage ist § 51 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der hier noch anwendbaren, bis 31. Dezember 2012 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert - dies gilt auch für alle weiteren im Folgenden zitierten Vorschriften mit Geltung im hier entscheidungserheblichen Zeitraum von Mai 2006 bis Juni 2010). Die Vorschrift galt für das Übergangsgeld nach dem SGB VI aufgrund von § 21 Abs. 1 SGB VI. Danach bestimmten sich Höhe und Berechnung des Übergangsgeldes nach Teil 1 Kapitel 6 des SGB IX, soweit die Absätze 2 bis 4 nichts Abweichendes bestimmen. Spiegelbildlich bestimmten § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 2 SGB IX, dass die Träger der Rentenversicherung im Zusammenhang mit Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben das Übergangsgeld "nach Maßgabe dieses Buches und der §§ 20 und 21 des Sechsten Buches" leisten. Die bis 30. Juni 2001 geltende Bestimmung des § 25 SGB VI über die Dauer der Weitererbringung von Übergangsgeld nach dem Ende einer solchen Maßnahme war ausdrücklich mit der Begründung aufgehoben worden, dass "sich die Weiterzahlung von unterhaltssichernden Leistungen künftig für alle Rehabilitationsträger einheitlich nach § 51 des Neunten Buches bestimmt" (BT-Dr. 14/5074, 119).

Gemäß § 51 Abs. 1 SGB IX werden, wenn nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und wenn diese aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden können, das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld oder das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt, wenn (1.) die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder (2.) ihnen eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.

Gemäß § 51 Abs. 2 SGB IX haben Leistungsempfänger die Verzögerung insbesondere zu vertreten, wenn sie zumutbare Angebote von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in größerer Entfernung zu ihren Wohnorten ablehnen (Satz 1). Für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist § 140 Abs. 4 des Dritten Buches entsprechend anzuwenden (Satz 2).

Die Beklagte war zunächst der für die Entscheidung über die Leistung nach § 51 SGB IX zuständige Träger im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IX. Dies folgt jedenfalls daraus, dass § 51 SGB IX lediglich die Weiterzahlung des auf der Grundlage des § 21 SGB VI für die Dauer einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation bewilligten Übergangsgeldes regelt und von daher keine eigenständige Leistung normiert. Die aus Anlass des Verwaltungsverfahrens über die Maßnahme der medizinischen Rehabilitation im April/Mai 2006 begründete Zuständigkeit der Beklagten bleibt deshalb für die mögliche Gesamtdauer der Leistung erhalten.

Eine zeitliche Begrenzung des Leistungsanspruchs unabhängig von den konkreten Anspruchsvoraussetzungen folgt nicht daraus, dass der Kläger einen ausdrücklichen Leistungsantrag erst im Dezember 2010 gestellt hatte. Der Antrag ist nur Verfahrens- und nicht Anspruchsvoraussetzung (s. BSG, Urteil vom 3. Mai 2005 - B 7a/7 AL 40/04 R -, SozR 4-4300 § 194 Nr. 8 zu § 25 SGB VI in der bis 30. Juni 2001 geltenden Fassung). Leistungsansprüche aus der Zeit ab 2006 waren im Zeitpunkt der Antragstellung auch noch nicht verjährt (§ 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]), von daher folgerichtig hatte die Beklagte die Einrede der Verjährung nicht erhoben.

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 51 SGB IX sind für die Dauer der mit der Berufung zuletzt noch geltend gemachten Zeiträume ebenfalls erfüllt.

Für die Dauer der auf der Grundlage des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligten Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation vom 25. April bis 21. Mai 2006 hatte der Kläger Übergangsgeld erhalten. Dieser Leistungsanspruch bestand auch dem Grunde nach rechtmäßig. Es kann deshalb offen bleiben, ob auch eine etwaig rechtswidrige Leistungsbewilligung zu einem Leistungsanspruch gemäß § 51 SGB IX führen könnte. Der Anspruch während der Maßnahme beruhte auf § 20 Nr. 1 und 3 SGB VI. Danach haben Anspruch auf Übergangsgeld Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder sonstige Leistungen zur Teilhabe erhalten (Nr. 1), und die bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder sonstigen Leistungen zur Teilhabe unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder, wenn sie nicht arbeitsunfähig sind, unmittelbar vor Beginn der Leistungen (a) Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt und im Bemessungszeitraum Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben oder (b) Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder Mutterschaftsgeld bezogen haben und für die von dem der Sozialleistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen oder im Falle des Bezugs von Arbeitslosengeld II zuvor aus Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden sind (Nr. 3).

Der Kläger war aufgrund seiner bis zum Beginn der Maßnahme zurückgelegten Beitragszeiten Versicherter, er hat von der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten und er hat schließlich im letzten vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 30. November 2005 liegenden Bemessungszeitraum Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt, wie sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf ergibt. Der Bemessungszeitraum ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB IX der letzte vor Beginn der Leistung oder einer vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit abgerechnete Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens die letzten abgerechneten vier Wochen. Die Vorschrift gilt für das Übergangsgeld nach dem SGB VI aufgrund von § 21 Abs. 1 SGB VI. Danach bestimmen sich Höhe und Berechnung des Übergangsgeldes nach Teil 1 Kapitel 6 des Neunten Buches (SGB IX), soweit die Absätze 2 bis 4 nichts Abweichendes bestimmen.

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Übergangsgeld in den streitigen Zeiträumen sind gemäß §§ 20 Nr. 1, 21 Abs. 1 SGB VI, 51 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX erfüllt.

Nach Abschluss der im April/Mai 2006 durchgeführten Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation waren weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer (gemäß § 20 Nr. 1 SGB VI) dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld bestand. Der Senat entnimmt dies dem Ergebnis des Rechtsstreits SG Neuruppin S 5 R 223/07 / LSG Berlin-Brandenburg L 4 R 996/08. Die Beklagte hat dort ein Anerkenntnis auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausdrücklich mit der Begründung abgegeben, dass "die Erwerbsfähigkeit des Klägers als kaufmännischer Mitarbeiter im Sinne des § 10 SGB VI erheblich gefährdet/gemindert ist" (Schriftsatz vom 30. Juni 2009). Unabhängig davon, ob dieses Anerkenntnis für den vorliegenden Rechtsstreit eine förmliche Tatbestandswirkung entfaltet, gibt es für den Senat jedenfalls keinen Grund zu der Annahme, dass es sachlich nicht gerechtfertigt gewesen sein könnte.

Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers war bei Beendigung der Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation und durchgehend im hier streitigen Zeitraum mindestens erheblich gemindert. Der Begriff der Erwerbsfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen Umfang. Die Kriterien, die für die Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit maßgeblich sind, sind nicht anwendbar (s. statt aller BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 15/05 R -, SozR 4-2600 § 10 Nr. 2). Unbeachtlich sind lediglich spezifische Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes (s. unter Bezug auf das eben genannte Urteil BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 44/08 R -, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9). Zutreffend hat die Beklagte deshalb auf die letzte vom Kläger vor der Maßnahme der medizinischen Rehabilitation verrichtete berufliche Tätigkeit abgestellt, diese unabhängig von der konkret vom Kläger ausgeübten Funktion als kaufmännische qualifiziert und keine Beschränkung auf das Tätigkeitsfeld im reinen Innendienst vorgenommen.

Nach dem vom SG Neuruppin in dem Rechtsstreit S 5 R 223/07 eingeholten, nachvollziehbaren und damit überzeugenden medizinischen Gutachten des Dr. F lagen die von diesem Sachverständigen festgestellten Leistungseinschränkungen beim Kläger seit dem 21. Mai 2006 durchgehend unverändert vor. Die weitere Ausübung der bis Ende 2005 ausgeübten kaufmännischen Tätigkeit war damit mindestens in Teilbereichen ausgeschlossen, nämlich soweit sie im Außendienst verrichtet wird und deshalb regelmäßig mit Verrichtungen im Gehen und Stehen verbunden war. Die Feststellungen von Dr. F zum Leistungsvermögen des Klägers stützen angesichts dessen auch sowohl die in der Erstfassung des Entlassungsberichts der Klinik D ausgesprochene Einschätzung zum Leistungsvermögen in der "bisherigen Tätigkeit", als auch das Ergebnis der internen Prüfung der Berufshilfe der BauBG vom Juni 2007. Die Zweitfassung des Entlassungsberichts stellt dagegen ersichtlich nur auf eine Geschäftsführer- bzw. kaufmännische Tätigkeit im Innendienst und damit nicht vollständig auf das im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI maßgebliche Berufsbild ab.

Der Kläger erfüllte schließlich die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 SGB IX auch insoweit, als er die Gründe dafür, dass Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht unmittelbar anschließend an die Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation durchgeführt werden konnten, nicht zu vertreten hatte. Soweit dies darauf beruht, dass die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf diese Leistung erst nach einem Rechtsbehelfsverfahren anerkannt hat, liegt die Ursache der Verzögerung in ihrer Risikosphäre. Dem Kläger kann aber auch nicht vorgehalten werden, dass er einen ausdrücklichen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nach dem Ende der Maßnahme der medizinischen Rehabilitation erst im November 2006 gestellt hatte. Auf der Grundlage der Erstfassung des Entlassungsberichts der D.-Klinik wäre die Beklagte gehalten gewesen, Leistungen zur Teilhabe vom Arbeitsleben unabhängig von einem Antrag des Klägers von Amts wegen zu prüfen (§ 115 Abs. 4 SGB VI). Die Verzögerungen, welche durch die Gegenäußerungen des Klägers gegen die Erst- und die Zweitfassung des Entlassungsberichts der Klinik D entstanden sind, sind ebenfalls nicht von ihm zu vertreten. Es ist nicht ersichtlich, dass er den in der Erstfassung des Entlassungsberichts mitgeteilten Teilhabebedarf in Frage gestellt hätte. Im Gegenteil hat er in seinem Schreiben vom 20. August 2006 ausgeführt, dass er diese Einschätzung der Kurklinik mit Blick auf den Inhalt seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für zutreffend halte. Ob dieses Schreiben deshalb möglicherweise bereits als Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu behandeln gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben.

Die Leistungsverpflichtung der Beklagten war entsprechend dem Klageantrag dem Grunde nach auszusprechen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

Referenznummer:

R/R8382


Informationsstand: 25.03.2020