II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Juli 2010 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 124a
Abs. 4
VwGO).
Er ist aber unbegründet, weil die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 124a
Abs. 5 Satz 2
VwGO), nicht durchgreifen. Es bestehen weder Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124
Abs. 2
Nr. 1
VwGO), noch weist die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124
Abs. 2
Nr. 2
VwGO) oder eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124
Abs. 2
Nr. 3
VwGO) auf.
1.1 Ernstliche Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 124
Abs. 2
Nr. 1
VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Denn die Klägerin hat weder einen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angefochtenen Urteils mit schlüssigen Argumenten so infrage gestellt, dass der Ausgang eines zugelassenen Berufungsverfahrens zumindest ungewiss erschiene.
1.1.1 Soweit die Klägerin Richtigkeitszweifel am erstinstanzlichen Urteil darin erblickt, dass das Verwaltungsgericht bei der Prüfung der Ermessensausübung durch das Integrationsamt nicht berücksichtigt habe, dass es sich bei den Leistungen nach § 102
Abs. 3
SGB IX um einen offenen Katalog handele, dass § 102
Abs. 3
Nr. 2 Buchst. e
SGB IX Leistungen für begleitende Hilfen im Arbeitsleben für außergewöhnliche Belastungen nicht ausschließlich, sondern nur "vor allem" dann vorsehe, wenn andernfalls das Beschäftigungsverhältnis gefährdet würde, und dass dies bedeute, dass auch andere im Rahmen des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geregelte Zwecke bei der Ermessensausübung im Zuge der Leistungsvergabe zu berücksichtigen seien, kann sie damit nicht durchdringen. Denn dass die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben zu anderen Zwecken, als zum Erhalt des jeweiligen Arbeitsplatzes grundsätzlich möglich ist, hat das Verwaltungsgericht gesehen und auch nicht in Abrede gestellt. Es hat indes den Hauptzweck der begleitenden Hilfen, unabhängig davon, ob sie an den schwerbehinderten Menschen oder an dessen Arbeitgeber erbracht werden, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats darin gesehen, dass sie unmittelbar der Arbeits- oder Berufsförderung des behinderten Menschen dienen sollen (
vgl. BayVGH vom 12.9.2011 Az.
12 ZB 11.1334 (juris)), und daraus den Schluss gezogen, dass eine Entscheidung über die Gewährung eines Zuschusses, die sich an diesem Hauptzweck orientiert, angesichts des beschränkten Prüfungsmaßstabs des § 114 Satz 1
VwGO jedenfalls nicht ermessenfehlerhaft und damit rechtswidrig ist. Hieran ändert auch der grundsätzlich offene Katalog der Fördermaßnahmen nach § 102
Abs. 3
SGB IX nichts, zumal sich aus den im Gesetz genannten Beispielen der Hauptzweck der unmittelbaren Arbeits- und Berufsförderung behinderter Arbeitnehmer unproblematisch ableiten lässt. Demgegenüber legt die Klägerin nicht dar, woraus sich - insbesondere angesichts der Kostentragungsregelungen in § 40
Abs. 1
BetrVG und § 96
Abs. 8 Satz 1
SGB IX - aus dem Gesetz als Zweck der Gewähr begleitender Hilfen im Arbeitsleben die Ermöglichung einer Betriebsratstätigkeit
bzw. einer Tätigkeit in der Schwerbehindertenvertretung ergeben soll. Richtigkeitszweifeln begegnet die Auffassung des Verwaltungsgerichts daher nicht.
1.1.2 Ebenso kann die Klägerin mit ihrem Einwand gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht durchdringen, das Verwaltungsgericht habe bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung des Beklagten nicht berücksichtigt, dass die Ablehnung der Übernahme der streitbefangenen Dolmetscherkosten zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung der behinderten Mitarbeiterin bei ihrer Tätigkeit als Betriebsrätin oder Schwerbehindertenvertreterin führe, da sie diesen Tätigkeiten ohne Kostenübernahme für einen Gebärdensprachdolmetscher nicht nachgehen könne. Insoweit liege ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot sowohl des § 33c Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) wie auch des
Art. 9 des Bayerischen Gesetzes zur Gleichstellung, Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinderung (Bayerisches Behindertengleichstellungsgesetz - BayBGG) vor. Die Klägerin übersieht in ihrer Argumentation jedoch, dass die als Betriebsrätin und als Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen tätige gehörlose Mitarbeiterin kraft Gesetzes gegenüber der Klägerin als Arbeitgeber einen gesetzlichen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten für die jeweiligen Tätigkeiten aus § 40
Abs. 1
BetrVG bzw. § 96
Abs. 8 Satz 1
SGB IX besitzt, der auch Dolmetscherleistungen einschließt (
vgl. etwa zur Tragung von Dolmetscherkosten nach § 96
Abs. 8
SGB IX bei einer großen Anzahl fremdsprachiger Schwerbehinderter Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 96 Rn. 36; zu Dolmetscherkosten im Rahmen einer Betriebsversammlung
LAG Stuttgart vom 16.1.1998 NZA-RR 1998, 306
ff.). Die Versagung eines Zuschusses zu den angefallenen Kosten im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben trifft folglich allein den Arbeitgeber, nicht hingegen die gehörlose Arbeitnehmerin. Eine mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung eines behinderten Menschen steht mithin im vorliegenden Fall nicht in Rede. Da Streitgegenstand Leistungen des Integrationsamts an den Arbeitgeber einer schwerbehinderten Mitarbeiterin, nicht hingegen an die schwerbehinderte Mitarbeiterin selbst, bilden, kann die Klägerin mit der Behauptung einer Diskriminierung der Mitarbeiterin durch die versagte Kostenerstattung die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht in Frage stellen.
1.1.3 Ebenso wenig gibt schließlich der Hinweis der Klägerin auf
Art. 27
Abs. 1 Satz 2 lit. c des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006, wonach die Signatarstaaten die Verwirklichung des Rechts behinderter Menschen auf Arbeit einschließlich der Wahrnehmung von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten sichern und fördern, Anlass, an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu zweifeln. Ungeachtet der Frage der Rechtswirkungen des Abkommens kann insoweit auf das oben Ausgeführte verwiesen werden. Denn die Versagung eines Zuschusses zu Dolmetscherkosten zeitigt im vorliegenden Fall Auswirkungen nicht im Hinblick auf die Wahrnehmung von Arbeitnehmerrechten durch die gehörlose Mitarbeiterin der Klägerin, sondern allein auf die Klägerin selbst, die ihrerseits von Gesetzes wegen zur Kostentragung verpflichtet ist und diese Kosten als außergewöhnliche Belastungen erstattet haben möchte.
1.2 Im Hinblick darauf, dass angesichts des Streitgegenstandes, der sich auf Leistungen an den Arbeitgeber eines schwerbehinderten Menschen beschränkt, Fragen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 33c
SGB I wie auch der Förder- und Sicherungspflicht des
Art. 27
Abs. 1 Satz 2 lit. c des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht entscheidungserheblich sind, kommt im vorliegenden Fall eine Zulassung der Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeit der Rechtssache nach § 124
Abs. 2
Nr. 2
VwGO nicht in Betracht.
1.3 Soweit die Klägerin schließlich die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124
Abs. 2
Nr. 3
VwGO anstrebt, legt sie nicht dar, inwiefern den von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukommt. Rechtsfragen betreffend Diskriminierungsverbote behinderter Arbeitnehmer erweisen sich vorliegend nicht als entscheidungserheblich. Dass sich eine Behörde bei der Vergabe eines Zuschusses im Ermessenswege am Hauptzweck der Leistung orientieren darf, stellt ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, die die Durchführung eines Berufungsverfahrens rechtfertigt.
1.4 Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass angesichts der Kostentragungsregelung des § 40
Abs. 1
BetrVG und des § 96
Abs. 8 Satz 1
SGB IX erhebliche Zweifel daran bestehen, dass auf Seiten der Klägerin "außergewöhnliche Belastungen" im Sinne von § 27
Abs. 2
SchwbAV vorliegen, wie die Landesanwaltschaft zutreffend eingewandt hat. Das Verwaltungsgericht hat diese Frage im angefochtenen Urteil ausdrücklich offen gelassen. Fehlte es an der Unzumutbarkeit der Belastung der Klägerin mit den Kosten für den Gebärdensprachdolmetscher, läge bereits ein Tatbestandsmerkmal für die Gewähr begleitender Hilfen im Arbeitsleben nicht vor, mit der Folge, dass es auf die Rechtsmäßigkeit der Ermessensausübung durch das Integrationsamt im vorliegenden Fall nicht ankäme.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 2, § 188 Satz 2
VwGO.
3. Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Juli 2010 gemäß § 124a
Abs. 5 Satz 4
VwGO rechtskräftig.