Urteil
Höhe der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben zum Erreichen des Arbeitsplatzes und für Arbeitsassistenz - Persönliches Budget

Gericht:

VG Augsburg 3. Kammer


Aktenzeichen:

Au 3 K 13.706 | 3 K 13.706


Urteil vom:

15.11.2013


Grundlage:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten, ihm ab dem 1. November 2011 - statt des zuerkannten Zuschusses als Hilfe zum Erreichen des Arbeitsplatzes und für eine Arbeitsassistenz - höhere Geldleistungen als persönliches Budget zu bewilligen.

1. Bei dem 1979 geborenen Kläger wurden vom Versorgungsamt mit Bescheid vom 26. Mai 1981 ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF" festgestellt. Der Kläger ist seit 1. November 2009 bei einer Behörde in ..., zunächst als Angestellter und seit 1. November 2011 als Beamter (4. Qualifikationsebene) in Vollzeit tätig. Er arbeitet in der Regel an zwei Tagen in ... und an den anderen Tagen zu Hause.

Am 12. Januar 2011 beantragte er bei der ...K ... in ... die Übernahme der Leistungsträgerschaft seines persönlichen Budgets, das ihm die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit ..., mit Bescheid vom 9. November 2009 zur Teilhabe am Arbeitsleben und als begleitende Hilfe im Arbeitsleben in Höhe von monatlich 2.700,-- EUR abzüglich einer Eigenbeteiligung bewilligt hatte. Diese Bewilligung war bis 31. Oktober 2011 erfolgt, wobei 9 Fahrten pro Monat mit jeweils 300,-- EUR angesetzt worden waren, die Eigenbeteiligung belief sich auf 30,68 EUR pro Tag und zusätzlich 20,-- EUR monatlich. Die Krankenkasse leitete den Antrag an das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region ... - Integrationsamt - in ... weiter, wo er am 26. Januar 2011 einging. Bei dem von der Bundesagentur für Arbeit genehmigten persönlichen Budget gehe es ausschließlich um Leistungen zur Erreichung des Arbeitsplatzes. Diese Leistungen seien im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nicht enthalten, so dass diese nicht "Beteiligte" im Rahmen eines persönlichen Budgets sein könnte. Auf die Handlungsempfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (vom 1.4.2009, Nr. 4.3.9) werde verwiesen.

Der Kläger reichte u.a. ein allgemeinärztliches Attest vom 5. Februar 2011 nach, wonach er behinderungsbedingt zur Fortbewegung auf einen speziellen Elektrorollstuhl angewiesen sei, mit dem er an seinem Wohnort keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne. Er sei daher für den Weg zur Arbeit auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Weiter wurde ein Kostenvoranschlag einer gemeinnützigen GmbH vom 1. Februar 2011 für die Beförderung vom Wohnort nach ... und zurück vorgelegt, die pro Tag 570,96 EUR kosten würde. Ein Kostenvoranschlag des Bayerischen Roten Kreuzes, ebenfalls vom 1. Februar 2011 beinhaltet Fahrtkosten von 300,-- EUR für die einfache Fahrt. Ein privater Dienst berechne laut Angebot vom 31. Januar 2011 361,68 EUR pro einfacher Fahrt. Es sei weiterhin mit 9 Fahrten im Monat zu rechnen, wenn der Kläger nicht von einem Familienmitglied gefahren werden könne, greife er auf einen Fahrdienst zurück. Wegen der Probleme im Arbeitsalltag bleibe eine Begleitperson vor Ort und helfe dem Kläger.

Nach einer Besichtigung des Arbeitsplatzes des Klägers durch den technischen Berater des Integrationsamtes bewilligte dieses mit Bescheid vom 5. Dezember 2012 einen Zuschuss von bis zu 36.000,-- EUR (monatlich höchstens 1.500,-- EUR) als Hilfe zum Erreichen des Arbeitsplatzes und für eine behinderungsbedingte Arbeitsassistenz für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 31. Oktober 2013. Zur Begründung ist im Wesentlichen angeführt, für den Zuschuss zur Inanspruchnahme behinderungsbedingt notwendiger Beförderungsleistungen seien monatlich 540,-- EUR, bei einem Umfang von 45 Stunden, angesetzt worden, sowie für die Arbeitsassistenz monatlich 960,-- EUR, bei einem Umfang von 4 Stunden pro Tag. Laufende Unterhaltskosten des Kraftfahrzeugs könnten nicht übernommen werden.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses beim Zentrum Bayern Familie und Soziales, Integrationsamt, ..., vom 10. April 2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen könne weder auf § 17 SGB IX noch auf § 102 Abs. 7 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 17 SGB IX gestützt werden. Eine unmittelbare Anwendung von § 17 SGB IX scheide schon deshalb aus, weil die Vorschrift nur für Teilhabeleistungen der Rehabilitationsträger gelte. Auch aus einer entsprechenden Anwendung der Norm ergebe sich nichts anderes. Das für den jeweils zuständigen Träger geltende Leistungsrecht, welches Grund und Umfang der Ansprüche regle, bleibe von § 17 SGB IX unberührt, dieser regle allein die Ausführung budgetfähiger Sozialleistungen. Auch bestehe nach dieser Vorschrift keine Grundlage für die vom Kläger beantragte "trägerschaftliche Übernahme" des zunächst von der Bundesagentur für Arbeit bewilligten Budgets, zumal dieses zum 31. Oktober 2011 geendet habe, so dass neu zu entscheiden sei. Auch stehe keine trägerübergreifende Komplexleistung im Raum. Ein die bereits bewilligte Leistung übersteigender Anspruch stehe dem Kläger auch nicht nach § 102 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1b SGB IX i.V.m. §§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b, 20 der Schwerbehindertenausgleichsabgabeverordnung und der Kraftfahrzeughilfeverordnung zu. Für die Fahrten sei ein monatlicher Zeitaufwand von 45 Stunden, basierend auf den klägerischen Angaben von 9 monatlichen Fahrten, mit 12,-- EUR/Stunde (also 540,-- EUR monatlich) angesetzt worden. Es sei nicht angemessen, die üblicherweise von Familienmitgliedern erbrachten Fahrdienste mit demselben - deutlich höheren - Betrag zu vergüten, der für die Inanspruchnahme eines gewerblichen Fahrdienstes anfallen würde. Gerade bei Fahrten durch den Vater sei dessen Beistandspflicht nach § 1618a BGB zu berücksichtigen. Da der Kläger keine Kosten für gewerbliche Fahrdienste zu tragen habe, sei es nicht gerechtfertigt und wegen des Gebots der sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung der Mittel der Ausgleichsabgabe auch nicht zulässig, Aufwendungen in dieser Höhe zugrunde zu legen. Der Betrag von 960,-- EUR monatlich für die Arbeitsassistenz, die für alle Arbeitstage mit vier Stunden täglich zu jeweils 12,-- EUR berechnet worden sei, erscheine ebenfalls angemessen. Eine ausdrückliche Ausführung der bewilligten Leistung als persönliches Budget sei hier nicht angezeigt.

2. Der Kläger beantragt:

Der Bescheid des Integrationsamtes, Region Schwaben vom 5. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Integrationsamtes ... vom 10. April 2013 wird aufgehoben soweit keine höheren Leistungen als 1.500,00 EUR monatlich gewährt werden; der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein persönliches Budget in Höhe von 2.700,-- EUR abzüglich einer Eigenbeteiligung zu gewähren, hilfsweise über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Bei dem Kläger bestehe eine ganz erhebliche körperliche Behinderung, er leide u.a. an der sogenannten Glasknochenkrankheit, einem Wasserkopf und einer Erkrankung des Rückenmarks, zudem müsse er nachts beatmet werden. Dennoch habe er ein Studium absolviert und promoviert. Er wohne im Haus seiner Eltern, da er auf umfassende Hilfe bei der Bewältigung seines Alltags angewiesen sei, weshalb auch ein Umzug nach ... nicht möglich sei. Um seiner Berufstätigkeit nachgehen zu können, sei vereinbart worden, dass der Kläger teilweise von zu Hause aus tätig sein könne. Er verfüge über ein eigens angeschafftes Kraftfahrzeug, T4 Multivan, um seinen großen Rollstuhl befestigen und eine entsprechende Rampe nutzen zu können. Um in das Dienstgebäude zu gelangen, werde ein sogenannter Schwebelift verwendet, der von einer Begleitperson bedient werden müsse. Der Kläger könne den Arbeitsalltag nicht allein bewältigen, die Begleitperson bleibe vor Ort, um Stufen zu überwinden, Akten zu holen oder den Kläger zur Kantine zu begleiten und ihn am Abend wieder nach Hause zu fahren. Der Kläger sei nur so in der Lage, am Arbeitsleben teilzuhaben. Das persönliche Budget habe gemäß § 17 Abs. 2 SGB IX zum Inhalt, Leistungsberechtigten eine eigenverantwortliche Teilnahme am Arbeitsleben sowie am gesellschaftlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen. Der Kläger habe für den Zeitraum für den 1. November 2009 bis 31. Oktober 2011 einen Betrag in Höhe von 2.700,-- EUR abzüglich der Eigenbeteiligung von 436,79 EUR erhalten. Aufgrund seiner Verbeamtung sei die Agentur für Arbeit nicht mehr für die Gewährung der Leistung zuständig. Das Integrationsamt habe dem Kläger zunächst mitgeteilt, dass künftig ein persönliches Budget in Höhe von 450,-- EUR gewährt werde. Die Höhe des Budgets richte sich jedoch nach dem Bedarf des Leistungsberechtigten; der Leistungsträger müsse hierzu den Preis ermitteln, für den die betroffene Person in der Region, in der sie lebe, die Sachleistungen beschaffen könne. Die Agentur für Arbeit habe sich Kostenvoranschläge örtlicher geeigneter Beförderungsdienste vorlegen lassen. Das Integrationsamt habe demgegenüber die vorgelegten neuen Kostenvoranschläge nicht als Berechnungsgrundlage herangezogen, sondern lediglich einen Stundenbetrag in Höhe von 12,-- EUR berücksichtigt. Auch die angesetzte Stundenzahl sei nicht sachgerecht. Bereits die Fahrt vom Wohnort des Klägers nach ... mit dem Kraftfahrzeug daure über 1,5 Stunden. Der von der Behörde gewählte Berechnungssatz entspreche nicht den Grundsätzen des persönlichen Budgets, nach denen sich der Leistungsnehmer frei und eigenverantwortlich entscheiden könne, welche Assistenz er beauftrage. Entsprechend dem kostengünstigsten Beförderungsdienst ergebe sich ein Bedarf von 5.138,64 EUR (9 Tage x 570,96 EUR), hiervon sei die Eigenbeteiligung von 436,79 EUR abzuziehen (die nutzungsbedingte Eigenbeteiligung ermittle sich aus einem Kilometersatz von 0,13 EUR x 238 km x 9 Tage). Das persönliche Budget betrage demnach 4.701,85 EUR. Der klägerische Antrag ziele darauf, dass ihm die bereits gewährte Leistung dem Grunde und der Höhe nach nahtlos und fortlaufend weiter gewährt werde. Das begehrte persönliche Budget stelle eine Leistung eigener Art dar, die explizite Feststellung, dass diese gewährt werde, sei im Hinblick auf künftige Anträge erforderlich. Das Integrationsamt habe mit Kurzmitteilung vom 27. Januar 2011 ausgeführt, dass die ...K den klägerischen Antrag zuständigkeitshalber berechtigt weitergeleitet habe. Der Kläger begehre mit diesem gerade nicht Zuschüsse und Sozialleistungen, sondern die Gewährung des persönlichen Budgets und die Übernahme der Leistungsträgerschaft hierfür. Soweit auf § 1618a BGB verwiesen werde, sei dies völlig unangemessen. Auf die Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, "Das trägerübergreifende persönliche Budget", werde Bezug genommen.

3. Das Integrationsamt beantragt für den Beklagten

die Klage abzuweisen.

Es sei unstreitig, dass der Kläger behinderungsbedingt kein Kraftfahrzeug führen könne, auf die Hilfe Dritter zum Erreichen seines Arbeitsplatzes und in erheblichem Umfang auf Arbeitsassistenz angewiesen sei. Die Leistungsart und die Höhe des bewilligten Zuschusses zur Finanzierung von Hilfen zum Erreichen des Arbeitsplatzes stünden jedoch in Streit. Das persönliche Budget sei keine Leistung eigener Art, sondern stelle nur eine Form der Leistungserbringung dar. Die beantragte Übernahme der Leistungsträgerschaft könne nicht erfolgen, denn jeder Leistungsträger entscheide nach dem für ihn gültigen Leistungsgesetz. Maßgebliche Rechtsgrundlage sei vorliegend § 102 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b SGB IX i.V.m. § 20 SchwbAV, § 9 Abs. 1 Satz 2 KfzHV. Hierbei handle es sich um einen Ermessenstatbestand, es sei zu ermitteln, welche Leistung angemessen und ausreichend sei. Der Berechnung der "Wegeassistenz" läge der bundesweit angewandte Stundensatz von 12,-- EUR entsprechend Entgeltgruppe 2 TV-L nach den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) zugrunde. Der Kläger könne kurzfristig eine Erhöhung der Leistung beantragen, falls der Zuschuss nicht ausreiche, um gelegentlich in Anspruch genommene kommerzielle Beförderungsdienste zu finanzieren. In diesem Fall werde der nutzungsbedingte Eigenanteil an den Beförderungskosten angerechnet. Eine vorsorgliche Erhöhung des bewilligten Budgets werde aus Gründen der planmäßigen und sparsamen Haushaltsführung abgelehnt. Die Ausführung der Leistung in Form des persönlichen Budgets sei nicht angezeigt, da sie dem Kläger keinen größeren Gestaltungsspielraum vermittle.

4. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

BAYERN.RECHT

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegründet. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung eines persönlichen Budgets in Höhe von 2.700,-- EUR monatlich abzüglich einer Eigenbeteiligung. Der Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales - Region ..., Integrationsamt, vom 5. Dezember 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Zentrum Bayern Familie und Soziales, Integrationsamt, ..., vom 10. April 2013 erweist sich daher als rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Bei der Beurteilung der Begründetheit der Verpflichtungsklage ist darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ein Rechtsanspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsaktes bzw. auf Bescheidung besteht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 113 Rn. 217).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines persönlichen Budgets in der begehrten Höhe.

a) Nach § 102 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) - i.V.m. §§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, 20 der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) kann das Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln auch Geldleistungen erbringen, insbesondere u.a. an schwerbehinderte Menschen zum Erreichen des Arbeitsplatzes.

aa) Die Leistungen des Integrationsamtes sind auf die Sicherstellung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben beschränkt (§§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 101 Abs. 1 Nr. 1, 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB IX). Die begleitende Hilfe im Arbeitsleben verfolgt die Ziele, dass die schwerbehinderten Menschen in ihrer sozialen Stellung nicht absinken, auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können sowie durch Leistungen der Rehabilitationsträger und Maßnahmen der Arbeitgeber befähigt werden, sich am Arbeitsplatz und im Wettbewerb mit nichtbehinderten Menschen zu behaupten (vgl. § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Die Hilfe umfasst entsprechend dem Zweck des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch, die Sicherung und Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl. Ritz/Welsch in Cramer/Fuchs, SGB IX, 6. Aufl. 2011, § 102 Rn. 17). Bei den Mitteln für diese finanziellen Leistungen handelt es sich um Zahlungen aus der Ausgleichsabgabe gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Diese darf nur für besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben einschließlich begleitender Hilfe im Arbeitsleben verwendet werden, soweit Mittel für denselben Zweck nicht von anderer Seite geleistet werden oder zu leisten sind (vgl. §§ 77 Abs. 5 Satz 1 SGB IX). Leistungen des Integrationsamtes zum Erreichen des Arbeitsplatzes sind gemäß § 102 Abs. 5 SGB IX und §§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, 18 Abs. 1 Satz 1 SchwbAV nachrangig gegenüber entsprechenden Leistungen Dritter.

Das Integrationsamt ist kein Rehabilitationsträger im Sinne des § 6 SGB IX, der gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erbringt, die eine möglichst selbstbestimmte und selbständige Lebensführung ermöglichen sollen (vgl. VG München, U.v. 30.7.2010 - M 15 K 10.2373 - juris; VG Augsburg, U.v. 13.3.2012 - Au 3 K 11.1280 - RdLH 2012, 144; U.v. 3.6.2008 - Au 3 K 07.914 - juris). Das Integrationsamt kann seine Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben auch als persönliches Budget ausführen; § 17 SGB IX gilt entsprechend (§ 102 Abs. 7 Satz 1 und 2 SGB IX).

In Ergänzung zu § 102 Abs. 2 bis 7 SGB IX gelten für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben die Vorschriften der §§ 17 bis 25 SchwbAV. Gemäß § 20 SchwbAV können Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes nach Maßgabe der Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation - Kraftfahrzeughilfe-Verordnung - (KfzHV) erbracht werden. Die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung sieht vor, für behinderte Menschen, die zum Erreichen ihres Arbeitsplatzes auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sind, Kraftfahrzeughilfe zu leisten, wenn infolge der Behinderung nur auf diese Weise die Teilhabe am Arbeitsleben dauerhaft gesichert werden kann (§ 3 Abs. 3 KfzHV). Die Kraftfahrzeughilfe umfasst Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges, für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung und zur Erlangung einer Fahrerlaubnis (§ 2 Abs. 1 KfzHV). Zur Vermeidung besonderer Härten können - abweichend von § 2 Abs. 1, §§ 6 und 8 Abs. 1 KfzHV - auch andere als in der Verordnung geregelte Leistungen erbracht werden, soweit dies unter den Voraussetzungen des § 3 KfzHV zur Aufnahme oder Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit unumgänglich ist.

Ist - wie im Falle des Klägers - eine Person erforderlich, um das Kraftfahrzeug des schwerbehinderten Menschen von der Wohnung zum Arbeitsort zu führen, weil dieser hierzu behinderungsbedingt nicht in der Lage ist (sog. Wegeassistenz), können die dadurch entstehenden Kosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KfzHV übernommen werden.

bb) Vorliegend sind die Voraussetzungen für diese Leistung (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KfzHV) derzeit, d.h. im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, dem Grunde nach gegeben, was auch von Seiten des Beklagten nicht in Frage gestellt wird. Denn das Integrationsamt stellte im Rahmen der Klageerwiderung zutreffend auf die sog. Wegeassistenz ab und erläuterte deren Berechnung, dass insofern auch im Bewilligungsbescheid § 9 Abs. 1 Satz 2 KfzHV statt Satz 1 dieser Vorschrift angeführt wurde, führt diesbezüglich zu keiner anderen Beurteilung. Der Kläger ist (nach dem eingereichten ärztlichen Attest) wegen der Art und Schwere der Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen Büroarbeitsplatz zu erreichen; das Tatbestandsmerkmal des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV, der für die Kraftfahrzeughilfe gegenüber der generellen Leistungsvoraussetzung nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAV ein strengeres Kriterium beinhaltet, liegt demnach vor. Die Zumutbarkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist im Übrigen - entsprechend Nr. 5.1 der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) für Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung - bereits aufgrund des Merkzeichens "aG" zu verneinen. Zwischen den Beteiligten ist unstrittig, dass der Kläger behinderungsbedingt kein Kraftfahrzeug führen kann und auf die Hilfe Dritter zum Erreichen seines Arbeitsplatzes angewiesen ist. Der Kläger verfügt über ein eigens angeschafftes Kraftfahrzeug, das regelmäßig ein Familienmitglied für ihn führt, demnach ist i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 KfzHV gewährleistet, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für ihn führt. Unter Berücksichtigung dieser Einzelfallumstände ist davon auszugehen, dass Leistungen der sog. Wegeassistenz für den Kläger zur Wahrnehmung seiner derzeitigen beruflichen Tätigkeit unumgänglich sind (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KfzHV); diesen Hilfebedarf stellt das Integrationsamt nicht in Frage.

cc) Die Gewährung von Leistungen nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung steht - anders als die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz nach § 102 Abs. 4 SGB IX - im Ermessen des Integrationsamtes (§ 39 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch - Allgemeiner Teil - SGB I; vgl. VG München, B.v. 1.6.2005 - M 6b E 05.1020 - juris m.w.N.). Bei den Bestimmungen des § 102 Abs. 3 SGB IX und der §§ 17 und 20 SchwbAV handelt es sich um "Kann"-Bestimmungen; zudem enthält die Regelung des § 9 KfzHV besondere Ermessensregelungen (vgl. BSG, U.v. 12.12.2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110,1). Die Frage, ob dieses Ermessen auf der Ebene des Handlungsermessens, also hinsichtlich der Frage, ob Leistungen erbracht werden, zugunsten des Klägers auf Null reduziert ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn das Integrationsamt hat sein Ermessen dahingehend ausgeübt, dass es dem Kläger im streitgegenständlichen Bescheid Geldleistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes als Zuschuss bewilligte und hierfür monatlich 540,00 EUR ansetzte.

Ermessensentscheidungen der Behörden sind gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Auf die Frage, ob das Gericht eine Entscheidung für zweckmäßig hält, kommt es dabei nicht an. Das Gericht darf keine eigenen Ermessenserwägungen anstellen. Es kann lediglich prüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Art und Weise Gebrauch gemacht hat. Solche Ermessensfehler liegen hier aber nicht vor. Das Integrationsamt war sich seines Entscheidungsspielraumes bewusst. Es ist bei der Berechnung der Leistungen der sog. Wegeassistenz entsprechend dem Antrag des Klägers davon ausgegangen, dass derzeit grundsätzlich ein Bedarf von neun Fahrten zum Büroarbeitsplatz im Monat besteht und hat hierfür jeweils fünf Stunden, d.h. 2,5 Stunden für die einfache Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsort (für eine Strecke von etwa 115 Kilometer), mit 12 EUR je Stunde angesetzt. Ein Stundensatz dieser Größenordnung erscheint für die hier erforderliche Tätigkeit des Führens eines Kraftfahrzeugs, ebenso wie die angesetzte Fahrzeit, auch im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, d.h. unter Berücksichtigung der Erhöhung des zugrunde gelegten Tabellenentgelts (ab 1.1.2013 um 2,65 v.H., s. nachfolgender Absatz), sachangemessen und nicht ermessensfehlerhaft (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 18.5.2011 - OVG 6 B 10.09 - Behindertenrecht 2011, 215 hinsichtlich der Sachangemessenheit eines Stundenlohns von 8,60 EUR im Mittel für die Tätigkeit im Rahmen einer notwendigen Arbeitsassistenz).

Nach den ergänzenden Darlegungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat sich das Integrationsamt bei der Höhe der Kostenübernahme - ausgehend von der Überlegung, dass die Wegeassistenz vergleichbar der Arbeitsassistenz eine einfache Tätigkeit darstellt - an Entgeltgruppe 2 der Entgeltordnung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) orientiert. Danach hat sich im Zeitpunkt der Bewilligung ein Stundenentgelt von knapp 12,00 EUR (etwa 9,90 EUR zuzüglich eines Zuschlags für die Sozialversicherung) ergeben, das angesichts der marginalen Tarifanpassung nach wie vor angemessen ist. Der Einwand des Klägers, die Behörde habe nicht die vorgelegten Kostenvoranschläge für Beförderungsdienste als Berechnungsgrundlage herangezogen, greift demgegenüber nicht durch. Denn der Kläger hat nicht dargelegt, dass das eigens angeschaffte Kraftfahrzeug nicht mehr regelmäßig von einem Familienmitglied für ihn geführt wird; zumal der Beklagte im Rahmen der Klageerwiderung einräumte, dass der Kläger kurzfristig eine Erhöhung der Leistung beantragen kann, um gelegentlich in Anspruch genommene kommerzielle Beförderungsdienste zu finanzieren. Das Integrationsamt stellt demnach insoweit nicht in Abrede, dass sich bei Änderung der diesbezüglichen Situation auch eine Änderung gegenüber dem derzeitigen klägerischen Bedarf ergeben kann.

b) Darüber hinaus steht dem Kläger ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz dem Grunde nach zu, wenngleich sich daraus vorliegend kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen in der begehrten Höhe ergibt. Nach dem Wortlaut des § 102 Abs. 4 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamtes für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz (vgl. § 17 Abs. 1a SchwbAV; BVerwG, B.v. 28.6.2010 - 5 B 66/09 - juris).

aa) Arbeitsassistenz in diesem Sinne ist die über gelegentliche Handreichungen hinausreichende, zeitlich wie tätigkeitsbezogen, regelmäßig wiederkehrende Unterstützung von schwerbehinderten Menschen bei der Ausübung ihres Berufes in Form einer von ihnen beauftragten persönlichen Hilfskraft (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2013 - 12 BV 2757 - m.w.N.; VG des Saarlandes, B.v. 15.9.2009 - 11 L 442/09 - juris). Die Kostenübernahme selbst ist von keinen weiteren als den in § 102 Abs. 4 SGB IX i.V.m. § 17 Abs. 1a SchwbAV normierten Tatbestandsvoraussetzungen abhängig (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2013 a.a.O.).

Der Anspruch nach § 102 Abs. 4 SGB IX verlangt nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, dass der behinderte Mensch den inhaltlich prägenden Kernbereich seiner Tätigkeit selbständig erfüllen kann. Dies setzt voraus, dass der Betroffene über die für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen körperlichen Voraussetzungen verfügt und nur für bestimmte Teile seiner Arbeit begleitende (unterstützende) Hilfe benötigt (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2013 a.a.O.). Die begleitende Hilfe im Arbeitsleben verfolgt dabei die vorgenannten in § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB IX zum Ausdruck kommenden Ziele, u.a. dass schwerbehinderte Menschen auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können. Die Arbeitsassistenz dient dem unmittelbaren Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile.

bb) Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 102 Abs. 4 SGB IX i.V.m. § 17 Abs. 1a SchwbAV dem Grunde nach gegeben; seitens des Beklagten wird insofern nicht bestritten, dass der Kläger in erheblichem Umfang auf Arbeitsassistenz angewiesen ist. Dementsprechend bewilligte das Integrationsamt dem Kläger im streitgegenständlichen Bescheid einen Zuschuss zur behinderungsbedingt notwendigen Arbeitsassistenz am Arbeitsplatz (sowohl am Büro- als auch am Heimarbeitsplatz) in Höhe von monatlich 960,00 EUR und führte dazu aus, dass die Zuwendung im pflichtgemäßen Ermessen stehe. Es ging dabei aufgrund der Erkenntnisse eines Betriebsbesuches von einem durchschnittlichen arbeitstäglichen Bedarf an sich wiederholenden unterstützenden Tätigkeiten von vier Stunden - konkret 80 Stunden monatlich unter Berücksichtigung von 20 Arbeitstagen des Klägers - aus und setzte hierfür wiederum einen Stundensatz von 12,00 EUR an.

cc) Die Frage, ob § 102 Abs. 4 SGB IX dem Beklagten hinsichtlich der Höhe der zu übernehmenden Kosten einen Ermessensspielraum einräumt, ist nicht abschließend geklärt (vgl. BVerwG, B.v. 28.6.2010 - 5 B 66/09 - juris, das diese Frage ausdrücklich offen lässt). Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 102 Abs. 4 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen unter den dort genannten Voraussetzungen Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Aufgrund dessen wird zum Teil gefolgert, dass schwerbehinderte Menschen grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf eine solche Kostenübernahme haben, der allerdings unter dem Vorbehalt der dem jeweiligen Integrationsamt zur Verfügung stehenden Mittel der Ausgleichsabgabe steht (vgl. OVG Hamburg, B.v. 15.10.2003 - 2 B 304/03 - Behindertenrecht 2004, 84). Demgegenüber wird auch vertreten, dass die Höhe der Mittel für eine Arbeitsassistenz durch den Begriff der Notwendigkeit begrenzt wird und bei einer notwendigen Arbeitsassistenz von acht Stunden täglich ein Stundenlohn von 8,60 EUR im Mittel sachangemessen erscheint (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 18.5.2011 - OVG 6 B 10.09 - Behindertenrecht 2011, 215). Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt, aus dem Begriff der Kostenübernahme folge, dass der Berechtigte - jedenfalls bei einer nicht pauschalierenden, betragsgenauen Abrechnung - nur die Kosten erstattet verlangen kann, die ihm tatsächlich entstanden sind oder aufgrund einer entsprechenden Rechtspflicht tatsächlich (noch) entstehen können (vgl. BVerwG, B.v. 28.6.2010 - 5 B 66/09 - juris m.w.N.). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem vorgenannten Beschluss hinsichtlich der Arbeitsassistenz auf eine Entscheidung Bezug genommen, die darauf abstellt, in welchem Umfang die Assistententätigkeit zum Ausgleich der behinderungsbedingten Nachteile im Arbeitsleben erforderlich ist und daran anknüpfend einen geltend gemachten Stundensatz von 9,54 EUR als angemessen erachtet (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2013 - 12 BV.2757; VG München, B.v. 1.6.2005 - 5 B 66/09 - juris).

Soweit der Kläger vorliegend über den bewilligten Betrag hinaus die Gewährung höherer Geldleistungen begehrt, stellt er allein auf die vorgelegten Kostenvoranschläge örtlicher geeigneter Beförderungsdienste bzw. die Weitergewährung der befristet als persönliches Budget bewilligten Leistung ab. Es wird also gerade nicht behauptet, dass er einen höheren Bedarf an Arbeitsassistenz habe und diesbezüglich höhere Aufwendungen, die über den hierfür bewilligten Betrag hinausgehen, erforderlich seien. Ebenso wenig trägt der Kläger vor, dass er bei Verneinung des seitens des Beklagten angenommenen Ermessensspielraumes Geldleistungen für die Arbeitsassistenz über den Betrag von 960,00 EUR hinaus beanspruchen könnte.

Die Frage, ob dem Beklagten hinsichtlich der Höhe der zu übernehmenden Kosten einen Ermessensspielraum zukommt - bei welcher nach Ansicht der Kammer der ausdrücklich normierte Mittel- bzw. Haushaltsvorbehalt nicht unberücksichtigt bleiben kann, bedarf hier vor diesem Hintergrund keiner abschließenden Klärung. Unabhängig davon, steht dem Kläger unter Berücksichtigung der gegebenen Einzelfallumstände vorliegend kein Anspruch auf Arbeitsassistenz über den bewilligten Betrag hinaus zu. Denn sowohl der zeitliche Umfang von vier Stunden pro Arbeitstag, als auch der angesetzte Stundensatz erscheinen nach den vorstehenden Maßgaben angemessen. Dies gilt auch mit Blick auf die neun geltend gemachten Arbeitstage am Büroarbeitsplatz, für die demnach jeweils neun Assistenzstunden, d.h. fünf für die Wegeassistenz und vier für die Unterstützung des Klägers durch das ihn fahrende Familienmitglied vor Ort, angesetzt worden sind. Im Übrigen sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der bewilligte Betrag die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz des Klägers nicht abdeckt weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach ist davon auszugehen, dass der seitens der Behörde individuell festgestellte Bedarf des Klägers an Arbeitsassistenz zutreffend und durch die hierfür gewährte Geldleistung gedeckt ist.

c) Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines persönlichen Budgets in der begehrten Höhe ergibt sich auch nicht aus § 17 bzw. §§ 102 Abs. 7, 17 SGB IX.

aa) Der Beklagte ging zutreffend davon aus, dass § 17 SGB IX nicht unmittelbar greift. Denn die Vorschrift nennt in Abs. 1 Formen, in denen Leistungen zur Teilhabe durch den zuständigen Rehabilitationsträger ausgeführt werden können und legt in Abs. 2 ergänzend hierzu fest, dies könne auch durch ein "Persönliches Budget" erfolgen, wobei § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nun mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass auf Antrag Leistungen durch ein "Persönliches Budget" ausgeführt werden, d.h. ein Anspruch hierauf besteht (vgl. § 159 Abs. 5 SGB IX; Dau in Dau/Düwell/Joussen, LPK, SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 17 Rn. 2). Das Integrationsamt ist aber, wie dargelegt, kein Rehabilitationsträger im Sinne dieser Bestimmung.

bb) Der Kläger hat auch nach § 102 Abs. 7 SGB IX keinen Anspruch auf Gewährung eines persönlichen Budgets in der begehrten Höhe. Danach kann das Integrationsamt, wie angeführt, seine Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben - die hier im vorgenannten Umfang gewährt werden - als persönliches Budget ausführen (§ 102 Abs. 7 Satz 1 SGB IX). Gemäß § 102 Abs. 7 Satz 2 SGB IX gilt dann § 17 SGB IX entsprechend.

Die in § 17 Abs. 2 bis 6 SGB IX konkretisierte Möglichkeit, Leistungen in Form eines persönlichen Budgets zu erbringen, ergänzt die in § 9 Abs. 2 SGB IX vorgesehene Umwandlung von Sach- in Geldleistungen (vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 94 f., 103). Danach können Sachleistungen zur Teilhabe, die nicht in Rehabilitationseinrichtungen auszuführen sind, auf Antrag der Leistungsberechtigten als Geldleistungen erbracht werden, wenn die Leistungen hierdurch voraussichtlich bei gleicher Wirksamkeit wirtschaftlich zumindest gleichwertig ausgeführt werden können (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Das "Persönliche Budget" zielt darauf, behinderten Menschen die Möglichkeit zu erleichtern, ein selbstbestimmtes Leben zu führen; in § 17 Abs. 3 Satz 3 SGB IX ist ausdrücklich geregelt, dass der dafür vom Sozialleistungsträger erstattete Geldbetrag so zu bemessen ist, dass der individuell festgestellte Bedarf abgedeckt wird. Außerdem wird die Zusammenfassung der Leistungen mehrerer Rehabilitations- und anderer Leistungsträger in einem trägerübergreifenden persönlichen Budget erleichtert bzw. konkretisiert, wobei der nach § 14 SGB IX zuständige Leistungsträger den Verwaltungsakt erlässt und das weitere Verfahren durchführt (§ 17 Abs. 4 SGB IX). Insbesondere das Bewilligungsverfahren wird ergänzend in der Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Budgetverordnung - BudgetV vom 27.5.2004) geregelt. Das "Persönliche Budget" verändert das klassische Leistungsdreieck zwischen Träger, Empfänger und Erbringer, das direkte Rechtsverhältnis zwischen Leistungsempfänger und -erbringer tritt in den Vordergrund, die Leistungserbringer stehen nicht mehr in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis mit den Leistungsträgern (vgl. Masuch, jurisPR-SozR 22/2004 Anm. 4). Ein trägerübergreifendes Budget ist demnach auf eine einheitliche bedarfsdeckende Leistung aus der Hand des zuständigen Trägers unter Einbeziehung aller beteiligten Träger gerichtet.

Auch für die Leistungsausführung durch ein persönliches Budget müssen die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sein (BT-Drs. 14/5074 S. 103); die beteiligten Leistungsträger stellen nach dem für sie geltenden Leistungsgesetz auf der Grundlage der Ergebnisse des Bedarfsfeststellungsverfahrens, welches in der Regel im Abstand von zwei Jahren wiederholt wird, das auf sie entfallende Teilbudget fest (§ 3 Abs. 4 und 6 BudgetV).

Ausgehend von diesen Maßgaben ging das Integrationsamt zutreffend davon aus, dass es über den klägerischen Antrag nach dem für ihn gültigen Leistungsgesetz zu entscheiden hat. Dies folgt auch aus § 7 SGB IX, danach gelten die Vorschriften des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch für die Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt; die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen. Der Einwand des Klägers, die Behörde habe mit Kurzmitteilung vom 27. Januar 2011 ausgeführt, dass sein Antrag von der Krankenkasse zuständigkeitshalber an diese weitergeleitet worden sei (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX), führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der nach § 14 SGB IX leistende Rehabilitationsträger koordiniert gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die Leistungen, soweit Leistungen mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind; Absatz 1 gilt entsprechend auch für die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 2 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (§ 10 Abs. 2 SGB IX). Nachdem aber für den Kläger aufgrund seines Antrages ausschließlich begleitende Hilfe im Arbeitsleben durch das Integrationsamt gewährt wird und in Betracht kommt, sind nicht mehrere Leistungsträger beteiligt, so dass die Gewährung als trägerübergreifende Komplexleistung ausscheidet. Soweit der klägerische Antrag auf die Übernahme des "Persönlichen Budgets" zielt, führt dies insofern zu keinem anderen Ergebnis, da es auch bei der Leistung der Bundesagentur für Arbeit ausschließlich um Leistungen zur Erreichung des Arbeitsplatzes ging. Zudem war die Bewilligung durch die Agentur für Arbeit befristet erfolgt, so dass keine Übernahme bzw. ein diesbezügliches Vertrauen des Klägers in die Weitergewährung in Betracht kam, sondern eine neue Entscheidung durch das Integrationsamt zu erfolgen hatte. Dieses erbringt entgegen der Ansicht des Klägers keine Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (s. unter 1.a).

Der Kläger hat nach den vorgenannten Maßgaben - auch unter Berücksichtigung des Regelungszwecks des persönlichen Budgets - keinen Anspruch auf Gewährung einer Geldleistung in der begehrten Höhe. Denn es ist, wie dargelegt, davon auszugehen, dass der seitens der Behörde individuell festgestellte Bedarf des Klägers an begleitender Hilfe im Arbeitsleben zutreffend und durch die hierfür gewährte Geldleistung gedeckt ist; ob der Kläger auf die Ausführung der Leistung als persönliches Budget einen Anspruch hat oder insoweit nach wie vor grundsätzlich nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessenausübung besteht, kann hier demnach dahinstehen (vgl. §§ 102 Abs. 7 Satz 1, 159 Abs. 5 SGB IX), da ihm bei ausdrücklicher Gewährung bzw. Ausführung der bewilligten Leistung als "Persönliches Budget" kein höherer Betrag zustehen würde. Zumal auch der streitgegenständliche Bescheid Geldleistungen gewährt und der Grundsatz der Kostenneutralität gilt, der mit dem persönlichen Budget verbundene Geldleistungsanspruch im Regelfall also nicht zu einer Kostensteigerung führen soll (vgl. BSG, U.v. 31.1.2012 - B 2 U 1/11 R - BSGE 110, 83).

2. Auch ein Anspruch des Klägers auf hilfsweise Neuverbescheidung seines Antrags durch den Beklagten ist nicht gegeben, denn das Integrationsamt hat eine die bereits bewilligten Leistungen übersteigende Leistungsgewährung ohne Rechtsfehler abgelehnt.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Referenznummer:

R/R6338


Informationsstand: 10.10.2014