Die zulässige Klage ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegründet. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung eines persönlichen Budgets in Höhe von 2.700,--
EUR monatlich abzüglich einer Eigenbeteiligung. Der Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales - Region ..., Integrationsamt, vom 5. Dezember 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Zentrum Bayern Familie und Soziales, Integrationsamt, ..., vom 10. April 2013 erweist sich daher als rechtmäßig (§ 113
Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO).
Bei der Beurteilung der Begründetheit der Verpflichtungsklage ist darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ein Rechtsanspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsaktes
bzw. auf Bescheidung besteht (
vgl. Kopp/Schenke,
VwGO, 19. Auflage 2013, § 113 Rn. 217).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines persönlichen Budgets in der begehrten Höhe.
a) Nach
§ 102 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) -
i.V.m. §§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b,
20 der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) kann das Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln auch Geldleistungen erbringen, insbesondere u.a. an schwerbehinderte Menschen zum Erreichen des Arbeitsplatzes.
aa) Die Leistungen des Integrationsamtes sind auf die Sicherstellung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben beschränkt (
§§ 4 Abs. 1 Nr. 3,
101 Abs. 1 Nr. 1, 102
Abs. 1 Satz 1
Nr. 3
SGB IX). Die begleitende Hilfe im Arbeitsleben verfolgt die Ziele, dass die schwerbehinderten Menschen in ihrer sozialen Stellung nicht absinken, auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können sowie durch Leistungen der Rehabilitationsträger und Maßnahmen der Arbeitgeber befähigt werden, sich am Arbeitsplatz und im Wettbewerb mit nichtbehinderten Menschen zu behaupten (
vgl. § 102
Abs. 2 Satz 2
SGB IX). Die Hilfe umfasst entsprechend dem Zweck des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch, die Sicherung und Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (
vgl. Ritz/Welsch in Cramer/Fuchs,
SGB IX, 6. Aufl. 2011, § 102 Rn. 17). Bei den Mitteln für diese finanziellen Leistungen handelt es sich um Zahlungen aus der Ausgleichsabgabe gemäß
§ 77 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Diese darf nur für besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben einschließlich begleitender Hilfe im Arbeitsleben verwendet werden, soweit Mittel für denselben Zweck nicht von anderer Seite geleistet werden oder zu leisten sind (
vgl. §§ 77
Abs. 5 Satz 1
SGB IX). Leistungen des Integrationsamtes zum Erreichen des Arbeitsplatzes sind gemäß § 102
Abs. 5
SGB IX und §§ 17
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 Buchst. b,
18 Abs. 1 Satz 1 SchwbAV nachrangig gegenüber entsprechenden Leistungen Dritter.
Das Integrationsamt ist kein Rehabilitationsträger im Sinne des
§ 6 SGB IX, der gemäß § 4
Abs. 1
Nr. 4
SGB IX Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erbringt, die eine möglichst selbstbestimmte und selbständige Lebensführung ermöglichen sollen (
vgl. VG München, U.v. 30.7.2010 -
M 15 K 10.2373 - juris;
VG Augsburg, U.v. 13.3.2012 -
Au 3 K 11.1280 - RdLH 2012, 144; U.v. 3.6.2008 -
Au 3 K 07.914 - juris). Das Integrationsamt kann seine Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben auch als persönliches Budget ausführen;
§ 17 SGB IX gilt entsprechend (§ 102
Abs. 7 Satz 1 und 2
SGB IX).
In Ergänzung zu § 102
Abs. 2 bis 7
SGB IX gelten für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben die Vorschriften der §§ 17 bis
25 SchwbAV. Gemäß § 20
SchwbAV können Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes nach Maßgabe der Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation - Kraftfahrzeughilfe-Verordnung - (
KfzHV) erbracht werden. Die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung sieht vor, für behinderte Menschen, die zum Erreichen ihres Arbeitsplatzes auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sind, Kraftfahrzeughilfe zu leisten, wenn infolge der Behinderung nur auf diese Weise die Teilhabe am Arbeitsleben dauerhaft gesichert werden kann (
§ 3 Abs. 3 KfzHV). Die Kraftfahrzeughilfe umfasst Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges, für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung und zur Erlangung einer Fahrerlaubnis (
§ 2 Abs. 1 KfzHV). Zur Vermeidung besonderer Härten können - abweichend von § 2
Abs. 1,
§§ 6 und
8 Abs. 1 KfzHV - auch andere als in der Verordnung geregelte Leistungen erbracht werden, soweit dies unter den Voraussetzungen des § 3
KfzHV zur Aufnahme oder Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit unumgänglich ist.
Ist - wie im Falle des Klägers - eine Person erforderlich, um das Kraftfahrzeug des schwerbehinderten Menschen von der Wohnung zum Arbeitsort zu führen, weil dieser hierzu behinderungsbedingt nicht in der Lage ist (sog. Wegeassistenz), können die dadurch entstehenden Kosten nach
§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KfzHV übernommen werden.
bb) Vorliegend sind die Voraussetzungen für diese Leistung (§ 9
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2
KfzHV) derzeit, d.h. im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, dem Grunde nach gegeben, was auch von Seiten des Beklagten nicht in Frage gestellt wird. Denn das Integrationsamt stellte im Rahmen der Klageerwiderung zutreffend auf die sog. Wegeassistenz ab und erläuterte deren Berechnung, dass insofern auch im Bewilligungsbescheid § 9
Abs. 1 Satz 2
KfzHV statt Satz 1 dieser Vorschrift angeführt wurde, führt diesbezüglich zu keiner anderen Beurteilung. Der Kläger ist (nach dem eingereichten ärztlichen Attest) wegen der Art und Schwere der Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen Büroarbeitsplatz zu erreichen; das Tatbestandsmerkmal des § 3
Abs. 1
Nr. 1
KfzHV, der für die Kraftfahrzeughilfe gegenüber der generellen Leistungsvoraussetzung nach § 18
Abs. 2
Nr. 1
SchwbAV ein strengeres Kriterium beinhaltet, liegt demnach vor. Die Zumutbarkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist im Übrigen - entsprechend
Nr. 5.1 der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) für Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung - bereits aufgrund des Merkzeichens "aG" zu verneinen. Zwischen den Beteiligten ist unstrittig, dass der Kläger behinderungsbedingt kein Kraftfahrzeug führen kann und auf die Hilfe Dritter zum Erreichen seines Arbeitsplatzes angewiesen ist. Der Kläger verfügt über ein eigens angeschafftes Kraftfahrzeug, das regelmäßig ein Familienmitglied für ihn führt, demnach ist
i.S.v. § 3
Abs. 1
Nr. 2
KfzHV gewährleistet, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für ihn führt. Unter Berücksichtigung dieser Einzelfallumstände ist davon auszugehen, dass Leistungen der sog. Wegeassistenz für den Kläger zur Wahrnehmung seiner derzeitigen beruflichen Tätigkeit unumgänglich sind (§ 9
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2
KfzHV); diesen Hilfebedarf stellt das Integrationsamt nicht in Frage.
cc) Die Gewährung von Leistungen nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung steht - anders als die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz nach § 102
Abs. 4
SGB IX - im Ermessen des Integrationsamtes (§ 39
Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch - Allgemeiner Teil -
SGB I;
vgl. VG München, B.v. 1.6.2005 - M 6b E 05.1020 - juris
m.w.N.). Bei den Bestimmungen des § 102
Abs. 3
SGB IX und der §§ 17 und 20
SchwbAV handelt es sich um "Kann"-Bestimmungen; zudem enthält die Regelung des § 9
KfzHV besondere Ermessensregelungen (
vgl. BSG, U.v. 12.12.2011 -
B 13 R 79/11 R - BSGE 110,1). Die Frage, ob dieses Ermessen auf der Ebene des Handlungsermessens, also hinsichtlich der Frage, ob Leistungen erbracht werden, zugunsten des Klägers auf Null reduziert ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn das Integrationsamt hat sein Ermessen dahingehend ausgeübt, dass es dem Kläger im streitgegenständlichen Bescheid Geldleistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes als Zuschuss bewilligte und hierfür monatlich 540,00
EUR ansetzte.
Ermessensentscheidungen der Behörden sind gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1
VwGO). Auf die Frage, ob das Gericht eine Entscheidung für zweckmäßig hält, kommt es dabei nicht an. Das Gericht darf keine eigenen Ermessenserwägungen anstellen. Es kann lediglich prüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Art und Weise Gebrauch gemacht hat. Solche Ermessensfehler liegen hier aber nicht vor. Das Integrationsamt war sich seines Entscheidungsspielraumes bewusst. Es ist bei der Berechnung der Leistungen der sog. Wegeassistenz entsprechend dem Antrag des Klägers davon ausgegangen, dass derzeit grundsätzlich ein Bedarf von neun Fahrten zum Büroarbeitsplatz im Monat besteht und hat hierfür jeweils fünf Stunden, d.h. 2,5 Stunden für die einfache Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsort (für eine Strecke von etwa 115 Kilometer), mit 12
EUR je Stunde angesetzt. Ein Stundensatz dieser Größenordnung erscheint für die hier erforderliche Tätigkeit des Führens eines Kraftfahrzeugs, ebenso wie die angesetzte Fahrzeit, auch im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, d.h. unter Berücksichtigung der Erhöhung des zugrunde gelegten Tabellenentgelts (ab 1.1.2013 um 2,65 v.H., s. nachfolgender Absatz), sachangemessen und nicht ermessensfehlerhaft (
vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 18.5.2011 -
OVG 6 B 10.09 - Behindertenrecht 2011, 215 hinsichtlich der Sachangemessenheit eines Stundenlohns von 8,60
EUR im Mittel für die Tätigkeit im Rahmen einer notwendigen Arbeitsassistenz).
Nach den ergänzenden Darlegungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat sich das Integrationsamt bei der Höhe der Kostenübernahme - ausgehend von der Überlegung, dass die Wegeassistenz vergleichbar der Arbeitsassistenz eine einfache Tätigkeit darstellt - an Entgeltgruppe 2 der Entgeltordnung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) orientiert. Danach hat sich im Zeitpunkt der Bewilligung ein Stundenentgelt von knapp 12,00
EUR (etwa 9,90
EUR zuzüglich eines Zuschlags für die Sozialversicherung) ergeben, das angesichts der marginalen Tarifanpassung nach wie vor angemessen ist. Der Einwand des Klägers, die Behörde habe nicht die vorgelegten Kostenvoranschläge für Beförderungsdienste als Berechnungsgrundlage herangezogen, greift demgegenüber nicht durch. Denn der Kläger hat nicht dargelegt, dass das eigens angeschaffte Kraftfahrzeug nicht mehr regelmäßig von einem Familienmitglied für ihn geführt wird; zumal der Beklagte im Rahmen der Klageerwiderung einräumte, dass der Kläger kurzfristig eine Erhöhung der Leistung beantragen kann, um gelegentlich in Anspruch genommene kommerzielle Beförderungsdienste zu finanzieren. Das Integrationsamt stellt demnach insoweit nicht in Abrede, dass sich bei Änderung der diesbezüglichen Situation auch eine Änderung gegenüber dem derzeitigen klägerischen Bedarf ergeben kann.
b) Darüber hinaus steht dem Kläger ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz dem Grunde nach zu, wenngleich sich daraus vorliegend kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen in der begehrten Höhe ergibt. Nach dem Wortlaut des § 102
Abs. 4
SGB IX haben schwerbehinderte Menschen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamtes für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz (
vgl. § 17
Abs. 1a
SchwbAV;
BVerwG, B.v. 28.6.2010 -
5 B 66/09 - juris).
aa) Arbeitsassistenz in diesem Sinne ist die über gelegentliche Handreichungen hinausreichende, zeitlich wie tätigkeitsbezogen, regelmäßig wiederkehrende Unterstützung von schwerbehinderten Menschen bei der Ausübung ihres Berufes in Form einer von ihnen beauftragten persönlichen Hilfskraft (
vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2013 - 12 BV 2757 -
m.w.N.;
VG des Saarlandes, B.v. 15.9.2009 -
11 L 442/09 - juris). Die Kostenübernahme selbst ist von keinen weiteren als den in § 102
Abs. 4
SGB IX i.V.m. § 17
Abs. 1a
SchwbAV normierten Tatbestandsvoraussetzungen abhängig (
vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2013 a.a.O.).
Der Anspruch nach § 102
Abs. 4
SGB IX verlangt nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, dass der behinderte Mensch den inhaltlich prägenden Kernbereich seiner Tätigkeit selbständig erfüllen kann. Dies setzt voraus, dass der Betroffene über die für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen körperlichen Voraussetzungen verfügt und nur für bestimmte Teile seiner Arbeit begleitende (unterstützende) Hilfe benötigt (
vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2013 a.a.O.). Die begleitende Hilfe im Arbeitsleben verfolgt dabei die vorgenannten in § 102
Abs. 2 Satz 2
SGB IX zum Ausdruck kommenden Ziele, u.a. dass schwerbehinderte Menschen auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können. Die Arbeitsassistenz dient dem unmittelbaren Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile.
bb) Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 102
Abs. 4
SGB IX i.V.m. § 17
Abs. 1a
SchwbAV dem Grunde nach gegeben; seitens des Beklagten wird insofern nicht bestritten, dass der Kläger in erheblichem Umfang auf Arbeitsassistenz angewiesen ist. Dementsprechend bewilligte das Integrationsamt dem Kläger im streitgegenständlichen Bescheid einen Zuschuss zur behinderungsbedingt notwendigen Arbeitsassistenz am Arbeitsplatz (sowohl am Büro- als auch am Heimarbeitsplatz) in Höhe von monatlich 960,00
EUR und führte dazu aus, dass die Zuwendung im pflichtgemäßen Ermessen stehe. Es ging dabei aufgrund der Erkenntnisse eines Betriebsbesuches von einem durchschnittlichen arbeitstäglichen Bedarf an sich wiederholenden unterstützenden Tätigkeiten von vier Stunden - konkret 80 Stunden monatlich unter Berücksichtigung von 20 Arbeitstagen des Klägers - aus und setzte hierfür wiederum einen Stundensatz von 12,00
EUR an.
cc) Die Frage, ob § 102
Abs. 4
SGB IX dem Beklagten hinsichtlich der Höhe der zu übernehmenden Kosten einen Ermessensspielraum einräumt, ist nicht abschließend geklärt (
vgl. BVerwG, B.v. 28.6.2010 - 5 B 66/09 - juris, das diese Frage ausdrücklich offen lässt). Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 102
Abs. 4
SGB IX haben schwerbehinderte Menschen unter den dort genannten Voraussetzungen Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Aufgrund dessen wird zum Teil gefolgert, dass schwerbehinderte Menschen grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf eine solche Kostenübernahme haben, der allerdings unter dem Vorbehalt der dem jeweiligen Integrationsamt zur Verfügung stehenden Mittel der Ausgleichsabgabe steht (
vgl. OVG Hamburg, B.v. 15.10.2003 -
2 B 304/03 - Behindertenrecht 2004, 84). Demgegenüber wird auch vertreten, dass die Höhe der Mittel für eine Arbeitsassistenz durch den Begriff der Notwendigkeit begrenzt wird und bei einer notwendigen Arbeitsassistenz von acht Stunden täglich ein Stundenlohn von 8,60
EUR im Mittel sachangemessen erscheint (
vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 18.5.2011 -
OVG 6 B 10.09 - Behindertenrecht 2011, 215). Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt, aus dem Begriff der Kostenübernahme folge, dass der Berechtigte - jedenfalls bei einer nicht pauschalierenden, betragsgenauen Abrechnung - nur die Kosten erstattet verlangen kann, die ihm tatsächlich entstanden sind oder aufgrund einer entsprechenden Rechtspflicht tatsächlich (noch) entstehen können (
vgl. BVerwG, B.v. 28.6.2010 - 5 B 66/09 - juris
m.w.N.). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem vorgenannten Beschluss hinsichtlich der Arbeitsassistenz auf eine Entscheidung Bezug genommen, die darauf abstellt, in welchem Umfang die Assistententätigkeit zum Ausgleich der behinderungsbedingten Nachteile im Arbeitsleben erforderlich ist und daran anknüpfend einen geltend gemachten Stundensatz von 9,54
EUR als angemessen erachtet (
vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2013 - 12 BV.2757;
VG München, B.v. 1.6.2005 - 5 B 66/09 - juris).
Soweit der Kläger vorliegend über den bewilligten Betrag hinaus die Gewährung höherer Geldleistungen begehrt, stellt er allein auf die vorgelegten Kostenvoranschläge örtlicher geeigneter Beförderungsdienste
bzw. die Weitergewährung der befristet als persönliches Budget bewilligten Leistung ab. Es wird also gerade nicht behauptet, dass er einen höheren Bedarf an Arbeitsassistenz habe und diesbezüglich höhere Aufwendungen, die über den hierfür bewilligten Betrag hinausgehen, erforderlich seien. Ebenso wenig trägt der Kläger vor, dass er bei Verneinung des seitens des Beklagten angenommenen Ermessensspielraumes Geldleistungen für die Arbeitsassistenz über den Betrag von 960,00
EUR hinaus beanspruchen könnte.
Die Frage, ob dem Beklagten hinsichtlich der Höhe der zu übernehmenden Kosten einen Ermessensspielraum zukommt - bei welcher nach Ansicht der Kammer der ausdrücklich normierte Mittel-
bzw. Haushaltsvorbehalt nicht unberücksichtigt bleiben kann, bedarf hier vor diesem Hintergrund keiner abschließenden Klärung. Unabhängig davon, steht dem Kläger unter Berücksichtigung der gegebenen Einzelfallumstände vorliegend kein Anspruch auf Arbeitsassistenz über den bewilligten Betrag hinaus zu. Denn sowohl der zeitliche Umfang von vier Stunden pro Arbeitstag, als auch der angesetzte Stundensatz erscheinen nach den vorstehenden Maßgaben angemessen. Dies gilt auch mit Blick auf die neun geltend gemachten Arbeitstage am Büroarbeitsplatz, für die demnach jeweils neun Assistenzstunden, d.h. fünf für die Wegeassistenz und vier für die Unterstützung des Klägers durch das ihn fahrende Familienmitglied vor Ort, angesetzt worden sind. Im Übrigen sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der bewilligte Betrag die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz des Klägers nicht abdeckt weder vorgetragen noch ersichtlich. Demnach ist davon auszugehen, dass der seitens der Behörde individuell festgestellte Bedarf des Klägers an Arbeitsassistenz zutreffend und durch die hierfür gewährte Geldleistung gedeckt ist.
c) Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines persönlichen Budgets in der begehrten Höhe ergibt sich auch nicht aus § 17
bzw. §§ 102
Abs. 7, 17
SGB IX.
aa) Der Beklagte ging zutreffend davon aus, dass § 17
SGB IX nicht unmittelbar greift. Denn die Vorschrift nennt in
Abs. 1 Formen, in denen Leistungen zur Teilhabe durch den zuständigen Rehabilitationsträger ausgeführt werden können und legt in
Abs. 2 ergänzend hierzu fest, dies könne auch durch ein "Persönliches Budget" erfolgen, wobei § 17
Abs. 2 Satz 1
SGB IX nun mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass auf Antrag Leistungen durch ein "Persönliches Budget" ausgeführt werden, d.h. ein Anspruch hierauf besteht (
vgl. § 159
Abs. 5
SGB IX; Dau in Dau/Düwell/Joussen, LPK,
SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 17 Rn. 2). Das Integrationsamt ist aber, wie dargelegt, kein Rehabilitationsträger im Sinne dieser Bestimmung.
bb) Der Kläger hat auch nach § 102
Abs. 7
SGB IX keinen Anspruch auf Gewährung eines persönlichen Budgets in der begehrten Höhe. Danach kann das Integrationsamt, wie angeführt, seine Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben - die hier im vorgenannten Umfang gewährt werden - als persönliches Budget ausführen (§ 102
Abs. 7 Satz 1
SGB IX). Gemäß § 102
Abs. 7 Satz 2
SGB IX gilt dann § 17
SGB IX entsprechend.
Die in § 17
Abs. 2 bis 6
SGB IX konkretisierte Möglichkeit, Leistungen in Form eines persönlichen Budgets zu erbringen, ergänzt die in
§ 9 Abs. 2 SGB IX vorgesehene Umwandlung von Sach- in Geldleistungen (
vgl. BT-Drs. 14/5074
S. 94 f., 103). Danach können Sachleistungen zur Teilhabe, die nicht in Rehabilitationseinrichtungen auszuführen sind, auf Antrag der Leistungsberechtigten als Geldleistungen erbracht werden, wenn die Leistungen hierdurch voraussichtlich bei gleicher Wirksamkeit wirtschaftlich zumindest gleichwertig ausgeführt werden können (§ 9
Abs. 2 Satz 1
SGB IX). Das "Persönliche Budget" zielt darauf, behinderten Menschen die Möglichkeit zu erleichtern, ein selbstbestimmtes Leben zu führen; in § 17
Abs. 3 Satz 3
SGB IX ist ausdrücklich geregelt, dass der dafür vom Sozialleistungsträger erstattete Geldbetrag so zu bemessen ist, dass der individuell festgestellte Bedarf abgedeckt wird. Außerdem wird die Zusammenfassung der Leistungen mehrerer Rehabilitations- und anderer Leistungsträger in einem trägerübergreifenden persönlichen Budget erleichtert
bzw. konkretisiert, wobei der nach
§ 14 SGB IX zuständige Leistungsträger den Verwaltungsakt erlässt und das weitere Verfahren durchführt (§ 17
Abs. 4
SGB IX). Insbesondere das Bewilligungsverfahren wird ergänzend in der Verordnung zur Durchführung des § 17
Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (
Budgetverordnung - BudgetV vom 27.5.2004) geregelt. Das "Persönliche Budget" verändert das klassische Leistungsdreieck zwischen Träger, Empfänger und Erbringer, das direkte Rechtsverhältnis zwischen Leistungsempfänger und -erbringer tritt in den Vordergrund, die Leistungserbringer stehen nicht mehr in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis mit den Leistungsträgern (
vgl. Masuch, jurisPR-SozR 22/2004
Anm. 4). Ein trägerübergreifendes Budget ist demnach auf eine einheitliche bedarfsdeckende Leistung aus der Hand des zuständigen Trägers unter Einbeziehung aller beteiligten Träger gerichtet.
Auch für die Leistungsausführung durch ein persönliches Budget müssen die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sein (BT-Drs. 14/5074
S. 103); die beteiligten Leistungsträger stellen nach dem für sie geltenden Leistungsgesetz auf der Grundlage der Ergebnisse des Bedarfsfeststellungsverfahrens, welches in der Regel im Abstand von zwei Jahren wiederholt wird, das auf sie entfallende Teilbudget fest (
§ 3 Abs. 4 und 6 BudgetV).
Ausgehend von diesen Maßgaben ging das Integrationsamt zutreffend davon aus, dass es über den klägerischen Antrag nach dem für ihn gültigen Leistungsgesetz zu entscheiden hat. Dies folgt auch aus
§ 7 SGB IX, danach gelten die Vorschriften des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch für die Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt; die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen. Der Einwand des Klägers, die Behörde habe mit Kurzmitteilung vom 27. Januar 2011 ausgeführt, dass sein Antrag von der Krankenkasse zuständigkeitshalber an diese weitergeleitet worden sei (
vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX), führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der nach § 14
SGB IX leistende Rehabilitationsträger koordiniert gemäß
§ 10 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die Leistungen, soweit Leistungen mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind; Absatz 1 gilt entsprechend auch für die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 2 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (§ 10
Abs. 2
SGB IX). Nachdem aber für den Kläger aufgrund seines Antrages ausschließlich begleitende Hilfe im Arbeitsleben durch das Integrationsamt gewährt wird und in Betracht kommt, sind nicht mehrere Leistungsträger beteiligt, so dass die Gewährung als trägerübergreifende Komplexleistung ausscheidet. Soweit der klägerische Antrag auf die Übernahme des "Persönlichen Budgets" zielt, führt dies insofern zu keinem anderen Ergebnis, da es auch bei der Leistung der Bundesagentur für Arbeit ausschließlich um Leistungen zur Erreichung des Arbeitsplatzes ging. Zudem war die Bewilligung durch die Agentur für Arbeit befristet erfolgt, so dass keine Übernahme
bzw. ein diesbezügliches Vertrauen des Klägers in die Weitergewährung in Betracht kam, sondern eine neue Entscheidung durch das Integrationsamt zu erfolgen hatte. Dieses erbringt entgegen der Ansicht des Klägers keine Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (s. unter 1.a).
Der Kläger hat nach den vorgenannten Maßgaben - auch unter Berücksichtigung des Regelungszwecks des persönlichen Budgets - keinen Anspruch auf Gewährung einer Geldleistung in der begehrten Höhe. Denn es ist, wie dargelegt, davon auszugehen, dass der seitens der Behörde individuell festgestellte Bedarf des Klägers an begleitender Hilfe im Arbeitsleben zutreffend und durch die hierfür gewährte Geldleistung gedeckt ist; ob der Kläger auf die Ausführung der Leistung als persönliches Budget einen Anspruch hat oder insoweit nach wie vor grundsätzlich nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessenausübung besteht, kann hier demnach dahinstehen (
vgl. §§ 102
Abs. 7 Satz 1,
159 Abs. 5 SGB IX), da ihm bei ausdrücklicher Gewährung
bzw. Ausführung der bewilligten Leistung als "Persönliches Budget" kein höherer Betrag zustehen würde. Zumal auch der streitgegenständliche Bescheid Geldleistungen gewährt und der Grundsatz der Kostenneutralität gilt, der mit dem persönlichen Budget verbundene Geldleistungsanspruch im Regelfall also nicht zu einer Kostensteigerung führen soll (
vgl. BSG, U.v. 31.1.2012 -
B 2 U 1/11 R - BSGE 110, 83).
2. Auch ein Anspruch des Klägers auf hilfsweise Neuverbescheidung seines Antrags durch den Beklagten ist nicht gegeben, denn das Integrationsamt hat eine die bereits bewilligten Leistungen übersteigende Leistungsgewährung ohne Rechtsfehler abgelehnt.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154
Abs. 1
VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2
VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167
VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (
ZPO).