Der Antrag der Kläger auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Klage nicht die nach § 114
Abs. 1 Satz 1
ZPO i. V. m. § 166
Abs. 1 Satz 1
VwGO erforderliche hinreichenden Aussicht auf Erfolg hat. Sie ist voraussichtlich unbegründet.
Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 18.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2013, durch den der Klägerin die Weiterbewilligung eines monatlichen Budgets für eine Arbeitsassistenz über den 31.03.2011 hinaus versagt wurde, ist wahrscheinlich rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Der Beklagte ist voraussichtlich rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Klägerin jedenfalls ab dem 1.04.2011 ein Anspruch auf weitere Übernahme der Kosten einer Arbeitsassistenz
gem. § 102 Abs. 4 SGB IX, § 1
Abs. 1a
SchwbAV nicht mehr zusteht.
Nach diesen Vorschriften haben schwerbehinderte Menschen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamtes für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben (§ 102
Abs. 1 Satz 1
Nr. 3
SGB IX) aus den diesem aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Begleitende Hilfe im Arbeitsleben ist daher nicht auf unselbstständige berufliche Betätigungen beschränkt, sondern kann auch als Hilfe zur Gründung und Erhaltung einer selbstständigen beruflichen Existenz in Betracht kommen, wie sich aus § 102
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 lit. c
SGB IX,
§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c,
§ 21 SchwbAV ergibt:
Nach § 21
Abs. 4
SchwbAV sind die §§ 17 bis
20 und die
§§ 22 bis
27 SchwbAV zugunsten von schwerbehinderten Menschen, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben oder aufzunehmen beabsichtigen, entsprechend anzuwenden. Damit hat der Verordnungsgeber ausdrücklich bestimmt, dass die Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben, die unselbstständig beschäftigten Schwerbehinderten gewährt werden können, unter den entsprechenden Voraussetzungen auch an selbständige Schwerbehinderte erbracht werden können, Dies gilt auch für die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz (§ 17
Abs. 1 a
SchwbAV). Während andere Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben regelmäßig als Ermessensleistungen ausgestaltet sind, besteht auf die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch jedenfalls dem Grunde nach (
vgl. VG Augsburg, Urteil vom 9.10.2012 -
Au 3 K 11.1545).
Unter Arbeitsassistenz ist die über gelegentliche Handreichungen hinausgehende, zeitlich wie tätigkeitsbezogen regelmäßig wiederkehrende Unterstützung von schwerbehinderten Menschen bei der Ausübung ihres Berufes in Form einer von ihnen selbst beauftragten persönlichen Arbeitskraft zur Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verstehen (
vgl. VG Bremen, Urteil vom 26.05.2009 - 5 K 3056/07; Ziffer 2.1 der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen
gem. § 102
Abs. 4
SGB IX.
Die Übernahme der Kosten einer Arbeitsassistenz zur Unterstützung eines schwerbehinderten Selbstständigen setzt
u. a. voraus, dass die angestrebte oder bereits ausgeübte selbstständige Berufstätigkeit erwarten lässt, dass der Schwerbehinderte seinen Lebensunterhalt durch die Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer im Wesentlichen sicherstellen kann. Dies ergibt sich - worauf der Beklagte im Verwaltungsverfahren zu Recht hingewiesen hat - aus § 21
Abs. 1
Nr. 2
SchwbAV. Zwar gilt diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur für die Gewährung von Geldleistungen in Form von Darlehen oder Zinszuschüssen, was bei der Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz nicht unmittelbar zutrifft. Aus dem Begriff der beruflichen "Existenz", den der Verordnungsgeber in der amtlichen Überschrift zu § 21
SchwbAV verwendet, ergibt sich jedoch, dass mit der Tätigkeit ein "Auskommen" ermöglicht sein muss,
d. h. eine ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage sichergestellt wird (
vgl. VG Augsburg, Urteil vom 09.10.2012 - Au 3 K 11.1545 -, a.a.O.;
VG Ansbach, Urteil vom 2.07.2009 -
AN 14 K 08.01859; Seidel, in: Hauck/Noftz,
SGB IX, Stand: Dezember 2009, § 102 Rn. 47 f.; Pahlen, in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX, 10. Aufl. 2003, § 102 Rn. 19).
Dies entspricht auch der gesetzgeberischen Intention, die der Einführung dieser Hilfe zugrunde lag. Dass der Verordnungsgeber insoweit in § 21
Abs. 1
SchwbAV nur für die Gewährung von Darlehen und Zinszuschüssen eine ausdrückliche Regelung getroffen hat, lässt nicht den (Umkehr-)Schluss zu, dass die Erzielung auskömmlicher Einkünfte bei anderen begleitenden Hilfen im Arbeitsleben an Selbstständige, die nicht als Darlehen oder Zinszuschüsse erbracht werden, keine Voraussetzung sein soll (
vgl. VG Augsburg, Urteil vom 9.10.2012 - Au 3 K 11.1545 -, a.a.O.).
Wird begleitende Hilfe im Arbeitsleben, auch in der Form der Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz, bereits - wie vorliegend - über einen Zeitraum von mehreren Jahren gewährt, muss bereits genügendes Einkommen für eine ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage erzielt werden. Ist dies immer noch nicht der Fall, kann die Behörde allenfalls dann weitere Hilfen gewähren, wenn sie insoweit unter Berücksichtigung der Marktsituation und auf der Grundlage eines vom Schwerbehinderten vorgelegten Betriebskonzeptes sowie einer detaillierten Beschreibung der Arbeitsanforderungen der selbstständigen Tätigkeit eine prognostische Einschätzung der künftigen Erwerbschancen treffen kann (
vgl. VG Augsburg, Urteil vom 9.10.2012 - Au 3 K 11.1545 -, a.a.O.; zur gerichtlichen Überprüfung von behördlichen Prognoseentscheidungen
vgl. Kopp/Schenke,
VwGO, 19. Aufl. 2013, § 114 Rn. 37).
An diesen Grundsätzen gemessen erweist sich die ablehnende Entscheidung des Beklagten voraussichtlich als rechtmäßig. Die Klägerin hat weder vorgetragen, dass der Beurteilung der wirtschaftlichen Erfolgsaussichten ihrer Tätigkeit durch den Beklagten ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe missachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt wurden, noch ist dies sonst ersichtlich.
Insbesondere begegnet die Einschätzung des Beklagten, dass die Klägerin bislang nicht hinreichend belegen konnte, durch ihre Tätigkeit in Zukunft ihren Lebensunterhalt sicherstellen zu können, keinen rechtlichen Bedenken. Denn die Klägerin hat dem Beklagten bislang keine zureichenden Informationen vorgelegt, die ihm eine belastbare Zukunftsprognose der selbstständigen beruflichen Tätigkeit der Klägerin ermöglichen würden. Hierzu genügte es nicht, dem Beklagten lediglich die Honorareingänge der vergangenen Jahre und
ALG II-Bescheide vorzulegen, aus denen sich Anrechnungen auf die Sozialleistungen ergaben. Denn diese Informationen ließen bestenfalls erkennen, dass das bislang erzielte Einkommen - in Ansehung der erheblichen behinderungsbedingten Mehrbedarfe der Klägerin - noch nicht ausreichte, um ihren Lebensunterhalt selbstständig bestreiten zu können. Obschon die Entwicklung der Honorareingänge einen positiven Verlauf nahm, war dem Beklagten eine belastbare Zukunftsprognose bereits deshalb nicht möglich, weil es an der Vorlage eines nachvollziehbaren Betriebskonzeptes für die Zukunft nach der Art eines "Businessplans" fehlte. Erst hierdurch wäre es dem Beklagten ermöglicht worden, unter Berücksichtigung der Marktsituation und der im Betriebskonzept beschriebenen zukünftigen Pläne für die Sicherung bestehender und den Ausbau zukünftiger Engagements die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin einzuschätzen.
Soweit die Klägerin geltend macht, derartige detaillierte Betriebskonzepte nicht erstellen zu können, weil hierfür keine Assistenzleistungen bewilligt worden seien, kann sie daraus nichts für sicher herleiten. Denn als Selbstständige und Existenzgründerin muss die Klägerin selbst in der Lage sein, die für die Beantragung staatlicher Leistungen erforderlichen Unterlagen zusammenzustellen und vorzulegen. Dies gehört zum Kernbereich der persönlichen Voraussetzungen, die bei einem Existenzgründer - sei er schwerbehindert oder nicht - vorliegen müssen. Das Schwerbehindertenrecht hat dagegen nicht die Auflage, einem Schwerbehinderten in jeder Lebenslage umfassend Hilfe zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile zu leisten (
vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.3.2006 -
19 K 5274/05 - br 2007, 83).
Soweit die Klägerin vorträgt, die Teilhabe am Arbeitsleben sei für sie als schwerbehinderter Mensch ohne die Weitergewährung der Arbeitsassistenz unmöglich und sie müsse ihre berufliche Tätigkeit ohne die Assistenzleistungen einstellen, belegt gerade dies, dass der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin eine positive Prognose nicht erteilt werden kann. Wenn die Weiterführung der selbstständig ausgeübten Tätigkeit als solche nämlich mit der Gewährung der Hilfeleistung steht und fällt, ist die weitere Hilfegewährung nicht mehr zweckmäßig. Denn Leistungen für die Kosten einer Arbeitsassistenz zur Gründung und Erhaltung einer selbstständigen Existenz kommen nur insoweit in Betracht, als durch die Tätigkeit der Assistenzkraft ein durch die Behinderung bedingter Nachteil gegenüber Nichtbehinderten ausgeglichen wird. Die begleitende Hilfe soll Schwerbehinderten keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber Nichtbehinderten verschaffen, was aber der Fall wäre, wenn sich die Klägerin nur mit staatlicher Hilfe überhaupt am Markt halten könnte (
vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 9.05.2011 -
B 3 K 10.886,
VG Augsburg, Urteil vom 9.10.2012 - Au 3 K 11.1545 -, a.a.O;
VG Düsseldorf, Urteil vom 22.3.2006 -
19 K 5274/05 a.a.O.).
Schließlich spricht gegen die Sicherstellung einer ausreichenden wirtschaftlichen Lebensgrundlage durch die selbstständige Tätigkeit der Klägerin allein schon der Umstand, dass die Klägerin seit der Antragstellung im Jahr 2009 während des gesamten Bewilligungszeitraumes bis Anfang 2011 und sogar darüber hinaus durchgehend Arbeitslosengeld II bezogen hat. Selbst im Zeitpunkt der Klageerhebung bestand noch immer ein
ALG II-Leistungsbezug. Dies dokumentiert deutlich, dass es die Klägerin - obschon sie mehr als zwei Jahre lang Hilfeleistungen durch den Beklagten erhielt - nicht geschafft hat, ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen, das sie unabhängig von staatlicher Hilfe zum Lebensunterhalt gemacht hätte. Auch nach Beendigung der Gewährung eines monatlichen Budgets für eine Arbeitsassistenz mit Ablauf des 31.03.2011 hat die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit ihrem eigenen Vortrag nach weiter ausgeübt und ihren bisherigen Assistenten weiterbeschäftigt. Trotz der weiteren Ausübung der Tätigkeit mit Unterstützung ihres Assistenten in den Jahren 2012, 2013 und 2014 ist es der Klägerin offensichtlich nicht gelungen, ein Einkommen zu erzielen, dass einen Sozialleistungsbezug nicht mehr erforderlich machte. Sie kann daher nachweislich auch nach nunmehr fünf Jahren selbstständiger Tätigkeit noch immer nicht eigenständig für ihren Lebensunterhalt aufkommen. Unter diesen Umständen steht nicht zu erwarten, dass ein Sozialleistungsbezug der Klägerin in absehbarer Zukunft dauerhaft entfallen kann.