Im Einverständnis der Beteiligten konnte die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 102
Abs. 2
VwGO).
Die Klage ist zulässig.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage auf Bewilligung eines Stundensatzes von 50,-
EUR für Schreibkorrekturen und entsprechende Erhöhung des Monatsbetrags für Arbeitsassistenz unter Teilaufhebung des Bescheides des Integrationsamtes des Beklagten vom 09.12.2013 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides seines Widerspruchsausschusses vom 23.12.2014 statthaft (§ 42
Abs. 1
Abs. 2
VwGO). Das Gericht versteht das Aufhebungsbegehren des Klägers dahingehend, dass er nur die Aufhebung des Teils des Ausgangsbescheides vom 09.12.2013 erreichen will, mit welchem ihm für Schreibkorrekturen nur ein maximales Stundenentgelt von 12,-
EUR brutto und unter Berücksichtigung dieses Betrages ein monatlicher Gesamtbetrag für Leistungen für Arbeitsassistenz in Höhe von maximal 800,-
EUR bewilligt wurden.
Die Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Integrationsamtes des Beklagten vom 09.12.2013 im angegriffenen Umfang und der Widerspruchsbescheid seines Widerspruchsausschusses vom 23.12.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, ihm für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.12.2013 bis 30.11.2015 für Schreibkorrekturen im Rahmen der Arbeitsassistenz ein Stundenentgelt in Höhe von 50,-
EUR zu bewilligen (§ 113
Abs. 1 Satz 1,
Abs. 5 Satz 1
VwGO).
Der Kläger kann sein Begehren nicht mit Erfolg auf die hier allein in Betracht kommenden Regelungen der
§§ 102 Abs. 4 SGB IX und
17 Abs. 1a SchwbAV stützen. Nach § 102
Abs. 4
SGB IX haben schwerbehinderte Menschen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamtes für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. § 17
Abs. 1a
SchwbAV lautet gleich. Der Gesetzgeber hat in § 102
Abs. 4
SGB IX (und § 17
Abs. 1a
SchwbAV) nicht geregelt, was unter einer "notwendigen Arbeitsassistenz" zu verstehen ist. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der von den Gerichten vollumfänglich überprüfbar ist (
vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 18.02.2016 -
3 LB 17/15 -, Juris). Auch von der in
§ 108 SGB IX eingeräumten Möglichkeit, in einer Verordnung das Nähere über die Voraussetzungen des Anspruchs nach § 102
Abs. 4
SGB IX sowie über die Höhe, Dauer und Ausführung zu regeln, hat der Verordnungsgeber (Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates) bislang keinen Gebrauch gemacht. Die Rechtsprechung (
OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.05.2011 -
OVG 6 B 1.09 -, Juris,
VG Saarland, Urt. v. 08.04.2014 -
3 K 940/13 -, Juris) definiert als notwendig im Sinne des § 102
Abs. 4
SGB IX diejenigen Kosten, die entstehen, um den Bedarf für eine Arbeitsassistenz zu decken, die - dem Zweck der Regelung entsprechend - den behinderungsbedingten Unterstützungsbedarf bei der Bewältigung des beruflichen Alltags ausgleicht, wobei auf die Besonderheiten des konkreten Einzelfalles abzustellen ist. Es kommt bezogen auf den Einzelfall darauf an, ob der Schwerbehinderte ohne eine Arbeitsassistenz nicht in der Lage ist, seine berufliche Tätigkeit so wahrzunehmen, wie es den Zielsetzungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben gemäß § 102
Abs. 2
SGB IX entspricht. Nach den dort niedergelegten Grundsätzen soll die Hilfeleistung ermöglichen, dass sich der schwerbehinderte Mensch im Wettbewerb mit nicht behinderten Menschen behaupten kann und seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechend beruflich tätig ist. Die begleitende Hilfe soll verhindern, dass der schwerbehinderte Mensch in seiner sozialen Stellung absinkt. Dem Begriff der Arbeitsassistenz ist dabei immanent, dass ein Anspruch lediglich auf eine unterstützende, gezielt den behinderungsbedingten Nachteil ausgleichende Arbeitskraft gerichtet sein kann, wobei die Arbeit im Kern vom schwerbehinderten Menschen selbst geleistet werden muss. Die Arbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen hat mit der "Empfehlung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen gemäß § 102
Abs. 4
SGB IX" - hier in der zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses geltenden Fassung vom 12.04.2013 (im Folgenden: Empfehlungen der BIH) - eine verwaltungsinterne Ausgestaltung des Rechtsanspruchs auf Arbeitsassistenz zum Zwecke der gleichmäßigen Handhabung geschaffen. In Ziff. 2.1 dieser Empfehlungen der BIH ist bestimmt, dass Arbeitsassistenz i.
S. der
§§ 33 Abs. 8 Ziff. 3 und 102
Abs. 4
SGB IX die über gelegentliche Handreichungen hinausgehende, zeitlich wie tätigkeitsbezogen regelmäßig wiederkehrende Unterstützung von Menschen mit Schwerbehinderung bei der Arbeitsausführung in Form einer von ihnen beauftragten Assistenzkraft im Rahmen der Erlangung und Erhaltung eines Arbeitsplatzes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist. Nach Ziff. 2.3 der Empfehlungen der BIH können bei der Festsetzung des Bedarfs nur die unterstützenden Tätigkeiten zugrunde gelegt werden, die der Assistenznehmer behinderungsbedingt nicht selbst erledigen kann, nicht jedoch solche Arbeiten, die üblicherweise im Rahmen einer abhängigen oder selbstständigen Beschäftigung ohnehin durch andere Mitarbeiter erledigt werden kann,
z. B. Sekretariatstätigkeiten.
Zwischen den Beteiligten steht nicht in Streit, dass der Kläger seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung als angestellter Geschäftsführer selbst leistet, zur Verrichtung seiner beruflichen Tätigkeit aber einer Hilfestellung durch Arbeitsassistenz bedarf. Streitig ist vorliegend allein die Höhe des zu vergütenden Stundensatzes für den Teil der Arbeitsassistenz, der auf Leistungen für die Korrektur von Schreiben und E-Mails des Klägers im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit entfällt.
Der vom Beklagten festgesetzte Stundensatz von 12,-
EUR brutto erscheint als Arbeitsentgelt für die erforderliche Tätigkeit der Korrekturarbeiten als sachgerecht und ist gemessen an § 102
Abs. 4
SGB IX und den Empfehlungen der BIH nicht zu beanstanden. Diesen Stundensatz sehen die Empfehlungen der BIH, welche der Beklagte seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, unter Ziff. 4.1, 3.
Abs. vor. Dabei orientiert sich nach Ziff. 4.1 der Empfehlungen der BIH die Höhe der Kostenübernahme an (orts)üblichen und branchenentsprechenden Aufwendungen für Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten für Dritte, für die in der Regel eine Ausbildung oder besondere Qualifikation nicht erforderlich ist. Es heißt dann weiter: "Als Orientierung dient angesichts der in Betracht kommenden unterstützenden Tätigkeiten einer Arbeitsassistenz die Entgeltordnung des TV-L nach Entgeltgruppe 2 mit folgender Beschreibung: einfache Tätigkeiten; keine Vor- oder Ausbildung, aber mehr als kurze Einweisung oder Anlernphase; Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit einfachen Tätigkeiten."
Um eine derartige Assistenztätigkeit handelt es sich hier. Entgegen der Einschätzung des Klägers bedarf es für die fachgerechte Korrektur seiner geschäftlichen Schriftstücke und E-Mails keiner Ausbildung als Lektor. Es reichen hierfür die Sprachkenntnisse und ein gewisses Sprachempfinden zum Beispiel eines Studenten oder einer sonstigen Hilfskraft mit Abitur aus. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht insbesondere nach Auswertung der vom Kläger im gerichtlichen Verfahren in unkorrigierter und korrigierter Fassung vorgelegten Schriftstücke. Seine Fassungen zeigen, dass er, obwohl die deutsche Schriftsprache für ihn als in der Gebärdensprache kommunizierende Person eine Fremdsprache ist, wenige Schreibfehler macht und seine Grammatikfehler in der Regel die Verständlichkeit der Aussage nicht beeinträchtigen. Damit die Hilfskraft auch einzelne, für sich genommen schwer verständliche aussagen richtig verstehen und korrigieren kann, bedarf sie keiner besonderen sprachlichen Vor- oder Ausbildung. Es reicht eine Information über den Aufgabenbereich des Klägers, als eine "mehr als kurze Einweisung", wie sie Ziff. 4.1 der Empfehlungen der BIH benennt, aus.
Soweit der Kläger geltend macht, bei zum Beispiel einer studentischen Hilfskraft sei nicht gewährleistet, dass die Schriftstücke umgehend korrigiert würden, führt dieser Einwand nicht zum Erfolg. So sind heute i.d.R. auch Studenten mit Laptops ausgestattet, sodass die Hilfskraft zügig
(z. B. in der Vorlesungspause oder Mittagspause) oder zumindest innerhalb weniger Stunden die Schriftstücke korrigieren und die Korrektur zurücksenden kann. Im Übrigen vermag das Gericht anhand der vom Kläger vorgelegten Schriftstückbeispiele nicht zu erkenne, dass seine Schreiben in der Regel einer umgehenden Korrektur bedürfen. Dies betrifft
z. B. die 2-seitige Stellungnahme zur "Selbstverpflichtungserklärung
LAG Hessen", die Mustervorlage "Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in XXX für behinderte Menschen" und das Programm samt Anmeldeformular für die Fachtagung am 15.06.2015. Im Übrigen folgt das Gericht der Argumentation des Beklagten, dass den Korrespondenzpartnern i.d.R. bekannt ist, dass es sich bei dem Arbeitgeber des Klägers um eine Interessenvertretung für den Personenkreis der Gehörlosen handelt und deshalb auch nicht umgehend Antworten erwartet werden. Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass eine verlässliche Urlaubsvertretung oder eine Krankheitsvertretung bei einer (studentischen) Hilfskraft weniger gut zu finden ist, als eine solche Vertretung im Falle von Urlaub oder Erkrankung seiner bisher für ihn tätig gewesenen Lektorin.
Für das Gericht ist zwar der Wunsch des Klägers nachvollziehbar "seine Lektorin" mit einem Stundensatz von 50,-
EUR weiter einzusetzen, da sie ihm vertraut ist und sich als zuverlässig erwiesen hat. Diesem Wunsch steht aber entgegen, dass gemäß § 102
Abs. 4
SGB IX nur die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz vom Integrationsamt zu übernehmen sind, wobei das Erfordernis der Notwendigkeit auch die Kosten umfasst. Letzteres ergibt sich auch daraus, dass der Kostenübernahmeanspruch des schwerbehinderten Menschen nach § 102
Abs. 4
SGB IX begrenzt wird durch die dem Amt aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 1
VwGO. Da der Kläger unterlegen ist, hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2
VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711
ZPO.
Die Zulassung der Berufung gemäß § 124a
Abs. 1 Satz 1
VwGO kommt nicht in Betracht, da die Gründe des § 124
Abs. 2
Nr. 3 oder
Nr. 4
VwGO nicht vorliegen.