Urteil
Ausgleichsabgabe - Rückzahlung - Minderleistung - Schwerbehindertenrecht

Gericht:

VG Frankfurt am Main 11. Kammer


Aktenzeichen:

11 K 269/17.F


Urteil vom:

01.11.2017


Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungen in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Leistung aus Mitteln der Ausgleichsabgabe.

Die Klägerin betrieb in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft bis zum 30.06.2015 einen ... . Sie beschäftigte seit dem 01.09.1979 den am 04.05.1962 geborenen schwerbehinderten Arbeitnehmer.

Mit Bescheid vom 24.06.2014 gewährte das Integrationsamt des Beklagten zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastung, die mit der Beschäftigung von ... verbunden sind, gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 2b SGB IX i.V.m. § 27 SchwbAV Leistung in Höhe von 191,00 EUR monatlich in Gestalt eines Minderleistungszuschusses für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2017.

Mit Änderungsbescheid vom 11.02.2015 wurde der monatliche Leistungsbetrag mit Wirkung ab dem 01.02.2015 auf 371,00 EUR angehoben. Die Leistungsgewährung verfolgt das Ziel einer langfristigen Sicherung des Arbeitsverhältnisses des schwerbehinderten Arbeitnehmers. In den Nebenbestimmungen des Leistungsbescheides war der Klägerin die Verpflichtung aufgegeben worden, das Integrationsamt unverzüglich unter anderem über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu informieren. In diesen Fällen müsse eine Überprüfung der Leistung erfolgen.

Mit Schreiben vom 21.01.2016 erhielt das Integrationsamt Kenntnis über die endgültige Einstellung des Geschäftsbetriebes der Klägerin, welche zum 30.06.2015 vollzogen worden sei. Danach sei ... nur noch im Rahmen der Auflösung des Lagers mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt worden.

Mit Schreiben vom 01.03.2016 hörte das Integrationsamt des Beklagten die Klägerin an und wies darauf hin, dass die Klägerin die Ziffer 3. der Nebenbestimmung aus dem Leistungsbescheid nicht befolgt habe, wonach eine Mitteilungsverpflichtung über die Einstellung des Geschäftsbetriebes zum 30.06.2015 bestanden habe und ein Entfall der notwendigen Leistungsvoraussetzungen (Minderleistung von mindestens 30% und damit verbundene außergewöhnliche Belastung im Rahmen der Beschäftigung von ...) ab besagtem Zeitpunkt als nicht mehr gegeben angesehen würden. Auf die beabsichtigte Rückforderung bereits ausgezahlter Leistungen für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.01.2016 wurde ebenfalls hingewiesen.

Mit Bescheid vom 26.04.2016 widerrief das Integrationsamt des Beklagten mit Wirkung ab dem 01.07.2015 die Bescheide vom 24.06.2014 und vom 11.02.2015 gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X. Weiter forderte es darin die seiner Auffassung nach zu Unrecht erbrachten Leistungen für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.01.2016 in Höhe von insgesamt 2597,00 EUR gemäß § 50 SGB X zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin für die Zeit nach dem 01.07.2015 keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne der gegenständlichen Leistungsnorm nachgewiesen habe, außer der unsubstantiierten Einlassung, ... sei noch mit Abwicklungsarbeiten das Reifenlager betreffend weiter beschäftigt worden.

Am 24.05.2016 hat die Klägerin hiergegen Widerspruch eingelegt, den sie nicht begründete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2016 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.04.2016 zurück. Hinsichtlich der Begründung des Widerspruchsbescheides wird auf Bl. 10 bis 13 der Gerichtsakte verwiesen.

Mit am 10.01.2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte die ihr gewährten Leistungen zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen, die mit der Beschäftigung von ... verbunden waren, nicht ihr gegenüber zurückgefordert habe. Vielmehr sei dieser Bescheid ausdrücklich gegenüber ... (persönlich) ergangen. Gegen den Bescheid sei daher Namens und in Vollmacht des ... Widerspruch eingelegt worden. Mit Schreiben des Beklagten vom 28.09.2016 sei im Betreff dann erstmals darauf hingewiesen worden, dass über den Widerspruch der ehemals KG, eine Beratung und Beschlussfassung in der Sitzung des Widerspruchsausschusses am 11.10.2016 vorgesehen sei. Daraufhin sei der Beklagte durch Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 05.11.2016 darauf hingewiesen worden, dass der angefochtene Bescheid ausschließlich gegenüber Herrn ... ergangen sei, der auch den streitgegenständlichen Widerspruch eingelegt habe. Da der Ausgangsbescheid ausschließlich gegenüber Herrn ... und nicht gegenüber der nach wie vor existenten KG, ergangen sei und Herr ... zu keinem Zeitpunkt Leistungen der Beklagten gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 2b SGB IX i. V. m. § 27 SchwbAV erhalten habe, könne er keine Rechtsgrundlage für eine Rückforderung sein.

Darüber hinaus sei mit der Einstellung des operativen Geschäftsbetriebes der Klägerin zum 30.06.2015 weder der mit dem begünstigenden Verwaltungsakt vom 24.06.2014 bestimmte Zweck weggefallen, noch habe die Klägerin eine Auflage des Verwaltungsaktes nicht oder nicht innerhalb einer ihr gesetzten Frist erfüllt. Folglich sei auch in dem streitgegenständlichen Zeitraum der Zweck der Leistungsgewährung in Form des Ausgleichs der Minderleistung des Herrn ... und der Sicherung seines Arbeitsverhältnisses unverändert erreicht.
Die Klägerin habe auch nicht eine ihr gemachte Auflage unerfüllt gelassen. Sie habe nach dem 30.06.2015 weder die Arbeitszeit noch das Aufgabengebiet oder die Tätigkeit des Herrn ... geändert. Zu einer Meldung gegenüber dem Beklagten sei die Klägerin daher nicht verpflichtet gewesen. Die Abmeldung des Gewerbebetriebs und damit des operativen Geschäftes der Klägerin habe nichts an der Beschäftigung des Herrn ... geändert. Erst nach der Einstellung der Abwicklungsarbeiten habe dieser nicht mehr beschäftigt werden können, so dass die Klägerin dann gezwungen gewesen sei, bei der Beklagten den Antrag auf Zustimmung zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zu stellen. Herr ... sei bis Ende Januar 2016 in unveränderten Umfang für die Klägerin tätig gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 26.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Bescheid vom 26.04.2016 der Klägerin tatsächlich bekannt gegeben worden.
Der Bewilligungsbescheid vom 24.06.2014/11.02.2015 sei unstreitig der Klägerin bekannt gegeben worden.

Bei der Zustellung des Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 26.04.2016 an die Klägerin sei es zu Problemen gekommen. Auf der Zustellungsurkunde sei vermerkt worden, dass die Firma geschlossen sein und kein Briefkasten vorhanden sei. Daraufhin sei der Bescheid tatsächlich an Herrn ... zugestellt worden. Die Klägerin könne sich jedoch nicht auf eine fehlende Zustellung ihr gegenüber berufen, da sie die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Verwaltungsaktes vereitelt habe. Sämtliche Schreiben des Beklagten, die an die Klägerin selbst adressiert gewesen seien, seinen ihr ausweislich der Verwaltungsakte auch zugegangen. Erst als sich die Klägerin einem drohenden Rückforderungsbegehren des Beklagten ausgesetzt gesehen habe, habe eine Zustellung nicht mehr erfolgen können, weil - wie der Zustellungsurkunde zu entnehmen sei - kein Briefkasten mehr vorhanden gewesen sei. Die Klägerin sei sich bewusst gewesen, dass eine teilweise Aufhebung des an sie gerichteten Bewilligungsbescheides im Raum gestanden habe. Durch die Entfernung des Briefkastens habe sie bewusst und aktiv die Bekanntgabe des sie belastenden Verwaltungsaktes verhindert und damit vereitelt, so dass sie so zu behandeln sei, als ob ihr der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid zugegangen wäre.

Im Übrigen müsse sich die Klägerin die Zustellung an ihren allein haftenden Gesellschafter Herr ... aufgrund des oben geschilderten Sachverhaltes zurechnen lassen.

Darüber hinaus sei der Klägerin der Bescheid vom 26.04.2016 spätestens am 07.10.2016 bekannt gegeben worden. Mit Schreiben vom 20.09.2016 habe der Bevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten angezeigt, dass er (auch) die KG vertrete. Er habe ausdrücklich um Übermittlung des Bescheides, der Grundlage für die Rückzahlungsforderung bezüglich gewährter Leistungen für ... gewesen sei, gebeten, da seiner Mandantin kein entsprechender Bescheid bekannt sei. Die Klägerin habe damit durch ihren Bevollmächtigten den Beklagten darauf aufmerksam gemacht, dass der Bescheid ihr gegenüber noch nicht bekannt gegeben worden sei und ausdrücklich um Mitteilung dieses Bescheides gebeten. Dieser Bitte sei der Beklagte nachgekommen und habe dem Bevollmächtigten des Herrn ... den streitgegenständlichen Bescheid mit Schreiben vom 04.10.2016 übersandt und damit zielgerecht bekannt gegeben. Unter Zugrundelegung der Drei-Tages-Fiktion gemäß § 37 Abs. 2 SGB X sei daher von einer Bekanntgabe des Bescheides am 07.10.2016 auszugehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten (1 Heft) verwiesen, welche vorgelegen haben und zum Gegenstand der Entscheidung gemacht wurden.

Mit Beschluss vom 15.03.2017 hat die Kammer den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung in schriftlichen Verfahren erteilt.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH)

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren entscheiden, da diese auf mündliche Verhandlung verzichtet haben.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 26.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Der Beklagte hat zu Recht gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB X die rechtmäßigen begünstigende Verwaltungsakte vom 24.06.2014 und vom 11.02.2015, welche eine Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkannten, auch nachdem diese unanfechtbar geworden sind, mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen.

Der Widerrufsbescheid vom 26.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2016 ist zunächst formell rechtmäßig, da er der Klägerin bekannt gegeben wurde.

Aus der Behördenakte ergibt sich, dass der Beklagte versuchte, den Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 26.04.2016 an die Klägerin zuzustellen. Auf der Zustellungsurkunde wurde vermerkt, dass die Firma geschlossen ist und kein Briefkasten vorhanden ist (vgl. Bl. 134 der Behördenakte). Daraufhin stellte der Beklagte den an die Klägerin adressierten Bescheid an Herrn ... zu (vgl. Bl. 137, 138 der Behördenakte).

Es kann vorliegend dahinstehen, ob sich die Klägerin nicht auf eine fehlende Zustellung ihr gegenüber berufen kann, da sie möglicherweise die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Verwaltungsaktes vereitelt hat; denn der Klägerin wurde der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 26.04.2016 spätestens am 07.10.2016 bekannt gegeben. So zeigte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 20.09.2016 (Bl. 178 der Behördenakte) dem Beklagten an, dass er (auch) die K.G. vertrete. Er bat ausdrücklich "um Übermittlung des Bescheides, der Grundlage für die Rückzahlungsforderung bezüglich gewährter Leistungen für Herrn ... ist", da seiner Mandantin kein entsprechender Bescheid bekannt sei (vgl. Bl. 178 der Behördenakte). Wie der Beklagte zutreffend ausführt, hat die Klägerin damit durch ihren Bevollmächtigten den Beklagte darauf aufmerksam gemacht, das der Bescheid ihr gegenüber noch nicht bekannt gegeben wurde und ausdrücklich um Übermittlung dieses Bescheides gebeten. Dieser Bitte kam der Beklagte nach und übersandte dem Bevollmächtigten der Klägerin den streitgegenständlichen Bescheid mit Schreiben vom 04.10.2016 (vgl. Bl. 180 der Behördenakte). Da ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt (§ 37 Abs. 2 S. 1 SGB X) ist daher von einer Bekanntgabe des Bescheides am 07.10.2016 auszugehen.

Es ist vorliegend auch unschädlich, dass die Klägerin gegen den Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 26.04.2016 selbst keinen Widerspruch eingelegt hat. Es ist im Sinne der Klägerin rechtswahrend, den von ... durch seinen Bevollmächtigten am 27.05.2016 (Eingang beim Beklagten) eingelegten Widerspruch (vgl. Bl. 145 der Behördenakte) der Klägerin zuzurechnen, weil ... als mit seinem gesamten Vermögen haftender Komplementär die Kommanditgesellschaft K.G. vertritt. Verneint man eine solche Zurechnung, wäre der Bescheid vom 26.04.2016 ohnehin bestandskräftig und damit wäre das Anfechtungsbegehren der Klägerin ohne Erfolg.

Der Widerruf der Zuwendungsbescheide vom 24.06.2014 und vom 11.02.2015 gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X mit Wirkung ab 01.07.2015 und die Rückforderung eines Betrages in Höhe von 2.957 EUR für die vom 01.07.2015 bis 31.01.2016 erbrachten Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 SGB X begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks zuerkennt, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird.

Mit Bescheid vom 24.06.2014, geändert durch den Bescheid vom 11.02.2016 gewährte der Beklagte zur Abgeltung der außergewöhnlichen Belastung im Rahmen der Beschäftigung von Herrn ... eine Leistung in Höhe von 191,- EUR monatlich bzw. 371,- EUR monatlich (ab 01.02.2015) für den Zeitraum 01.07.2014 bis 30.06.2017.

Die der Klägerin für Herrn ... gewährten Leistungen wurden nicht mehr für den in dem begünstigenden Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet.
Verwendungszweck war hier die Abgeltung der außergewöhnlichen Belastung im Rahmen der Beschäftigung von Herrn ... zur langfristigen Sicherung des Arbeitsverhältnisses von Herrn ... durch die Gewährung eines Minderleistungszuschusses (Hilfeart).
Durch die Aufgabe des Geschäftsbetriebes mit Ablauf des 30.06.2015 (vgl. Bl. 149 der Behördenakte) kann der Zweck des Minderleistungszuschusses, nämlich die langfristige Sicherung des Arbeitsverhältnisses von Herrn ... - nicht mehr erreicht werden.
Weiter ist das Bestehen einer außergewöhnlichen Belastung, für welche der Minderleistungszuschuss aus Mitteln der Ausgleichsabgabe gewährt wurde bei der Beschäftigung von Herrn ... nicht mehr erkennbar. Wie im Widerspruch vom 09.12.2016 zutreffend ausgeführt, können besagte Belastung für die Klägerin faktisch nur entstehen, wenn die Tätigkeit, bei deren Verrichtung eine Minderleistung festgestellt wurde, auch tatsächlich ausgeübt wird. Wie die Klägerin selbst vorträgt, übte Herr ... ab dem 01.07.2015 nur noch Abwicklungsarbeiten in Form der Lagerauflösung aus - und damit eine Tätigkeit, für die eine Minderleistung nicht festgestellt wurde. Dass in Bezug auf die Abwicklungsarbeiten eine Minderleistung vorliegen könnte, die zu einer außergewöhnlichen Belastung der Klägerin im Sinne des § 27 SchwbAV, ist nicht ersichtlich. Die bloße Behauptung der Klägerin, dass die Abmeldung ihres Gewerbebetriebes und damit ihres operativen Geschäftes nichts an der Beschäftigung des Herrn ... geändert habe, genügt hierfür nicht; ebenso wenig der Vortrag der Klägerin, dass Herr ... bis Ende Januar 2016 in unverändertem Umfang für die Klägerin tätig gewesen sei. Damit musste der Beklagte zutreffend davon ausgehen, dass ab dem 01.07.2015 weder die Voraussetzung einer Leistungsgewährung nach § 102 Abs. 3 Nr. 2e SGB IX i.V.m. § 27 SchwbAV vorgelegt haben, noch der Leistungszweck seit diesem Datum erreicht werden kann.

Weiter wurden die rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakte zu Recht gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen, weil mit ihnen die Auflage verbunden war und die begünstigte Klägerin diese nicht oder nicht innerhalb einer ihr gesetzten Frist erfüllt hat. Die Nebenbestimmungen des Leistungsbescheides enthielten die Verpflichtung, das Integrationsamt unverzüglich über jede Änderung des Arbeitsverhältnisses zu informieren, insbesondere über die Veränderung der Arbeitszeit, der Änderung des Aufgabengebietes und der Umsetzung. Dem ist die Klägerin nicht nachgekommen. Erst über sieben Monate später wurde das Integrationsamt durch die Klägerin über die eingetretenen Veränderungen im Arbeitsverhältnis in Kenntnis gesetzt.

Die Klägerin durfte vorliegend nicht auf den Bestand des begünstigenden Verwaltungsaktes gemäß § 47 Abs. 2 S. 2 SGB X vertrauen, da ihr Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf nicht schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 47 Abs. 2 S. 5 SGB X nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder in grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. Wie der Beklagte im Widerspruchsbescheid hierzu zutreffend ausführt, konnte die Klägerin den Nebenbestimmungen des Bewilligungsbescheides entnehmen, dass die Bewilligung mit der Verpflichtung verbunden war, das Integrationsamt unverzüglich über jede Änderung des Arbeitsverhältnisses zu informieren. Aufgrund dieser Bestimmung hätte die Klägerin wissen müssen, dass die Aufgabe des Geschäftsbetriebes und die damit einhergehende Änderung des Aufgabengebietes von Herrn ... für die Bewilligung eine maßgebende Bedeutung haben. Er konnte daher nicht sicher sein, die Mittel im Falle derartiger Änderungen zu Recht vereinnahmen und behalten zu dürfe. Im Gegenteil musste die Klägerin mit einer Prüfung und einem möglichen Widerruf rechnen, weshalb sie sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen kann.

Da der Beklagte rechtmäßig den Bescheid vom 24.06.2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 11.02.2015 widerrufen hat, konnte er die zu Unrecht erbrachten Leistungen nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 188 S. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Referenznummer:

R/R7916


Informationsstand: 06.11.2018