1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung höherer Leistungen in Bezug auf begleitende Hilfe im Arbeitsleben durch Übernahme der Kosten für den Einsatz von Gebärdensprachendolmetschern unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von jeweils 75,00
EUR.
Die Klägerin ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100 wegen Gehörlosigkeit anerkannt.
Mit Schreiben vom 25. Mai 2016 - gerichtet an die Agentur für Arbeit Würzburg - beantragte die Klägerin Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben. Sie legte in diesem Antrag dar, sie sei auf Arbeitsassistenz (Gebärdensprachdolmetscher) in einem Umfang von
ca. 5 Stunden pro Woche angewiesen.
Die Agentur für Arbeit Würzburg leitete den Antrag mit Schreiben vom 15. Juli 2016 an das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Würzburg, weiter. Als Anlage war eine Stellungnahme des technischen Beratungsdienstes der Agentur für Arbeit Nürnberg beigefügt, wonach für die Kläger aus technischer Sicht monatlich 55 Stunden an Arbeitsassistenz in Form eines Gebärdensprachdolmetschers (inklusive Schriftdolmetscher) im Rahmen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin sowie im Rahmen der Weiterbildung erforderlich seien. Die Klägerin sei als Sozialpädagogin bei der Beratungsstelle für Ehe-, Partnerschaft- und Lebensfragen in Nürnberg Teilzeit beschäftigt. Sei sei an Taubheit grenzend schwerhörig, aber in der Lage, Sprache teilweise von den Lippen abzulesen. Darüber hinaus benutze sie die deutsche Gebärdensprache. Die Klägerin solle an ihrem jetzigen Arbeitsplatz Menschen beraten, die überwiegend oder ausschließlich in Gebärdensprache kommunizieren würden. Die Vorgesetze der Klägerin sei in der Lage Gebärdensprache zu kommunizieren.
Die Agentur für Arbeit Würzburg erklärte mit Schreiben an das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Würzburg, vom 19. Juli 2016 die Kostenzusage für eine Arbeitsassistenz in Form eines Gebärdendolmetschers (inklusive Schriftdolmetscher) im Rahmen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin sowie im Rahmen von deren Weiterbildung.
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Würzburg, leitet den Vorgang mit Schreiben vom 20. Juli 2016 an das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Nürnberg, Integrationsamt, weiter.
Mit Bescheid vom 2. August 2016 bewilligte das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region Mittelfranken, Integrationsamt, der Klägerin im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit, Würzburg (Kostenträger), für deren Tätigkeit als Sozialpädagogin bei der Erzdiözese Bamberg aus Mitteln der Ausgleichsabgabe einen Zuschuss in Höhe von bis zu 15.000,00
EUR für eine notwendige Arbeitsassistenz an ihrem Arbeitsplatz in Form von Gebärdensprachdolmetscherleistungen (Zuwendungszweck). Unter Ziffer 7 des Bescheidtenors wurde dargelegt, dass die Gebärdenspachdolmetschervergütung auf der Grundlage der
ZBFS-Empfehlungen erstattet würden. Demnach würden für Dolmetscherzeiten 65,00
EUR pro voller Zeitstunde bezuschusst werden.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 18. August 2016 gegen den Bescheid vom 2. August 2016 Widerspruch.
In der Akte befinden sich verschiedene Rechnungen von Gebärdendolmetschern. Zum Teil wurde von diesen Gebärdenspachdolmetschern ein Stundensatz von 75,00
EUR und zum Teil ein Stundensatz von 65,00
EUR in Rechnung gestellt. Soweit ein Stundensatz von 75,00
EUR in Rechnung gestellt wurde, kürzte die Beklagte den Rechnungsbetrag um 10,00
EUR pro Stunde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2017 wies der Widerspruchsausschuss Zentrum Bayern Familie und Soziales, Integrationsamt, den Widerspruch zurück. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen.
Die Klägerin ließ durch Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 7. April 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erheben und beantragen,
den Bescheid vom 2. August 2016 in Form des Widerspruchsbescheids vom 6. März 2017 insoweit aufzuheben und zu ändern, als dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für den Zeitraum 1. Mai 2016 bis 31. Oktober 2016 für die Inanspruchnahme eines Gebärdendolmetschers einen Stundensatz von 75,00
EUR (statt 65,00
EUR bzw. 55,00
EUR) zu bewilligen.
Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen dargelegt, die Klägerin habe unstreitig Anspruch auf Leistungen nach
§ 102 Abs. 4 SGB IX i.V.m. § 17 Abs. 1a SchwbAV sowie
§ 33 Abs. 1, Abs. 3 Nrn. 1 und 6 und Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX. Es sei einzig die Höhe der Übernahme der Kosten für die Arbeitsassistenz streitig. Die von dem Beklagten zitierten Empfehlungen stellten keine rechtsverbindliche Rechtsgrundlage dar. Die Empfehlungen hätten ausschließlich internen Charakter. Es sei auch keine von den Sätzen des JVG abweichende landesweit einheitliche Regelung getroffen worden. Vorliegend ergebe sich ein Anspruch auf die Übernahme von notwendigen Assistenzkosten aus der analogen Anwendung des § 17
Abs. 2
SGB I, § 9 JVEG. Bei der Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz bestehe ein Rechtsanspruch dem Grunde nach.
Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 25. September 2017,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin habe unstreitig einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die notwendige Arbeitsassistenz gemäß § 17
SchwbAV. Dabei beziehe sich das Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit nicht auf die Höhe der Kosten, sondern auf die Erforderlichkeit der Unterstützungsleistung. Eine Arbeitsassistenz sei dann notwendig, wenn dem Assistenznehmer erst durch diese Leistung eine wettbewerbsfähige Erbringung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit möglich sei. Unstreitig seien hier der Bedarf und der Umfang an Gebärdensprachdolmetscherleistungen. Die Höhe dieser Leistungen richte sich nach den aktuellen Empfehlungen der BIH zur Arbeitsassistenz
i.V.m. den bayerischen Vollzugshinweisen. Sowohl der Wortlaut als auch die Gesetzessystematik stehe einer Anwendung des § 17
Abs. 2 Satz 2
SGB I entgegen. Dies ergebe sich aus dem Urteil des
OVG Rheinland-Pfalz zum 30. Mai 2016. Eine Verweisung auf das JVEG sei nach Sinn und Zweck der Vorschriften nur bei der Ausführung von Sozialleistungen gerechtfertigt, nicht aber wenn es um die Sozialleistung selbst gehe. Auch eine entsprechende Anwendung des § 17
Abs. 2 Satz 2
SGB I komme nicht in Betracht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht dadurch, dass die Klägerin einen Anspruch gegenüber der Agentur für Arbeit in Würzburg gemäß
§ 33 Abs. 8 Satz 3 SGB IX habe. Auch ein Verstoß gegen
Art. 3
GG sei bei einer Differenzierung zwischen Ausführung von Sozialleistungen und der Sozialleistung selbst nicht erkennbar. Die Empfehlungen in Verbindung mit den Vollzugshinweisen stellten eine Handreichung für den Verwaltungsvollzug dar und gewährleisteten einen einheitlichen Verwaltungsvollzug. Es sei auch nicht erforderlich, eine nach § 19
Abs. 2 Satz 4
SGB X abweichende Regelung zu treffen, da diese Vorschrift nicht einschlägig sei.
In der mündlichen Verhandlung am 23. Januar 2018 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten wiederholten die schriftlichen Anträge.
Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Mai 2016 bis 31. Oktober 2016 keinen Anspruch auf Gewährung von Gebärdensprachdolmetscherleistungen im Rahmen einer Arbeitsassistenz unter Zugrundelegung der Stundensätze des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG). Der Bescheid vom 2. August 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2017 ist demnach rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 5 Satz 1
VwGO).
Nicht streitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz in der Form von Gebärdensprachdolmetscherleistungen besitzt. Rechtsgrundlage hierfür ist
§ 102 Abs. 4 SGB IX i.V.m. § 17 Abs. 1a SchwbAV sowie
§ 33 Abs. 1, Abs. 3 Nrn. 1 und 6 und Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F.. Nach diesen Vorschriften besteht ein Anspruch auf eine notwendige Arbeitsassistenz für schwerbehinderte Menschen, soweit dem örtlich zuständigen Integrationsamt Mittel der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehen.
In Bezug auf die zwischen den Beteiligten strittige Frage, in welcher Höhe die Kosten für die Assistenzleistungen in der Form der Gebärdensprachdolmetscherleistungen zu gewähren sind, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der vorstehend genannten Vorschriften ein Ermessen des Beklagten nicht besteht. Vor diesem Hintergrund ist klarzustellen, dass es sich bei den von dem Beklagten herangezogenen Verwaltungsvorschriften insoweit nicht um ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften handelt. Die Vollzugshinweise konkretisieren vielmehr die Anspruchsnorm in tatbestandlicher Hinsicht und sollen damit einen einheitlichen Verwaltungsvollzug innerhalb Bayerns sicherstellen. Die Gewährung der streitgegenständlichen Leistungen steht lediglich unter dem Vorbehalt, dass Mittel aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehen. Dass dies nicht der Fall sein könnte, hat der Beklagte nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
Eine gesetzliche Vorgabe, in welcher Höhe die beantragten Leistungen gewährt werden, folgt weder aus
§ 33 Abs. 3 und Abs. 8 SGB IX a.F. noch aus
§ 102 Abs. 4 SGB IX. Auch aus der Schwerbehindertenabgabenverordnung lässt sich insoweit nichts entnehmen.
§ 17 Abs. 1a SchwbAV enthält lediglich eine wortgleiche Regelung wie § 102
Abs. 4
SGB IX. Soweit die Klägerseite meint, es sei zur Bestimmung der Höhe der Gebärdensprachdolmetscherleistungen das JVEG heranzuziehen, in dem in § 9
Abs. 3 als Honorar ein Stundensatz von 75,00
EUR für das simultane Dolmetschen festgelegt ist, folgt das Gericht dem nicht. Die Kammer schließt sich in diesem Zusammenhang vielmehr der überzeugenden Entscheidung des
OVG Rheinland-Pfalz vom 30. Mai 2016 (Az.:
7 A 1083/15 - juris) an, in der aufgeführt wird, dass für die Höhe der Gebärdensprachdolmetscherleistungen eine Anwendung des § 9 JVEG
i.V.m. § 19
Abs. 2 Satz 4
SGB X und § 17
Abs. 2 Satz 2
SGB I nicht möglich ist. Denn Bezugspunkt für die Verweisung auf das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz ist nach der gebotenen sprachlichen, teleologischen und historischen Auslegung die Ausführung von Sozialleistungen und nicht die Sozialleistung selbst.
Somit ist der streitgegenständliche Anspruch der Höhe nach allein durch den in § 33
Abs. 8 Satz 1
Nr. 3 a.F. und § 102
Abs. 4
SGB IX enthaltenen Begriff der Notwendigkeit begrenzt. Entgegen der Auffassung des Beklagten bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit dabei nicht nur auf die Erforderlichkeit der Unterstützungsleistung "Arbeitsassistenz", sondern begrenzt den Anspruch auch der Höhe nach (
vgl. VG Berlin, U. v. 19.07.2017 - 22 K 38.15 - juris -;
VG Lüneburg, U. v. 14.11.2017 -
4 A 100/16 - juris).
Maßgeblich für die Frage der Notwendigkeit der Kosten ist die allgemeine Marktsituation für derartige Leistungen, wobei unangemessen hohe Vergütungen - beispielsweise aufgrund einer Monopolstellung eines Dienstleisters - unberücksichtigt bleiben (
vgl. VG Berlin, U. v. 19.07.2017, a.a.O.). Darüber hinaus erfährt der streitgegenständliche Anspruch eine weitere Begrenzung durch den haushaltsrechtlich gebotenen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (
VG Lüneburg, U. v. 14.11.2017, a.a.O.).
In Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze ist der durch den Beklagten auf der Grundlage der
ZBFS-Empfehlungen dem streitgegenständlichen Bescheid zugrund gelegte Stundensatz von 65,00
EUR für die Dolmetschzeit und 55,00
EUR für Fahr- und Wartezeiten nicht zu beanstanden. Dies folgt maßgeblich daraus, dass die Klägerin durchaus in der Lage war, nach ihrem Umzug nach Bayern Verträge mit Gebärdensprachdolmetschern auf Basis dieses Stundensatzes abzuschließen. Beispielhaft sind in diesem Zusammenhang die in der vorgelegten Behördenakte befindliche Rechnung der Gebärdensprachdolmetscherin F. vom 21. Oktober 2016 und die Rechnung der Gebärdensprachdolmetscherin K. vom 1. November 2016 zu nennen. Darüber hinaus befinden sich in der vorgelegten Behördenakte noch Rechnungen von mindestens zwei weiteren Gebärdensprachdolmetschern, die ihre Leistungen ebenfalls mit einem Stundensatz von 65,00
EUR in Rechnung gestellt haben. Somit wird deutlich, dass die Übersetzungsleistungen zu dem in der Verwaltungsvorschrift festgesetzten Stundensatz zumindest in Bayern ohne Weiteres am Markt erhältlich sind. Auch hat die Klägerin nicht dargetan, dass es ihr in Bayern nur unter Schwierigkeiten möglich wäre, einen Gebärdensprachdolmetscher zu einem Stundensatz von 65,00
EUR zu beauftragen. Unberücksichtigt bleiben müssen bei der Frage der Marktüblichkeit die in der Behördenakte befindlichen Rechnungen, die von Gebärdensprachdolmetschern außerhalb Bayerns gestellt wurden und bei denen ein Stundensatz in Höhe von 75,00
EUR in Rechnung gestellt wurde, da die Klägerin seit dem 1. Mai 2016 in Bayern berufstätig ist und sie somit in Bayern ansässige Gebärdenspachdolmetscher beauftragen kann. Nach alledem stellen sich die in dem streitgegenständlichen Bescheid enthaltenen Stundensätze zumindest in Bayern als marktüblich dar mit der Folge, dass die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung eines Stundensatzes von 75,00
EUR gegenüber dem Beklagten nicht besitzt.
Soweit die Klägerseite die Auffassung vertritt, die dem streitgegenständlichen Bescheid zugrunde gelegten Vollzugshinweise seien in Ermangelung der Gesetzeskompetenz des Beklagten nicht anwendbar, geht dieser Einwand bereits deshalb ins Leere, da Verwaltungsvorschriften keine Gesetzesqualität besitzen und es vor diesem Hintergrund auf die Frage der Gesetzgebungskompetenz nicht ankommen kann. Zwar besitzen Verwaltungsvorschriften demnach auch keine Bindungswirkung für das erkennende Gericht. Dennoch konnten die Verwaltungsvorschriften für die Frage, in welcher Höhe die Klägerin einen Erstattungsanspruch besitzt, aufgrund der vorstehend dargestellten Marktüblichkeit der Stundensätze herangezogen werden. Hinzu kommt, dass die Höhe der Stundensätze in den
ZBFS-Empfehlungen auch keinesfalls willkürlich durch den Beklagten festgelegt wurde. Denn wie die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - ohne dass die Klägerseite dem entgegentrat - darlegte, erfolgte vor Erlass der Vollzugshinweise eine Abklärung mit dem maßgeblichen Interessenvertretern. Dabei ist zum Ausdruck gekommen, dass ein Stundensatz von 65,00
EUR für die Dolmetscherstunde als angemessen erscheint. Somit kann entgegen der Auffassung der Klägerseite von einer willkürlichen Festlegung der Vergütungshöhe nicht die Rede sein.
Die Klägerin besitzt somit den geltend gemachten Anspruch nicht mit der Folge, dass die Klage mit der Kostenfolge aus § 154
Abs. 1
VwGO abzuweisen war. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2
VwGO gerichtskostenfrei.