I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 17. Januar 2023 wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
I.
Die Klägerin, schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100, ist seit dem 17. Oktober 1985 bei der Beigeladenen beschäftigt. Seit dem 1. Januar 2018 bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Schreiben vom 5. April 2018 teilte die Beigeladene der Klägerin mit, dass das Arbeitsverhältnis wegen des Rentenbescheids zum 31. Dezember 2017 beendet sei. Die hiergegen gerichtete arbeitsgerichtliche Klage (8 Ca 2282/18) endete mit Anerkenntnisurteil; die Restitutionsklage der Beigeladenen (8 Ca 4689/19) wurde abgewiesen.
Der Antrag der Beigeladenen vom 25. Juli 2018 auf Zustimmung des Inklusionsamts zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum nächstmöglichen Zeitpunkt wurde mit Bescheid vom 2. November 2018 abgelehnt. Auf den Widerspruch der Beigeladenen wurde dieser Bescheid mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2019 aufgehoben. Eine Zustimmung des Inklusionsamts zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei nicht erforderlich, weil eine tarifvertraglich vereinbarte Wiedereinstellungsgarantie bestehe. Werde dennoch ein Zustimmungsantrag gestellt, müsse dieser durch Negativattest verbeschieden werden.
Mit Schreiben vom 5. August 2019 teilte die Beigeladene der Klägerin mit, dass das Arbeitsverhältnis wegen des Rentenbescheids zum 31. Dezember 2017, hilfsweise zum 31. März 2018, jedenfalls aber zum nächstmöglichen Termin beendet sei. Die hiergegen gerichtete arbeitsgerichtliche Klage (8 Ca 4465/19) wurde am 15. Februar 2021 zurückgenommen.
Die durch die Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 17. Januar 2023 ab. Die Klage sei unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehle, nachdem im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Klage zurückgenommen worden sei. Dadurch sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirksam, unabhängig vom Ausgang des Verwaltungsstreitverfahrens. Auch die weiteren Klageanträge (Feststellung, dass die Zustimmung des Inklusionsamts zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin erforderlich sei, und Zurückweisung des Antrags der Beigeladenen auf Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin) seien unzulässig.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung im Sinne von § 124
Abs. 2
Nr. 1
VwGO, besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124
Abs. 2
Nr. 2
VwGO, grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124
Abs. 2
Nr. 3
VwGO und das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne von § 124
Abs. 2
Nr. 5
VwGO geltend. Demgegenüber verteidigen der Beklagte und die Beigeladene das angefochtene Urteil.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil die von der Klägerin vorgetragenen Zulassungsgründe nicht durchgreifen oder nicht den Erfordernissen des § 124a
Abs. 4 Satz 4
VwGO entsprechend dargelegt sind.
1. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 124
Abs. 2
Nr. 5
VwGO). Das Verwaltungsgericht hat weder gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör noch gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen.
1.1 Es ist nicht ersichtlich, dass die unterbliebene Beiziehung der Gerichtsakte des arbeitsgerichtlichen Verfahrens Az. 8 Ca 4689/19 die Klägerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt haben könnte.
Die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, erfordert regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was der Beteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgebracht hätte und inwiefern der Vortrag zur weiteren Förderung des Verfahrens beigetragen hätte (Kraft in Eyermann,
VwGO, 16. Aufl. 2022, § 108 Rn. 114 unter Verweis auf
BVerwG, B. v. 22.4.1999 – 9 B 188/99 – juris Rn. 3). Daran fehlt es hier.
Die Klägerin hat nicht dargelegt, inwiefern die Beiziehung der Gerichtsakten betreffend die Restitutionsklage der Beigeladenen entscheidungserheblich für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gewesen wäre. Wenn sie meint, die Abweisung der Restitutionsklage könne nichts anderes bedeuten, als dass nach wie vor von einem bestehenden Arbeitsverhältnis auszugehen sei, ist das nur eine pauschale Behauptung. Es fehlt an einer substantiierten Darlegung, was sie nach Beiziehung der Akten noch vorgetragen und was dies möglicherweise an der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung der Klage als unzulässig geändert hätte.
1.2 Das Verwaltungsgericht hat auch nicht gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen, indem es von einer Zeugeneinvernahme der zuständigen Richterin am Arbeitsgericht abgesehen hat.
Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86
Abs. 2
VwGO). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse Beteiligter, insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (
BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7; B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – juris Rn. 2).
Die anwaltlich vertretene Klägerin hatte die Richterin am Arbeitsgericht zwar schriftsätzlich als Zeugin benannt, ausweislich der Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts in beiden mündlichen Verhandlungen jedoch keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Der „Beweisantrag“ im Schriftsatz vom 30. August 2022 stellt keinen unbedingten Beweisantrag im Sinne des § 86
Abs. 2
VwGO dar (
vgl. Schübel-Pfister in Eyermann,
VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 54).
Die Klägerin legt auch nicht substantiiert dar, weshalb sich dem Verwaltungsgericht aus dessen maßgeblicher materiell-rechtlicher Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (
vgl. BVerwG, B. v. 6.9.2017 – 2 B 2/17 – juris Rn. 14). Eine arbeitsrechtliche „Erläuterung“ durch die zuständige Richterin am Arbeitsgericht war nicht erforderlich, da das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass das arbeitsgerichtliche Verfahren durch Klagerücknahme beendet worden ist. Auf die Motive der Klägerin oder einen etwaigen Irrtum über die Rechtsfolgen ihrer Klagerücknahme kommt es hierbei nicht an.
2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach unterliegt auch keinen Zweifeln an seiner Richtigkeit, die nach § 124
Abs. 2
Nr. 1
VwGO die Zulassung der Berufung gebieten würden.
Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid kann jedenfalls aus Sachgründen keinen Erfolg haben, da an dessen Rechtmäßigkeit keine Zweifel bestehen. Somit kann offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen hat, da sie jedenfalls unbegründet ist.
Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist auf das Entscheidungsergebnis und nicht auf die einzelnen Begründungselemente bezogen. Wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass das angefochtene Urteil jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden ist und wenn ein Berufungsverfahren insofern zur Klärung tatsächlich oder rechtlich schwieriger Fragen nichts beitragen könnte, liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht vor. An der Zulassung einer Berufung, die voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, kann kein schutzwürdiges Interesse bestehen (§ 144
Abs. 4
VwGO analog). Dies gilt auch dann, wenn ein Urteil möglicherweise zu Unrecht mit der Unzulässigkeit der Klage begründet worden ist und ohne weiteres erkennbar ist, dass der mit der möglicherweise zulässigen Klage geltend gemachte Anspruch nicht besteht (
vgl. BayVGH, B. v. 6.11.2003 – 22
ZB 03.2602 – juris Rn. 6).
Einer Anhörung bedurfte es insoweit nicht (§ 108
Abs. 2
VwGO), da die Frage der Erforderlichkeit der Zustimmung sowohl im Verwaltungs- als auch im erstinstanzlichen Verfahren zwischen den Beteiligten ausführlich diskutiert worden ist, die Klägerin in ihrer Antragsbegründung explizit auf ihre weiteren schriftsätzlichen Ausführungen zur Begründetheit der Klage vom 2. September 2019 und 30. August 2022 verweist und es insofern nach der Prozessgeschichte auf der Hand lag, dass diese Frage entscheidungserhebliche Bedeutung besitzt.
Der Widerspruchsausschuss beim Inklusionsamt ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Zustimmung des Inklusionsamts zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin nicht erforderlich und der ablehnende Bescheid vom 2. November 2018 somit aufzuheben war.
Nach § 175
S. 1
SGB IX bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen zwar auch dann der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes, wenn sie im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt. Diese Voraussetzungen wären vorliegend grundsätzlich erfüllt, weil der Klägerin (erstmals) mit Bescheid vom 28. März 2018 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt worden ist.
Allerdings steht der Klägerin nach § 3
Nr. 13 der einschlägigen – nicht offensichtlich rechtswidrigen – Betriebsvereinbarung ein Anspruch auf Wiedereinstellung zu unveränderten Arbeitsbedingungen ab dem auf das Ende des Rentenbezugs folgenden Tag zu. Die Klägerin meint zwar, die Betriebsvereinbarung sei nicht wirksam, begründet dies jedoch nicht substantiiert. Im Übrigen obliegt die Feststellung der Wirksamkeit von Betriebsvereinbarungen der Arbeitsgerichtsbarkeit (
vgl. BAG, B. v. 20.1.2015 – 1 ABR 1/14 – juris Rn. 16).
Da die Klägerin somit durch einen Wiedereinstellungsanspruch geschützt ist, bedarf es der Zustimmung des Inklusionsamts vorliegend nicht.
Der Zweck der Zustimmung des Integrationsamts besteht nach
§ 175 SGB IX darin, den schwerbehinderten Arbeitnehmer bei nur zeitweiligen Veränderungen vor dem endgültigen Verlust des Arbeitsplatzes besonders zu schützen. Der Schwerbehinderte braucht den Sonderbeendigungsschutz der Zustimmung durch das Integrationsamt jedoch nicht, wenn er durch einen Wiedereinstellungsanspruch besonders geschützt ist. Er hat es wie jeder Arbeitnehmer selbst in der Hand, mithilfe des Wiedereinstellungsanspruchs ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen. Der Schwerbehinderte ist daher auf den für Fälle der nur zeitweiligen Veränderung der Erwerbsfähigkeit vorgesehenen besonderen Beendigungsschutz des § 175
SGB IX durch Zustimmung des Integrationsamts nicht angewiesen (
vgl. BAG, U. v. 27.7.2011 – 7 AZR 402/10 – juris Rn. 34; a.A.
VG Köln, U.v. 19.1.2016 – 7 K 7140/14 – juris Rn. 47ff.;
OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 19.11.2014 –
OVG 6 B 12.14 – juris Rn. 26ff.;
VG Augsburg, U.v. 12.5.2009 – Au 3 K 08.294 – juris Rn. 39f.).
Da der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid einschließlich des darin enthaltenen Negativattests somit offensichtlich rechtmäßig ist, kommt es bei materiell-rechtlicher Betrachtung auf das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin nicht an. Es bestehen daher jedenfalls im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
3. Die Klägerin legt zudem keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124
Abs. 2
Nr. 2
VwGO dar, die über die behaupteten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit hinausgehen; insofern wird auf obige Ausführungen verwiesen.
4. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124
Abs. 2
Nr. 3
VwGO). Die Klägerin hat schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, der eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommen könnte (
vgl. hierzu Happ in Eyermann,
VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72). Hinzu kommt, dass die entscheidungserhebliche Frage der Erforderlichkeit einer Zustimmung durch das Inklusionsamt zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Falle eines Wiedereinstellungsanspruchs wie dargelegt bereits höchstrichterlich geklärt ist.
5. Auch soweit die Klägerin weiterhin beantragt, festzustellen, dass die Zustimmung des Inklusionsamts zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin erforderlich ist, und begehrt, den Antrag der Beigeladenen auf Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zurückzuweisen, ist die Berufung nicht zuzulassen. Es sind insofern bereits keinerlei den Erfordernissen des § 124a
Abs. 4 Satz 4
VwGO entsprechend dargelegte Gründe ersichtlich, welche die Zulassung rechtfertigen könnten.
Damit bleibt der Antrag auf Zulassung der Berufung ohne Erfolg.
6. Die Klägerin trägt nach § 154
Abs. 2
VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Es entspricht vorliegend der Billigkeit im Sinne von § 162
Abs. 3
VwGO, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Denn im Berufungszulassungsverfahren setzt sich ein Beigeladener unabhängig von einer eigenen Antragstellung keinem Kostenrisiko aus (BayVGH, B. v. 27.10.2022 – 12
ZB 22.675 – juris Rn. 20). Gründe, die es gebieten würden, die außergerichtlichen Kosten ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, sind nicht ersichtlich. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts nach § 188 Satz 2
VwGO nicht erhoben.
7. Dieser Beschluss ist nach § 152
Abs. 1
VwGO unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsbegehrens wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a
Abs. 5 Satz 4
VwGO rechtskräftig.