I. Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin Leistungen für eine ganztägige Arbeitsassistenz im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM).
Die 1995 geborene Antragstellerin ist schwerstbehindert (Gdb 100, Merkzeichen aG, H
usw.), ihre Mutter ist als ihre Betreuerin für bestimmte Aufgabenkreise (Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge) bestellt. Die Antragstellerin absolvierte eine schulische Ausbildung am Landesbildungszentrum für Körperbehinderte in H. und begehrte danach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin holte eine sozialmedizinische Stellungnahme von
Dr. P. , Fachärztin für Arbeitsmedizin, zu der Frage ein, ob bei der Antragstellerin so schwere Einschränkungen bestünden, dass eine Eingliederung in eine WfbM zu empfehlen sei und ob die die Antragstellerin gemeinschaftsfähig sei. In ihrer Stellungnahme vom 25. Januar 2013 führte die Ärztin aus: Es bestehe als Gesundheitsstörung eine Geh- und Stehunfähigkeit infolge infantiler Zerebralparese mit spastischer Lähmung beider Arme und Beine und eine Sehbehinderung (mit Brille bds. 0,15), Hand- und Greiffunktion bds. seien kraftlos. Es bestünden Koordinationsstörungen, eine inkomplette Harninkontinenz und es sei Hilfe beim Essen erforderlich. Das Sprachverständnis liege auf einfachem Niveau vor. Nach Einschätzung der Gutachterin sei eine Integration in eine geeignete WfbM erforderlich. Im Eingangsbereich der WfbM solle geprüft werden, welchen Anforderungen die Antragstellerin genüge und welche Arbeitshilfen sie benötige.
Die Antragstellerin stellte am 3. April 2013 einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Antragsgegnerin. Mit Bescheid vom 5. April 2013 erklärte sich die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin als zuständige Leistungsträgerin und meldete diese für eine Teilnahme am Eingangsverfahren in einer WfbM an. In einem Schreiben der Antragsgegnerin an das Integrationsamt vom 1. Juli 2013 lautet es: "Die Antragstellerin wird ( ) das Eingangsverfahren und anschließend den Berufsbildungsbereich (
BBB) ( ) absolvieren. Hierfür hat sie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
u. a. die Kostenübernahme für eine Arbeitsassistenz beantragt. Entsprechend der Verwaltungsabsprache über die Gewährung von begleitenden Hilfen im Arbeitsleben nach dem Zweiten Teil des
SGB IX im Verhältnis zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, bitte ich um Prüfung des individuellen Assistenzbedarfes sowie um
ggf. Ausführung der Leistung."
Daraufhin bewilligte das Integrationsamt (Beigel. zu 3.) nach eigener Prüfung mit Bescheid vom 5. September 2013 für das Eingangsverfahren einen Zuschuss für drei Monate von insgesamt bis zu 5.382
EUR, entsprechend einem Tagessatz von 1.794
EUR pro Monat incl. Regiekosten. Bei der Ermittlung habe es einen arbeitstäglichen Unterstützungsbedarf für eine Arbeitsassistenz von mindestens sieben Stunden zugrunde gelegt. Daneben bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Ausbildungsgeld in Höhe von 63
EUR monatlich und Lehrgangskosten, die direkt an den Träger der Maßnahme überwiesen wurden.
Nach einem vorausgegangenen Praktikum wurde die Antragstellerin ab dem 18. November 2013 in das Eingangsverfahren der WfbM (in Trägerschaft des Beigeladenen zu 2.) aufgenommen. Zuvor bewilligte ihr die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. November 2013 technischen Arbeitshilfen (besonderer Computer mit Spezialsoftware und einen Therapiestuhl).
In dem Fachausschussprotokoll vom 12. Dezember 2013 ist eine Aufnahme in den Berufsbildungsbereich vom 18. Februar 2014 bis zum 17. Februar 2016 festgelegt (in früheren Fachausschussprotokollen war auch der Berufsbildungsbereich bereits genannt, aber mit anderen Daten). Bei der Unterschrift der Vertreterin der Antragsgegnerin ist vermerkt, dass eine Kostenzusage als zuständiger Träger nur ohne Zusage für Mehrbedarf
bzw. Assistenz im Berufsbildungsbereich erfolge. Die Antragsgegnerin zog einen Antrag auf Prüfung des Assistenzbedarfs für den Berufsbildungsbereich bei dem Integrationsamt wieder zurück und bewilligte mit Bescheid vom 26. Februar 2014 unverändert Ausbildungsgeld und Lehrgangskosten für den Berufsbildungsbereich.
In dem Eingliederungsplan für das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich der WfbM vom 3. Februar 2014 wird eine Weiterführung des Berufsbildungsbereiches im ersten Berufsbildungsjahr empfohlen. Als aktueller Stand bei den Kompetenzen wird ausgeführt, dass die Antragstellerin einfache schriftliche und mündliche Arbeitsanweisungen nach mehrmaligen Erklärungen und Demonstration verstehe, ihr Arbeitstempo sei stark verlangsamt. Bei Schwierigkeiten fordere sie nicht selbständig Hilfe an, nehme diese aber an, wenn sie ihr angeboten werde. Dadurch dass die Arbeitsassistentin ihr zur Seite sitze, könne diese die Schwierigkeiten erkennen und helfen. Die Merkfähigkeit der Antragstellerin sei gut ausgeprägt. Bei der Ausführung der ihr bekannten Abläufe habe sie Schwierigkeiten, diese müssten aktiv durch die Assistentin unterstützt werden. Die Antragstellerin verfüge über gesonderte technische Hilfsmittel, einen größeren Monitor mit Vergrößerungssoftware, eine Großfeldtastatur für Linkshänder sowie einen Trackball, den Umgang mit dieser speziellen Technik lerne sie unter Anleitung der Assistentin. Die Antragstellerin sei motiviert, komme gerne in die WfbM und sei anstrengungsbereit und offen für alles Neue, wobei ihr die Umstellung auf neue Aufgaben schwer falle.
In der Folgezeit erhielt die Antragstellerin, von dem Beigeladenen zu 2. vorfinanziert, zunächst weiterhin eine tägliche siebenstündige Arbeitsassistenz. Die betreffende Assistentin war bis zum 31. Oktober 2014 hierfür bei dem Beigeladenen zu 2. tätig.
Am 21. Juli 2014 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen die mündlich in der Fachausschusssitzung am 12. Dezember 2013 verfügte Ablehnung eines Antrages auf Kostenübernahme für eine ganztägige Assistenz im Berufsbildungsbereich ein und hat am gleichen Tag beim Sozialgericht Halle einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Mit Beschluss vom 6. August 2014 hat das SG den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Antragstellerin habe keine Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie habe ihre Werkstattfähigkeit nicht glaubhaft gemacht. Die Kammer gehe davon aus, dass die Antragstellerin ohne Arbeitsassistenz nicht in der Lage sei, eine Maßnahme im Eingangs-
bzw. Berufsbildungsbereich zu absolvieren.
Gegen den ihr
bzw. ihrer Betreuerin am 9. August 2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin durch ihre Prozessbevollmächtigten am 26. August 2014 Beschwerde erhoben und diese am 28. Oktober 2014 begründet.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 6. August 2014 abzuändern und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer ganztägigen (sieben Stunden werktäglich) Arbeitsassistenz im Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen der E.
S. H. e. V. vorläufig zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: Wenn die Antragstellerin - auch nach der Einschätzung ihres eigenen ärztlichen Dienstes - gerade noch werkstattfähig sei, müsse die WfbM, die mit der Antragsgegnerin einen Kostensatz für besonders schwere Fälle ausgehandelt habe, einen solchen besonders schweren Fall betreuen. Ein Anspruch auf eine Arbeitsassistenz schließe einen Anspruch auf Aufnahme in eine WfbM gerade aus, weil dafür weit mehr als ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsergebnisse verlangt werde. Sie verweist auf die Vereinbarung über die Gestaltung der Kostensätze zwischen ihr und dem Beigeladenen zu 2. für die WfbM. Letztlich würde der Beigeladene zu 2. versuchen, durch die Arbeitsassistenz einen Zuschlag für erhöhte Betreuung und Pflegebedarf einzuführen.
Der Beigeladene zu 2. hält die weitere Kostenübernahme auch für den Berufsbildungsbereich für unbedingt erforderlich, um der Antragstellerin die ihr zustehende Teilhabe zu ermöglichen.
Die Beigeladene zu 1. sieht keine eigene Zuständigkeit.
Eigene Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.
Im Erörterungstermin vom 26. November 2014 hat die Mitarbeiterin des Beigeladenen zu 2. vom begleitenden Dienst, Frau W. , ausgeführt und hierzu ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung der Antragstellerin vom 24. November 2014 überreicht, dass die Antragstellerin in der bisherigen Zeit des Berufsbildungsbereiches ihre Leistungsfähigkeit deutlich habe steigern können. Sie müsse (aber) aktuell bei der Arbeitsausführung begleitet und kontrolliert werden. Auf die Frage des Berichterstatters, ob jetzt schon absehbar sei, dass die Antragstellerin nach Ablauf des Berufsbildungsbereiches ohne eine gesonderte Arbeitsassistenz nicht in den Arbeitsbereich der WfbM integriert werden könnte, führte Frau W. aus, dass sie dies zur Zeit nicht absehen könne. Dies komme auf die weitere Entwicklung und die weiteren Fortschritte der Antragstellerin in der selbständigen Bearbeitung von Arbeitsaufgaben an.
Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde ist überwiegend begründet.
Die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung liegen vor.
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ist als Regelungsverfügung nach § 86b
Abs. 2
S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) auszulegen. Einstweilige Anordnungen sind zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn ein Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und dass er ohne den Erlass der begehrten Anordnung bei Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund).
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund für den geltend gemachten Anspruch erst seit dem 1. Dezember 2014 glaubhaft gemacht. Bis zum 31. Oktober 2014 hat der Beigeladene zu 2. die Arbeitsassistenz vorfinanziert, weshalb keine vorläufige Regelung hierzu getroffen werden muss, sondern die Entscheidung in der Hauptsache abgewartet werden kann. Im November 2011 hat die Antragstellerin eine solche Assistenz tatsächlich nicht erhalten. Durch die aktuell beendete Arbeitsassistenz für die Antragstellerin im Berufsbildungsbereich besteht dringender Handlungsbedarf.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach summarischer Prüfung auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Tatsachen besteht ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf die Kostenübernahme der Arbeitsassistenz jedenfalls bis zum Ablauf des ersten Berufsbildungsjahres.
Zuständig für Leistungen
u. a. im Berufsbildungsbereich in Werkstätten für behinderte Menschen ist
gem. § 42 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) die Antragsgegnerin.
Zu den besonderen Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben für behinderte Menschen
gem. §§ 112 Abs. 1,
117 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) gehören auch Leistungen im Eingangs- und Berufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen nach § 40
SGB IX. Danach erhalten behinderte Menschen im Berufsbildungsbereich Leistungen
u. a. wenn diese erforderlich sind, um die Leistungsfähigkeit des behinderten Menschen so weit wie möglich zu entwickeln oder zu verbessern oder wiederherzustellen und erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch nach Teilnahme an diesen Leistungen in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des
§ 136 SGB IX zu erbringen. Dabei ist der Leistungskatalog in
§ 33 SGB IX geregelt. Als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sieht § 33
SGB IX bei den sonstigen Hilfen nach
Abs. 8
Nr. 3 die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz vor.
Eine solche Arbeitsassistenz kann auch für einen Arbeitsplatz in einer Werkstatt für behinderte Menschen geleistet werden (ebenso
LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2014 -
L 7 AL 56/12 - zitiert nach juris). So ist eine WfbM nach § 136
Abs. 1
SGB IX eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben im Sinne des Kapitels fünf des Teils 1 des
SGB IX. Es handelt sich - wenn auch nicht auf dem sog. 1. Arbeitsmarkt - um einen Arbeitsplatz, den der behinderte Mensch in der WfbM wahrnimmt. Es trifft zwar zu, dass eine dauerhafte notwendige Arbeitsassistenz einer Werkstattfähigkeit i.
S. des § 136
Abs. 2
SGB IX entgegensteht, weil dies eine eigene wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung ausschließen dürfte (
vgl. hierzu Bay.
LSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - L 10 AL 8/11). Allerdings ist Bezugspunkt der Beurteilung des Mindestmaßes einer wirtschaftlich verwertbaren Arbeitsleistung der Arbeitsbereich in der WfbM. So heißt es in § 136
Abs. 2
SGB IX, die Werkstatt stehe allen behinderten Menschen im Sinne des Absatzes 1 unabhängig von Art und Schwere der Behinderung offen, sofern erwartet werden könne, dass sie spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen würden. Der Senat hält daher eine maximale Förderung durch Teilhabeleistungen auch mit dem Mittel der Arbeitsassistenz bis zum Abschluss des Berufsbildungsbereiches für möglich, sofern nicht von vornherein prognostisch ausgeschlossen werden kann, dass der behinderte Mensch ein ausreichendes Leistungsvermögen für den Arbeitsbereich erlangen kann. Er muss prognostisch mit dem dort vorgesehenen Personalschlüssel mindestens in einem oder mehreren Arbeitsvorgängen eingesetzt werden können, so dass seine Arbeitsleistung (ohne Assistenzleistung) damit prognostisch einen wirtschaftlichen Wert besitzt.
Diese Voraussetzung liegt bei der Antragstellerin nach einer summarischen Prüfung vor. Es liegt kein Fall vor, in dem verwertbare Arbeitsergebnisse auch nach Abschluss des Berufsbildungsbereiches von vornherein nicht erwartet werden können. Die betreuende Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 2. hat berichtet, dass das Leistungsvermögen der Antragstellerin sich verbessert hat und aktuell nicht abgesehen werden kann, ob die Ertüchtigung durch die persönliche Arbeitsassistenz (Kontrolle der Ergebnisse, Einüben der Handlungsweisen, Heranführen an weitere Aufgaben
usw.) im Berufsbildungsbereich dazu führt, dass die Antragstellerin nach Abschluss desselben in den Arbeitsbereich (ohne persönliche Assistentin) aufgenommen werden kann. Die Antragstellerin weist zwar starke motorische Einschränkungen auf, sie ist aber kommunikations- und teamfähig, kann sich Arbeitsaufträge merken und Kritik annehmen sowie ist sehr leistungsbereit. Die Antragsgegnerin hat die Werkstattfähigkeit ursprünglich nicht in Frage gestellt und der ärztliche Dienst der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin als für eine WfbM geeignet angesehen. Bei der Frage welche Kriterien für die Prognose einer Werkstattfähigkeit anzulegen sind, sind die grundgesetzliche Relevanz in Bezug auf die Menschenwürde, das Sozialstaatsgebot und das Diskriminierungsverbot (
Art. 3
Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes) sowie
Art. 27 der UN-Behindertenrechtskonvention zu beachten. Diese Vorschriften verlangen die Förderung behinderter Menschen
bzw. das gleiche Recht von Menschen mit Behinderung auf Arbeit. Es muss insoweit im konkreten Fall im Berufsbildungsbereich ausgetestet werden können, ob der behinderte Mensch einen Arbeitsplatz in einer WfbM erreichen kann.
In Bezug auf die Höhe des nötigen Assistenzbedarfes ist eine vollständige Aufklärung der Sachlage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht möglich. Es bedürfte eines erneuten Gutachtens um zu beurteilen, ob sich durch die Verbesserung des Leistungsvermögens auch der Assistenzbedarf verringert hat. Zutreffend verweist die Antragsgegnerin auch darauf, dass der eigentliche Pflegebedarf (Hilfe beim Essen, bei Toilettengängen
usw.) nicht in die Assistenzleistung eingerechnet werden darf. Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, kann bei andernfalls drohenden schweren und unzumutbaren Nachteilen aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden sein. Der Assistenzbedarf wurde im Eingangsverfahren auf 7 Stunden täglich geschätzt. Nach den Ausführungen der Mitarbeiterin des Beigeladenen zu 2. bedarf die Antragstellerin weiterhin noch einer Begleitung und Kontrolle der Arbeitsausführung. Dies geht über eine zeitlich beschränkte Vorbereitung und Nachbereitung des Arbeitsplatzes hinaus. Wesentliche Anhaltspunkte für eine deutliche Verringerung des Bedarfes finden sich daher nicht. Die Folgen eines Abbruchs des Berufsbildungsbereiches oder die fehlende Ertüchtigung für den späteren Arbeitsbereich würden die Möglichkeiten der Antragstellerin in einer WfbM in Arbeit eingegliedert zu werden deutlich vermindern.
Der Abschluss des ersten Jahres im Berufsbildungsbereich stellt eine Zäsur dar, nach der erneut die Entwicklung der Antragstellerin einzuschätzen ist und sich
ggf. der Assistenzbedarf verringert hat. Der Senat hat die vorläufig zugesprochene Leistung daher bis zum Abschluss des ersten Jahres beschränkt. Nach Abschluss des ersten Jahres im Berufsbildungsbereich besteht durch die aktualisierte Einschätzung im Eingliederungsplan sowie
ggf. einer noch von der Antragsgegnerin einzuholenden gutachterlichen Einschätzung des Assistenzbedarfs durch das Integrationsamt eine erweiterte Tatsachengrundlage für eine Entscheidung der Antragsgegnerin. Auch die Empfehlung der Beigeladenen zu 2. für die Aufnahme in den Berufsbildungsbereich bezog sich zunächst auf das erste Jahr. Bei der Entscheidung für das zweite Jahr im Berufsbildungsbereich sollte die Antragsgegnerin jedoch beachten, dass die grundsätzliche Frage, ob im Berufsbildungsbereich eine Arbeitsassistenz gewährt werden kann, der Klärung in der Hauptsache vorbehalten bleiben soll. Es sollte die Teilhabeleistung für das zweite Jahr im Berufsbildungsbereich nur dann (schon vorläufig) verändert werden, wenn der Assistenzbedarf sich geändert hat (was zu erwarten sein dürfte) oder es neue belastbare Hinweise darauf gibt, dass prognostisch keine Werkstattfähigkeit besteht. Ansonsten würde die Antragsgegnerin die Antragstellerin nur in ein neues, unnötiges einstweiliges Rechtsschutzverfahren treiben, welches keinen weiteren Erkenntnisgewinn für die Antragsgegnerin verspricht.
Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe ist stattzugeben. Die hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor. Die Antragstellerin ist auch prozessarm. Ihr sind die Kosten für die Eigenbeteiligung bei der Rechtsschutzversicherung in Höhe von 150
EUR zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung erfolgt entsprechend § 193
SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177
SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.