Urteil
Kostenerstattung eines den Festbetrag übersteigenden Hörgeräts

Gericht:

LSG Niedersachsen-Bremen


Aktenzeichen:

L 4 KR 224/16


Urteil vom:

18.07.2019


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. März 2016 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Rechtsweg:

SG Hildesheim, Urteil vom 22. März 2016 - S 20 KR 622/15

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Tatbestand:

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten, die sie für die Beschaffung von Hörgeräten über den Festbetrag hinaus aufgewendet hat.

Die 1988 geborene Klägerin leidet unter einer beidseitigen mittelgradigen Schwerhörigkeit im Mittel- und Hochtonbereich und war bereits mit Hörgeräten versorgt.

Am 12. November 2014 ging bei der Beklagten ein Leistungsantrag der Klägerin über Hörgeräte ein. Ärztlich verordnet wurden diese von dem HNO-Facharzt J. unter dem 7. Oktober 2014. Die Klägerin führte aus, sie habe mit der Testung von Hörgeräten begonnen. Sobald sie sich für ein Hörgerätepaar entschieden habe, welches ihren Hörschaden am besten ausgleiche, reiche sie den Kostenvoranschlag nach.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 reichte die Klägerin einen Kostenvoranschlag der Fa. K. - Optik und Hörgeräte, L., vom 18. Dezember 2014 ein über ein Hörgerät des Typs Pure 7bx (M), SNr. WG 73319, zu einem Gesamtpreis inkl. Reparaturpauschale in Höhe von 5.480,00 Euro.

Am 23. Januar 2015 und 17. Februar 2015 gingen die Versorgungsanzeigen der Fa. K. vom 09. Oktober 2014 bzw. 17. Februar 2015 über eine beidseitige Hörgeräteversorgung ein. Der Versorgungsanzeige vom 17. Februar 2015 war ein Nachweis über den bei der Klägerin erzielten Hörgewinn bei Verwendung unterschiedlicher Hörgeräte beigefügt, darunter die zur Festbetragsleistung erhältlichen Hörgeräte Bernafon Inizia 1 CP (9-Kanal-Digitalgerät) und Audio Service Riva 2 Duo (4-Kanal-Digitalgerät). Bei den Geräten Audio Service Riva 2 Duo und Siemens Pure 7bx (20-Kanal-Digitalgerät) ergaben sich jeweils ein Sprachverstehen von 90 % ohne bzw. 85 % mit Störschallexposition. Bei dem Gerät Bernafon Inizia 1 CP ergab sich ein Sprachverstehen von jeweils 90 % ohne bzw. mit Störschallexposition.

Mit Bescheid vom 12. März 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie sei unter Berücksichtigung der gesetzlichen Zuzahlung von 20,00 Euro bereit, von den Kosten für die Versorgung 1.594,00 Euro zu übernehmen.

Am 17. März 2015 wurde die Klägerin mit Hörgeräten des Fabrikats Siemens Pure 7bx versorgt.

Mit Schreiben vom 25. März 2015 teilte die Klägerin der Beklagten mit, die ihr angebotenen zuzahlungsfreien Hörgeräte entsprächen nicht ihrem Gesundheitszustand. Das Versorgungsziel könne mit dem bewilligten Betrag nicht erreicht werden.

Die Beklagte holte eine hörgeräteakustische Stellungnahme des Herrn M. vom 7. April 2015 ein.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin teilte der Beklagten mit Schriftsatz vom 14. September 2015 mit, dass die Klägerin eine rasche Entscheidung begehre. Sollte bis zum 28. September 2015 keine Kostenzusage erfolgen, sehe sich die Klägerin gezwungen, die benötigten Hörgeräte selbst zu beschaffen und von der Beklagten Kostenerstattung zu begehren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Aus den erzielten Messwerten des normierten Freiburger Sprachtests sei abzuleiten, dass die Signalverarbeitung und die Richtmikrofontechnik, die ein Richtungshören ermögliche, grundsätzlich für den objektiven Ausgleich, auch im Alltag bzw. im Störgeräusch und bei Gesprächen in Gruppen geeignet sei. Wenn die Signalverarbeitung nicht passend bzw. nicht geeignet sei, spiegele sich das in den Messwerten wieder. Die Auswertung der aufgezeichneten Messwerte ergebe nachweislich, dass bei der Klägerin ein bestmögliches Sprachverstehen erreicht worden sei. Mit dem eigenanteilsfreien Hörgerät "Inizia 1 CP" werde sogar ein besseres Sprachverstehen bei Umgebungsgeräuschen erzielt als mit dem von der Klägerin gewählten Gerät. Das von der Klägerin gewählte Gerät habe zwar eine Reihe von Zusatzfunktionen, diese seien jedoch für den funktionellen Ausgleich des Hörverlustes nicht erforderlich und überschritten das Maß des Notwendigen.

Dagegen hat die Klägerin am 9. Dezember 2015 Klage zum Sozialgericht (SG) Hildesheim erhoben und vorgetragen, die von ihr ausgewählten Hörgeräte bewirkten eine merkliche Hörverbesserung.

Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 22. März 2016 die Klage abgewiesen.

Die Klägerin verfolge ihren Erstattungsanspruch zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Streitgegenstand sei die Leistungsbegrenzung in dem angegriffenen Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 12. März 2015. Durch ihn habe die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von 1.594,00 Euro beschränkt. Damit sei das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden worden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestünden (Verweis auf BSG vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R, juris Rn. 9). Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung könne die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Die Beklagte habe entsprechend das Schreiben der Klägerin vom 25. März 2015 zu Recht als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 12. März 2015 ausgelegt, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden sei.

Demgemäß sei der Widerspruchsbescheid vom 12. November 2015 als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 12. März 2015 zu verstehen.

Die Klage sei jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 12. März 2015 in der Gestalt, den er durch den Widerspruchsbescheid vom 12. November 2015 gefunden habe, sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für den von der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch seien nicht erfüllt. Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung für ein selbst beschafftes Hilfsmittel, hierzu zählten insbesondere Hörgeräte, sei § 13 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach habe die Krankenkasse dem Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, die dadurch entstanden seien, dass sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Da die Versorgung mit einem Hörgerät nicht als "unaufschiebbar" anzusehen sei (Verweis auf BSG vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R), sei eine Erstattung folglich nur vorgesehen, wenn die Krankenkasse eine vom Versicherten beantragte und ihm rechtlich zustehende Leistung (Primäranspruch) objektiv rechtswidrig verweigert habe. Das sei nicht der Fall. Der Klägerin stehe kein Hörgerät oberhalb des Festbetragsrahmens zu. Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs sei § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach hätten Versicherte Anspruch auf Versorgung u.a. mit Hörhilfen, die im Einzelfall erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen seien. Die Versorgung mit Hörgeräten diene dem unmittelbaren Behinderungsausgleich. Hier sei die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Insoweit habe der in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck für die Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen. Im Vordergrund stehe dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon sei auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermögliche, ersetze oder erleichtere. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gelte das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Begrenzt sei der Anspruch allerdings durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssten danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürften "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich seien, könnten Versicherte nicht beanspruchen, dürften die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichte auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen seien danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet sei (Verweis auf BSG, a.a.O., Rn. 21 mwN); Mehrkosten seien andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eine kostenaufwändige Versorgung sei dagegen geschuldet, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt sei, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative biete. Das gelte bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten nach ärztlicher Einschätzung in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile biete. Keine Leistungspflicht bestehe dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität beträfen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Desgleichen könne eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kämen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht könnten schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenüberstehe. Solche Begrenzungen lägen hier vor. Die Klägerin könne nicht nur mit den von ihr selbst beschafften Hörgeräten einen im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB V ausreichenden Ausgleich ihrer Hörbeeinträchtigung erzielen, sondern auch mit einem innerhalb des Festbetragsrahmens erhältlichen Gerät, insbesondere mit jedem der beiden von ihr ausprobierten aufzahlungsfreien Geräte Bernafon Inizia 1 CP und Audio Service Riva 2 Duo. Angesichts eines Hörverlustes von 85 % sei die Klägerin zwar zur Teilnahme an der Sprachkommunikation zwingend auf die Benutzung von Hörgeräten angewiesen. Nach den vom Hörgeräteakustiker durchgeführten Feldmessungen böten jedoch sowohl das von der Klägerin selbstbeschaffte Gerät Siemens Pure 7bx als auch die Geräte Bernafon Inizia 1 CP und Audio Service Riva 2 Duo identische und sogar bessere Verständigungsmöglichkeiten auch bei Umgebungsgeräuschen und beim Sprachverstehen in größeren Personengruppen. Beide zum Festbetrag erhältliche Geräte hätten ohne bzw. mit Störschallexposition zu einem Hörgewinn von 90% bzw. 85% bis 90% geführt. Die verbleibenden Hörbeeinträchtigungen der Klägerin könnten folglich mit dem von ihr beschafften Gerät nach dem heutigen Stand der Medizintechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) nicht weitergehend ausgeglichen werden. Insgesamt ermögliche die gewählte Versorgung damit kein deutlich besseres Aufschließen zu den Verständigungsmöglichkeiten hörgesunder Menschen als mit den Festbetragshörgeräten. Soweit die Klägerin auf Mehrausstattungen des von ihr erworbenen Geräts hinweise, ermöglichten diese keinen weitergehenden Behinderungsausgleich, sondern dienten der Bequemlichkeit und dem Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Eine weitergehende Versorgung mit einem teureren Gerät sei hier auch nicht deshalb geboten, weil die Festbetragsvergütung die erforderliche Versorgung nicht abdecke. Nach § 35 Abs. 5 Satz 1 SGB V hätten die Festbeträge "im Allgemeinen" eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung zu gewährleisten. Hiermit sei nicht zum Ausdruck gebracht, dass ein Festbetrag nur global eine ausreichende Versorgung zu ermöglichen habe und ein wie auch immer zu bestimmender Teil von Versicherten auch für notwendige medizinische Leistungen auf private Zuzahlungen zu verweisen sei. Die Festbeträge dürften daher nicht so niedrig bemessen sein, dass die erforderliche Versorgung nicht hinreichend gewährleistet sei. Gewährleistet sei die erforderliche Versorgung zum Festbetrag, wenn sich ein Betroffener die ihm zustehende Leistung mit einem Mindestmaß an Wahlmöglichkeit zumutbar beschaffen könne. Der Festbetrag lasse deshalb im medizinisch-vertretbaren Rahmen regelmäßig Raum für eine hinreichende Auswahl unter verschiedenen Versorgungsmöglichkeiten. Daneben seien Zumutbarkeitsgesichtspunkte zu beachten; es reiche nicht aus, dass überhaupt ein Leistungserbringer die notwendige Leistung bereithalte. Erforderlich sei vielmehr, dass dieser angemessen erreichbar und seine Inanspruchnahme auch ansonsten zumutbar sei. Entsprechend sei die Verweisung auf Festbetragsleistungen ausgeschlossen, soweit sich ein Versicherter zum Festbetrag nur mit einem ihm nicht zumutbaren Aufwand oder mit nicht zuzumutenden Einbußen an Anpassungsleistungen versorgen könnte (Verweis auf BSG, a.a.O., Rn. 35). Hierfür bestehe allerdings kein Anhaltspunkt, da der Klägerin beim selben Hörgeräteakustiker zwei Festbetragsgeräte angeboten worden seien, die einen zumindest identischen oder sogar weitergehenden Hörgewinn erbracht hätten. Damit sei belegt, dass sich die Klägerin zum Festbetrag mit einem ihr zumutbaren Aufwand ohne wesentliche Einbußen an Anpassungsleistungen habe versorgen können.

Gegen den am 29. März 2016 zugestellten Gerichtsbescheid des SG richtet sich die Berufung der Klägerin, die sie am 29. April 2016 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt hat.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt ergänzend vor, bei ihr müsse im Hinblick auf die Betroffenheit beider Ohren ein Komfort gewährleistet sein, dass sie sich im täglichen Leben und auch im Arbeitsleben zurechtfinden könne, ohne dass es zu ständigen Beeinträchtigungen durch Störgeräusche komme. Weitere Vorteile stellten das adaptive Mehrkanal-Richtmikrofonsystem und die Kombination mit der Richtwirkung Plus dar. Der Gesundheitszustand der Klägerin mache es erforderlich, dass nicht das durch die Beklagte gewährte, sondern ein ihren gesundheitlichen Ansprüchen entsprechendes Hörgerät bewilligt werde.


Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. März 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2015 aufzuheben und

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 3.960,00 Euro für die Beschaffung der Hörgeräte Siemens Pure 7bx zu erstatten.


Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei, die sie für zutreffend hält.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die nach den §§ 143 ff. SGG zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das SG hat die maßgeblichen Rechtsgrundlagen herangezogen, richtig angewendet, die Aktenlage überzeugend gewürdigt und ist nach alledem zum richtigen Ergebnis gelangt, dass der Bescheid der Beklagten vom 12. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2015 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Wegen der Einzelheiten der Begründung wird zum Zwecke der Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die umfassenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids sowie nach § 136 Abs. 3 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG auch auf die Gründe des Widerspruchsbescheids der Beklagten Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin folgt zunächst nicht aus § 13 Abs. 3a SGB V. Der sachliche Anwendungsbereich der Vorschrift ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet, weil kein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB V streitgegenständlich ist. Die Hörgeräte, für deren Anschaffung die Klägerin Kostenerstattung begehrt, sind vielmehr auf den (unmittelbaren) Behinderungsausgleich im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 SGB V ausgelegt (vgl. Senatsentscheidung vom 2. Oktober 2018 - L 4 KR 108/15).

Die Genehmigungsfiktion sowie die Regelungen in § 13 Abs. 3a SGB V insgesamt sind auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht anwendbar. Mit § 13 Abs. 3a SGB V und §§ 14, 15 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) a.F. (seit 1. Januar 2018: § 18 SGB IX n.F.) enthält das Sozialgesetzbuch zwei Regelungssysteme, die miteinander kollidieren und sich weder miteinander kombinieren noch gleichzeitig anwenden lassen (vgl. BSG vom 15. März 2018 - B 3 KR 18/17, juris Rn. 15 ff.; vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R, juris Rn 15 ff.). Während nach § 13 Abs. 3a Satz 6 i.V.m. Satz 1 SGB V die Leistung bereits drei Wochen nach Antragseingang als genehmigt gilt, falls die Krankenkasse ohne Mitteilung eines hinreichenden Grundes und ohne Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme nicht darüber entschieden hat, tritt nach dem bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Recht der Rehabilitation und Teilhabe bei Überschreitung der vorgesehenen Fristen keine Genehmigungsfiktion ein. Vielmehr kann sich ein Leistungsberechtigter nach § 15 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 SGB IX a.F. die Leistung (nur) dann gegen Kostenerstattung selbst beschaffen, wenn er dem Rehabilitationsträger zuvor eine angemessene Frist unter Androhung der Selbstbeschaffung nach Fristablauf gesetzt hat. Diese Regelung liefe bei Eintritt einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V leer. Wird eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt, gilt nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V grundsätzlich eine Fünf-Wochenfrist ab Antragseingang, während der Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 2 Satz 4 SGB IX a.F. innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens entscheiden muss. Bei paralleler Anwendung beider Normsysteme könnte in diesen Fällen die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V selbst dann eintreten, wenn sich der Rehabilitationsträger noch im Rahmen der nach § 14 Abs. 2 Satz 4 SGB IX a.F. vorgegebenen Fristen hält. Schließlich könnte es zum Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V auch dann kommen, wenn die Krankenkasse einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 SGB IX a.F. rechtmäßig innerhalb von zwei Wochen an den zuständigen Rehabilitationsträger weiterleitet, dies dem Versicherten aber nicht innerhalb der Drei-Wochenfrist des § 13 Abs. 3a SGB V mitteilen würde.

Der Gesetzgeber hat das Verhältnis der beiden Systeme mit § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V geregelt: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Sinne des SGB V und des SGB IX sind nicht vom sachlichen Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a Satz 6, Satz 7 SGB V erfasst (BSG vom 15. März 2018 - B 3 KR 18/17 R, juris Rn 18; vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R, juris Rn 18; siehe auch BSG vom 8. März 2016 - B 1 KR 25/15 R, BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 33, Rn 12 ff.; vgl. auch BSG vom 11. Mai 2017 - B 3 KR 30/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 34 Rn. 35). Diese Leistungen sind allein dem Regelungsgefüge des Teilhaberechts, vorliegend §§ 14, 15 SGB IX a.F. (für Anträge ab 1. Januar 2018 §§ 14-24 SGB IX n.F.) unterstellt.

Die Frage nach dem Regelungssystem, das im Einzelfall zur Anwendung gelangt, ist nach dem objektiven Recht zu beantworten (BSG vom 15. März 2018 - B 3 KR 18/17 R, juris Rn 22). Die Vorstellungen des Leistungsberechtigten spielen keine Rolle. Maßgeblich ist bei der Versorgung mit Hilfsmitteln deren Zielrichtung. Die Regelungen des § 13 Abs. 3a SGB V sind allein auf die Hilfsmittel zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB V, vgl auch § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) anwendbar (hierzu s. bereits BSG vom 11. Mai 2017 - B 3 KR 30/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 34). Hilfsmittel dienen der "Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung", wenn sie im Rahmen einer Krankenbehandlung, d.h. zu einer medizinisch-therapeutischen Behandlung einer Erkrankung als der Kernaufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nach dem SGB V eingesetzt werden. Krankenbehandlung umfasst die notwendigen Maßnahmen, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Insoweit unterliegt auch das zum Einsatz kommende Hilfsmittel (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) den Vorschriften zur Qualitätssicherung vertragsärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, insbesondere dem Erfordernis der positiven Empfehlung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), soweit die Verwendung des Hilfsmittels untrennbar mit einer neuen Methode verbunden ist (vgl. BSG vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R, SozR 4-2500 § 33 Nr. 47 Rn. 26 ff.). Die Krankenbehandlung ist dabei - vorliegend nicht einschlägig - ggf. von der etwa im Rahmen einer stationären oder ambulanten medizinischen Rehabilitation erbrachten "Heilbehandlung" (vgl. § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX a.F. bzw. § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX n.F.) abzugrenzen.

Die erwähnten Hilfsmittel zur Sicherung einer Heilbehandlung gehören zu den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (BSG vom 15. März 2018 - B 3 KR 18/17 R, juris Rn 25 aE). Das gleiche gilt für die Hilfsmittel zur Vorbeugung vor Behinderung i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 SGB V und Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 SGB V (BSG vom 15. März 2018 - B 3 KR 18/17 R, juris Rn 31). Diese werden nicht mit dem vorrangigen Ziel eingesetzt, auf die Krankheit, d.h. auf den regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand als solchen, kurativ-therapeutisch einzuwirken. Sie sollen in erster Linie die mit diesem regelwidrigen Zustand bzw. mit der Funktionsbeeinträchtigung verbundene (oder im Falle der Vorbeugung zu erwartende) Teilhabestörung ausgleichen, mildern, abwenden oder in sonstiger Weise günstig beeinflussen, um die Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern und Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken (vgl. § 1 SGB IX). Einer Differenzierung zwischen dem unmittelbaren und dem mittelbaren Behinderungsausgleich eines Hilfsmittels bedarf es an dieser Stelle nicht, denn auch beim unmittelbaren Behinderungsausgleich steht nicht die Krankheitsbehandlung i.S.d. § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V im Vordergrund, sondern der Bezug zur Behinderung und seiner teilhabeorientierten Begriffsbestimmung nach dem SGB IX (BSG vom 15. März 2018 - B 3 KR 18/17 R, juris Rn 33).

Die von der Klägerin begehrten Hörgeräte (bzw. die Kostenerstattung hierfür) sollen nicht dem Versorgungsziel der Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB V dienen. Es ist kein spezifischer Einsatz im Rahmen einer ärztlich verantworteten Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) beabsichtigt, um zu deren Erfolg beizutragen. Ein solcher spezifischer Bezug zu ärztlich verantworteter Krankenbehandlung setzt voraus, dass die Verwendung des Hilfsmittels in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V als erforderlich anzusehen ist (BSG vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R, SozR 4-2500 § 33 Nr. 47 Rn 20; vom 18. Mai 2011 - B 3 KR 7/10 R, BSGE 108, 206 = SozR 4-2500 § 33 Nr. 34, Rn. 28; vom 7. Oktober 2010 - B 3 KR 5/10 R, SozR4-2500 § 33 Nr. 32 Rn. 21). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Vielmehr sollen die Hörgeräte dem unmittelbaren Behinderungsausgleich der Klägerin dienen und zum Einsatz kommen. Es ist damit ein Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich (vgl. BSG vom 30. November 2017 - B 3 KR 3/16 R, SozR 4-2500 § 139 Nr. 9 Rn. 18).

Maßgeblich ist damit vorliegend nicht § 13 Abs. 3a SGB V, sondern das entsprechende Regelungssystem des Teilhaberechts. Auf den vorliegenden Fall (Antragstellung im November 2014) ist § 15 Abs. 1 SGB IX a.F. anzuwenden. Der am 1. Januar 2018 an seine Stelle getretene § 18 SGB IX n.F. ist erst auf Anträge anwendbar, die nach Inkrafttreten gestellt worden sind (vgl. BSG vom 15. März 2018 - B 3 KR 18/17 R, juris Rn. 45; vom 15. März 2018 - B 3 KR 12/17 R, juris Rn. 46).

Die Vorschrift ist anders als § 13 Abs. 3a SGB V konzipiert und unterscheidet sich auch von § 18 SGB IX n.F. § 15 Abs. 1 SGB IX a.F. lautet: Kann über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden, teilt der Rehabilitationsträger dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit (Satz 1). Erfolgt die Mitteilung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen (Satz 2). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet (Satz 3). Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Satz 4). Voraussetzung wäre also eine Fristsetzung durch die Klägerin nach Ablauf der in § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX genannten Frist (3 Wochen) und eine Selbstbeschaffung der Leistung. Auf der Rechtsfolgenseite entsteht ein Anspruch auf Kostenerstattung bzw. auf Freistellung der von dem Leistungserbringer geltend gemachten Kosten (vgl. Senatsentscheidung vom 2. Oktober 2018 - L 4 KR 108/15 mit Hinweis auf Kemper in: Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, GK-Sozialrechtsberatung, 2015, § 15 SGB IX, Rn. 20).

Vorliegend hat die Klägerin erstmals am 14. September 2015 unter Fristsetzung bis zum 28. September 2015 die Beklagte zur Versorgung mit den von ihr begehrten Hörgeräten aufgefordert. Die Klägerin wurde jedoch ausweislich der Rechnung der Fa. K. vom 17. März 2015 bereits im März 2015 mit den Hörgeräten versorgt. Selbst wenn man die Rechnung der Fa. K. vom 10. September 2015 zugunsten der Klägerin zugrunde legte, käme ein Anspruch gemäß § 15 Abs. 1 SGB IX a.F. nicht in Betracht, weil die Versorgung auch insoweit vor Fristsetzung mit Schriftsatz vom 14. September 2015 erfolgt ist.

Auch der von der von der Klägerin unabhängig von einer Genehmigungsfiktion geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel besteht nicht.

Die Voraussetzungen von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind vorliegend nicht erfüllt. Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.

Nach der Rechtsprechung des BSG besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (vgl. hierzu BSG vom 25. Juni 2009 - B 3 KR 4/08 R, juris Rn. 11) und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten (unmittelbaren) Behinderungsausgleich erforderlich sind.

GKV-Versicherte haben insoweit Anspruch auf die Hörgeräteversorgung, die die nach dem Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt, soweit dies im Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil bietet. Gebrauchsvorteile für die Berufsausübung sind für die GKV-Hilfsmittelgewährung grundsätzlich unbeachtlich, hierfür sind andere Sozialleistungsträger zuständig, etwa die gesetzlichen Rentenversicherung - DRV (BSG vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R, juris LS 1 und 3 unter Aufgabe von BSG vom 12. Oktober 1988 - 3 RK 29/87, SozR 2200 § 182b Nr. 36 und BSG vom 15. November 1989 - 8 RKn 13/88, SozR 2200 § 182 Nr. 116).

Ziel der Versorgung ist grundsätzlich die Angleichung an das Hörvermögen hörgesunder Menschen. Begrenzt ist der Anspruch eines Versicherten jedoch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. BSG vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R, juris Rn. 21 mit Verweis auf BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 26 S. 153). Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V).

Keine Leistungspflicht besteht für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (vgl. BSG vom 6. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 R; SozR 3-2500 § 33 Nr. 44 S. 249; vom 16. September 2004 - B 3 KR 20/04 R, BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr. 8, Rn. 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl. BSG vom 23. Juli 2002 - B 3 KR 66/01 R, SozR 3-2500 § 33 Nr. 45). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl. BSG vom 3. November 1999 - B 3 KR 3/99 R, SozR 3-2500 § 33 Nr. 34). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG vom 16. April 1998 - B 3 KR 6/97 R, SozR 3-2500 § 33 Nr. 26 S. 153 und vom 6. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 RSozR 3-2500 § 33 Nr. 44 S. 250).

Gemessen an diesen Anforderungen hat die Klägerin nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die von ihr begehrte Hörgeräteversorgung.

Denn die Klägerin kann nicht nur mit den von ihr selbst beschafften Hörgeräten einen im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB V ausreichenden Ausgleich ihrer Hörbeeinträchtigung erzielen, sondern auch mit einem innerhalb des Festbetragsrahmens erhältlichen Gerät, insbesondere mit den beiden anderen von ihr getesteten zuzahlungsfreien Geräte Bernafon Inizia 1 CP und Audio Service Riva 2 Duo. Denn nach den vom Hörgeräteakustiker durchgeführten Feldmessungen boten sowohl das von der Klägerin selbstbeschaffte Gerät Siemens Pure 7bx als auch die Geräte Bernafon Inizia 1 CP und Audio Service Riva 2 Duo identische und sogar bessere Verständigungsmöglichkeiten auch bei Umgebungsgeräuschen und beim Sprachverstehen in größeren Personengruppen. Beide zum Festbetrag erhältliche Geräte führten ohne bzw. mit Störschallexposition zu einem Hörgewinn von 90 % bzw. 85 % bis 90%. Die verbleibenden Hörbeeinträchtigungen der Klägerin könnten folglich mit dem von ihr beschafften Gerät nach dem heutigen Stand der Medizintechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) nicht weitergehend ausgeglichen werden. Insgesamt ermöglicht die gewählte Versorgung damit kein besseres Aufschließen zu den Verständigungsmöglichkeiten hörgesunder Menschen als mit den Festbetragshörgeräten, sondern im Bereich der Freifeldmessung mit Störschall sogar ein um 5 % schlechteres Sprachverstehen. Dieses (schlechtere) Messergebnis mit den von der Klägerin selbst angeschafften Hörgeräten wird bestätigt durch eine singuläre Messung mit diesen Hörgeräten, die die Fa. Sattler bereits am 12. Januar 2015 durchgeführt hatte und die ebenfalls zu einem Hörgewinn von nur 90 % ohne bzw. 85 % führten.

Soweit die Klägerin auch im Berufungsverfahren auf Sonder- bzw. Mehrausstattung der von ihr erworbenen Geräte hinweist, ermöglicht diese keinen weitergehenden Behinderungsausgleich, sondern dient in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Auch soweit die Klägerin geltend macht, dass im Hinblick auf die Betroffenheit beider Ohren ein bestimmter Komfort gewährleistet sein müsse, damit sie sich im täglichen Leben und auch im Arbeitsleben zurechtfinden könne, führt dies zu keinem abweichenden Ergebnis. Auf Vorteile im Berufsleben kommt es nach der Rechtsprechung des BSG gerade nicht an (vgl. BSG vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R LS 3; siehe oben, ggf. Zuständigkeit eines anderen Sozialleistungsträgers, etwa der gesetzlichen Rentenversicherung - DRV). Die von der Klägerin subjektiv für erforderlich gehaltenen Ausstattungsmerkmale schlagen sich zudem nicht im Ergebnis des Freiburger Sprachtests nieder. Vielmehr bietet danach das Hörgerät Bernafon Inizia 1 CP VC PS eine noch bessere Versorgung bei Störschall. Soweit die Klägerin vorträgt, ihr Gesundheitszustand mache es erforderlich, dass nicht das durch die Beklagte gewährte, sondern ein ihren gesundheitlichen Ansprüchen entsprechendes Hörgerät verwendet werde, kann dies vor dem Ergebnis des (zweimal) durchgeführten Freiburger Sprachtests nicht überzeugen, so dass keine Veranlassung zu weiterer Ermittlung von Amts wegen bestand. Hinzu kommt, dass der pauschale Verweis auf den Gesundheitszustand der Klägerin unsubstantiiert ist und weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die von der Beklagten intendierte Versorgung der Klägerin im Rahmen Festbetragsregelung aus medizinischen Gründen nicht ausreichend war. Insbesondere lassen sich der ärztlichen Verordnung des HNO-Facharztes Tute vom 7. Oktober 2014 hierfür zureichende Anhaltspunkte nicht entnehmen.

Im Berufungsverfahren sind keine Gesichtspunkte zu Tage getreten, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten. Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.

Es hat kein gesetzlicher Grund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorgelegen, die Revision zuzulassen.

Referenznummer:

R/R8913


Informationsstand: 24.08.2023