Streitig ist die (Weiter-)Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Klägerin war von Juni 1967 bis April 1972 als Teigwarenarbeiterin, von Mai 1972 bis Juli 1973 als Sachbearbeiterin ( Locherin und Prüferin), von August 1973 bis Juli 1987 als Raumpflegerin, von August 1987 bis Dezember 1988 als Montiererin und von Januar 1989 bis Dezember 1991 als Thermo-Plastspritzerin beschäftigt. Nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit bezog sie vom 01. März 1995 bis zum 28. Februar 1999 eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheide vom 02. Februar 1995 und 20. Januar 1998).
Am 01. September 1998 beantragte die Klägerin die Weitergewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den 28. Februar 1999 hinaus.
Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten neben den medizinischen Unterlagen aus den vorangegangenen Verwaltungsverfahren vor:
- ein Befundbericht der Allgemeinmedizinerin
Dr. H. vom 14. September 1998,
- ein Befundbericht des Orthopäden Z. vom 07. Januar 1999,
- ein Befundbericht des Chirurgen
Dr. F. vom 02. November 1998,
- ein Gutachten des Chirurgen
Dr. J. vom 04. März 1999, nach dem bei Funktionsminderung des Beines infolge Dysplasie- Coxarthrose links mit Trochanterhochstand und Beinverkürzung, Zustand nach operativ behandelter Unterschenkelfraktur und - refraktur links mit Ausbildung einer posttraumatischen Arthrose im Bereich des oberen Sprunggelenks links und Adipositas ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne längere Anmarschwege (zumutbar 2000 Meter), ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, Klettern und Steigen, ohne Absturzgefahr und ohne Gefährdung durch Kälte und Nässe bestehe.
Mit Bescheid vom 19. Mai 1999 lehnte die Beklagte unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die Weitergewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 08. Juni 1999 wies sie nach Einholung eines Befundberichts der Allgemeinmedizinerin
Dr. H. vom 28. Juli 1999 mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1999 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne die Klägerin nach den sozialmedizinischen Feststellungen wieder vollschichtig als Plastspritzerin tätig sein. Sie sei darüber hinaus in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten sowie ohne häufiges Bücken, Klettern oder Steigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Auch wenn ihr Leistungsvermögen im maßgeblichen Hauptberuf quantitativ gemindert wäre, würde sich kein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente ableiten lassen, da sie als Plastspritzerin allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter zähle.
Auf die am 25. November 1999 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden (SG) medizinische Unterlagen aus der Akte der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft sowie aus der Schwerbehinderten-Akte der Klägerin beigezogen. Des Weiteren haben dem SG ein auf Veranlassung der Debeka Allgemeine Versicherung
AG von
Dr. G.. erstattetes unfallchirurgisches Gutachten vom 29. März 1999, ein ärztliches Gutachten des Arbeitsamts B. (
Dr. F.) vom 29. Dezember 1999 (vollschichtiges Leistungsvermögen für körperliche leichte Arbeit bei überwiegend sitzender Arbeitshaltung, ohne häufiges Treppensteigen, ohne Steigen auf Leitern, ohne Arbeiten auf Gerüsten, ohne häufiges und längeres Knien und Hocken; das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel sei schwierig, aber möglich; die Gehstrecke betrage mit Gehhilfe etwa 300 m), ein Befundbericht des Chirurgen
Dr. F. vom 19. April 2000 und ein Attest der Allgemeinmedizinerin
Dr. H. vorgelegen. Ferner hat das SG den Orthopäden
Prof. Dr. F. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 05. Oktober 2000 folgende Diagnosen gestellt:
- angeborene hohe Hüftgelenksluxation links mit Beinverkürzung um 4,5
cm, beginnende Koxarthrose rechts,
- posttraumatische Arthrose des linken oberen Sprunggelenks bei Valgus- und Rekurvationsfehlstellung, Spitzfuß links,
- Gonarthrose links, beginnende Gonarthrose rechts,
- Übergewicht.
Die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit aufzustehen und herumzulaufen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10
kg, ohne häufiges Bücken, ohne Treppensteigen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten in Kälte, Nässe
bzw. im Freien vollschichtig verrichten. Ein nach ergonomischen Gesichtspunkten gestalteter Stuhl sei erforderlich. Das linke Bein sei in den für die Fortbewegung notwendigen Gelenken (Hüft-, Knie- und oberes Sprunggelenk) so komplex geschädigt, dass die Klägerin öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen könne. Eine längere Gehstrecke (500 m und mehr) sei ihr nicht zuzumuten. Sie sei nicht in der Lage, viermal täglich zu Fuß eine Gehstrecke von 500 m in nicht mehr als 20 Minuten zurückzulegen. Sie wäre in der Lage, einen behindertengerecht ausgestatteten Pkw zu führen, wenn sie im Besitz einer Fahrerlaubnis wäre. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe annehmbar seit Jahresbeginn 2000.
Mit Schreiben vom 05. Dezember 2000 hat die Beklagte der Klägerin die Bewilligung eines Beförderungsdienstes nach § 9 der
Kfz-Hilfe-Verordnung (
KfzHV) befristet bis zur endgültigen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess und für den Zeitraum nach Ablauf der Befristung die weitere Förderung nach den Vorschriften der
KfzHV zugesichert.
Mit Urteil vom 13. Februar 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne ihre letzte Beschäftigung als Thermo-Plastspritzerin - die in der berufskundlichen Literatur als körperlich leichte, zeitweise mittelschwere und überwiegend im Stehen auszuführende Tätigkeit im Akkord beschrieben werde, die bei Einricht- und Reparaturarbeiten mit Zwangshaltungen wie Bücken, Knien, Hocken oder vorn über gebeugter Haltung verbunden sei - nicht mehr unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten. Die als Hauptberuf anzusehende Tätigkeit als Thermo-Plastspritzerin entspreche unter Einbeziehung des beruflichen Werdegangs allenfalls dem Leitberuf des Angelernten. Für die Verweisbarkeit komme deshalb das Feld des allgemeinen Arbeitsmarktes in Betracht, wobei es insoweit der konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht bedürfe. Aus dem Gutachten von
Prof. Dr. F. ergebe sich, dass die Klägerin in der Lage sei, körperlich leichte Tätigkeiten unter Beachtung weiterer Funktionseinschränkungen vollschichtig auszuführen. Mit dem danach anzunehmenden Leistungsvermögen sei sie weder berufs- noch erwerbsunfähig. Selbst unter der Voraussetzung, dass wegen des Vorliegens einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung trotz vollschichtiger Einsatzfähigkeit bei in rentenrechtlich relevantem Umfang reduzierter Wegefähigkeit ein konkreter Verweisungsberuf angegeben werden müsste, komme ein Einsatz im Berufsbild einer Telefonistin - d.h. einer leichten, überwiegend im Sitzen auszuführenden Arbeit, die einen kurzen Wechsel der Haltungsarten ermögliche - in Betracht. Darüber hinaus vermöge die Klägerin die körperliche leichte, überwiegend (aber nicht ausschließlich) im Sitzen, häufig vorn über gebeugt auszuführende Tätigkeit einer Montiererin auszuüben. Im übrigen gelte der Arbeitsmarkt wegen der Unmöglichkeit, den Weg zur Arbeitsstelle zurückzulegen, nicht als verschlossen. Die Klägerin könne nach Beurteilung von
Prof. Dr. F. öffentliche Verkehrsmittel nicht mehr benutzen, ihr sei eine Gehstrecke von mehr als 500 m nicht zuzumuten. Allerdings habe ihr die Beklagte im Rahmen einer Zusicherung für den Fall der Anbahnung oder Aufnahme eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses die Bewilligung eines Beförderungsdienstes in Aussicht gestellt; zudem habe sie nach Ablauf der hierfür vorgesehenen Befristung eine weitere Förderung nach den Vorgaben der
KfzHV ausdrücklich zugesichert. Insofern habe die Beklagte ihr eine ausreichend konkrete berufliche Rehabilitationsleistung angeboten und den Anforderungen des Bundessozialgerichts (
BSG) Genüge getan.
Mit ihrer am 08. August 2001 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung wendet sich die Klägerin vornehmlich gegen die Feststellung des SG, dass trotz bestehender Wegeunfähigkeit ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht bestehe. Entgegen der Auffassung des SG habe die Beklagte mit ihrem Angebot den grundsätzlich bestehenden Rentenanspruch nicht hindern können. Nach dem Urteil des
BSG vom 19. November 1997 (SozR 3-2600 § 44
Nr. 10) sei über die Leistungsgewährung vor einer Arbeitsaufnahme zu entscheiden. Die Beklagte habe jedoch keine Entscheidung über die Bewilligung von Rehabilitationsleistungen i.
S. des § 16 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI)
i.V.m. der
KfzHV getroffen, sondern allenfalls eine Zusicherung abgegeben, einen Beförderungsdienst nach § 9
KfzHV zu bewilligen. Dabei bleibe offen, ob lediglich ein Zuschuss bewilligt, ein Darlehen gewährt oder die Kosten insgesamt übernommen würden. Es bestünden insoweit bereits Zweifel daran, ob hier tatsächlich eine Zusicherung i.
S. des § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (
SGB X) vorliege, da nicht ein ausreichend konkreter Verwaltungsakt in Aussicht gestellt worden sei. Weiterhin sei die Bewilligung lediglich befristet in Aussicht gestellt worden. Die Zusicherung einer weiteren Förderung nach den Vorschriften der
KfzHV sei für die Klägerin wenig hilfreich, da sie nicht über eine Fahrerlaubnis verfüge. Insoweit kämen allenfalls noch Hilfen nach § 8
KfzHV in Betracht, die dann jedoch nicht mehr rechtzeitig bewilligt werden könnten. Auch aus dem Urteil des
BSG vom 14. März 2002 -
B 13 RJ 25/01 R - ergebe sich nichts anderes. Zwar gehe das
BSG weiterhin davon aus, dass der Rentenversicherungsträger durch geeignete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eine ausreichende Mobilität des Versicherten herstellen könne. Jedoch sei auch mit der Zusicherung der Beklagten die Mobilität der Klägerin nicht wieder hergestellt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Dresden vom 13. Februar 2001 zu verurteilen, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 1999 über den 28. Februar 1999 hinaus eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aufgrund der Zusicherung der Bewilligung eines Beförderungsdienstes bis zur endgültigen Wiedereingliederung in der Arbeitsprozess und der weiteren Förderung nach den Vorschriften der
KfzHV gelte der Klägerin der Arbeitsmarkt wegen der Unmöglichkeit, den Weg zur Arbeitsstelle zurückzulegen, nicht als verschlossen. Dies sei eine ausreichend verbindliche Zusage im Sinne der
BSG-Rechtsprechung. Auch das aktuelle Urteil des
BSG vom 14. März 2002 - B 13 RJ 25/01 R - führe zu keiner anderen Beurteilung, da die Zusicherung nicht auf einen Weg von länger als 500 m beschränkt worden sei.
Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.
Die Berufung der Klägerin ist größtenteils begründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Während das Urteil für die Zeit vom 01. März 1999 bis zum 31. Dezember 1999 nicht zu beanstanden ist, da die Klägerin für diese Zeit keinen Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat ( 2.), steht ihr ab 01. Januar 2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu (1.).
1. Die Klägerin hat seit 01. Januar 2000 Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, da sie seit Dezember 1999 erwerbsunfähig i.
S. des § 44
Abs. 2
SGB VI in der im vorliegenden Fall gemäß § 300
Abs. 2
SGB VI weiterhin anzuwendenden alten Fassung (a.F.) ist und auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer derartigen Rente (§ 44
Abs. 1
Nr. 2 und 3
SGB VI a.F.) erfüllt.
Erwerbsunfähig sind nach § 44
Abs. 2 Satz 1
SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM übersteigt. Erwerbsunfähig ist nach § 44
Abs. 2 Satz 2
Nr. 2
SGB VI a.F. nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
§ 44
Abs. 2
SGB VI a.F. beschreibt den Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit im Wesentlichen dahin, dass das Herabsinken der Fähigkeit, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Einkommen zu erzielen, von einem bestimmten Grade an einen Rentenanspruch auslöst. Dazu hat das
BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das Leistungsvermögen und dessen Umsetzungsfähigkeit an den individuellen Verhältnissen des Versicherten und den konkreten Bedingungen des Arbeitsmarkts zu messen sind (
vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1247
Nr. 10; Großer Senats des
BSG, SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, kann als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (
vgl. BSG, SozR 3-5864 § 13
Nr. 2; SozR 3-2600 § 44
Nr. 10; SozR 3-2200 § 1247
Nr. 10; SozR 2200 § 1247
Nr. 56, 50, 47; SozR
Nr. 101, 56, 27, 21 zu § 1246 RVO). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 44
SGB VI a.F. versicherten Risikos (
vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1247
Nr. 10; SozR 3-5864 § 13
Nr. 2); das Defizit führt zur Erwerbsunfähigkeit.
Hat ein Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein müssen, - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt (
vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247
Nr. 10; SozR 2200 § 1247
Nr. 53, 56). Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand, d.h. jeweils innerhalb von 20 Minuten, zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können (
vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247
Nr. 10). Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (
z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (
vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1247
Nr. 10; SozR 3-2600 § 44
Nr. 10). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen,
ggf. im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16
SGB VI, § 33
Abs. 3
Nr. 1,
Abs. 8
Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX)) subventionierten Kraftfahrzeugs (
vgl. BSG, SozR 3-2600 § 44
Nr. 10; SozR
Nr. 56 zu § 1246 RVO).
Gemessen an diesen Kriterien ist die Klägerin seit Dezember 1999 erwerbsunfähig. Zwar ist sie seither noch in Lage, körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit aufzustehen und herumzulaufen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10
kg, ohne häufiges Bücken, ohne Treppensteigen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten in Kälte, Nässe
bzw. im Freien vollschichtig zu verrichten. Doch kann sie weder Gehstrecken von 500 m zu Fuß innerhalb von 20 Minuten zurücklegen noch öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Dies ergibt sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere aus dem Gutachten des Orthopäden
Prof. Dr. F. vom 05. Oktober 2000.
Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen stehen eine angeborene hohe Hüftgelenksluxation links mit Beinverkürzung und beginnender Koxarthrose rechts, eine posttraumatische Arthrose des linken oberen Sprunggelenks bei Valgus- und Rekurvationsfehlstellung sowie eine Gonarthrose links und beginnende Gonarthrose rechts. Das linke Bein ist in den für die Fortbewegung notwendigen Gelenken (Hüft-, Knie- und oberes Sprunggelenk) so komplex geschädigt, dass die Klägerin weder öffentliche Verkehrsmittel benutzen noch Gehstrecken von 500 m und mehr in weniger als 20 Minuten zurücklegen kann. Wie
Prof. Dr. F. im einzelnen darlegt, ist es gegenüber den Befunden in dem Rentengutachten von
Dr. J. zu einer Verschlechterung der Beweglichkeit der Gelenke der linken unteren Extremität und des Gehvermögens gekommen. Von
Dr. J. wird weder die von
Prof. Dr. F. festgestellte kontrakte Spitzfußstellung links noch die Rekurvation im linken Kniegelenk beschrieben; gleiches gilt für die Sensibilitätsstörungen im linken Fuß und im linken Bein. Dies begründet die Abweichung in der Einschätzung der Wegefähigkeit, die von
Dr. J. noch mit 2000 m angegeben wurde. Dagegen stimmen die von
Prof. Dr. F. erhobenen Befunde im Wesentlichen überein mit dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten von
Dr. F. vom 29. Dezember 1999, auch wenn dort die Beweglichkeit der Hüft-, Knie- und oberen Sprunggelenke nicht in Zahlen ausgewiesen und insoweit auf den Befundbericht des Orthopäden Z. vom 16. Dezember 1999 verwiesen wird. Auch
Dr. F. beschreibt die Sensibilitätsstörung im linken Bein
bzw. im linken Fuß und kommt zu einer Einschätzung der Gehstrecke auf etwa 300 m, der
Prof. Dr. F. zustimmt. Aufgrund einer weiteren Befundverschlechterung ist jedoch nach Einschätzung von
Prof. Dr. F. entgegen dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr möglich. Diese Einschränkung der Wegefähigkeit - Herabsinken der zumutbaren Gehstrecke auf unter 500 m und Anstieg der dafür erforderlichen Zeit auf mehr als 20 Minuten - besteht demnach seit Dezember 1999. Zwar spricht
Prof. Dr. F. davon, dass der von ihm festgestellte Gesundheitszustand - und damit auch das daraus folgende Leistungsbild - annehmbar seit Jahresbeginn 2000 besteht. Doch ist hierbei im Auge zu behalten, dass
Prof. Dr. F. gegenüber dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten von
Dr. F., in dem bereits im Dezember 1999 eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit beschrieben wurde, insoweit ein weitere Verschlechterung feststellt, als der Klägerin nunmehr auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr möglich ist. Ob sich Gesundheitszustand und Leistungsvermögen der Klägerin später weiter verschlechtert haben, wie von ihrer Seite behauptet wird, kann dahinstehen. Denn sie ist aufgrund ihrer eingeschränkten Wegefähigkeit seit Dezember 1999 erwerbsunfähig.
Die Erwerbsunfähigkeit ist in der Folgezeit auch nicht durch die mit Schreiben vom 05. Dezember 2000 erklärte "Zusicherung" von Leistungen nach der
KfzHV behoben worden. Zwar ist es in der Rechtsprechung des
BSG anerkannt, dass eine derartige Änderung eintreten kann, wenn der Rentenversicherungsträger durch geeignete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (früher: berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation) eine ausreichende Mobilität des Versicherten herstellt (
vgl. BSG, SozR 3-2600 § 44
Nr. 10). Offen geblieben ist jedoch, wann durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ein Mobilitätsdefizit behoben ist; das
BSG bisher nur ausgesprochen, wann dies nicht der Fall ist. So hat der 5. Senat des
BSG in einem Urteil vom 19. November 1997 (SozR 3-2600 § 44
Nr. 10) entschieden, dass die Erklärung eines Rentenversicherungsträgers nicht ausreiche, "dass für den Fall der Aufnahme einer Beschäftigung oder des Angebots einer Beschäftigung finanzielle Hilfen zur Anschaffung eines Automatikgetriebeautos dem Grunde nach gewährt werden können, wenn die Arbeitsstätte außerhalb der ihm (d.h. dem Versicherten) zumutbaren Wegstrecke liegt". Denn damit werde zum einen dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" nicht Genüge getan, weil von Gesetzes wegen Rehabilitationsleistungen nicht nur zur Erhaltung, sondern auch zur Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich der Arbeitsaufnahme möglich seien. Zum anderen werde keine geeignete Rehabilitationsleistung konkret angeboten, weil diese nicht verbindlich bewilligt worden sei, sich der Rentenversicherungsträger vielmehr - wie sich aus der Formulierung "für den Fall .. dem Grunde nach gewährt werden können, wenn .." ergebe - die endgültige Entscheidung noch vorbehalten habe. Nach einem Urteil des 13. Senat des
BSG vom 14. März 2002 - B 13 RJ 25/01 R - vermag ein Bescheid eine ausreichende Mobilität nicht herzustellen, in dem sich ein Rentenversicherungsträger einem Versicherten gegenüber, dessen gesundheitliche Beeinträchtigungen nur noch Fußwege von weniger als 500 m zulassen, zur Gewährung von Leistungen nach der
KfzHV für den Fall bereit erklärt, dass die zu Fuß zurückzulegende Wegstrecke zwischen Wohnung, Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel und dem Arbeits-, Ausbildungs- oder Bewerbungsort länger als 500 m ist. Da ein derartiger Verwaltungsakt von vornherein nicht geeignet sei, das Mobilitätsdefizit zu beheben, könne offen bleiben, ob er auch ansonsten die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Leistungsangebot erfüllt.
Welche Anforderungen an ein "ordnungsgemäßes Leistungsangebot" im einzelnen zu stellen sind, geht aus der Rechtsprechung des
BSG nicht eindeutig hervor. Die erwähnten Urteile vom 19. November 1997 und 14. März 2002 begnügen sich mit Andeutungen. Ihnen lässt sich entnehmen, dass der bloße Hinweis auf eine von Gesetzes wegen mögliche Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht genügt, sondern eine Konkretisierung der im Rehabilitationsrecht vorgesehenen Leistungen erforderlich ist, bevor von einem "konkreten Angebot geeigneter Rehabilitationsleistungen" gesprochen werden kann.
Dabei ist im Auge zu behalten, dass das "Angebot" von Leistungen zur Teilhabe - wie die Rehabilitationsleistungen seit In-Kraft-Treten des
SGB IX heißen - dem Gesetzestext fremd ist. Vielmehr ist in ihm von der "Erbringung" von Leistungen zur Teilhabe die Rede (
vgl. § 4
Abs. 2, §§ 26
ff., §§ 33
ff. SGB IX, § 9, § 13
Abs. 2-3, §§ 15 f.
SGB VI), nach dem Recht des
SGB IX auch von der "Ausführung" dieser Leistungen (
vgl. § 17
Abs. 1
SGB IX). Der "Erbringung"
bzw. "Ausführung" vorgelagert ist die "Bestimmung" der Leistungen nach Art, Dauer, Umfang, Beginn, Durchführung und Einrichtung (§ 13
Abs. 2
SGB VI), die in aller Regel in Form eines Verwaltungsaktes i.
S. des § 31
SGB X zu erfolgen hat. Allerdings bedürfen Leistungen zur Teilhabe der Zustimmung des Versicherten (§ 9
Abs. 4
SGB IX) und daher in verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht eines entsprechenden Antrags (§ 19 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV), § 115
Abs. 1 Satz 1
SGB VI). Zwar heißt es in § 115
Abs. 4
SGB VI, dass sie auch von Amts wegen erbracht werden können, wenn der Versicherte zustimmt; doch gilt die Zustimmung dann als Antrag, so dass dem Versicherten auch in diesem Fall Leistungen zur Teilhabe nicht gegen seinen Willen aufgedrängt werden können. Gleichwohl macht die Bestimmung des § 115
Abs. 4
SGB VI Sinn. Bedeutung hat sie, wenn der Rentenversicherungsträger im Rahmen eines laufenden Rentenverfahrens feststellt, dass Leistungen zur Teilhabe in Betracht kommen, die er dann - wie es in der Literatur heißt - von Amts wegen "anbieten" kann (Niesel, in: Kasseler Kommentar, § 115
Rdnr. 17). Auch wenn im Gesetz selbst in diesem Zusammenhang von einem "Angebot" von Leistungen zur Teilhabe nicht die Rede ist, so wird doch hinreichend deutlich, dass für die Bewilligung derartiger Leistungen immer eine Mitwirkung des Versicherten erforderlich ist - entweder in Form eines vorherigen Antrags oder in Form einer nachträglichen Zustimmung zu einem entsprechenden Angebot des Rentenversicherungsträgers. Ohne vorherigen Antrag oder nachträgliche Zustimmung darf der Rentenversicherungsträger von Rechts wegen Leistungen zur Teilhabe nicht bewilligen. Er darf dem Versicherten lediglich eine derartige Leistung anbieten, dessen Teilnahme daran verlangen und dadurch dessen Mitwirkungspflichten nach §§ 63, 64 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) aktualisieren.
Wann ein "Angebot" von Leistungen zur Teilhabe "ordnungsgemäß" ist, ergibt sich hieraus jedoch noch nicht. Die Anforderungen hierfür können sich nur aus den rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen der jeweils in Rede stehenden Leistung ergeben, wie sich zeigt, geht man der Geschichte des Begriffs des "ordnungsgemäßen Leistungsangebots" nach. Dieser geht letztlich auf den Beschluss des Großen Senats des
BSG vom 10. Dezember 1976 zur praktischen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts zurück. Danach ist für einen Versicherten, der nur noch Teilzeitarbeit verrichten kann, der Arbeitsmarkt dann offen, wenn ihm vom Rentenversicherungsträger innerhalb eines Jahres seit Rentenantragstellung ein geeigneter Arbeitsplatz angeboten werden kann, wobei es keine Rolle spielt, ob der Versicherte das Angebot annimmt, sofern er keinen wichtigen Grund für die Ablehnung hat (BSGE 43, 75, 81 f). Verallgemeinert man dies, ist mit dem Erfordernis, aber auch Ausreichen eines "Angebots" geeigneter Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zweierlei besagt: Zum einen ist es nicht vonnöten, dass diese erfolgreich sind und tatsächlich zur beruflichen Wiedereingliederung geführt haben; zum andern aber hat der Rentenversicherungsträger alles seinerseits dahingehend Erforderliche zu tun. Folglich liegt im Bereich der Mobilitätshilfen ein ordnungsgemäßes Leistungsangebot nicht erst dann vor, wenn das Mobilitätsdefizit durch tatsächlich erbrachte Leistungen behoben und der Versicherte in das Arbeitsleben (wieder-)eingegliedert ist, sondern schon dann, wenn der Rentenversicherungsträger alles getan hat, was seinerseits zur Behebung des Mobilitätsdefizits erforderlich ist.
Was das seitens des Rentenversicherungsträger Erforderliche ist, ergibt sich aus den rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen der jeweils in Rede stehenden Leistungen zur Teilhabe. Während zum Beleg der Offenheit des Teilzeitarbeitsmarkts ein tatsächliches Handeln (Vermittlungsbemühen), nicht aber der Erlass von Verwaltungsakten erforderlich ist, bedarf es zur Behebung von Mobilitätsdefiziten der Abgabe rechtlich verbindlicher Erklärungen, da nur so die notwendige Konkretisierung der im Rehabilitationsrecht vorgesehenen Mobilitätshilfen erfolgen kann.
Dass sich bei den Mobilitätshilfen der Rentenversicherungsträger durch rechtlich verbindliche Erklärungen zu einem bestimmten Handeln (Leistungsgewährung) zu verpflichten hat, folgt aus der Struktur des Rehabilitationsrechts, das zwar Leistungen vorsieht, mit denen das Mobilitätsdefizit eines Versicherten behoben werden kann, aber dessen Behebung nicht verbindlich vorschreibt, sondern in das Ermessen des Rentenversicherungsträgers stellt. Denn nach § 9
Abs. 2
SGB VI "können" Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, zu denen gemäß § 16
SGB VI i.V.m. § 33
Abs. 3
Nr. 1,
Abs. 8
Nr. 1
SGB IX auch die Kraftfahrzeughilfe nach näherer Maßgabe der
KfzHV zählt, erbracht werden. Aus der Formulierung des § 9
Abs. 2
SGB VI ergibt sich, dass die Erbringung von Rehabilitationsleistungen im Ermessen des Rentenversicherungsträgers steht. Der Versicherte hat daher keinen Anspruch auf bestimmte Rehabilitationsleistungen, sondern nur ein Recht auf fehlerfreie Ermessensbetätigung. Allerdings steht die Entscheidung der Frage, "ob" einem Versicherten Rehabilitationsleistungen zu gewähren sind, nicht im Ermessen des Rentenversicherungsträgers, sondern ist davon abhängig, ob die persönlichen und versicherungsrechtlichen (§§ 10, 11
SGB VI) sowie
ggf. bestehenden zusätzlichen Voraussetzungen (
z.B. § 3
KfzHV) erfüllt sind und kein Leistungsausschluss (§ 12
SGB VI) vorliegt. Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Text des § 9
Abs. 2
SGB VI Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden "können". Denn nach der Systematik des Gesetzes steht nur die in einem zweiten Schritt zu treffende Entscheidung, "wie" die Rehabilitation nach Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung (
vgl. § 13
Abs. 2
SGB VI) zu erbringen ist, d.h. welche Leistungen in Betracht kommen, im pflichtgemäßen Ermessen des Rentenversicherungsträgers (
vgl. BSG, SozR 3-2600 § 10
Nr. 2; SozR 3-5765 § 10
Nr. 1, 3). Auch die für die Mobilitätshilfen geltenden Vorschriften der
KfzHV schränken den sich aus dem Gesetz ergebenden Ermessensspielraum nur in einzelnen Aspekten näher ein, ohne ihn auf Null zu reduzieren; ein Anspruch auf
Kfz-Hilfen entsteht daher erst mit der Ermessensentscheidung des Rehabilitationsträgers (
vgl. BSG, SozR 3-1200 § 39
Nr. 1). Dabei ist die Ablehnung eines Rehabilitations- Antrages auch bei Erfüllung der gesetzlichen (Tatbestands-)Voraussetzungen keine schlechthin unzulässige Rechtsfolge. Denn das Gesetz verbietet es nicht, sondern stellt es gerade in das Ermessen des Rentenversicherungsträgers zu entscheiden, ob es im Einzelfall geeignete, erforderliche, zumutbare, wirtschaftliche und sparsame Mittel gibt, die Rehabilitation zu fördern (
BSG, SozR 3-1300 § 39
Nr. 1).
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum der bloße Hinweis auf eine nach der
KfzHV mögliche Bewilligung von Leistungen nicht ausreicht. Denn damit ist gerade nicht gesagt, dass das bei einem Versicherten bestehende Mobilitätsdefizit auch tatsächlich durch geeignete Mobilitätshilfen behoben wird. Dafür ist vielmehr eine Konkretisierung der von der
KfzHV vorgesehenen Leistungen durch eine Ermessensentscheidung des Rentenversicherungsträgers erforderlich. Erst hiermit und nicht schon mit einem bloßen Hinweis darauf vermag der Rentenversicherungsträger die Rechtslage in einer Weise zu gestalten, dass von einer Herstellung ausreichender Mobilität die Rede sein kann. Dass das Rehabilitationsrecht nicht schon sämtliche Mobilitätsdefizite ausgleicht, indem es den Versicherten Ansprüche auf alle zu ihrer Behebung erforderlichen Leistungen einräumt, sondern den Rentenversicherungsträgern nur die Möglichkeit einräumt, nach pflichtgemäßem Ermessen geeignete Leistungen zu gewähren, ist der tiefere Grund dafür, warum das
BSG den Hinweis auf eine bestehende Förderungsmöglichkeit nicht ausreichen lässt. Mobilitätsdefizite könnten keine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts begründen, wenn das Rehabilitationsrecht behinderten Versicherten rechtlich gebundene Ansprüche auf alle zu ihrer Behebung erforderlichen Hilfen einräumte. Dies ist aber nicht der Fall.
Dass das Rehabilitationsrecht den Rentenversicherungsträgern auch bei den
Kfz-Hilfen Ermessen einräumt, hat mit seinen Grund in dem besonderen Bedarfs- und Einzelfallbezug dieser Leistungen. Wie alle Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dienen auch die
Kfz-Hilfen dazu, besondere behinderungsbedingte Bedarfe Versicherter durch geeignete, also genau auf ihren spezifischen Bedarf zugeschnittene Leistungen zu decken. Zwar sind die Mobilitätshilfen in der
KfzHV in gewisser Weise standardisiert; denn nach § 2
Abs. 1
KfzHV umfasst die
Kfz-Hilfe grundsätzlich nur Leistungen zur Beschaffung eines
Kfz, für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung und zur Erlangung der Fahrerlaubnis. Doch ist die Erbringung weiterer Leistungen zur Deckung unabweisbarer behinderungsbedingter Bedarfe, insbesondere die Übernahme der Kosten von Beförderungsdiensten, nach der Härtefallregelung des § 9
Abs. 1
KfzHV möglich. Dabei ist indessen der in § 9
Abs. 1 Satz
KfzHV verwandte Begriff der "besonderen Härte" eng auszulegen und darf nicht so gehandhabt werden, dass in § 2
Abs. 1
KfzHV nicht genannte Leistungen zu Regelleistungen der
Kfz-Hilfe werden (
vgl. BSG, SozR 3-4100 § 56
Nr. 10; SozR 3- 1300 § 104
Nr. 8).
Allerdings kennzeichnen die in § 9
Abs. 1 Satz 2
KfzHV geregelten Voraussetzungen des Zuschusses zu den Beförderungskosten durch einen Beförderungsdienst eine besondere Härte dem Grunde nach (
vgl. BSG, SozR 3-5765 § 9
Nr. 2). Dass dieser Zuschuss gleichwohl nachrangig gegenüber den in § 2
Abs. 1
KfzHV aufgezählten Regelleistungen ist, ergibt sich daraus, dass er dann, wenn die Erbringung von Regelleistungen tatsächlich möglich wäre, insbesondere von einer Wirtschaftlichkeitsprüfung abhängt (§ 9
Abs. 1 Satz 2
Nr. 2
KfzHV). Deren Ergebnis hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Von diesen hängt freilich auch der Umfang der zu erbringenden Leistungen ab. Dem Grundsatz nach werden die Leistungen der
Kfz-Hilfe nur als Zuschuss erbracht, dessen Höhe vom Einkommen des behinderten Versicherten abhängt (§ 2
Abs. 2, §§ 6, 8
Abs. 1, § 9
Abs. 1 Satz 2
KfzHV). Ausnahmen hiervon können in besonderen Härtefällen gemacht werden (§ 9
Abs. 1 Satz 1
KfzHV). Eine weitere Ausnahme besteht für die Kosten einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung, die nach § 7
KfzHV in vollem Umfang übernommen werden. Dass bei einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung die Kosten voll, bei den anderen Regelleistungen grundsätzlich aber nur teilweise übernommen werden, trägt dem Umstand Rechnung, dass unter den gegenwärtigen Verhältnissen einer weitgehenden Motorisierung auch nichtbehinderte Versicherte Aufwendungen für die Beschaffung eines
Kfz und die Erlangung einer Fahrerlaubnis haben, diese Kosten mithin den allgemeinen Lebensunterhalt aller Versicherten prägen. Nur die besondere Angewiesenheit Versicherter mit Mobilitätsdefiziten auf ein
Kfz ist spezifisch behinderungsbedingt und rechtfertigt die Gewährung von Leistungen zur Erlangung der Fahrerlaubnis und zur Beschaffung eines
Kfz. Hinzu kommt, dass Fahrerlaubnis und
Kfz auch von einem behinderten Versicherten zu privaten Zwecken benutzt werden können, Leistungen der
Kfz-Hilfe aber nur zum Zweck der dauerhaften beruflichen Eingliederung von Behinderten in das Arbeitsleben gewährt werden dürfen. Aus diesem Grunde ist es notwendige Bedingung für die Gewährung von Leistungen der
Kfz-Hilfe, dass der Versicherte nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines
Kfz ( notwendig) angewiesen ist, um den Weg zum Arbeitsplatz zurücklegen, seinen Beruf ausüben oder an einer Maßnahme der beruflichen Bildung teilnehmen zu können; demgegenüber darf
Kfz-Hilfe nicht zu dem Zweck gewährt werden, allen Behinderten die Anschaffung eines
Kfz zu erleichtern; private Belange haben bei der Prüfung des Bedarfs für die
Kfz-Hilfe außer Betracht zu bleiben (
vgl. BSG, SozR 3-4100 § 56
Nr. 8; SozR 3-5765 § 6
Nr. 2; SozR 3-5765 § 3
Nr. 1).
Ob ein Versicherter infolge seiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines
Kfz angewiesen ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort zu erreichen (§ 3
Abs. 1
Nr. 1
KfzHV), beurteilt sich grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalles. Schon der Wortlaut ("um 'seinen' Arbeits- oder Ausbildungsort zu erreichen") legt ein solches Verständnis nahe. Auch die Materialien machen dies deutlich, nach denen die vorgesehenen Hilfen im "Einzelfall" wegen Art und Schwere der Behinderung zur Eingliederung ins Arbeitsleben erforderlich sein müssen und im "Einzelfall" geprüft werden muss, ob der Behinderte sein Fahrziel nicht auf eine andere kostengünstigere und ihm zumutbare Weise erreichen kann (
vgl. BR-Drucks. 266/ 87
S. 14, 16). Dementsprechend ist auch in der Rechtsprechung die Förderung von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig gemacht worden (
vgl. BSG, SozR 3-5765 § 3
Nr. 1). Die Beurteilung richtet sich dabei nach dem im konkreten Fall zurückzulegenden Weg, nicht aber nach abstrakten Maßstäben, wie etwa einer üblichen Wegstrecke im Arbeitsleben von 1.000 m (
vgl. BSG, SozSich 2002, 105-107). Insgesamt wird damit deutlich, dass die Gewährung von Leistungen der
Kfz-Hilfe immer von einer genauen Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalles abhängig ist.
Angesichts der dargestellten rechtlichen Rahmenbedingungen ist es nicht ausgeschlossen, dass das Mobilitätsdefizit eines nicht wegefähigen Versicherten durch Leistungen der
Kfz-Hilfe nicht behoben werden kann - etwa weil die in Betracht kommenden Leistungen schlechthin unwirtschaftlich wären. Aus dem Gesetzes- und Verordnungsrecht ergibt sich des Weiteren, dass eine Aussage darüber, ob ein Mobilitätsdefizit durch Leistungen der
Kfz-Hilfe gedeckt werden kann, nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles getroffen werden kann, zu denen insbesondere die konkret zum Arbeits- oder Ausbildungsplatz zurückzulegende Strecke zählt. Da die
Kfz-Hilfe nicht dazu dient, behinderten Versicherten zur Zurücklegung privater Wege Leistungen zu erbringen, ist es nicht zulässig, mit Leistungen der
Kfz-Hilfe alle bestehenden Mobilitätsdefizite zu decken. Wann aber ein Mobilitätsdefizit im Arbeitsleben besteht und wie groß dieses ist, lässt sich völlig losgelöst von einem - zumindest in Aussicht stehenden - Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis nicht beantworten. Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig wahrscheinlich, dass das Mobilitätsdefizit eines Versicherten durch eine weit im Vorfeld eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses abgegebene Erklärung eines Rentenversicherungsträgers behoben werden kann.
Der Beklagten ist dies mit der in ihrem Schreiben vom 05. Dezember 2000 abgegebenen Erklärung jedenfalls nicht gelungen. Die Erklärung hat folgenden Wortlaut:
"Hiermit sichert die
LVA Sachsen in dem anhängigen Rentenverfahren Frau . die Bewilligung eines Beförderungsdienstes nach § 9
KfzHV zu. Die Bewilligung erfolgt, sofern ein versicherungspflichtiges Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis angebahnt oder aufgenommen wird, das den gesundheitlichen Einschränkungen des Versicherten entspricht und dessen Durchführungsort behinderungsbedingt nicht erreichbar ist. Die Bewilligung wird befristet bis zur endgültigen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess.
Außerdem wird für den Zeitraum nach Ablauf der Befristung die weitere Förderung nach den Vorschriften der
KfzHV ausdrücklich zugesichert."
Bei dieser Erklärung handelt es sich schon um keine Zusicherung im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts. In § 34
Abs. 1 Satz 1
SGB X wird die Zusicherung als "Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen", definiert. Eine Zusicherung muss sich immer auf einen i.
S. des § 33
Abs. 1
SGB X inhaltlich bestimmten künftigen Verwaltungsakt beziehen. Nicht ausgeschlossen wird dadurch, dass die Zusicherung ausdrücklich bestimmte Vorbehalte, Bedingungen
usw. enthält oder nur für den Fall des Eintritts bestimmter Tatsachen gemacht wird; keine Zusicherungen sind aber abstrakte Erklärungen einer Behörde, die keinen konkreten Sachverhalt betreffen oder nur hypothetischen Charakter haben (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2000, § 38
Rdnr. 7). Nur bei einem Bezug auf einem konkreten Sachverhalt kann davon die Rede sein, dass sich die Behörde durch eine Zusage zu einer bestimmten zukünftigen Sachbehandlung verpflichtet, wie es Merkmal von Zusicherungen ist (
vgl. Engelmann, in: v. Wulffen,
SGB X, 4. Aufl. 2001, § 34
Rdnr. 3, 5).
Die von der Beklagten in dem Schreiben vom 05. Dezember 2000 abgegebene Erklärung entbehrt des erforderlichen Bezuges auf einen konkreten Sachverhalt. Allein der Umstand, dass in sie Bedingungen eingeflochten sind, schadet nicht. Vorbehalte, Bedingungen
usw. dienen in einer Zusicherung oftmals ganz im Gegenteil gerade der Konkretisierung des Sachverhalts, für den eine bestimmte Sachbehandlung verbindlich zugesagt wird. Dies ist aber nicht zwangsläufig der Fall. Die in der Erklärung der Beklagten enthaltene Befristung der Bewilligung eines Beförderungsdienstes bis zur endgültigen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess ist im Grundsatz geeignet, den künftigen Sachverhalt näher zu konkretisieren, auch wenn dabei mit der "Endgültigkeit" der Wiedereingliederung ein reichlich unbestimmter Begriff verwandt wird, der sich aber im Hinblick auf die üblicherweise vereinbarten Probezeiten verstehen lässt.
Demgegenüber ist der Beklagten mit der aufschiebenden Bedingung, dass die Bewilligung erfolgt, "sofern ein versicherungspflichtiges Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis angebahnt oder aufgenommen wird, das den gesundheitlichen Einschränkungen des Versicherten entspricht und dessen Durchführungsort behinderungsbedingt nicht erreichbar ist", eine weitere Konkretisierung des Sachverhalts nicht gelungen. Indem die Beklagte damit die für die Bewilligung von Leistungen der
Kfz-Hilfe nach dem Gesetzes- und Verordnungsrecht geltenden tatbestandlichen Voraussetzungen nur in Form einer Bedingung gefasst hat, hat sie nicht eine bestimmte Behandlung eines konkreten Sachverhalts zugesagt, sondern nur eine abstrakte Erklärung abgegeben, unter die ganz unterschiedliche Sachverhalte subsumiert werden können sollen. Dass die Beklagte mit ihrer Erklärung nicht eine konkrete künftige Sachbehandlung zugesagt hat, zeigt sich vor allem auch daran, dass die in Aussicht gestellten Rechtsfolgen nicht näher umschrieben werden. Diesbezüglich ist lediglich von einem "Beförderungsdienst" und von einer "weiteren Förderung nach den Vorschriften der
KfzHV" die Rede. Ob die Kosten eines Beförderungsdienstes voll übernommen werden oder diesbezüglich nur ein Zuschuss geleistet wird, wie es die
KfzHV grundsätzlich vorsieht (
vgl. § 9
Abs. 1 Satz 2
KfzHV), bleibt offen. Ebenso bleibt offen, welche Leistung nach der
KfzHV nach Ablauf der (angekündigten) Befristung erbracht wird. Die diesbezüglich in Aussicht gestellte "weitere Förderung nach den Vorschriften der
KfzHV" ist nicht einmal der Art der Leistung nach näher bestimmt. Sie lässt sich auch im Wege der Auslegung nicht näher bestimmen, bei der nicht davon auszugehen ist, dass sich die Beklagte zu Leistungen verpflichten wollte, die mit dem Gesetzes- und Verordnungsrecht schlechthin nicht vereinbar sind. Daher ist nicht davon auszugehen, dass sie der Klägerin für die Zeit bis zur endgültigen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben die Übernahme aller - auch unwirtschaftlicher - Beförderungskosten und für die anschließende Zeit nach deren freier Wahl die weitestgehenden Leistungen nach der
KfzHV verbindlich zusagen wollte. Denn auch in Anbetracht des Wunschrechts des Versicherten (§ 33 Satz 2
SGB I, § 9
Abs. 1-3
SGB IX) wäre ein solcher völliger Verzicht des Rentenversicherungsträgers auf sein Ermessen und die vollständige Überantwortung der Konkretisierung der Leistungen auf den Versicherten mit dem Gesetzes- und Verordnungsrecht evident nicht mehr vereinbar. Ist aber Art und Umfang der "zugesicherten" Leistungen noch weitgehend offen, dann fehlt der von der Beklagten abgegebenen Erklärung die erforderliche konkrete Bezeichnung der in Aussicht gestellten künftigen Sachbehandlung.
Der zu fordernde Bezug auf einen konkreten Sachverhalt kann aufgrund der Struktur des Rehabilitationsrechts nur bei einem bestehenden oder in Aussicht stehenden konkreten Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis hergestellt werden, da nur dann eine den Umständen des Einzelfalles gerecht werdende Aussage über Art und Umfang von Leistungen der
Kfz-Hilfe möglich ist. Die vom Gesetzes- und Verordnungsrecht verlangte Konkretisierung der Leistungen ist - ganz abgesehen von den einem dauernden Wandel unterliegenden, gleichwohl aber nach der
KfzHV zu berücksichtigenden Einkommensverhältnissen - völlig losgelöst von einem solchen Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis nicht möglich. Die von der Beklagten weit im Vorfeld eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses abgegebene Erklärung bleibt daher notwendigerweise abstrakt und geht nicht wesentlich über das Gesetzes- und Verordnungsrecht hinaus. Letztlich geht es der Beklagten auch nicht darum, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zuzusagen, die ganz genau auf den besonderen Bedarf und die besonderen Umstände des jeweiligen Versicherten zugeschnitten sind, sondern darum, durch eine - wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist - in allen Fällen fehlender Wegefähigkeit verwandte, gleichlautende Erklärung abstrakt die gebotene Einzelfallentscheidung, ob das bei dem jeweiligen Versicherten bestehende Mobilitätsdefizit durch geeignete Leistungen zur Teilhabe behoben werden kann, leer laufen zu lassen.
Da die von der Beklagten abgegebene Erklärung keine Zusicherung i.
S. des § 34
SGB X darstellt, unverbindlich ist und die Rechtslage nicht in der Weise gestalten kann, dass das bei der Klägerin bestehende Mobilitätsdefizit behoben ist, stellt sich auch nicht die Frage, welche Bedeutung es in einem Fall fehlender Wegefähigkeit hätte, wenn eine Zusicherung von Leistungen der
Kfz-Hilfe zwar rechtswidrig wäre, der Versicherte sie aber nicht angefochten hätte und sie, da sie nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand eines Rentenrechtsstreits würde, bestandskräftig geworden wäre.
Da bei der Klägerin, die bis zum 28. Februar 1998 eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen hat, auch die übrigen - insbesondere versicherungsrechtlichen (§ 44
Abs. 1 Nrn. 2 und 3
SGB VI a.F.) - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllt sind, hat sie ab 01. Januar 2000 Anspruch auf eine derartige Rente (
vgl. § 99
Abs. 1
SGB VI). Die Rente ist nicht nach § 102
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1
SGB VI a.F. zu befristen, da, wie
Prof. Dr. F. dargelegt hat, eine begründbare Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes nicht besteht.
2. Dagegen hat die Klägerin für die Zeit vom 01. März 1999 bis zum 31. Dezember 1999 keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, da sie in dieser Zeit weder erwerbsunfähig im Sinne des § 44
Abs. 2
SGB VI a.F. noch berufsunfähig im Sinne des § 43
Abs. 2
SGB VI a.F. gewesen ist.
a) Erwerbsunfähigkeit i.
S. des § 44
Abs. 2
SGB VI a.F. hat bei der Klägerin erst (wieder) seit Dezember 1999 vorgelegen, wie sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere aus dem orthopädischen Gutachten von
Prof. Dr. F. ergibt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen (unter 1.) verwiesen. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin bis Februar 1999 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen hat. Abgesehen davon, dass der damalige Rentenanspruch nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, so hat ihn die Beklagte doch wegen der unmittelbaren Folgen der im März 1995 und März 1997 erlittenen Frakturen des linken Unterschenkels mit verzögertem Heilungsprozess anerkannt. Die arthrotischen Veränderungen dagegen, auf die
Prof. Dr. F. seine Leistungseinschätzung maßgeblich gestützt hat, haben erst im Dezember 1999 dazu geführt, dass die Klägerin aufgrund fehlender Wegefähigkeit (wieder) erwerbsunfähig wurde.
In der Zeit vom 01. März 1999 bis zum 31. Dezember 1999 bestand bei der Klägerin auch keine schwere spezifische Leistungseinschränkung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Während eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dann vorliegt, wenn eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt, trägt die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Mehrzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können (
vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1247
Nr. 23).
Weder die nach Einschätzung von
Prof. Dr. F. vorliegenden (qualitativen) Leistungseinschränkungen noch die in dem Rentengutachten von
Dr. J. dargestellten (qualitativen) Limitierungen des Leistungsvermögens haben bei von beiden festgestellter vollschichtiger Einsetzbarkeit für körperliche leichte Arbeiten das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich eingeengt. Während nach dem Gutachten von
Dr. J. körperlich leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne längere Anmarschwege, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, Klettern und Steigen, ohne Absturzgefahr und ohne Gefährdung durch Kälte und Nässe zumutbar sind, hält
Prof. Dr. F. noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit aufzustehen und herumzulaufen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10
kg, ohne häufiges Bücken, ohne Treppensteigen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten in Kälte, Nässe
bzw. im Freien für möglich. Die von beiden Sachverständigen genannten qualitativen Leistungseinschränkungen gehen nicht wesentlich über die bei körperlich leichten Arbeiten ohnehin bestehenden Limitierungen hinaus. Gleiches gilt für die in dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten von
Dr. F. genannten qualitativen Limitierungen (körperlich leichte Arbeit überwiegend im Sitzen, ohne häufiges Treppensteigen, ohne Steigen auf Leitern, ohne Arbeiten auf Gerüsten, ohne häufiges und längeres Knien und Hocken).
Lag damit bei der Klägerin in der Zeit bis Dezember 1999 weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, so bedurfte es für diese Zeit auch nicht der konkreten Benennung einer zumutbaren Verweisungstätigkeit. Vielmehr war die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, so dass dahinstehen kann, ob ihr - wie vom SG erwogen wurde - eine Tätigkeit als Telefonistin zuzumuten war.
b) Die Klägerin war in der Zeit vom 01. März 1999 bis zum 31. Dezember 1999 aber auch nicht berufsunfähig i.
S. des § 43
Abs. 2
SGB VI a.F.
Berufsunfähig sind nach § 43
Abs. 2
SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die (Rest-) Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des
BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (
vgl. BSG, SozR 2200 § 1246
Nr. 107, 169). In der Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (
vgl. BSG, SozR 2200 § 1246
Nr. 130, 164; SozR 3-2200 § 1246
Nr. 55, 61).
Nach diesen Grundsätzen hat das SG zutreffend als bisherigen Beruf der Klägerin den einer Thermo-Plastspritzerin zugrundegelegt. Denn bei dieser Tätigkeit hat es sich um die letzte vollwertig, bewusst und gewollt auf Dauer ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung der Klägerin gehandelt. Die davon verrichteten Tätigkeiten als Teigwarenarbeiterin, Sachbearbeiterin (Locherin und Prüferin), Raumpflegerin und Montiererin haben demgegenüber außer Betracht zu bleiben, da sie von der Klägerin aus anderen als gesundheitlichen Gründen (
vgl. zu diesem Kriterium:
BSG, SozR 3-2200 § 1246
Nr. 55, 61) aufgegeben wurden.
Ob die Klägerin den Beruf einer Thermo-Plastspritzerin in der fraglichen Zeit noch vollwertig ausüben konnte, kann dahinstehen. Denn selbst wenn dieser Beruf ihr gesundheitsbedingt nicht mehr zumutbar war, war sie nicht berufsunfähig. Denn berufsunfähig ist ein Versicherter nicht schon, wenn er seinen bisherigen Beruf nicht mehr vollwertig verrichten kann, sondern erst dann, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat das
BSG in seiner Rechtsprechung die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion
bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (
vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246
Nr. 61, 55). Die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Mehr-Stufen-Schema erfolgt allerdings nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43
Abs. 2 Satz 2
SGB VI a.F. genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (
vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246
Nr. 27, 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (
vgl. BSG, SozR 3-2200, § 1246
Nr. 5, 61).
Ausgehend von diesen Kriterien ist der bisherige Beruf der Klägerin allenfalls der dritten Gruppe im Mehr-Stufen-Schema mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen. Nach den eigenen Angaben der Klägerin war für die Tätigkeit als Thermo-Plastspritzerin weder eine Berufsausbildung noch eine betrieblicher Anlernung erforderlich. Vor diesem Hintergrund kommt allenfalls eine Zuordnung zu der Gruppe der angelernten Arbeiter und innerhalb dieser zu deren unteren Bereich, nämlich zu den Versicherten, deren bisheriger Beruf berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, die ohne einschlägige Vorkenntnisse durch eine betriebliche Anlernzeit von nicht mehr als zwölf Monaten erworben werden können (
vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246
Nr. 45), in Betracht.
Angehörige des unteren Bereichs der Gruppe der angelernten Arbeiter können grundsätzlich pauschal auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden, wenn sie nach den medizinischen Feststellungen noch in der Lage sind, körperlich leichte Arbeiten vollschichtig auszuüben; die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist bei ihnen angesichts der Vielzahl der auf dem Arbeitsmarkt vorhandenen angelernten und ungelernten Tätigkeiten körperlich leichter Art entbehrlich. (
vgl. Großer Senat des
BSG, SozR 3-2600 § 44
Nr. 8).
Da bei der Klägerin - wie bereits ausgeführt wurde - in der Zeit bis Dezember 1999 weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung
bzw. Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch ein Fall vorlag, in dem trotz vollschichtiger Einsatzfähigkeit für eine körperlich leichte Arbeit der Arbeitsmarkt verschlossen war, insbesondere eine ausreichende Wegefähigkeit bestand, war sie bis dahin auch nicht berufsunfähig i.
S. des § 43
Abs. 2
SGB VI a.F.
3. Bei der auf § 193
SGG beruhenden Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass die Berufung der Klägerin ganz überwiegend erfolgreich war. Ihr Unterliegen für die Zeit vom 01. März 1999 bis zum 31. Dezember 1999 fällt angesichts der ihr ab 01. Januar 2000 zustehenden Dauerrente nicht weiter ins Gewicht.
4. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG).