Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 9. September 2008 aufgehoben, soweit dieser im Wege der einstweiligen Anordnung über den 28. Februar 2009 hinaus verpflichtet worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der angefochtene Beschluss klarstellend wie folgt gefasst wird:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Eingliederungshilfe für den Besuch des Kaufmännischen Berufskollegs an der T.-L. -Schule (Nikolauspflege) in Höhe von kalendertäglich 94,82 Euro abzüglich jeweils 459,00 Euro monatlich in der Zeit vom 8. September 2008 bis 28. Februar 2009 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin vier Fünftel der außergerichtlichen Kosten im ersten und zweiten Rechtszug zu erstatten.
Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes -
SGG - (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des
SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I
S. 444)) eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, jedoch lediglich aus dem im Beschlusstenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Nach § 86b
Abs. 2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des
Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (
ZPO) gelten entsprechend (§ 86b
Abs. 2 Satz 4
SGG).
Vorliegend kommt - wie das Sozialgericht Heilbronn (SG) im angefochtenen Beschluss zutreffend erkannt hat - nur eine Regelungsanordnung nach § 86b
Abs. 2 Satz 2
SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt von den Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) sowie der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung aufgrund Eilbedürftigkeit ( Anordnungsgrund) ab (ständige Rechtsprechung des Senats;
vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Anordnungsvoraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 86b
Abs. 2 Satz 4
SGG i.V.m. § 920
Abs. 2
ZPO). Die Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann grundsätzlich nur summarisch erfolgen, es sei denn, das sich aus
Art. 1
Abs. 1 des Grundgesetzes ergebende Gebot der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie der grundrechtlich geschützte Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erforderten eine abschließende Überprüfung. Ist in diesen Fällen im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen ( ständige Senatsrechtsprechung;
vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (
BVerfG);
z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927; zuletzt
BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung;
vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen im Umfang des Beschlussausspruchs vor; insoweit ist der Beschwerde des Antragsgegners mit den dort ausgesprochenen Maßgaben der Erfolg zu versagen.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist nicht bereits deswegen begründet, weil die Antragstellerin die Vollziehungsfrist des § 929
Abs. 2
ZPO nicht eingehalten hätte; diese Vorschrift, welche im sozialgerichtlichen Verfahren über § 86b
Abs. 2 Satz 4
SGG auch in Angelegenheiten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XII) und dem Asylbewerberleistungsgesetz entsprechend anwendbar ist (ständige Senatsrechtsprechung;
vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 11. Januar 2006 - L 7 SO 4891/05 ER-B - FEVS 58, 14, vom 20. November 2007 - L 7 AY 5173/07 ER-B - und vom 30. Juli 2008 - L 7 AS 2809/08 ER-B - (beide juris); ferner Landessozialgericht (
LSG) Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. Januar 2007 - L 11 B 509/06 AS ER - Breithaupt 2007, 535; Thür.
LSG, Beschluss vom 21. November 2007 - L 9 AS 844/07 ER -; Sächs.
LSG, Beschluss vom 24. Januar 2008 - L 3 B 610/07 AS-ER - (beide juris); Keller in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 9. Auflage, § 86b
Rdnr. 46; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 201
Rdnr. 2a; Binder in Hk-
SGG, 3. Auflage, § 86b
Rdnr. 56; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage,
Rdnr. 329; Groth, NJW 2007, 2294, 2297; einschränkend Sächs.
LSG, Beschluss vom 22. April 2008 - L 2 B 111/08 AS-ER - (juris) ), kommt hier von vornherein nicht zum Tragen. Denn grundlegende Voraussetzung der - nach § 198 oder § 201
SGG erfolgenden (
vgl. Leitherer, a.a.O.) - Vollziehung einer einstweiligen Anordnung, die einen Vollsteckungstitel darstellt (
vgl. § 199
Abs. 1
Nr. 2
SGG), ist eine Entscheidung mit vollstreckungsfähigem Inhalt (
vgl. Senatsbeschluss vom 24. Juni 2008 a.a.O.; Groth, a. a.O.; ferner Dahm, SozVers 1998, 314); maßgebend hierfür ist die Entscheidungsformel (
vgl. BSG SozR 3-1500 § 199
Nr. 1; dort auch zum vollstreckungsrechtlichen Grundsatz der Titelklarheit (§ 199
Abs. 4
SGG)). An einem vollstreckbaren Inhalt fehlt es indes dem Tenor des angefochtenen Beschlusses des SG, mit welchem die Verpflichtung des Antragsgegners ausgesprochen worden ist, "für die Antragstellerin vorläufig ... die im Rahmen des einjährigen Berufskollegs an der Nikolauspflege ... ab 8. September 2008 entstehenden behinderungsbedingten Unterrichts-, Betreuungs- und Internatskosten zu übernehmen". Welche Kosten "behinderungsbedingt" sind, erschließt sich aus der Beschlussformel nicht; Näheres hierzu ergibt sich im Übrigen - ungeachtet des oben angeführten Grundsatzes der Titelklarheit - auch nicht aus den Gründen des Beschlusses. Auch unter den Beteiligten besteht insoweit, wie der im Beschwerdeverfahren kontrovers geführte Schriftwechsel deutlich macht, keine Klarheit über die behinderungsbedingten Kosten, für welche die sozialhilferechtliche Eingliederungshilfe allein verlangt werden kann (
vgl. Bundesverwaltungsgericht (
BVerwG) Buchholz 436.0 § 39 BSHG
Nr. 15; ferner BVerwGE 44, 110; Bayer. Verwaltungsgerichtshof (VGH), Beschluss vom 12. November 2001 - 12 B 98.2866 - (juris)). Mangels vollstreckungsfähigen Inhalts der angefochtenen Entscheidung musste die Antragstellerin nach allem die einmonatige Vollziehungsfrist des § 929
Abs. 2
ZPO nicht einhalten; denn aus eben jenem Grunde hätte schon der Versuch der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos bleiben müssen. Unerörtert bleiben kann deshalb, welchen Einfluss die Fälligkeit einer Leistung auf den Lauf der Vollziehungsfrist des § 929
Abs. 2
ZPO hat (
vgl. hierzu
BVerfG NZS 2008, 365, 367; Thür.
LSG, Beschluss vom 1. November 2007 a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Dezember 1999 - 7 S 3205/99 - NVwZ 2000, 691, 692; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 86b
Rdnr. 46; Krodel, a.a.O.).
Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vermag der Senat nicht abschließend zu klären, ob die Antragstellerin die Übernahme ihr durch den Besuch des Kaufmännischen Berufskollegs an der von der Nikolauspflege, einer Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen, getragenen T.-L.-Schule entstehenden - behinderungsbedingten - Aufwendungen vom Antragsgegner verlangen kann; vieles spricht gegenwärtig im Rahmen der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung allerdings für einen Anspruch auf Eingliederungshilfe jedenfalls in dem tenorierten Umfang. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind insoweit gegeben. Das Berufskolleg an der T.-L.-Schule, für dessen Errichtung und Betrieb als Ersatzschule eine Genehmigung des Oberschulamts Stuttgart vom 5. Januar 1998 vorliegt, baut auf der Fachschulreife, dem Realschulabschluss oder einem gleichwertigen Bildungsabschluss auf; an ihm kann nach abgeschlossener Berufsausbildung - wie hier bei der Antragstellerin mit dem ebenfalls an der T.-L.-Schule erlangten Berufsabschluss im Ausbildungsberuf der Kauffrau für Bürokommunikation - die Fachhochschulreife in einem einjährigen Bildungsgang erworben werden (
vgl. § 12 des Schulgesetzes Baden-Württemberg, §§ 1, 2 der Verordnung des Kultusministerium über die Ausbildung und Prüfung an den einjährigen Berufskollegs zum Erwerb der Fachhochschulreife vom 3. Juli 1984 (GBl. 1984, 501)).
Rechtsgrundlage des Begehrens der Antragstellerin, deren Hilfebedürftigkeit im Sinne des
§ 19 Abs. 3 SGB XII auch vom Antragsgegner nicht in Zweifel gezogen wird, sind die Bestimmungen der
§§ 53,
54 SGB XII. Nach § 53
Abs. 1 Satz 1
SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von
§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Zu beachten ist die besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ( § 53
Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. und
Abs. 3 Sätze 1 und 2
SGB XII). Ziel ist es, den behinderten Menschen durch die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und durch Eingliederung in das Arbeitsleben nach Möglichkeit einem Nichtbehinderten gleichzustellen; der Bedürftige soll die Hilfen finden, die es ihm - durch Ausräumen behinderungsbedingter Hindernisse und Erschwernisse - ermöglichen, in der Umgebung von Nicht-Hilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben (
vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. März 2006 - L 7 SO 259/06 ER-B -, vom 14. Dezember 2006 - L 7 SO 3671/06 ER-B - und vom 20. Mai 2008 - L 7 SO 1009/08 ER-B - (juris); BVerwGE 99, 149; 111, 328). Allerdings ist der Nachranggrundsatz des § 2
SGB XII zu beachten (
vgl. hierzu
BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG
Nr. 15; BVerwGE 100, 50).
Dem Personenkreis des § 53
Abs. 1 Satz 1
SGB XII gehört die - blinde - Antragstellerin zweifellos an; hiervon geht auch der Antragsgegner aus. Nach § 54
Abs. 1 Satz 1
SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen (
Nr. 1 a.a.O.) sowie Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule (
Nr. 2 a.a.O.). Die Abgrenzung beider Hilfen im Rahmen der hier erstrebten Qualifikation ist nach Auffassung des Senats allein nach dem Bildungsziel vorzunehmen, sodass die Hinführung zu einem schulischen Abschluss durch eine Bildungsmaßnahme der Bestimmung des § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
SGB XII, die Vermittlung eines beruflichen Abschlusses dagegen derjenigen der
Nr. 2 a.a.O. zuzuordnen ist; der Senat teilt die Ansicht der Antragstellerin, dass demgegenüber weder die rechtlichen Voraussetzungen für den Besuch der Ausbildungsstätte noch die Dauer der Ausbildung maßgebliches Abgrenzungskriterium sein können. Der Besuch des einjährigen Kaufmännischen Berufskollegs durch die Antragstellerin kann daher - trotz des für die Aufnahme in die Bildungsstätte schulrechtlich erforderlichen Abschlusses einer Berufsausbildung - nur von § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
SGB XII erfasst sein (
vgl. schon Senatsbeschluss vom 6. September 2006 - L 7 SO 3976/06 ER-B - (den Beteiligten im Wortlaut bekannt)), denn das einjährige Berufskolleg vermittelt mit der Fachhochschulreife noch keinen berufsqualifizierenden Abschluss, sondern verschafft lediglich den Zugang zu beruflichen Bildungsmaßnahmen (
vgl. zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) im Ergebnis auch
BVerwG Buchholz 436.36 § 8
BAföG Nr. 8); die Bestimmung des § 54
Abs. 2 Satz 1
Nr. 2
SGB XII kommt deshalb von vornherein nicht zur Anwendung.
Das Nähere zur eingliederungshilferechtlichen Schulbildung regelt die Vorschrift des § 12 der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV). Nach
§ 12 Nr. 3 1. Halbs. EinglHV umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
SGB XII auch die Hilfe zum Besuch eines Gymnasiums, einer Fachoberschule oder einer Ausbildungsstätte, deren Ausbildungsabschluss dem einer der vorgenannten Schulen gleichgestellt ist. Dies ist bei dem zur Fachhochschulreife hinführenden einjährigen Berufskolleg der Fall (
vgl. nochmals Senatsbeschluss vom 6. September 2006 a.a.O.), was wohl auch vom Antragsgegner mittlerweile nicht mehr in Abrede gestellt wird. Die Hilfe wird allerdings nur gewährt, wenn nach den Fähigkeiten und den Leistungen des behinderten Menschen zu erwarten ist, dass er das Bildungsziel erreichen wird ( § 12
Nr. 3 2. Halbs. EinglHV).
Am Maßstab des § 12
Nr. 3 2. Halbs. EinglHV wird nach Auffassung des Senats auch zu messen sein, ob eine Schulausbildung als "angemessen" im Sinne des § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
SGB XII zu erachten ist. Angemessen ist eine Schulausbildung deshalb dann, wenn der bedürftige behinderte Mensch nach seinen Fähigkeiten und Leistungen erwarten lässt, dass er das angestrebte Bildungsziel erreichen wird (
vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Mai 2008 - 12 B 547/08 - (juris); ferner Bayer. VGH, Beschluss vom 24. Oktober 2002 - 12 CE 01. 2924 - (juris)). Entscheidend ist mithin die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des behinderten Menschen, wobei auch seine berechtigten Interessen und Wünsche in Betracht zu ziehen sind (
vgl. auch
§ 9 Abs. 1 SGB IX; ferner Voelzke in Hauck/Noftz,
SGB XII, K § 54
Rdnr. 47 (dort zum "angemessenen Beruf" im Sinne des § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 3
SGB XII)). Sonach ist es dem Antragsgegner verwehrt, eine in der EinglHV genannte Schulbildung ohne Prüfung des Einzelfalls allein mit Blick auf bereits erworbene Qualifikationen als unangemessen abzulehnen (so auch Verwaltungsgericht München, Urteil vom 16. Mai 2002 - M 15 K 00.244 - (juris)). Die bereits erlangte berufliche Qualifikation hat im Übrigen auch die höchstrichterliche Rechtsprechung des
BVerwG nicht zum alleinigen Maßstab für die Verneinung eines Anspruchs auf Eingliederungshilfe genommen (
vgl. nur
BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG
Nr. 15).
Sonach kommt es hier letztlich nur noch darauf an, ob bei der Antragstellerin nach ihrer Persönlichkeitsstruktur sowie ihren fachlichen Leistungen eine Eignung für den Besuch des Kaufmännischen Berufskollegs besteht und ob die gewählte Ausbildungsstätte einschließlich der internatsmäßigen Unterbringung zur Erreichung des Eingliederungserfolges geeignet und erforderlich ist (
vgl. hierzu BVerwGE 94, 12; 100, 50). Letzteres dürfte in Anbetracht der besonderen Qualifikation der Nikolauspflege für die Ausbildung und Betreuung blinder und sehbehinderter Menschen und mit Rücksicht auf die Entfernung der Ausbildungsstätte vom Wohnort der Antragstellerin sowie Art und Ausmaß von deren Behinderung - zuerkannt sind u.a. die Nachteilsausgleiche "B", "G", "H" und "Bl" - außer Zweifel stehen; deshalb hatte der Landeswohlfahrtverband Württemberg-Hohenzollern bereits neben den Ausbildungs- auch die Heimunterbringungskosten während des Besuchs der Hauptschule und der dreijährigen Wirtschaftsschule durch die Antragstellerin an der Nikolauspflege übernommen (
vgl. Bescheide vom 6. Juli 1999 und 6. September 2002).
Mit Blick auf die Stellungnahme der Leiterin der T.-L.-Schule vom 11. November 2008 geht der Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt ferner davon aus, dass die Antragstellerin das Bildungsziel auch erreichen kann. Da das Schulhalbjahr indes noch nicht abgeschlossen ist und die entsprechende Zeugniserteilung noch aussteht, hat der Senat die Verpflichtung des Antragsgegners einstweilen auf die Zeit bis einschließlich Februar 2009 begrenzt. Alsdann soll den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden, die Eignung der Antragstellerin für den Besuch des einjährigen Berufskollegs an der T.-L.-Schule unter Beachtung der sodann vorliegenden Erkenntnisse zu überprüfen, wobei die unverzügliche Übersendung des Halbjahreszeugnisses an den Antragsgegner von der Antragstellerin erwartet werden darf.
Die Höhe der vorläufig zugesprochenen Leistungen hat der Senat an den aus der Rechnung der Nikolauspflege ersichtlichen Kosten von kalendertäglich 94,82 Euro orientiert. Er hat allerdings berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des
BVerwG, welcher sich der Senat anschließt, ein Anspruch auf Eingliederungshilfe für eine angemessene Schulausbildung nicht geboten ist, sofern und soweit der behinderte Mensch Leistungen der Ausbildungsförderung erhält oder erhalten kann (
vgl. BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG
Nr. 15; Voelzke in Hauck/ Noftz, a.a.O.
Rdnr. 45). Nachdem die Antragstellerin zwischenzeitlich Leistungen nach dem
BAföG ab Oktober 2008 in Höhe von monatlich 459,00 Euro bewilligt erhalten hat (
vgl. Bescheid des Landratsamts Heilbronn vom 27. November 2008) und BaföG-Leistungen - wenn sie bereits im September 2008 einen Antrag gestellt hätte - auch für diesen Monat erhalten hätte (
vgl. § 15
Abs. 1 BaföG), ist indessen davon auszugehen, dass die Aufwendungen der Antragstellerin zumindest in der genannten Höhe nicht behinderungsbedingt sind; dem ist im Beschlussausspruch Rechnung getragen worden.
Im Umfang der Beschlussformel bejaht der Senat auch einen Anordnungsgrund; der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten und damit - je nach Dauer dieses Verfahrens - den Verlust eines oder gar mehrerer Schuljahre in Kauf zu nehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193
SGG (
vgl. BSG SozR 3-1500 § 193
Nr. 6); dabei hat der Senat dem teilweisen Obsiegen und Unterliegen beider Beteiligten bei der Kostenquotelung angemessen Rechnung getragen.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177
SGG).