Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§166
VwGO i. V. m. § 114
ZPO). Die Klage ist ungeachtet der Auswirkungen der Abtretung der Ansprüche der Klägerin an den Verein A. und J. e. V. voraussichtlich unbegründet. Die Klägerin besitzt voraussichtlich keinen Anspruch aus § 102
Abs. 4
SGB IX i. V. m.
§ 17 Abs. 1 a SchwbAV auf Zahlung von 21,50
EUR für 4 h täglich für eine Arbeitsassistenz.
Die vom Beklagten getroffene (Verteilungs-)Entscheidung ist nicht zu beanstanden.
Das
OVG Bremen hat in seinem Beschluss vom 15.10.2003 -
2 B 304/03 -, br 2004, 84, zur Rechtsnatur und zum Umfang des Kostenübernahmeanspruchs bei notwendiger Arbeitsassistenz aus § 102
Abs. 4
SGB IX Folgendes ausgeführt:
"Die Kostenübernahme für eine Arbeitsassistenz steht hiernach nicht (mehr) gänzlich im Ermessen des Integrationsamtes. Vielmehr gewährt der Gesetzgeber den Schwerbehinderten grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf eine solche Kostenübernahme. Dieser Anspruch steht allerdings unter dem Vorbehalt der dem jeweiligen Integrationsamtes zur Verfügung stehenden Mittel der Ausgleichsabgabe (
vgl. Seidel, in: Hauck/Noftz,
SGB IX, Kommentar, K § 108
Rdnr. 1). Damit hat der Gesetzgeber selbst auch eine Anspruchsabgrenzung vorgenommen.
Weitere Rechtsnormen - insbesondere über die Verteilung der Mittel - gibt es nicht. Zwar hat der Gesetzgeber die Bundesregierung in
§ 108 SGB IX ermächtigt, durch
Rechtsverordnung das Nähere über die Voraussetzungen des Anspruchs nach § 102
Abs. 4
SGB IX sowie über die Höhe, Dauer und Ausführung der Leistungen zu regeln. Von dieser Verordnungsermächtigung hat die Bundesregierung jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Demgemäß ist über die Verteilung der zur Vefügung stehenden Mittel von der Verwaltung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Zur gleichmäßigen Ausübung dieses Ermessens sind voläufige Richtlinien erlassen worden (
vgl. -Vorläufige Richtlinien für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz...- zum inhaltsgleichen § 31 a
Abs. 3 a
SchwbG vom 15.12.2000, BremABl. 2001,
S. 4
ff.)."
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Denn die Verteilung begrenzter Mittel nach Kriterien, die gesetzlich nicht vorgegeben sind, ist der Sache nach eine Ermessensentscheidung, auch wenn der Gesetzgeber einen gesetzlichen Anspruch hat schaffen wollen. Im Ergebnis ebenso
VG Bremen, Urteil vom 9.5.2003 -
7 K 2496/01 -, br 2003, 230;
VG Hamburg, Urteil vom 9.7.2002 -
5 VG 3700/01 -, br 2002, 218; wohl auch
VG Halle, Urteil vom 29. November 2001 -
4 A 496/99 HAL -, br 2003, 195;
a. A. VG Stade, Urteil vom 25. Juli 2003 -
4 A 1687/01 -, NVwZ-RR 2003, 761;
VG Schleswig, Urteil vom 27.08.03 -
15 A 267/01 -, br 2004, 111.
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, wie die begrenzten Mittel anders als mit einer Ermessensentscheidung durch die Behörde verteilt werden könnten, solange eine gesetzliche Regelung dazu fehlt.
Gemessen an diesen Vorgaben hat sich der Beklagte bei seiner Entscheidung zu Recht auf die Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen gemäß § 102
Abs. 4
SGB IX (Stand: 1.6.2003) gestützt. Danach (Ziff. 4.1) werden für die notwendige Arbeitsassistenz den schwerbehinderten Menschen - anhängig von ihrem individuellen Unterstützungsbedarf - monatliche Budgets zur Verfügung gestellt. Diese betragen bei einem durchschnittlichen arbeitstäglichen Unterstützungsbedarf von mindestens drei Stunden bis 1100
EUR monatlich. Insbesondere dann, wenn neben dem eigentlichen Unterstützungsbedarf am Arbeitsplatz Bereitschaftszeiten der Assistenzkraft im Betrieb/in der Dienststelle auch bei Ausschöpfen der vom Arbeitgeber bereitgestellten Unterstützungsmaßnahmen unvermeidlich sind, können die zuvor genannten Beträge im Einzelfall angemessen erhöht werden.
Der Beklagte ist zudem durch den in
Art. 3
GG verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung verpflichtet, alle durch eine Ermessensentscheidung Betroffenen gleich zu behandeln und darf nur dann differenzieren, wenn hierfür ein vernünftiger, sachlich einleuchtender Grund vorliegt. Vgl.
BVerfG, Beschluss vom 26.2.1985 - 2 BvR 1145/83 -, BVerfGE 69, 161 (169); Henneke, in: Knack, VwVfg, 8. Aufl. 2004, § 40
Rdnr. 53
m.w.N.Der Beklagte hat die Mittel der Arbeitsassistenz entsprechend den Richtlinien bewilligt und der Klägerin mit Bescheid vom 12.7.2002 zunächst 200 DM
bzw. 1000
EUR für die Zeit vom 1.11.2001 bis zum 31.10.2003 gewährt, wobei ab Juli 2002 monatlich 1100
EUR bewilligt wurden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Pauschalierung als solche ermessensfehlerhaft sein könnte, zumal sie den Betroffenen einen eigenverantwortlichen Umgang mit den bewilligten Geldern und den Behörden eine Verwaltungsvereinfachung ermöglicht. Dass die Pauschalen sachwidrig festgesetzt sind, ist ebenfalls nicht ersichtlich, weil sie von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen erarbeitet worden sind, die in diesem Bereich eine hohe fachliche Kompetenz besitzt.
Es ist weiter weder ersichtlich noch dargelegt, dass das dem Beklagten zustehende Ermessen zwingend auf Null reduziert wäre, mit der Folge, dass allein eine Bewilligung nach Stundensätzen zu 21,50
EUR ermessensfehlerfrei wäre. Aus der Behauptung der Klägerin, die bewilligten Mittel reichten nicht aus, um ihren als notwendig anerkannten Bedarf an Arbeitsassistenz zu decken, ergibt sich nicht zwingend, dass das Budget durch den Beklagten deswegen zu erhöhen ist. Denn mit der Festlegung von Höchstgrenzen wird zum Ausdruck gebracht, dass für die Arbeitsassistenz des einzelnen Schwerbehinderten - im Interesse einer gleichmäßigen Verteilung der nur beschränkt zur Verfügung stehenden Mittel - grundsätzlich nicht mehr als dieser Betrag zur Verfügung gestellt werden soll. Es wird dem Schwerbehinderten überlassen, sich entsprechend einzurichten. So
OVG Bremen, Beschluss vom 15.10.2003, a.a.O.
Der Umstand, dass die Klägerin ihre Assistentinnen gelegentlich als Dolmetscherinnen für Türkisch benötigt, ist kein behinderungsbedingter Bedarf und daher hier nicht im Rahmen einer Arbeitsassistenz zu berücksichtigen.
Die Klägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass sie keine Arbeitsassistenz für den vom Beklagten bisher zur Verfügung gestellten Betrag finden kann. Denn aus den von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen des mobilen Teams D. von November 2001 bis Juli 2002 an die Klägerin ergibt sich, dass dieses Team zunächst keineswegs nach Stundensätzen abgerechnet hat. Vielmehr wurde die Klägerin monatlich genau die Summe in Rechnung gestellt, die der Beklagte bewilligt hatte (2000 DM,
1022,58
EUR bzw. 1100
EUR). Auf der anderen Seite hat das Mobile Team D. auch Rechnungen direkt an den Beklagten für teilweise dieselben Zeiträume geschickt, in denen nach Stundensätzen zu je 21,50
EUR abgerechnet wurde. Im Hinblick auf diese offensichtlich widersprüchlichen Rechnungen ist völlig unklar, nach welchen Kriterien die Arbeitsassistentinnen der Klägerin abrechnen und ob sie nicht für den der Klägerin zur Verfügung stehenden Betrag arbeiten können, zumal es sich bei den Tätigkeiten einer Arbeitsassistenz um Hilfstätigkeiten handelt, für die es keiner speziell ausgebildeten Kräfte bedarf.
Im Übrigen sind die von der Klägerin eingeklagten Kosten unverhältnismäßig hoch. Die Klägerin verlangt 21,50
EUR für wohl 4 h täglich für eine Arbeitsassistenz. Bei einem Monat mit durchschnittlich 22 Arbeitstagen wären dies monatliche Kosten von 1892
EUR statt bisher monatlich 1100
EUR. Zwar soll § 102
Abs. 4
SGB IX sicherstellen, dass schwerbehinderte Menschen die notwendigen Leistungen für eine Teilhabe am Arbeitsleben im erforderlichen Umfang erhalten. Der Anspruch ist jedoch schon gesetzlich begrenzt auf die aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel. Im Hinblick darauf, dass der Bruttoverdienst der Klägerin nur etwa 1500
EUR beträgt, die Arbeitsassistentin, also etwa 125 % des Bruttolohns der Klägerin erhielte, und unter Berücksichtigung des im gesamten öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist jedenfalls der von der Klägerin hier begehrte Betrag unverhältnismäßig, und dies auch unter Berücksichtigung der besonderen Zielsetzung des
SGB IX (
vgl. § 1 SGB IX: gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft).
Außerdem ist trotz einer gerichtlichen Nachfrage weiterhin unklar, für welchen konkreten Zeitraum die Klägerin Leistungen begehrt.