Der 1952 geborene Kläger, der 1971 den Besuch der Höheren Handelsschule abgebrochen hatte, begann nach Jahren des Drogenkonsums 1978 eine Ausbildung zum Energiegeräte- Elektroniker, die er mit dem Facharbeiterbrief abschloß.
Danach wechselten Zeiten der Arbeit, der Arbeitslosigkeit und von Gelegenheitsarbeiten. Versuche, im erlernten Beruf zu arbeiten oder eine Weiterbildung anzuschließen, waren nicht erfolgreich. Der Kläger nahm erneut Drogen ein. Ab November 1984 besuchte er die H.-H.-Schule in F., an der er im Juni 1988 das Abitur erwarb. Die Kosten des Schulbesuchs und der begleitenden Maßnahmen trug der Beklagte im Rahmen der Eingliederungshilfe.
Im Juli 1988 beantragte der Kläger vom Beklagten Eingliederungshilfe für ein Studium der Psychologie ab dem Wintersemester 1988/89. Er wolle nach seinem Studium in der Drogenberatung arbeiten. Während die H.-H.-Schule, die Jugendhilfe B. e.V. und eine Ärztin die Eingliederungshilfe für das geplante Studium aus psychosozialer Sicht befürworteten, um ein erneutes Abgleiten des Klägers in Suchtstrukturen zu verhindern, gelangte das Gesundheitsamt des Kreises E. zu dem Ergebnis, daß ein auffällig psychopathologischer Befund beim Kläger nicht bestehe und er aus medizinischer Sicht arbeitsfähig sei. Mit Bescheid vom 30. August 1988 lehnte der Beklagte Eingliederungshilfe für das beabsichtigte Studium ab. Nach den vorliegenden Unterlagen, insbesondere der Stellungnahme des Gesundheitsamtes stehe die Behinderung
bzw. Drogengefährdung des Klägers der Ausübung seines erlernten Berufes nicht entgegen. Ob er nach der Arbeitsmarktlage in diesen Beruf vermittelt werden, ihn also auch tatsächlich ausüben könne, sei bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Umschulung
als Eingliederungshilfe nicht von Bedeutung.
Nach erfolglosem Widerspruch hat der Kläger Klage erhoben. Er hat vorgetragen, daß er seinen Studienplatz für Psychologie an der Universität B. für das Wintersemester 1988/89 aus finanziellen Gründen habe aufgeben müssen, und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger im Wege der Eingliederungshilfe ein Studium der Sozialwissenschaften ab Wintersemester 1990/91 an der Fernuniversität H. zu finanzieren. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das der Klage stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Die Eingliederungshilfe in der Form einer Hilfe zur Ausbildung an einer Hochschule solle allein behinderungsbedingte Hindernisse und Erschwernisse ausräumen, die der Aufnahme und dem Betrieb des Studiums entgegenstehen. Aufgabe der Hilfe zur Ausbildung an einer Hochschule sei es dagegen nicht, dem Behinderten ein Studium dadurch zu finanzieren, daß für die Dauer des Studiums der Lebensunterhalt sichergestellt wird und die allgemeinen Ausbildungskosten übernommen werden, die auch ein Nichtbehinderter zu tragen hätte. Dem Kläger gehe es nicht darum, behinderungsbedingte Hindernisse und Erschwernisse auszuräumen, die der Aufnahme und dem Betrieb des Studiums der Sozialwissenschaften an der Fernuniversität H.
entgegenstehen. Denn die Notwendigkeit, während des Studiums den Lebensunterhalt einschließlich Unterkunft und Krankenversicherung sicherzustellen, Gebühren an der Fernuniversität aufzubringen und Fahrtkosten zu tragen, stelle sich für einen Behinderten wie für einen Nichtbehinderten gleichermaßen. Dem Behinderten diese Aufwendungen abzunehmen, sei nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe. Da der Kläger nicht aus Gründen seiner Behinderung gerade an der Fernuniversität H. habe studieren müssen, seien auch besondere Gebühren für das Studium an der Fernuniversität H. sowie Fahrtkosten zum Studienzentrum K. und besondere Kosten für Studienmaterial nicht behinderungsbedingt.
Mit der Revision gegen dieses Urteil verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter,
den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger im Wege der Eingliederungshilfe ein Studium der Sozialwissenschaften zu finanzieren. Das Berufungsgericht habe §§ 39, 40 BSHG verletzt, weil es sie zu Unrecht dahin auslege, daß die Eingliederungshilfe für ein Studium nach § 40
Abs. 1
Nr. 4 und 5 BSHG nicht die mit einem Studium notwendig verbundenen Kosten erfassen könne, die auch Nichtbehinderten entstünden.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die auf die Verpflichtung des Beklagten gerichtete Klage, dem Kläger ein Studium der Sozialwissenschaften zu finanzieren, zu Recht abgewiesen.
Denn der Kläger hat gegen den Beklagten als überörtlichen Träger der Sozialhilfe keinen Anspruch aus § 40
Abs. 1
Nr. 4 und 5, § 100
Abs. 1
Nr. 6 BSHG auf Sicherstellung des Lebensunterhalts einschließlich Unterkunft und Krankenversicherung für die Dauer des Studiums und auf Übernahme der Ausbildungskosten im engeren Sinne (Studentenschaftsbeitrag, Grundgebühr für den Bezug von Fernstudienmaterial, Bezugsgebühren für belegte Kurse und Fahrtkosten zum Besuch des Studienzentrums K. der Fernuniversität H.).
Zwar hatte früher § 41
Abs. 1 BSHG für die bildungsbezogene Eingliederungshilfe (zu anderen Arten der Hilfe in besonderen Lebenslagen
vgl. § 33
Abs. 1 und § 48
Abs. 2
Nr. 3 BSHG) abweichend von der grundsätzlichen Aufteilung der Sozialhilfe in Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen (§ 1
Abs. 1 BSHG in Verbindung mit Abschnitt 2 und 3 des Bundessozialhilfegesetzes) bestimmt, daß die Hilfe nach § 40
Abs. 1
Nr. 3 bis 5 BSHG auch den Lebensunterhalt des Behinderten umfasse. Durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I
S. 1523) sind aber die §§ 33 und 41 aufgehoben und ist die Nummer 3 in § 48
Abs. 2 BSHG gestrichen worden. Als Begründung für die Aufhebung des § 41 BSHG ist im Gesetzentwurf (BTDrucks 9/842
S. 89 zu
Nr. 29) angeführt: "Auch im Bereich der Eingliederungshilfe für Behinderte soll künftig wie bei allen anderen Hilfen in besonderen Lebenslagen uneingeschränkt der Grundsatz gelten, daß bei der offenen Hilfe die Bestimmungen über die Hilfe zum Lebensunterhalt und über die Hilfe in besonderen Lebenslagen einschließlich ihrer Voraussetzungen selbständig nebeneinander anzuwenden sind." An Stelle der aufgehobenen Mehrbedarfsregelung in § 41
Abs. 2 BSHG hat das 2.Haushaltsstrukturgesetz in § 23
Abs. 3 BSHG eine Mehrbedarfsregelung für Behinderte, die das fünfzehnte Lebensjahr vollendet haben und denen Eingliederungshilfe nach § 40
Abs. 1
Nr. 3 bis 5 BSHG gewährt wird, eingefügt.
Es entspricht der Trennung zwischen Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen im Bundessozialhilfegesetz, daß der Lebensunterhalt grundsätzlich der Hilfe zum Lebensunterhalt zugeordnet ist. § 27
Abs. 3 BSHG, der für die in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung oder in einer Einrichtung zur teilstationären Betreuung gewährte Hilfe in besonderen Lebenslagen bestimmt, daß diese auch den in der Einrichtung gewährten Lebensunterhalt umfaßt, ist eine Ausnahme von dieser Regel, stellt aber den Grundsatz, daß der Lebensunterhalt der Hilfe zum Lebensunterhalt zugeordnet ist, nicht in Frage. Daraus folgt, daß es nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40
Abs. 1
Nr. 4 und 5 BSHG ist, den zur Durchführung eines Studiums an einer Hochschule erforderlichen Lebensunterhalt sicherzustellen. Ob in einem besonderen Fall für den Lebensunterhalt ausnahmsweise Eingliederungshilfe verlangt werden kann, bedarf im vorliegenden Streitfall keiner Entscheidung. Denn wie noch zu zeigen ist, liegt kein eine Ausnahme rechtfertigender besonderer Grund vor.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Eingliederungshilfe zur Ausbildung an einer Hochschule allein behinderungsbedingte Hindernisse und Erschwernisse ausräumen soll, die der Aufnahme und der Durchführung des Studiums entgegenstehen, daß es dagegen nicht Aufgabe der Hilfe zur Ausbildung an einer Hochschule sei, dem Behinderten ein Studium dadurch zu finanzieren, daß für die Dauer des Studiums der Lebensunterhalt sichergestellt wird und die allgemeinen Ausbildungskosten übernommen werden, die auch ein Nichtbehinderter zu tragen hätte. Dem kann nur bedingt gefolgt werden.
Unproblematisch ist der Bedarf, der allein einem Behinderten entstehen kann,
z.B. behinderungsgerechter Wohnraum oder behinderungsgerechtes besonderes Studienmaterial. Die Hilfe hierzu räumt zum einen behinderungsbedingte Hindernisse und Erschwernisse aus, zum anderen sind Aufwendungen des Behinderten dafür Kosten, die ein Nichtbehinderter nicht zu tragen hätte. Für einen solchen Bedarf kann Eingliederungshilfe verlangt werden; einen solchen Bedarf hat der Kläger aber nach den gemäß § 137
Abs. 2
VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geltend gemacht.
Mißt man den vom Kläger geltend gemachten Bedarf des Lebensunterhalts und der allgemeinen Ausbildungskosten am Maßstab des Berufungsgerichts, so zeigt sich, daß dem Studium des Klägers eigentlich keine behinderungsbedingten Hindernisse oder Erschwernisse entgegenstehen, die es auszuräumen gilt. Der Kläger begehrt die Übernahme des Lebensunterhalts und der allgemeinen Ausbildungskosten nicht, um eine behinderungsbedingte Benachteiligung bei der Aufnahme oder der Durchführung des Studiums auszugleichen; vielmehr sieht er seinen Bedarf an Eingliederungshilfe zum Studium an der Hochschule darin, daß er nur mit diesem Studium den für ihn allein angemessenen Beruf ausüben könne.
Ob in Fällen dieser Art Lebensunterhalt und Ausbildungskosten für ein Studium im Wege der Eingliederungshilfe übernommen werden könnten, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn ausgehend von der Aufgabe der Eingliederungshilfe, den finanziell bedürftigen Behinderten in die Gesellschaft einzugliedern und ihm (vor allem) die Ausübung eines angemessenen Berufs zu ermöglichen (§ 39
Abs. 3 BSHG), ist Hilfe zur Ausbildung nach § 40
Abs. 1
Nr. 4 und 5 BSHG jedenfalls dann nicht geboten, wenn der Bedarf an Lebensunterhalt und Ausbildungskosten durch eine andere Sozialleistung gedeckt werden kann (
vgl. § 2
Abs. 1 BSHG). Das ist hier der Fall. Im Bundesausbildungsförderungsgesetz sind behinderungsbedingte Besonderheiten in bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen der Ausbildungsförderung berücksichtigt. Nach § 10
Abs. 3 Satz 2
Nr. 3 und 4
BAföG gilt die in § 10
Abs. 3 Satz 1
BAföG bestimmte Altersgrenze nicht, wenn die Ausbildung wegen einer Behinderung zu einer späteren Zeit aufgenommen wird, und nach § 15
Abs. 3
Nr. 5
BAföG n.F. (früher nach § 15
Abs. 3
Nr. 1
BAföG a.F.) kann Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus geleistet werden, wenn diese infolge einer Behinderung überschritten ist.
Da der Kläger im vorliegenden Fall Hilfe nur für die Kosten der Ausbildung geltend macht, die wie die Kosten für den Lebensunterhalt und die allgemeinen Ausbildungskosten in ihrer Höhe keine behinderungsbedingten Besonderheiten aufweisen, kann er Leistungen dafür nur nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes beanspruchen (
vgl. auch § 26 BSHG). Behinderungsbedingte Besonderheiten, im Fall des Klägers der behinderungsbedingt späte Beginn der Ausbildung (
vgl. dazu § 10
Abs. 3 Satz 2
Nr. 3 BAföG), die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Förderungsanspruch nicht entgegenstehen, ihn vielmehr erhalten, rechtfertigen deshalb eine über die Ausbildungsförderung hinausgehende Eingliederungshilfe nicht.