Kurzbeschreibung:
Der Antragsteller begehrt als Leistungen zur Teilhabe die Übernahme von Reparaturkosten für sein behinderungsbedingt ausgestattetes Kraftfahrzeug in Höhe von ca. 2500,- Euro.
Der Antragsteller ist aufgrund seiner schweren Behinderungen auf die Nutzung eines Elektro-Rollstuhles angewiesen. Bei ihm besteht u. a. eine schwere Skoliose und eine Immobilitätsosteoporose. Er lebt in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinem Sohn. Neben Einkünften aus einer nichtselbstständigen Beschäftigung bezieht der Antragsteller eine Erwerbsminderungsrente von der Antragsgegnerin (Deutsche Rentenversicherung).
Aufgrund mehrerer Anträge hat der Antragsteller Kosten für durchgeführte Reparaturen an seinem behinderungsbedingt ausgestatteten und für den Rollstuhltransport ausgelegten Kfz geltend gemacht. Wegen eines derzeit noch ausstehenden Rechnungsbetrages von ca. 2500 Euro verweigert die Reparaturwerkstatt die Herausgabe des Kfz. Sie macht wegen des noch offenen Rechnungsbetrages ein Zurückbehaltungsrecht am Kfz geltend. Die Deutsche Rentenversicherung erstattet derzeit dem Antragsteller im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben die Kosten für Taxi-Fahrten zur Arbeitsstelle.
Mit seinem beim SG eingereichten Antrag begehrt der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Ausgleich des noch offenen Rechnungsbetrages. Das Gericht hat die Stadt als für die Leistung zur Teilhabe an der Gemeinschaft zuständigen Sozialhilfeträger zum Rechtsstreit beigeladen.
Der Antragsteller hat vorgetragen, aufgrund seiner erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei er auf die Nutzung des Kfz dringend angewiesen. Zum einen sei ihm die Ausübung seiner nicht selbstständigen Beschäftigung nur noch im begrenzten Umfang möglich, weshalb ihm die Arbeitgeberin bereits eine Abmahnung erteilt habe. Unabhängig von den arbeitsrechtlichen Nachteilen sei ihm auch die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich. Anlässlich eines Krankenhausaufenthaltes seines Sohnes habe er diesen nicht besuchen können. Darüber hinaus benötige er die Mitnahme diverser Hilfsmittel, um auf Dienstfahrten für seinen Arbeitgeber seinen hygienischen Erfordernissen Rechnung tragen zu können. Auch der Antritt einer medizinischen Rehabilitation Ende Juli 2012 sei ihm ohne sein Kfz nicht möglich.
Die erhebliche Eilbedürftigkeit seines Antrages ergebe sich aus seinen behinderungsbedingten Einschränkungen, die er ohne Nutzungsmöglichkeit seines Kfz erleide. Sein vorhandenes Vermögen sei zum einen als Rücklage zu seiner Eigenbeteiligung nach § 87 SGB XII anzusehen, zum anderen als Ansparvermögen für die Neuanschaffung eines Kfz. Zudem sei eine zusätzliche Eigenbeteiligung von ihm nicht mehr zu leisten, da die Grenze seiner Eigenbeteiligung bereits bei der Berechnung der Leistungen der Hilfe zur Pflege (SGB XII) überschritten worden sei.
Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass sie die Reparaturkosten bereits übernommen habe, soweit sie in ihren Zuständigkeitsbereich fielen. Dies betreffe alle Rechnungspositionen, die als behinderungsbedingter Mehrbedarf des Antragstellers bei der Zusatzausstattung seines behinderungsbedingt ausgestatteten Kraftfahrzeuges zu berücksichtigen gewesen seien.
Darüber hinaus kämen im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben über die Kraftfahrzeughilfe keine weiteren Leistungen in Betracht. Soweit allgemeine Reparaturkosten erbracht worden seien, sei die Antragsgegnerin zur Erstattung über die Kraftfahrzeughilfe nicht verpflichtet. Denn diese Kosten fielen unabhängig von einer Behinderung an und könnten daher im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe nicht erbracht werden.
Der beigeladene Sozialhilfeträger hat ausgeführt, dass unmittelbar gegenüber ihm kein Leistungsanspruch bestehe, da der Antrag auf Bewilligung einer Kfz-Beihilfe seitens der Rentenversicherung nicht unverzüglich an den Sozialhilfeträger weitergeleitet worden sei. Damit werde gem. § 14 Abs. 2 SGB IX eine eigene Zuständigkeit der Antragsgegnerin begründet. Diese müsse nunmehr ggf. auch nach den Bestimmungen der §§ 53 f. SGB XII eigenständig entscheiden.
Das Gericht hat die Deutsche Rentenversicherung im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, an den Antragsteller vorläufig und darlehensweise den geltend gemachten Betrag in Höhe von ca. 2500,- Euro zu zahlen.
Der Anordnungsgrund ergebe sich aus § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX i. V. m. §§ 55 Abs. 1 SGB IX, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. § 8 Abs. 1 der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHVO) im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
Gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sei die Antragsgegnerin für diese Leistungen zuständig geworden, da sie den Antrag auf Erstattung der Reparaturkosten nicht an die eigentlich zuständige Beigeladene unverzüglich weitergeleitet habe.
Die Leistungen seien zunächst darlehensweise zu gewähren, bis eine abschließende Klärung des Anspruchs erfolgt sei, vgl. § 8 EinglHVO.
Der Anspruch ergebe sich gegenüber der Antragsgegnerin nicht aus § 16 SGB VI i. V. m. den §§ 33 f. SGB IX i. V. m. der Kraftfahrzeughilfeverordnung. Dieser Anspruch wegen der Kosten der Wartung der behinderungsbedingten Zusatzausstattung des Kfz sei durch Zahlungen der Antragsgegnerin bereits erfüllt.
Für die Instandhaltung einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung des Kfz komme vorliegend lediglich § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Kraftfahrzeughilfeverordnung in Betracht.
Weitere darüber hinausgehende Leistungen - insbesondere für allgemeine Reparaturen, die nicht die behinderungsbedingte Zusatzausstattung betreffen - sehe die Kraftfahrzeughilfeverordnung nicht vor.
Auch die weiteren Leistungsvoraussetzungen von § 9 Abs. 1 der Kraftfahrzeughilfeverordnung lägen nicht vor. Die dort geregelten Tatbestände seien bereits deswegen nicht erfüllt, da die Antragsgegnerin zur Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit des Antragstellers weiter Leistungen in Form von Taxi-Kosten erbringe, damit der Antragsteller seine Arbeitsstelle aufsuchen könne.
Der Anspruch auf Zahlung ergebe sich aus der über § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX begründeten Zuständigkeit der Antragsgegnerin. Werde ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe i. S. v. § 14 Abs. 1 SGB IX nicht weitergeleitet, stelle der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Zu diesem Rehabilitationsbedarf zählten sämtliche Leistungen zur Teilhabe i. S. d. § 5 SGB IX, mithin auch die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
§ 8 Abs. 1 Satz 1 der EinglHVO regele die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft i. S. d. § 54 Abs. 1 SGB XII i. V. m. §§ 33 und 55 SGB IX. Gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 der EinglHVO werde die Hilfe in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kfz angewiesen sei.
Zur Eingliederung und zur Teilhabe des behinderten Menschen am Leben in der Gemeinschaft können darüber hinausgehende Leistungen bemessen werden. Hierzu zählten gem. § 10 Abs. 6 EinglHVO auch die Kosten zur Unterhaltung des Fahrzeuges, wenn der behinderte Mensch wegen seiner Behinderung auf die regelmäßige Benutzung eines Kfz angewiesen sei.
Vorliegend bestehe für das Gericht angesichts der massiven Beeinträchtigungen des auf einen Elektrorollstuhl angewiesenen Antragsteller angesichts der Zielbestimmung des § 53 Abs. 3 Satz 2 SGB XII kein entgegenstehender Zweifel.
Gem. § 19 Abs. 3 SGB XII seien die Leistungen vom Einkommen und vom Vermögen des behinderten Menschen abhängig. Der Antragsteller habe seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Gericht dargelegt. Der beigeladene Sozialhilfeträger habe vorgetragen, dass eine Doppelberücksichtigung von vorhandenem Vermögen sowohl bei der Bewilligung des Persönlichen Budgets im Rahmen der Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe nicht möglich sei. Die Beigeladene habe das Vermögen bereits im Rahmen der Bewilligung eines Persönlichen Budgets vollumfänglich berücksichtigt.
Daher handele es sich bei den vom Antragsteller angegebenen Sparguthaben um gebundene Mittel, die vom Sozialhilfeträger bereits anderweitig (bei der Hilfe zur Pflege) berücksichtigt worden seien. Eine nochmalige Anrechnung sei nicht möglich. Insoweit vertrete die Kammer die Auffassung, dass gem. § 19 Abs. 5 Satz 1 SGB XII dem Antragsteller der Einsatz dieser Mittel nicht nochmal zuzumuten sei.
Im Übrigen sehe die Kammer das der Antragsgegnerin eingeräumte Ermessen angesichts der körperlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers und seiner dadurch erschwerten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft als "auf Null" reduziert an, zumal das Kfz des Antragstellers diesem nun schon seit geraumer Zeit nicht mehr zur Verfügung stehe.
Schließlich bestehe kein rechtlicher Grundsatz dahingehend, dass der Antragsteller zunächst rechtliche Schritte gegen die Kfz-Werkstatt in die Wege leiten müsste. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Kfz-Werkstatt ein zivilrechtliches Zurückbehaltungsrecht habe oder ob in Anbetracht der schwerwiegenden behinderungsbedingten Beeinträchtigungen des Antragstellers eine Ausübung des Zurückbehaltungsrechts rechtsmissbräuchlich sei.