Die Klägerin begehrt die Gewährung begleitender Hilfe im Arbeitsleben für eine beabsichtigte Berufsausbildung
bzw. Schulung.
Die am 21.11.1967 geborene Klägerin ist wegen Gehörlosigkeit mit Sprachstörungen sowie eines angeborenen Herzleidens mit einem Grad der Behinderung von 100 als schwerbehinderter Mensch anerkannt.
Am 8.6.1990 legte die Klägerin die Abschlussprüfung als Verwaltungsfachangestellte erfolgreich ab. Seit dem 29.6.1990 ist sie bei der Stadt G. als Verwaltungsfachangestellte beschäftigt.
Am 26.5.2003 beantragte sie bei dem Landeswohlfahrtsverband Baden, dem Rechtsvorgänger des Beklagten, die Kostenübernahme für eine zweijährige Ausbildung zur staatlich geprüften Betriebswirtin
bzw. alternativ für eine einjährige Schulung zum Projektfachmann (Marketing/Controlling) bei einer Fachakademie in München sowie die Übernahme der Kosten eines Gebärdendolmetschers während dieser Vollzeitmaßnahme.
Mit Bescheid vom 24.9.2003 lehnte der damalige Landeswohlfahrtsverband Baden - Integrationsamt - den Antrag der Klägerin ab. Leistungen gemäß § 102
Abs. 3
Nr. 1 e
SGB IX i.V.m. § 24
SchwbAV könnten nur für Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten gewährt werden. Darunter seien nur solche Maßnahmen zu verstehen, die im derzeit ausgeübten Beruf als Verwaltungsfachangestellte eine Verbesserung der Beschäftigungssituation mit sich bringen würden. Die Förderung der hier angestrebten beruflichen Neuorientierung sei nicht möglich.
Den dagegen am 30.9.2003 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Landeswohlfahrtsverband Baden mit Widerspruchsbescheid vom 27.9.2004 zurück. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Förderung lägen nicht vor. Bei der von der Klägerin angestrebten Ausbildung
bzw. Schulung handele es sich nicht um eine Weiterbildung im Sinne des
§ 102 Abs. 3 SGB IX i.V.m. § 24 SchwbAV, sondern um eine berufliche Neuorientierung und damit um eine zusätzliche Ausbildung. Die von der Klägerin herangezogene Vorschrift des
§ 33 SGB IX richte sich an den jeweiligen Rehabilitationsträger, zu dem das Integrationsamt nicht gehöre. Der Leistungskatalog des Integrationsamtes ergebe sich abschließend aus § 102
Abs. 3
SGB IX.
Auf den Widerspruchsbescheid des Landeswohlfahrtsverbands Baden hin erhob die Klägerin am 1.10.2004 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg. Mit Beschluss vom 12.11.2004 erklärte das Sozialgericht Freiburg den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Freiburg.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus § 102
Abs. 2 Satz 2
SGB IX i.V.m. § 17
Abs. 1
SchwbAV. Die Kostenübernahme für die begehrten Schulungs- und Bildungsmaßnahmen könnten gemäß § 102
Abs. 3
Nr. 1 e
SGB IX gewährt werden. Der angegriffene Bescheid sei ermessensfehlerhaft, weil der Beklagte bei der Entscheidung eine falsche Rechts- und Tatsachengrundlage zugrunde gelegt habe. Bei der Schulung zum Projektfachmann handele es sich im Übrigen um eine Weiterbildungsmaßnahme in Sinne des § 102
SGB IX.
Die Kammer konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101
Abs. 2
VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid des Landeswohlfahrtsverbands Baden - Integrationsamt - vom 24.9.2003 und dessen Widerspruchsbescheid vom 27.9. 2004 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung begleitender Hilfe im Arbeitsleben für die beabsichtigte Berufsausbildung zur staatlich geprüften Betriebswirtin oder für die Schulung zum Projektfachmann "Controlling und Marketing" (§§ 113
Abs. 1 Satz 1,
Abs. 5, 114
VwGO).
Gemäß § 102
Abs. 1
Nr. 3
SGB IX obliegt dem Integrationsamt die Aufgabe der Durchführung der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben. Es kann dabei im Rahmen seiner Zuständigkeit auch Geldleistungen aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln der Ausgleichsabgabe (
§ 77 Abs. 5 SGB IX) an schwerbehinderte Menschen
u. a. zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten erbringen und die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz übernehmen ( § 102
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 e,
Abs. 4
SGB IX i.V.m. § 24 der Schwerbehinderten- Ausgleichsabgabeverordnung -
SchwbAV).
Bei den von der Klägerin begehrten Leistungen in Form der Übernahme der Ausbildungs-/Schulungskosten und der Übernahme der Kosten für einen Gebärdendolmetscher während der Ausbildung/Schulung handelt es sich jedoch nicht um eine begleitende Hilfe im Arbeitsleben im Sinne der genannten Regelungen. Zur Begründung kann insoweit auf die Gründe der angegriffenen Bescheide verwiesen werden, denen sich die Kammer in vollem Umfang anschließt (§ 117
Abs. 5
VwGO). Dies gilt insbesondere für die aus Wortlaut, Sinn und Gesetzessystematik folgende Auslegung, wonach dem Integrationsamt im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nur die Förderung solcher Maßnahmen obliegt, die der Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten im erlernten und/oder ausgeübten Beruf dienen. Die Förderung einer Zweitausbildung oder einer Schulungsmaßnahme, die in keinem notwendigen Zusammenhang mit der beruflichen Ausbildung oder der Berufsausübung selbst steht, ist nicht Gegenstand des Leistungskatalogs von § 102
Abs. 3 SGB
i.V.m. §§ 17
ff. SchwbAV.
Zutreffend hat der Rechtsvorgänger des Beklagten auch erkannt, dass die begehrten Hilfen nicht nur in keinem Zusammenhang mit der abgeschlossenen Berufsausbildung der Klägerin und ihrem seit vielen Jahren ausgeübten Beruf der Verwaltungsfachangestellten stehen, sondern dass auch deren konkreter Arbeitsplatz weder gefährdet ist noch einer zukünftigen Gefährdung durch die begehrten Hilfen entgegengewirkt werden müsste.
Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Arbeitgeberin gegenüber der Klägerin eine Änderungskündigung ausgesprochen hat, die Gegenstand arbeits- und verwaltungsgerichtlicher Verfahren sind. Dann mit der Änderungskündigung bezweckt die Arbeitgeberin nur die - aus ihrer Sicht - zutreffende Eingruppierung der Klägerin in eine Leistungsgruppe nach
BAT. Die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Verwaltungsfachangestellte wird damit nicht in Frage gestellt.
Nach allem sind die angegriffenen Bescheide auch nicht ermessensfehlerhaft. Die Ablehnung der Finanzierung einer Zweitausbildung
bzw. einer beruflichen Neuorientierung im Wege der Gewährung begleitender Hilfe im Arbeitsleben steht im Einklang mit der Gesetzeslage, die insoweit - wie oben aufgeführt - schon mangels Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen kein Ermessen für eine Hilfegewährung eröffnet.