Urteil
Begehr einer finanziellen Unterstützung im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben zur Teilnahme an einer Maßnahme zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten

Gericht:

VG Köln 26. Kammer


Aktenzeichen:

26 K 6910/05


Urteil vom:

02.11.2006


Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die finanzielle Unterstützung im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben zur Teilnahme an einer Maßnahme zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten. Der Kläger ist blind und im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit einem GdB von 100. Von Beruf ist er Masseur und medizinischer Bademeister.

Mit Schreiben vom 18.06.2005 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die finanzielle Förderung zur Teilnahme an einem Refresher-Kurs in manueller Lymphdrainage. Für diesen Kurs, der in der Zeit vom 29.10. bis 30.10.2005 im Haus des Bayerischen Blinden- und Sehbehinderten Bundes e. V. in Nürnberg von dem Verband Physikalische Therapie veranstaltet wurde, fielen Gebühren in Höhe von 180,00 Euro an.

Zur Begründung seines Antrages machte der Kläger geltend, er wolle auch zukünftig trotz seiner Behinderung für den Arbeitsmarkt attraktiv bleiben; der Kurs sei zweckmäßig, um seine beruflichen Fähigkeiten zu erweitern und sein letzter Lymphdrainage-Kurs sei acht Jahre her. Da er insbesondere viel mit Krebspatienten zu tun habe, halte er - und auch sein Arbeitgeber sei dieser Meinung - eine Auffrischung für notwendig.

Mit Bescheid vom 10.08.2005 lehnte der Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab und führte zur Begründung aus, nach § 102 Abs. 3 Ziffer 1 e) SGB IX in Verbindung mit § 24 SchwbAV könnten Hilfen zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten gewährt werden, wenn diese nach Art, Umfang und Dauer den Bedürfnissen der schwerbehinderten Menschen entsprächen, der Arbeitsplatz gefährdet oder ein betriebsspezifischer Anlass z. B. die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz erfolgt sei. Diese Voraussetzungen lägen bei dem Kläger nicht vor, da er weder einen neuen Arbeitsplatz erhalten habe, noch die Gefährdung seines Arbeitsplatzes festzustellen sei, da ohne das bei der Fortbildung vermittelte Wissen nicht der Verlust des Arbeitsplatzes drohe. Eine behinderungsbedingte Notwendigkeit sei ebenfalls nicht gegeben, da es sich bei dem von dem Kläger beantragten Lehrgang um einen allgemeinen handele und keinen, der auf die Behinderung des Klägers ausgerichtet sei.

Hiergegen erhob der Kläger am 16.08.2005 Widerspruch und machte geltend, es handele sich tatsächlich um einen Kurs, der speziell auf die Bedürfnisse blinder und sehbehinderter Menschen eingehe. Da er auch blind sei, gehe er von einem Irrtum des Beklagten aus und würde sich über eine positive Entscheidung sehr freuen.

Mit Schreiben vom 25.08.2005 bat der Beklagte, den Arbeitgeber des Klägers umfolgende Auskünfte:

"- Bitte teilen Sie mir mit, welchen Beruf Herr X ausübt.

- Verfügt Herr X über die erforderlichen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten, um diesen Beruf in Ihrem Unternehmen zufriedenstellend auszuführen?

- Wurden Herrn X in der jüngeren Vergangenheit neue Tätigkeiten zugewiesen oder werden ihm in näherer Zukunft neue Tätigkeiten zugewiesen werden?

Fallls ja; nennen Sie bitte diese neuen Tätigkeiten und teilen Sie mir mit, ob Herr X für die Ausübung dieser neuen Tätigkeiten Kenntnisse benötigt, über die er bislang noch nicht verfügt.

Falls ja, welche Kenntnisse?"

Der Arbeitgeber des Klägers beantwortete diese Anfrage mit Schreiben vom 01.09.2005 und teilte mit, der Kläger verfüge über die erforderlichen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten, um seinen Beruf in dem Unternehmen des Arbeitgebers zufriedenstellend auszuführen. Sein Tätigkeitsfeld verändere sich insofern, wie sich der medizinische Fortschritt verändere. Bezüglich der von dem Kläger beantragten Fortbildungsmaßnahme handele es sich um einen Refresher-Kurs der manuellen Lymphdrainage. Mit Hilfe solcher Kurse werde der Wissens- und Fertigkeitsstand aufgefrischt und erweitert. Auf Grund des Fortschritts in der Medizin sei dies unumgänglich, insbesondere durch die stete Zunahme von Karzinom-Patienten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2005 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte begründend aus, Geldleistungen zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fälligkeiten seien Ermessensleistungen und könnten erbracht werden, um behinderungsbedingte, arbeitsplatzbezogene Defizite in Wissen und Grundfertigkeiten auszugleichen und den tätigkeitsbezogenen Kenntnisstand auszubauen. Das Integrationsamt sei gefordert, wenn Grundarbeitsfähigkeiten zur Sicherheit, wie Konzentration, Pünktlichkeit, Ausdauer, Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten beeinträchtigt seien, der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei oder aus aktuellem betriebsspezifischem Anlass, wenn z. B. eine neue Tätigkeit ausgeübt werden solle. Der Lehrgang, für den der Kläger eine Förderung begehre, sei nicht speziell auf Grund seiner Behinderung veranlasst. Es handele sich vielmehr um eine Fortbildungsmaßnahme, die zwar spezielle und erweiterte Kenntnisse und Fertigkeiten vermittele, diese seien jedoch für alle im Rehabilitationsbereich bzw. der Physiotherapie tätigen Arbeitskräfte und nicht nur für schwerbehinderte Menschen von Bedeutung. Daran ändere auch nichts die Tatsache, dass der Kurs im Haus des Bayerischen Blinden- und Sehbehinderten Bundes e. V. stattfinde. Maßgeblich sei, dass der Lehrgang einen Lerninhalt vermittele, der für die Ausübung einer Tätigkeit im Rehabilitationsbereich bzw. der Physiotherapie allgemein benötigt werde und nicht rein behinderungsbedingte Defizite ausgleiche. Eine regelmäßige Fort- und Weiterbildung in dem erlernten Beruf mit dem Ziel, den Veränderungen der beruflichen Anforderungen gerecht zu werden, sei für jeden Arbeitnehmer wichtig, wenn er unter Berücksichtigung der derzeitigen Arbeitsmarktlage im Beruf bestehen wolle. Eine finanzielle Förderung des von dem Kläger besuchten Lehrgangs würde ihm gegenüber nichtbehinderten Arbeitnehmern, die einen Lehrgang mit vergleichbarem Inhalt besuchten und mangels eines Anspruchs auf finanzielle Förderung aus eigenen Mitteln finanzieren müssten, einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen. Dies würde über die Intention des Nachteilsausgleichs für schwerbehinderte Menschen hinausgehen. Die Teilnahme an dem Lehrgang sei auch nicht erforderlich, um arbeitsplatzbezogene Defizite im Wissen und bei Grundfertigkeiten auszugleichen. Wie der Arbeitgeber des Klägers in seiner Stellungnahme vortrage, verfüge der Kläger nämlich über die für die zufriedenstellende Ausübung des Berufs erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten. Auch eine Gefährdung des Arbeitsverhältnisses bestehe nicht. Der Arbeitgeber trage vielmehr vor, dass der Kläger seinen Beruf zur Zufriedenheit ausführe.

Der Kläger hat am 02.12.2005 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Zur Begründung trägt der Kläger vor, das Argument des Beklagten, der Kläger erhalte durch die Förderung des Lehrgangs einen Wettbewerbsvorteil gegenüber nichtbehinderten Therapeuten, könne er nicht nachvollziehen. Durch noch so viele Fort- und Weiterbildungen sei er nicht in der Lage, das funktionierende Augenlicht eines Nichtbehinderten zu kompensieren oder bei Verlust seines Arbeitsplatzes einen anderen Beruf zu erlernen. Nur die ständige Anpassung seines Wissens und seiner Fertigkeiten an die sich immer schneller entwickelnde Medizin verhindere, dass er seinen Arbeitsplatz verliere. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien alle Lehrgänge/Kurse behindertengerecht, denen er folgen könne und für die er einen Abschluss erreiche. Hiernach habe er seine Lehrgänge bisher ausgesucht und bei der Anmeldung zu solchen Lehrgängen auf seine Blindheit hingewiesen. Ein Lehrgang sei nicht nur dann behindertengerecht, wenn er entsprechend bezeichnet werde. Eine rechtsverbindliche Umschreibung des Begriffes behindertengerecht / behindertenspezifisch sei ihm nicht bekannt. Auch sei dieser Begriff seitens des Integrationsamtes nicht näher erläutert worden. Nach seinem jetzigen Kenntnisstand müsse er davon ausgehen, dass dieser Begriff, je nachdem von wem er benutzt werde, entsprechend ausgelegt werden könne.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 10.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2005 zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Förderung zur Teilnahme an dem in der Zeit vom 29.10. bis 30.10.2005 durchgeführten Refresher-Kurs in manueller Lymphdrainage zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt der Beklagte aus, § 102 Abs. 3 SGB IX bestimme, dass Geldleistungen im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben aus den zur Verfügung stehenden Mitteln erbracht werden könnten. Diese Mittel des Beklagten resultierten aus der Erhebung der Ausgleichsabgabe bei abgabepflichtigen Unternehmen. Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland habe in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Zahl der Arbeitsplätze deutlich zurückgegangen sei. Als eine Folge hiervon sinke auch die von den Unternehmern zu zahlende Ausgleichsabgabe. Der Beklagte habe in den Jahren 2002 und 2003 etwa 80 Mio. Euro Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe erhalten. Im Jahr 2005 seien die Einnahmen auf unter 70 Mio. Euro gesunken. Mit einem weiteren Absinken der Einnahmen in den kommenden Jahren sei zu rechnen. Sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben hätten im Ergebnis dazu geführt, dass das Integrationsamt des Beklagten im Jahre 2005 ein strukturelles Defizit von fast 16 Mio. Euro habe ausweisen müssen. Damit seien im Ergebnis 1/3 der Auszahlungen des Jahres 2005 nicht durch Einnahmen gedeckt. Die Finanzierung sei nur möglich durch einen Rückgriff auf die in den Vorjahren gebildete Rücklage. Damit der Beklagte auch in den nächsten Jahren seine gesetzlichen Aufgaben erfüllen könne, bestehe die dringende Notwendigkeit, durch entsprechende Maßnahmen das strukturelle Defizit schrittweise zu verringern. Dies bedeute, dass in allen Bereichen Kosten eingespart werden müssten und die Förderpraxis den finanziellen Rahmenbedingungen anzupassen sei. Ein Bereich, in dem der Beklagte seine Förderpraxis geändert habe, betreffe die Leistungen zur beruflichen Fort- und Weiterbildung nach § 24 SchwbAV. Seit Anfang des Jahres 2005 sei im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben eine restriktivere Bewilligungspraxis eingeführt worden. Eine Förderung werde nur noch in den Fällen, gewährt, in denen

1. die Fortbildungsmaßnahme selbst behinderungsbedingt notwendig sei,
2. bei nichtbehinderungsbedingten Fortbildungsmaßnahmen ein behinderungsbedingter Mehraufwand bestehe,
3. die Maßnahmen zur Abwendung einer Kündigung diene und
4. die Förderungsmaßnahme notwendig sei, um den Arbeitsplatz zu sichern, wenn durch eine Änderung des Berufsbildes sonst das Arbeitsverhältnis in absehbarer Zeit enden würde. Maßnahmen,die lediglich dem beruflichen Aufstieg dienten, würden nicht gefördert.

Diese Förderkriterien würden für alle seit dem 01.01.2005 gestellten Anträge angewendet. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien sei der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen worden. Besonders weise der Beklagte auf den Umstand hin, dass der Arbeitgeber des Klägers in seinem Schreiben vom 01.09.2005 gegenüber dem Beklagten erklärt habe, der Kläger verfüge über die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten, um seinen Beruf zufriedenstellend auszuführen. Der Hinweis des Klägers darauf, dass er bei gleicher Ausbildung keine Chance habe, bei einer Bewerbung, um einen Arbeitsplatz gegenüber einem nichtbehinderten Arbeitnehmer eine Anstellung zu erhalten, sei für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht erheblich, weil es nicht Sinn und Zweck des Schwerbehindertenrechts sei, einem schwerbehinderten Arbeitnehmer einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Arbeitnehmern einzuräumen. Das Gesetz solle vielmehr behinderungsbedingte Nachteile ausgleichen. Dem Beklagten sei es sehr wohl bewusst, dass der Kläger durch seine Blindheit mit vielen Herausforderungen des alltäglichen Lebens zu kämpfen habe. Doch im Fall der beantragten Fortbildung gehe es nicht um einen Nachteilsausgleich. Für jeden Masseur sei es wichtig, auf dem medizinischen Gebiet auf dem laufenden zu bleiben, so dass jeder Masseur auch darum bemüht sein werde regelmäßige Fortbildungen zu besuchen. Dies gelte auch für den Kläger. Nichtbehinderte Arbeitnehmer müssten entsprechende Fortbildungen ebenfalls selber bezahlen, soweit der Arbeitgeber die Maßnahme nicht finanziell unterstütze. Die von dem Kläger begehrte Unterstützung für die Fortbildung in einem Refresher-Kurs manuelle Lymphdrainage sei überdies keine Fortbildung, die in unmittelbaren Zusammenhang mit der Behinderung des Klägers - der Blindheit - stehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten.

Mit Beschluss vom 01.03.2006 hat die Kammer gemäß § 6 Abs. 1 VwGO den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH)

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage, über die gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch den Einzelrichter entschieden werden konnte, ist unbegründet.

Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung der Kosten für die Teilnahme an dem in der Zeit vom 29.10. bis 30.10.2005 durchgeführten Refresher-Kurs in manueller Lymphdrainage.

Nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX hat das Integrationsamt des Beklagten u.a. die Aufgabe der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben. Nach § 102 Abs. 3 Nr. 1e SGB IX kann das Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln auch Geldleistungen erbringen, insbesondere zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten. Nach § 24 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des, Schwerbehindertengesetzes - Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabenverordnung (SchwbAV) können Schwerbehinderte Menschen, die an inner- oder außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Erhaltung und Erweiterung ihrer beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten oder zur Anpassung an die technische Entwicklung teilnehmen, vor allem an besonderen Fortbildungs- und Anpassungsmaßnahmen, die nach Art, Umfang und Dauer den Bedürfnissen dieser schwerbehinderten Menschen entsprechen, Zuschüsse bis zur Höhe der ihnen durch die Teilnahme an diesen Maßnahmen entstehenden Aufwendungen erhalten. Hilfen können auch zum beruflichen Aufstieg erbracht werden. Nach § 18 Abs. 2 SchwbAV können Leistungen an schwerbehinderte Menschen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben erbracht werden, wenn 1. die Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt und durch die Leistungen ermöglicht, erleichtert oder gesichert werden kann und wenn 2. es dem schwerbehinderten Menschen wegen des behinderungsbedingten Bedarfs nicht zuzumuten ist, die erforderlichen Mittel selbst aufzubringen. In den übrigen Fällen sind seine Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen.

Nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften hat der Beklagte die Gewährung des begehrten Zuschusses zu Recht abgelehnt, denn bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAV sind nicht erfüllt. Ausweislich des Schreibens des Arbeitgebers des Klägers an den Beklagten vom 01.09.2005 ist der Kläger seit Jahren in der Praxis des Arbeitgebers als Masseur und medizinischer Bademeister angestellt.

Der Kläger verfügt hiernach auch über die erforderlichen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten, um diesen Beruf zufriedenstellend auszuführen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Eingliederung des Klägers in das Arbeits- und Berufsleben auch unter Berücksichtigung von Art oder Schwere seiner Behinderung gerade nicht auf besondere Schwierigkeiten im Sinne des § 18 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAV stößt.

Vgl. zu den Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAV auch Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 06.02.2001 - Au 3 K 06.154 - (zitiert nach JURIS).

Nichts anderes gilt vor dem Hintergrund, dass es aus Sicht des Arbeitgebers des Klägers und des Klägers selbst bei dem streitigen Refresher-Kurs darum geht, den Wissens- und Fertigkeitsstand der Teilnehmer aufzufrischen und zu erweitern und diese Auffrischung und Erweiterung aufgrund des Fortschritts in der Medizin unumgänglich ist. Die Notwendigkeit der Auffrischung und Erweiterung von Kenntnissen gilt einerseits für alle Berufsfelder, die einer ständigen Veränderung unterworfen sind und trifft andererseits behinderte und nicht behinderte Arbeitnehmer in gleicher Weise. Dies gilt ohne Frage auch für den Kläger. Allerdings ist die Auffrischung und Erweiterung seiner beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen des Refresher-Kurses gerade nicht erforderlich, weil seine Eingliederung in das Arbeits- und Berufsleben auch unter Berücksichtigung von Art oder Schwere seiner Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt.

Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAV, bei deren Vorliegen Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben gewährt werden können, nicht erfüllt sind, scheidet ein Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses aus, ohne dass insoweit ein Ermessendes Beklagten eröffnet wäre. Selbst wenn dieses Ermessen eröffnet wäre, so ließe sich eine Reduzierung des Ermessens auf Null - nur in diesem Fall stünde dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Förderung des Kurses zu - nach keiner Betrachtungsweise feststellen.

Dem Kläger stünde auch ein Anspruch auf erneute Vorbescheidung durch den Beklagten nicht zu. Das Schwerbehindertenrecht hat nämlich nicht die Aufgabe, einem Schwerbehinderten in jeder Lebenslage umfassend Hilfe zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile zu leisten.

VgL Verwaltungsgericht Augsburg a.a.O.

Abgesehen davon ist das Vorbringen des Beklagten im Klageverfahren, die Vergabe von Mitteln für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben stehe unter dem Vorbehalt des Vorhandenseins ausreichender Mittel vor dem Hintergrunddes Wortlauts des § 102 Abs. 3 Nr. 1e SGB IX aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu beanstanden. Denn auch im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben besteht kein unmittelbarer Rechtsanspruch des einzelnen Schwerbehinderten auf bestimmte Hilfen oder Leistungen. Welche Maßnahmen von dem Integrationsamt für sachdienlich gehalten und ergriffen werden, steht vielmehr in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Der Schwerbehinderte hat lediglich Anspruch darauf, dass das Integrationsamt tätig wird. Wie dieses tätig wird, hängt auch von seinen Mitteln ab.

Vgl. Pahlen in Neumann-Pahlen-Majerski-Pahlen, SGB IX,Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, 11. Auflage, § 102, RN 10 m.w.N.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 711, 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO).

Referenznummer:

R/RBIH6811


Informationsstand: 03.08.2015