I.
Die Klägerin ist wegen Schwerhörigkeit beiderseits und Funktionsminderung des linken Kniegelenks mit einem Grad der Behinderung von 70 als schwerbehinderter Mensch anerkannt.
Seit dem 1. Juli 2004 arbeitet sie als vollbeschäftigte Angestellte im allgemeinen Verwaltungsdienst der Stadt F.. Seit Anfang 2005 nimmt sie an einem Weiterbildungslehrgang des
S.-X. Berufskollegs zur staatlich geprüften Betriebswirtin teil. Mit Schreiben vom 21. März 2005 beantragte sie unter Bezugnahme auf ein früheres Schreiben vom 21. Dezember 2004 die Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten ihrer Weiterbildung.
Mit Bescheid vom 10. August 2005 lehnte der Beklagte die Zuschussgewährung mit der Begründung ab, die zu bezuschussende Maßnahme müsse einen Bezug zum konkreten Arbeitsplatz
bzw. Arbeitsverhältnis aufweisen, etwa wenn der Arbeitsplatz gefährdet oder ein betriebsspezifischer Anlass gegeben sei, wie
z.B. die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz. Ein derartiger Bezug sei hier nicht gegeben, da die Klägerin weder einen neuen Arbeitsplatz erhalten habe noch eine Gefährdung ihres Arbeitsplatzes festzustellen sei.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Widerspruchsausschuss beim Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2005 zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus: Ziel der Regelungen sei es, die Wettbewerbsfähigkeit schwerbehinderter Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu erhalten und dadurch ihre Teilhabe am Arbeitsleben dauerhaft sicherzustellen. Die gewährten Hilfen sollten dazu dienen, einen Ausgleich der behinderungsbedingten Benachteiligung im Arbeitsleben zu schaffen. Dieser Nachteilsausgleich dürfe jedoch nicht zu einer Besserstellung schwerbehinderter Menschen gegenüber nichtbehinderten Menschen führen, die vergleichbare Leistungen nicht in Anspruch nehmen könnten. Geldleistungen zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten
i.S.d. § 102 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe e) SGB IX i.V.m. § 24 SchwbAV könnten erbracht werden, um behinderungsbedingte, arbeitsplatzbezogene Defizite im Wissen und bei Grundfertigkeiten auszugleichen und den tätigkeitsbezogenen Kenntnisstand auszubauen. Um eine solche Maßnahme gehe es hier jedoch nicht. Der Lehrgang vermittele eine allgemein am Arbeitsmarkt gängige Ausbildung in einem neuen Beruf und gleiche nicht rein behinderungsbedingte Defizite aus. Die finanzielle Förderung der Klägerin zur Ausbildung in einem neuen Beruf würde der Klägerin gegenüber nicht behinderten Arbeitnehmern einen ungerechtfertigten wirtschaftlichen Vorteil verschaffen.
Ihre hiergegen erhobene Klage hat die Klägerin im wesentlichen wie folgt begründet: Eine derart einschränkende Auslegung des § 24
SchwbAV sie nicht gerechtfertigt. Nach § 24
Abs. 2
SchwbAV könnten auch Hilfen für den beruflichen Aufstieg erbracht werden. Im Übrigen habe der Beklagte in gleichgelagerten Fällen mittlerweile Mittel nachbewilligt. Ergänzend hat sie auf eine "Vereinbarung" zwischen dem Beklagten und dem Leiter des
S. -X. Berufskollegs von Mai 2006 verwiesen. Danach könne das Integrationsamt die Qualifizierung
u. a. dann fördern, wenn das erworbene Wissen innerhalb eines Zeitraums von zwei bis drei Jahren nach Beendigung der Maßnahme bei dem derzeitigen Arbeitgeber sinnvoll eingesetzt werden könne und ein beruflicher Aufstieg ermöglicht werde. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben.
Die Klägerin hat - sinngemäß - beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Integrationsamtes beim Beklagten vom 10. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Beklagten vom 30. November 2005 zu verpflichten, der Klägerin auf ihren Antrag vom 14. Dezember 2004
bzw. vom 21./24. März 2005 einen Zuschuss für das Studium an der W. Fachschule am
S. -X. Berufskolleg in F. mit dem Abschluss "staatlich geprüfte Betriebswirtin" zu gewähren,
hilfsweise,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Integrationsamtes beim Beklagten vom 10. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Beklagten vom 30. November 2005 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er auf die Gründe des Widerspruchsbescheides verwiesen. Ergänzend hat er geltend gemacht, wegen des Rückgangs der zur Verfügung stehenden Fördermittel zum Förderjahr 2005 seine Förderpraxis auf der Grundlage einer entsprechenden Abteilungsverfügung eingeschränkt zu haben. Die Abteilungsverfügung lege fest, dass Maßnahmen, die lediglich dem beruflichen Aufstieg dienten, nicht mehr gefördert würden. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht gegeben. Die anderen Fälle seien nicht vergleichbar
bzw. bezögen sich auf das Förderjahr 2006. Soweit die Klägerin auf die " Vereinbarung" Bezug nehme, müsse eine realistische Chance bestehen, den beruflichen Aufstieg innerhalb von zwei bis drei Jahren zu schaffen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Zur Begründung ihrer hiergegen eingelegten und vom beschließenden Senat zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und dem erstinstanzlichen Klageverfahren.
Die Klägerin beantragt - sinngemäß -,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt - sinngemäß -,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
II.
Über die Berufung kann
gem. § 130a
VwGO durch Beschluss entschieden werden, weil der Senat die Berufung mit dem Hauptantrag einstimmig für unbegründet, mit dem Hilfsantrag einstimmig für begründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 130a Satz 1
VwGO). Die Beteiligten sind hierzu nach § 130a Satz 2
VwGO i.V.m. § 125
Abs. 2 Satz 3
VwGO mit gerichtlicher Verfügung vom 23. November 2007 angehört worden.
Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, weil die begehrte Gewährung eines Zuschusses nach § 102
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 Buchstabe e)
SGB IX i.V.m. § 24
SchwbAV im Ermessen steht und Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null nicht ersichtlich sind.
Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus
Art. 3
Abs. 1
GG i.V.m. einer entsprechenden Förderpraxis des Beklagten. Konkrete Anhaltspunkte, dass im Jahr 2005 oder danach in Fällen, in denen Antragstellern, die, wie die Klägerin, eine Berufsausbildung zur Verwaltungsfachangestellten absolviert haben und als vollbeschäftigte Angestellte im allgemeinen Verwaltungsdienst einer öffentlichen Körperschaft arbeiten, ein Zuschuss zum Studium an der W. Fachschule am
S. -X. Berufskolleg in F. mit dem Abschluss "staatlich geprüfte/r Betriebswirt/in" im Rahmen einer allgemeinen Förderpraxis und nicht nur rechtsfehlerhaft in Einzelfällen gewährt worden ist, sind weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Mit dem Hilfsantrag ist die Klage begründet, weil der Bescheid des Integrationsamtes beim Beklagten vom 10. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Beklagten vom 30. November 2005 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihrem Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag verletzt.
Nach § 114 Satz 1
VwGO prüft das Gericht, wenn die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ob die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Letzteres ist hier gegeben.
Der ablehnende Bescheid des Integrationsamtes des Beklagten vom 10. August 2005 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses beim Integrationsamt des Beklagten vom 30. November 2005 gefunden hat, stützt die Ablehnung der Zuschussgewährung ausschließlich darauf, dass Geldleistungen zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten Ermessensleistungen seien, um behinderungsbedingte, arbeitsplatzbezogene Defizite im Wissen und bei Grundfertigkeiten auszugleichen und den tätigkeitsbezogenen Kenntnisstand auszubauen, und eine finanzielle Förderung der Ausbildung in einem neuen Beruf über die Intention des Nachteilsausgleichs für schwerbehinderte Menschen hinausgehe, weil ihnen dadurch gegenüber nicht behinderten Arbeitnehmern, die einen Lehrgang mit vergleichbarem Inhalt besuchten und mangels eines Anspruchs auf finanzielle Förderung aus eigenen Mitteln finanzieren müssten, ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft werde.
Eine in dieser Weise doppelt eingeschränkte Zielrichtung (Ausgleich lediglich der behinderungsbedingten und nur der arbeitsplatzbezogenen Defizite) kommt den der Zuschussgewährung zugrundeliegenden Regelungen jedoch nicht zu.
Für eine Beschränkung auf Maßnahmen, die der Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten im erlernten und/oder ausgeübten Beruf dienen, wohl
VG Freiburg, Urteil vom 24. Oktober 2006 -
5 K 2446/04 -, Behindertenrecht (br) 2007, 118
ff.Zur Umschreibung der begehrten Hilfe verwendet § 102
Abs. 1 Satz 1
Nr. 3
SGB IX nicht den Begriff des "Arbeitsplatzes", sondern den weiten Begriff des "Arbeitslebens". Nach § 102
Abs. 1 Satz 1
Nr. 3
SGB IX obliegt dem Integrationsamt "die begleitende Hilfe im Arbeitsleben"; nach
Abs. 3 Satz 1 der genannten Bestimmung kann es "im Rahmen seiner Zuständigkeit für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln auch Geldleistungen erbringen", und zwar "insbesondere" gemäß
Nr. 1 an schwerbehinderte Menschen "e) zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten ... ". Der Wortlaut der genannten Bestimmung setzt nicht voraus, dass ein "Arbeitsplatz" i.
S.d. § 73
Abs. 1
SGB IX vorliegt,
vgl. BVerwG, Urteil vom 14. November 2003 -
5 C 13.02 -, BVerwGE 119, 200
ff. (zu den bis zum 30. Juni 2001 geltenden Regelungen der §§ 31
Abs. 1
Nr. 3,
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 f, 7
Abs. 1
SchwbG, die den seither geltenden und hier anzuwendenden Normen - §§ 102
Abs. 1
Nr. 3,
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 e, 73
Abs. 1
SGB IX - inhaltlich entsprechen),
geschweige denn, dass der schwerbehinderte Mensch einen solchen inne hat; den Einzelregelungen, insbesondere auch
Nr. 1 Buchstabe c ("zur Gründung und Erhaltung einer selbständigen beruflichen Existenz"), ist nicht zu entnehmen, dass das Vorliegen eines Arbeitsplatzes
i.S.d. § 73
Abs. 1
SGB IX bzw. die Versorgung mit einem solchen generell rechtliche Voraussetzung oder Ziel einer Hilfe durch Geldleistungen wäre; in den Fällen gemäß Buchstabe c) liefe dies dem ausdrücklichen Hilfeziel der beruflichen Verselbständigung sogar eindeutig zuwider.
Auch in der Systematik der Bestimmung der "Aufgaben des Integrationsamtes" (§ 102
SGB IX) kommt eine Begrenzung der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben auf Hilfen, die auf einen konkreten, bereits innegehabten oder in Aussicht stehenden Arbeitsplatz bezogen sind, nicht zum Ausdruck. Soweit nach Absatz 2 Satz 2 dieser Bestimmung darauf hingewirkt werden soll, dass schwerbehinderte Menschen auf " Arbeitsplätzen" beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können sowie befähigt werden, "sich am Arbeitsplatz ... zu behaupten", und soweit nach Absatz 2 Satz 3 dieser Bestimmung die Zuständigkeit des Integrationsamtes auch für befristete Voll- und für Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse von mindestens 15 Stunden wöchentlich und damit gerade unabhängig von den nach § 73
Abs. 3
SGB IX engeren Voraussetzungen für einen Arbeitsplatz bestimmt, lässt dies nicht den Schluss zu, dass damit generell für alle in Absatz 3 unter
Nr. 1 ausdrücklich genannten Formen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben vom Arbeitsplatzbegriff des § 73
SGB IX auszugehen wäre.
Die Beschränkung der Förderung schwerbehinderter Menschen durch die Integrationsämter auf arbeitsplatzbezogene Hilfen ergibt sich auch nicht aus den Aufgaben, die die Bundesagentur für Arbeit nach
§ 104 SGB IX im Bereich der Förderung schwerbehinderter Menschen hat. Wie schon die Regelung des § 102
Abs. 5 Satz 1
SGB IX erkennen lässt, wonach Verpflichtungen anderer durch die Absätze 3 und 4 nicht berührt werden, geht das Gesetz selbst davon aus, dass sich die einzelnen Leistungskataloge der Leistungsträger inhaltlich überschneiden können. Für schwerbehinderte Menschen gelten nicht nur die speziell für sie geschaffenen Regelungen. Einschlägig sind vielmehr auch diejenigen Leistungsbestimmungen, die allgemein zugunsten behinderter Menschen Fördermaßnahmen, etwa durch die Bundesagentur für Arbeit, ermöglichen, die die berufliche Qualifizierung betreffen und damit auch schwerbehinderte Menschen erfassen, die im Besitz eines Arbeitsplatzes sind (
vgl. §§ 5 Nr. 2,
6 Abs. 1 Nr. 2, 7, 33 ff. SGB IX sowie speziell im Bereich der Arbeitsförderung §§ 97, 98, 100 und 103
SGB III). Die sich hieraus u.a. für den Bereich der beruflichen Qualifizierung ergebende Konkurrenz zwischen Ansprüchen gegen die Bundesagentur für Arbeit und das jeweilige Integrationsamt wird im Rahmen der Zuständigkeit durch die Zuständigkeitsbestimmung nach § 102
Abs. 6
i.V.m. § 14
SGB IX sowie materiell durch das Gebot der engen Zusammenarbeit zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Integrationsämtern ( § 102
Abs. 2 Satz 1
SGB IX) und durch die Vorschrift des § 102
Abs. 5
SGB IX geregelt. Gemäß § 102
Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz
SGB IX findet eine Aufstockung (der Leistung der Rehabilitationsträger) durch Leistungen des Integrationsamtes nicht statt. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn eine materielle Konkurrenz von Ansprüchen schwerbehinderter Menschen gegen die Bundesagentur für Arbeit einerseits und gegen das jeweilige Integrationsamt andererseits schon auf der Ebene der Aufgabenzuweisung ausscheiden würde.
Auch eine Beschränkung der Hilfe auf den Ausgleich lediglich der unmittelbar behinderungsbedingten Nachteile (hier etwa Hilfen zum Ausgleich der sich aus der Hörschädigung der Klägerin ergebenden Nachteile) ist nicht gegeben. § 24
SchwbAV schließt die Förderung allgemeiner Fortbildungsmaßnahmen zugunsten schwerbehinderter Menschen nicht aus. § 24
SchwbAV hat folgenden Wortlaut:
"Schwerbehinderte Menschen, die an inner- oder außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Erhaltung und Erweiterung ihrer beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten oder zur Anpassung an die technische Entwicklung teilnehmen, vor allem an besonderen Fortbildungs- und Anpassungsmaßnahmen, die nach Art, Umfang und Dauer den Bedürfnissen dieser schwerbehinderten Menschen entsprechen, können Zuschüsse bis zur Höhe der ihnen durch die Teilnahme an diesen Maßnahmen entstehenden Aufwendungen erhalten. Hilfen können auch zum beruflichen Aufstieg erbracht werden."
Danach können schwerbehinderte Menschen, die an Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Erhaltung und Erweiterung ihrer beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten teilnehmen, Zuschüsse bis zur Höhe der ihnen durch die Teilnahme an diesen Maßnahmen entstehenden Aufwendungen erhalten. Soweit § 24 Satz 1
SchwbAV "vor allem" auf die "besonderen Fortbildungs- und Anpassungsmaßnahmen, die nach Art, Umfang und Dauer den Bedürfnissen dieser schwerbehinderten Menschen entsprechen," verweist, handelt es sich nur um eine Heraushebung der "vor allem" förderungswürdigen Maßnahmen, jedoch nicht um einen Ausschluss der sonstigen Maßnahmen. Hinsichtlich der Eignung der zu fördernden Maßnahme der beruflichen Bildung gilt nach § 18
Abs. 2
Nr. 1
SchwbAV lediglich die allgemeine - nicht arbeitsplatzbezogene - Leistungsvoraussetzung, dass durch die Leistung die Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht, erleichtert oder gesichert werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Abgesehen davon ermöglicht § 24 Satz 2
SchwbAV allgemein die Erbringung von Hilfen auch zum beruflichen Aufstieg, ohne inhaltliche Beschränkungen aufzuweisen.
Vgl.:
OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2006 - 12 A 2228/06 -.
Die danach rechtsfehlerhafte Verengung des Ermessensspielraums durch das Integrationsamt
bzw. den Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt des Beklagten kann auch nicht mit der Überlegung gerechtfertigt werden, eine finanzielle Förderung der Ausbildung in einem neuen Beruf gehe über die Intention des Nachteilsausgleichs für schwerbehinderte Menschen hinaus, weil ihnen dadurch gegenüber nicht behinderten Arbeitnehmern, die einen Lehrgang mit vergleichbarem Inhalt besuchten und mangels eines Anspruchs auf finanzielle Förderung aus eigenen Mitteln finanzieren müssten, ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft werde. Dabei wird außer Acht gelassen, dass gerade auch die Qualifizierung von Schwerbehinderten über die jeweils
ggf. ausgeübte berufliche Tätigkeit hinaus und die damit verbundene Steigerung der Attraktivität dieser Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt in besonderem Maß geeignet ist, die sich aus der jeweiligen Behinderung ergebenden vielfältigen Nachteile dauerhaft zu reduzieren. Deshalb eröffnet § 24 Satz 2
SchwbAV die Möglichkeit, Hilfen auch zum beruflichen Aufstieg zu erbringen, ohne inhaltliche Beschränkungen aufzuweisen.
Auf die Abteilungsverfügung und die "Vereinbarung" zwischen dem Beklagten und dem Leiter des
S. -X. Berufskollegs für Hörgeschädigte in F. von Mai 2006 kann im Rahmen der Ermessensprüfung nicht abgestellt werden. Auf die - nicht datierte - Abteilungsverfügung des Beklagten hat der Widerspruchsausschuss seine Entscheidung ersichtlich nicht gestützt; auch hat er offenkundig die "Vereinbarung" zwischen dem Beklagten und dem Leiter des
S. -X. Berufskollegs für Hörgeschädigte in F. von Mai 2006 nicht zur Grundlage seiner Ermessensentscheidung machen können.
Ein Nachschieben dieser Regelungen als Gründe des angefochtenen Versagungsbescheides kommt nicht in Betracht. Die Frage der Zulässigkeit des Nachschiebens von Gründen hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung bejaht, wenn die nachgeschobenen Gründe bereits bei dem Erlass des Verwaltungsakts vorlagen und durch sie nicht der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert oder der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 15. April 1959 -
V C 162.56 -, Buchholz 436.6 § 14 SchwBG
Nr. 3;
OVG NRW, Beschluss vom 25. September 2007 - 12 A 1243/07 -.
Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, erscheint zumindest zweifelhaft. Die genannte Vereinbarung aus Mai 2006 hat ersichtlich nicht bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vorgelegen. Anders dürfte dies bei der - allerdings undatierten - Abteilungsverfügung sein, bei der alles dafür spricht, dass sie bereits im Jahr 2005, für das sie sich Geltung beimisst, auch erlassen worden ist.
Indes gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die o.g. Grundsätze über das Nachschieben von Gründen im Schwerbehindertenrecht nur eingeschränkt, wenn der Bescheid von einem Ausschuss erlassen worden ist, der - wie auch hier (
vgl. §§ 118 f. SGB IX) - nicht nur aus Bediensteten der betreffenden Behörde besteht. In einem derartigen Fall, so das Bundesverwaltungsgericht, könne nicht mit Sicherheit festgestellt werden, wie die Ermessensentscheidung des Ausschusses ausgefallen wäre, hätte dieser Gelegenheit zur Beurteilung der Gründe gehabt; ansonsten würde das Gericht sein eigenes Ermessen an die Stelle des behördlichen Ermessens setzen.
Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 1968 -
V B 174.67 -, Buchholz 436.6 § 14
SchwbG Nr. 6; Urteil vom 15. April 1959 -
V C 162.56 -,
a. a. O. ;
OVG NRW, Beschluss vom 25. September 2007 - 12 A 1243/07 -.
Diese Rechtsprechung ist ohne weiteres auf die Bewilligung von Leistungen nach der
SchwbAV zu übertragen, da auch in diesen Fällen über den Widerspruch der Widerspruchsausschuss und nicht der Beklagte entscheidet. Dies schließt zugleich einen Rückgriff auf die im Subventionsrecht entwickelte Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Subventionsrichtlinien,
vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2002 - 3 C 53.01 -, StuGR 2002, 32 f.,
aus, zumal die Hilfen für Schwerbehinderte in ihrer gesetzlich und durch Verordnung geregelten Zielrichtung - anders als die mit Subventionsrichtlinien verfolgten Förderzwecke - keinen wechselnden und zeitlich begrenzten staatlichen Einflussnahmen ausgesetzt sind, denen durch eine flexible, am Regelungszweck orientierte Einbeziehung von Verwaltungsvorschriften in die gerichtliche Prüfung Rechnung zu tragen ist.
Aus § 114
VwGO, insbesondere aus § 114 Satz 2
VwGO, ergibt sich schon deshalb keine andere rechtliche Bewertung, weil der Widerspruchsausschuss auf dessen Ermessensbetätigung es entscheidend ankommt, weder als Vertreter des Beklagten noch auf andere Weise in das jeweilige verwaltungsgerichtliche Verfahren eingebunden ist. Auf hypothetische Erwägungen, wie der Widerspruchsausschuss entschieden hätte, kann es deshalb nicht ankommen.
Unabhängig davon ermöglicht § 114 Satz 2
VwGO lediglich die Ergänzung von Ermessenserwägungen. Ein völliges Auswechseln der Ermessensgrundlage, wie hier durch die Einführung der Abteilungsverfügung und der Vereinbarung von Mai 2006, liegt außerhalb dieses Rahmens.
Der Beklagte wird daher unter Zugrundelegung des erweiterten Ermessensrahmens über den Antrag der Klägerin erneut zu befinden haben. Dabei können im Rahmen der Ermessensbetätigung selbstverständlich auch die - im Einzelfall konkret festgestellten - finanziellen Beschränkungen Berücksichtigung finden, die sich aus der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Fördermittel ergeben. Allerdings wird eine Regelung der Verwaltungspraxis, die den durch § 24
SchwbAV verbindlich vorgegebenen bundesrechtlichen Ermessensrahmen generell einschränkt, indem sie etwa entgegen § 24
Abs. 2
SchwbAV sämtliche Maßnahmen, die dem beruflichen Aufstieg dienen, von vornherein aus der Förderung herausnimmt (wie
Nr. 4 Satz 2 der "Abteilungsverfügung zu Fördermaßnahmen nach § 24
SchwbG") hierdurch nicht gedeckt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155
Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 Halbsatz 1
VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt
gem. § 167
VwGO i.V. m. §§ 708
Nr. 10, 711
ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132
Abs. 2
VwGO nicht vorliegen.