I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Kläger stand bis zu der hier streitgegenständlichen Ruhestandsversetzung als verbeamteter Flussmeister (Besoldungsgruppe A8 Stufe10) beim Landratsamt R. in Diensten des Beklagten. Zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung hatte er - soweit er dies der Regierung von O. (im Folgenden: "Regierung") mitgeteilt hatte - einen Grad der Behinderung von 40.
Bei der Überprüfung einer Abwasseranlage der "T. Al" am xx Juni 2011 stürzte der Kläger und verdrehte sich das Knie. Dieser Vorfall wurde mit Bescheid vom 25. Juli 2012 als Dienstunfall und eine dabei erlittene Distorsion der Bizepssehne als Dienstunfallfolge anerkannt. Die Anerkennung weiterer Körperschäden als Dienstunfallfolge wurde abgelehnt.
Am xx Dezember 2014 unterzog sich der Kläger aufgrund einer Anordnung der Regierung einer amtsärztlichen Untersuchung bei der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung (im Folgenden: "MUS") durch die Fachärztin für Psychiatrie, Suchtmedizinische Grundversorgung und Verkehrsmedizin Frau
Dr. B.-W. Diese empfahl zur abschließenden Begutachtung die Einholung einer Schädel-Magnetresonanztomographie (im Folgenden: "MRT"; auch Kernspintomographie genannt) des Klägers sowie eine ergänzende Untersuchung durch Frau
Dipl.-Psychologin M. Einen zunächst für den xx Februar 2015 terminierten Untersuchungstermin bei Frau
Dipl.-Psychologin M. nahm der Kläger aufgrund einer Hand-Operation nicht wahr. In der Folge legte Frau
Dr. G. der MUS unter dem xx März 2015 ein nur vorläufiges Gesundheitszeugnis für den Kläger vor, wonach die Untersuchung am xx Dezember 2014 gravierende Hinweise auf eine organische Erkrankung im neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet ergeben habe. Im September 2015 teilte Frau
Dr. B.-W. mit, dass sie eine MRT-Untersuchung des Gehirns des Klägers in Auftrag gegeben habe und hoffe, der Kläger werde dort einen Termin wahrnehmen. Am xx September sowie am xx Oktober 2015 nahm der Kläger einen Termin bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
Dr. L. wahr und leitete die Rechnung im Dezember 2015 an die MUS - jedoch ohne Befunde - weiter. Daher forderte Frau
Dr. B.-W. den Kläger mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 auf, Befunde von
Dr. L. vorzulegen und einen Termin zur MRT-Untersuchung wahrzunehmen. Da der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, forderte die Regierung den Kläger mit Schreiben vom xx Februar 2016 auf, Befunde von
Dr. L. und das Ergebnis einer MRT-Untersuchung bis spätestens xx Februar 2016 bei der MUS vorzulegen. Am xx März 2016 unterzog sich der Kläger einer MRT-Untersuchung des Schädels. Unter dem xx April 2016 erstellte Fr.
Dr. B.-W. ein Gesundheitszeugnis für den Kläger unter Einbeziehung der Ergebnisse ihrer Untersuchung des Klägers vom xx Dezember 2014, eines Attests des Nervenarztes
Dr. L. vom xx November 2015 (das in dem Gesundheitszeugnis genannte Jahr "2012" ist wohl ein Schreibfehler), eines neuropsychologischen Gutachtens der
Dipl.-Psychologin Frau M. vom xx Mai 2015 sowie des MRT-Befunds des Schädels des Klägers vom xx März 2016 und kam zu dem Schluss, dass der Kläger aufgrund eines komplexen psychoorganischen Störungsbildes auf Dauer nicht in der Lage sein werde, seine Dienstpflichten adäquat zu erfüllen.
Mit Schreiben vom xx April 2016 hörte die Regierung den Kläger zu der aufgrund des Gesundheitszeugnisses vom xx April 2016 beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit an. Der Landrat des Landkreises R. teilte der Regierung unter dem xx April 2016 mit, dass er den Kläger nach pflichtgemäßem Ermessen für dauernd dienstunfähig halte. Unter dem xx Mai 2016 äußerte der Kläger gegenüber der Regierung, dass das Gesundheitszeugnis vom xx April 2016 nicht den Tatsachen entspreche, sodass die Regierung eine erneute amtsärztliche Untersuchung des Klägers durch die MUS am xx Juli 2016 veranlasste.
Aufgrund dieser Untersuchung kam die begutachtende Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Frau
Dr. R. in ihrem Gesundheitszeugnis an die Regierung vom xx Juli 2016 zu dem Schluss, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers aufgrund psychischer Beeinträchtigungen dauerhaft eingeschränkt sei und er die an seine Tätigkeit gestellten Anforderungen nicht in vollem Umfang erfüllen könne. Es sei jedoch genug Leistungsfähigkeit vorhanden, damit der Kläger seinen Dienst weiter ausüben könne. Verantwortliche Tätigkeiten sollten ihm jedoch nicht zugeteilt werden. Für eine abschließende gutachterliche Stellungnahme sei die Vorstellungen des Klägers in einer speziellen fachärztlichen Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der technischen Universität M. erforderlich.
Mit Bescheid vom 21. Juli 2016, dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 26. Juli 2016 zugestellt, forderte die Regierung den Kläger unter Beifügung des Gesundheitszeugnisses vom xx Juli 2016 auf, (1.) eine notwendige fachärztliche und psychotherapeutische Behandlung zu beginnen
bzw. fortzuführen, (2.) sich in einer speziellen fachärztlichen Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der technischen Universität M. vorzustellen und (3.) einschlägige Rückmeldungen, Bescheinigungen, Stellungnahmen, Diagnosen,
usw. bis zum xx Dezember 2016 vorzulegen.
Mit Schreiben vom xx August 2016, eingegangen bei der Regierung am xx August 2016, teilte der Kläger der Regierung mit, dass ihr Schreiben vom xx Juli 2016 so nicht hinnehmbar sei. Mit weiterem Schreiben vom xx September 2016, eingegangen bei der Regierung am xx September 2016, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Juli 2016 ein. Diesen wies die Regierung unter dem xx Oktober 2016 wegen Verfristung zurück.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2016, eingegangen bei Gericht am 28. Oktober 2016, bat der Kläger das Gericht unter Bezugnahme auf verschiedene Anlagen (Schreiben der Regierung vom xx.6.2016; Schreiben an die Regierung vom xx.8.2016, E-Mail an die Regierung vom xx.5.2016, Aktennotiz an die Regierung vom xx.10.2016, Schreibens an die Regierung vom xx.10.2016, Auszug aus dem oberbayerischen Volksblatt) um Kenntnisnahme und weitere Veranlassung, welches er mit Schreiben vom xx November 2016 unter ausdrücklicher Klageerhebung präzisierte (Az. M 5 K 16.5162).
Unter dem xx Dezember 2016 und erneut unter dem xx März 2017 forderte die Regierung den Kläger auf, die Umsetzung der in ihrem Schreiben vom xx Juli 2016 geforderten Maßnahmen nachzuweisen und sich unter Vorlage der angeforderten Dokumente einer amtsärztlichen Untersuchung bei der MUS zu unterziehen.
Mit Schreiben vom xx März 2017 bat die Regierung den Kläger, sich am xx April 2017 zu einem Termin in der MUS zwecks amtsärztlicher Untersuchung einzufinden. Aufgrund dieser Untersuchung kam die begutachtende Fachärztin für Neurologie Frau
Dr. E. in ihrem Gesundheitszeugnis vom xx Mai 2017 zu dem Schluss, dass der Kläger aufgrund von chronischen Funktionsstörungen psychoorganischen Ursprungs dienstunfähig und mit einer Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten und darüber hinaus nicht zu rechnen sei. Seine Dienstfähigkeit sei auf komplexe, nachhaltige und gravierende Weise eingeschränkt. Es bestünde die Notwendigkeit einer fachärztlich-psychiatrischen Behandlung im Rahmen einer stationär-psychiatrischen Aufnahme. Der Charakter der gesundheitlichen Beeinträchtigungen würde auch einen stabilen und geordneten Diensteinsatz in anderen Verwendungen nicht zulassen.
Daraufhin hörte die Regierung den Kläger mit Schreiben vom xx Mai 2017, dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am xx Mai 2017 zugestellt, unter Verweis auf das Gesundheitszeugnis vom xx Mai 2017 zu der von ihr beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit einmonatiger Stellungnahmefrist an und wies den Kläger auf die Möglichkeit der Beantragung einer Mitwirkung des Personalrats hin. Unter dem xx Mai 2017 teilte der Landrat im Landkreis R. der Regierung mit, dass er den Kläger nach pflichtgemäßem Ermessen für dauernd unfähig halte, die Dienstpflichten zu erfüllen.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2017, dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 6. Juli 2017 zugestellt, versetzte die Regierung den Kläger unter Berufung auf
Art. 66
Abs. 2, 65
Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) mit Ende des Monats, in dem ihm die Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand zugestellt wurde, in den Ruhestand. Mit Schreiben vom 6. Juli 2017, eingegangen bei der Regierung am 7. Juli 2017, teilte der Kläger (vertreten durch seinen Bevollmächtigten) mit, dass er mit einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand nicht einverstanden sei.
Gegen die Ruhestandsversetzung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. August 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben und beantragt,
den Bescheid der Regierung vom 4. Juli 2017 zur Versetzung des Klägers in den Ruhestand ab dem 1. August 2017 aufzuheben.
Er verweist auf ein ärztliches Attest vom xx August 2017. Darin erklärt
Dr. G. B. - Facharzt für Allgemeinmedizin -, dass die vorzeitige Aufgabe seines Berufes für den Kläger eine erhebliche psychische Belastung darstelle. Seines Erachtens sei der Kläger für mindestens geringwertige Tätigkeiten weiterhin dienstfähig. Weiter bezieht sich der Kläger auf eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Landesversorgungsamts durch die Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie Frau
Dr. Bo. vom xx September 2017. Darin ist festgehalten, dass der Gutachter
Dr. Be. in seinem nervenärztlichen Gutachten vom xx August 2017 zu dem Ergebnis komme, dass eine depressive Störung des Klägers im engeren Sinne nicht wirklich feststellbar sei und sich kein Hinweis auf das Vorliegen eines hirnorganischen Psychosyndroms gegeben habe. Beim Kläger läge eine narzisstisch gestörte Primärpersönlichkeit vor. Daraus folge eine relativ deutlich ausgeprägte Minderung der kognitiven Flexibilität und der Introspektionsfähigkeit sowie eine erhebliche soziale Anpassungsstörung. Zusammenfassend sei zu empfehlen, dem Kläger einen neuen Gesamt-
GdB von 50 zu bescheinigen. Der Kläger ist der Ansicht, diese Stellungnahmen belegten seine weiterhin vorhandene Dienstunfähigkeit. Dafür spreche auch, dass er seit 2014 (dem erstmaligen "Feststellen" seiner angeblichen Dienstunfähigkeit) weiterhin beanstandungsfrei Dienst geleistet habe. Zudem würden sich die verschiedenen Gesundheitszeugnisse der MUS widersprechen und keine konkreten Gutachten darstellen
Die Regierung - Prozessvertretung - hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger sei zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben dauerhaft nicht fähig. Dies folge aus dem aus sich heraus verständlichen, plausiblen und nachvollziehbaren Gesundheitszeugnis der MUS vom xx Mai 2017. Dieser amtsärztlichen Beurteilung komme als neutrale, unabhängige Einschätzung im Verhältnis zu dem klägerseits vorgelegten privatärztlichen Attest eine vorrangige Bedeutung zu. Zudem erfolge dort keine Auseinandersetzung mit den in dem Gesundheitszeugnis konkret angesprochenen Auffälligkeiten des Klägers. Die versorgungsärztliche Stellungnahme vom xx September 2017 nehme zwar ein "hirnorganisches Psychosyndrom oder eine Wesensveränderung" nicht an, gehe aber in der Konsequenz - weitestgehend übereinstimmend mit dem streitgegenständlichen Gesundheitszeugnis - von einer "gemischten Persönlichkeitsstörung mit daraus resultierender Affektstörung" aus. Im Übrigen enthalte die versorgungsärztliche Stellungnahme keine Aussage zur Dienst(un)fähigkeit des Klägers, sondern lediglich zum Grad seiner Schwerbehinderung. Auch sei der Kläger ausweislich der Stellungnahme von Frau D., einer Kollegin des Klägers, unter Bezugnahme auf konkrete Einzelvorgänge eben nicht mehr in der Lage gewesen, seine Dienstaufgaben in fachlicher und sozial-kollegialer Art adäquat zu erfüllen.
In der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar hat der Kläger die Klage Az. M 5 K 16.5162 zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift vom 13. Februar 2019 verwiesen.
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet und bleibt in der Sache daher erfolglos. Der angefochtene Bescheid der Regierung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO).
1. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Ruhestandsversetzungsverfügung ist § 26
Abs. 1 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG)
i.V.m. Art. 66
Abs. 2 Bayerisches Beamtengesetzes - BayBG.
Nach § 26
Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann nach § 26
Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Hierzu bestimmt
Art. 65
Abs. 1 BayBG, dass Beamtinnen und Beamte auch dann als dienstunfähig im Sinne des § 26
Abs. 1 Satz 1 BeamtStG angesehen werden können, wenn sie infolge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet haben und keine Aussicht besteht, dass sie innerhalb von weiteren sechs Monaten wieder voll dienstfähig werden.
Soweit - wie vorliegend - die Dienstunfähigkeit umstritten ist, kommt es für die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzungsverfügung materiell-rechtlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an (
BVerwG, U.v. 5.6.2014 -
2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1/3 Rn. 10; U.v. 16.10.1997 - 2 C 7/97 - BVerwGE 105, 267; BayVGH, B.v. 12.8.2005 - 3 B 98.1080 - juris;
VG München, U.v. 10.12.2014 - M 5 K 14.2534 - juris Rn. 17).
Für die Anwendung des § 26
Abs. 1 Satz 2 BeamtStG und des
Art. 65
Abs. 1 BayBG reicht es aus, dass keine Aussicht auf Wiedererlangung der Dienstfähigkeit besteht. Eine Aussicht auf Wiedererlangung der Dienstfähigkeit besteht dann, wenn ein (medizinischer) Sachverhalt vorliegt, aus dem sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ergibt (Summer in Weiss/Niedermaier/ Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: September 2018,
Art. 65 BayBG Rn. 4).
Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (
BVerwG, U.v. 5.6.2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1/5, Rn. 18). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden kann, wenn der Amtsarzt über die entsprechende Sachkunde wie der Privatarzt verfügt und seine medizinische Beurteilung in sich stimmig und nachvollziehbar ist (BVerwGE, a.a.O., Rn. 20
m.w.N.; U.v. 12.10.2006 - 1 D 2/05 - juris Rn. 34).
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist, kommt der Behörde kein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Vielmehr handelt es sich um die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die gerichtlich voll überprüfbar ist. Der gerichtlichen Kontrolle unterliegt somit nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Aus diesem Grund sind die Feststellungen oder Schlussfolgerungen aus ärztlichen Gutachten vom Gericht - in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis - nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen (
BVerwG, U.v. 5.6.2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1/5, Rn. 17;
OVG Saarl, U.v. 24.4.2012 - 2 K 984/10 - juris;
OVG NW, B.v. 3.2.2012 - 1 B 1490/11 - juris, IÖD 2012, 50; U.v. 22.1.2010 -
1 A 2211/07 - juris).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene Ruhestandsversetzungsverfügung zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses am xx Juli 2017 rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Sie ist formell rechtmäßig ergangen.
Die Regierung hat dem Kläger als für die Ruhestandsversetzung zuständige Behörde (
Art. 71
Abs. 1 Satz 1 BayBG, § 1 Verordnung über beamten-, richter-, besoldungs-, reisekosten-, trennungsgeld- und umzugskostenrechtliche Zuständigkeiten für Staatsbeamte im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr und über die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Versagung der Aussagegenehmigung für Kommunalbeamte - StMI Zuständigkeitsverordnung Beamtenrecht - ZustV-IM) einen Monat nach der erforderlichen Anhörung (
Art. 66
Abs. 1,
Abs. 2 Satz 1 BayBG,
Art. 28
Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BAyVwVfG) den streitgegenständlichen Bescheid zugestellt und ihn mit dem Ende des Monats, in dem die Zustellung erfolgte, in den Ruhestand versetzt (
Art. 66
Abs. 2 Satz 2 BayBG). Eine Beteiligung des Personalrats (
Art. 76
Abs. 1 Satz 1
Nr. 6 Bayerisches Personalvertretungsgesetz - BayPVG) war mangels entsprechendem Antrag des Klägers und nach Hinweis der Regierung auf diese Möglichkeit (Anhörungsschreiben v. 17.5.2017) nicht erforderlich.
Auch einer Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung
gem. § 95 Abs. 2 Satz 1,
§ 84 SGB IX (in der bis zum 31.12.2017 geltenden a.F.),
Nr. 10.2 und 10.4 Teilhaberichtlinien - Inklusion behinderter Angehöriger des Öffentlichen Dienstes in Bayern (TeilR) bedurfte es nicht, da der Kläger mit einem - jedenfalls bei Entscheidung über die Ruhestandsversetzung bescheinigten und der Regierung bekannten - Grad der Behinderung von 40 (ohne Gleichstellung) zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt nicht ersichtlich schwerbehindert war,
vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX a.F.,
Nr. 2.1 TeilR. Dies gilt auch im Hinblick auf den Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, ihm sei durch eine Entscheidung des Sozialgerichts München aufgrund der Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Landesversorgungsamts vom xx September 2017 ein Grad der Behinderung von 50 wohl rückwirkend zuerkannt worden. Denn der Kläger hat die Regierung weder über das sozialgerichtliche Klageverfahren noch über dessen - nach Wirksamwerden der Ruhestandsversetzung liegenden - Ausgang in Kenntnis gesetzt. Die Regierung konnte eine mögliche Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers daher gar nicht berücksichtigen. Die Ruhestandsversetzung ist auch nicht unter Berücksichtigung einer
ggf. rückwirkenden Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers zum Zeitpunkt seiner Antragstellung formell rechtswidrig. Denn es ist grundsätzlich Sache des Beamten, den Dienstherrn über einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung
bzw. ein laufendes Klageverfahren auf Erhöhung des festgestellten Grades der Behinderung zu informieren, wenn er den mit der Schwerbehinderteneigenschaft einhergehenden erhöhten Schutz in Anspruch nehmen will (
vgl. BVerwG, B.v. 7.4.2011 -
2 B 79/10 - juris Rn. 6
ff.; Rolfs in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 19. Aufl. 2019,
§ 178 SGB IX Rn. 8; teilweise wird dem Arbeitnehmer / Beamten eine Frist zur Mitteilung von drei Wochen ab Zugang der Kündigung / Ruhestandsversetzung zugestanden: Däubler in Deinert/Welti, StichwortKommentar Behindertenrecht, 2. Aufl. 2018, Schwerbehindertenvertretung Rn. 19). Selbst wenn eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erforderlich gewesen wäre, könnte die Aufhebung der Ruhestandsversetzung
gem. Art. 46 BayVwVfG wohl nicht allein deshalb beansprucht werden (
BVerwG, B.v. 20.12.2010 -
2 B 39/10 - juris Rn. 6; VGH BW, U.v. 4.9.2018 -
4 S 142/18 - juris Rn. 46
ff.).
b) Auch in materieller Hinsicht ist gegen die Ruhestandsversetzungsverfügung nichts zu erinnern. Das der Verfügung zugrunde liegende Gesundheitszeugnis vom xx Mai 2017 ist plausibel und widerspruchsfrei.
Konkrete Angaben zu dem Gesundheitszustand des Klägers in Form von Anamnese und Befundung muss und darf es nicht enthalten, da der Amtsarzt dem Dienstherrn
gem. Art. 67
Abs. 1 BayBG zum Schutze der Persönlichkeitsrechte des begutachteten Beamten nur die tragenden Feststellungen und Gründe des Gutachtens, nicht aber das zugrunde liegende Gutachten selbst mitteilen darf.
Das Gesundheitszeugnis vom xx Mai 2015 steht auch nicht in Widerspruch zu vorherigen Gesundheitszeugnissen der MUS, sondern stellt sich vielmehr als deren konsequente Fortschreibung dar. Sowohl im (vorläufigen) Gesundheitszeugnis vom xx März 2015 als auch im Gesundheitszeugnis vom xx April 2016 und auch im Gesundheitszeugnis vom xx Juli 2016 wird dem Kläger eine Erkrankung im neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet
bzw. ein komplexes psychoorganisches Störungsbild
bzw. eine psychische Beeinträchtigung attestiert. Der Umstand, dass die Regierung über einen Zeitraum von zwei Jahren verschiedene Gesundheitszeugnisse in Auftrag gegeben hat, rührt allein daher, dass der Kläger sich einer konstruktiven Mitwirkung an deren Erstellung teilweise verweigerte (Teilnahme an Zusatzuntersuchungen, Beibringung fachärztlicher Befunde) und Einwendungen gegen deren Ergebnisse vorbrachte.
Die amtsärztliche Gesamtbeurteilung in dem Gesundheitszeugnis vom xx Mai 2017 wird zudem durch die klägerseits vorgelegte Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Landesversorgungsamts vom xx September 2017 gestützt und nicht gar entkräftet. Denn auch demzufolge kommt der begutachtende Herr
Dr. Be. - basierend auf einer Untersuchung des Klägers vom xx Juli 2017 - zu dem Schluss, dass der Kläger an einer Persönlichkeitsstörung und daraus resultierenden Affektstörung leidet, auch wenn er die Ursache dieses Krankheitsbilds im Gegensatz zu der Amtsärztin nicht im hirn-
bzw. psychoorganischen Bereich verortet, sondern aus einer narzisstisch gestörten Primärpersönlichkeit des Klägers herleitet.
Auch das klägerseits beigebrachte privatärztliche Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin
Dr. B. vom xx August 2017 steht dem nicht entgegen. Denn zum einen stammt dieses Attest - anders als das Gesundheitszeugnis durch eine Fachärztin für Neurologie - lediglich von einem Allgemeinmediziner. Zudem setzt sich
Dr. B. weder mit den Inhalten des Gesundheitszeugnisses vom xx Mai 2017 auseinander, noch legt er die tatsächlichen und fachlichen Grundlagen seiner Einschätzung, dass der Kläger mindestens für geringwertige Tätigkeiten weiterhin dienstfähig sei, offen. Substantiierte Einwendungen gegen das der Ruhestandsversetzungsverfügung zugrunde liegende Gesundheitszeugnis werden mithin nicht erhoben. Dementsprechend war die Regierung auch nicht gehalten, das Ergebnis des Gesundheitszeugnisses vom xx Mai 2017 erneut zu überprüfen.
Die subjektive Einschätzung des Klägers, dass er seit dem Jahr 2014 bis zu seiner Ruhestandsversetzung "tadellosen" Dienst geleistet habe, ist für die Beurteilung seines gesundheitlichen Zustands und der daraus folgenden Dienstunfähigkeit grundsätzlich irrelevant und im Übrigen Sache des Dienstherrn. Letzterer hat nachvollziehbar dargelegt, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers aus gesundheitlichen Gründen (Aufmerksamkeits-, Auffassungs- und Denkstörungen, Stimmungsinstabilitäten, Antriebssteigerungen und Unruhezustände,
vgl. Gesundheitszeugnis v. xx Mai 2017) nicht möglich ist und der positiven Selbstwahrnehmung seiner Dienstleistung eher ein Mangel an selbstkritischer Einschätzung und Einsicht in die eigenen Leistungsgrenzen seitens des Klägers zugrunde liegen (
vgl. Gesundheitszeugnis v. xx Mai 2017).
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154
Abs. 1
VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167
VwGO, 708
Nr. 11 Alt. 2, 711 Zivilprozessordnung.