Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand aufgrund von Dienstunfähigkeit.
Der Kläger wurde mit Wirkung vom 16. August 1999 als Lehrer in den Dienst des Landes Hessen eingestellt. Mit Wirkung vom 16. August 2001 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit berufen. Seit Beginn seiner Dienstzeit war er an der C. in E. eingesetzt. Seit dem 1. Februar 2024 befindet sich der Kläger im Ruhestand.
Der Kläger ist als Schwerbehinderter anerkannt. Sein Grad der Behinderung (
GdB) beträgt 100 (
vgl. die Kopie des Schwerbehindertenausweises, Bl. 121 und 122 der Behördenakte). Zum Ausgleich behinderungsbedingter Leistungseinschränkungen wurde dem Kläger ab dem 1. August 2014 ein Nachteilsausgleich in Höhe von zwei Wochenstunden eingeräumt. Dieser war zunächst befristet bis 31. Juli 2023. Für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Juli 2020 wurde ein zusätzlicher Nachteilsausgleich in Höhe von drei Wochenstunden gewährt.
Nachdem bei dem Kläger eine größere Anzahl von Fehltagen festgestellt worden war, fand am 25. März 2019 ein Gespräch zwischen ihm und der Schulleitung statt. Hier wurden auch die bisherigen Nachteilsausgleiche aufgrund der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers besprochen. Im Gespräch wurde auch erörtert, dass bereits über die Hälfte des Unterrichts im laufenden Schuljahr, den der Kläger zu halten gehabt hätte, ausgefallen sei.
Vom 27. Mai 2019 bis einschließlich 10. November 2019 war der Kläger längerfristig erkrankt. Ab dem 11. Dezember 2019 war er dauerhaft erkrankt.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2019, (Bl. 4 f. der Behördenakte) wurde dem Kläger ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) angeboten. Hierauf teilte der Kläger mit Schreiben vom 10. Juli 2019 (Bl. 6 der Behördenakte) mit, er wolle diese Möglichkeit in Anspruch nehmen.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2019 (Bl. 39 f der Behördenakte) wurde dem Kläger im Rahmen des BEM ein Gespräch für den 29. Oktober 2019 angeboten. Daran teilnehmen sollten neben dem Kläger und der Schulamtsdirektorin der Schulleiter der C., ein Mitglied des Personalrats, die örtliche Schwerbehindertenvertreterin und die Gesamtschwerbehindertenvertreterin. Über das Gespräch wurde ein Protokoll erstellt, das sich in dem Behördenvorgang betreffend die Ruhestandsversetzung des Klägers befindet (Bl. 42-44 der Behördenakte). Im Rahmen dieses Gespräches stimmte der Kläger einer Dienstunfähigkeitsuntersuchung zu.
Mit Schreiben vom 14. November 2019 übersandte der Kläger zur Vorbereitung eines Untersuchungstermins eine Aufstellung von Diagnosen, die ein Herr
Dr. D. aus F. erstellt hatte. Wegen der Diagnosen wird auf Bl. 51 der Behördenakte verwiesen. Vorgelegt wurden ferner mehrere ärztliche Gutachten.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2020 ordnete das Staatliche Schulamt für den Landkreis Fulda eine ärztliche Untersuchung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit des Klägers an und forderte ihn auf, sich dieser Untersuchung zu unterziehen. Wegen des Inhalts der Untersuchungsanordnung wird auf Bl. 84 der Behördenakte verwiesen. Mit Schreiben vom gleichen Tag informierte das Staatliche Schulamt das Versorgungsamt in Fulda von den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers.
Ausweislich einer Bescheinigung des Klinikums G. vom 8. Januar 2020 war der Kläger ab dem 11. Dezember 2019 bis auf Weiteres in stationärer Behandlung.
Mit Datum vom 20. April 2020 (Bl. 105
ff. der Behördenakte) erstellte das Versorgungsamt in H. aufgrund der vorliegenden Unterlagen das angeforderte ärztliche Gutachten. Dort heißt es, der Kläger sei derzeit dienstunfähig. Eine anderweitige Verwendung könne nicht empfohlen werden. In der Begründung heißt es zu den tragenden Feststellungen und Gründe:
„Der Beamte leidet unter mehreren, schwerwiegenden, chronischen Erkrankungen auf dem psychiatrischen, internistischen und nephrologischen Gebiet, die in den letzten zwei Jahren zu erheblichen gesundheitlichen Problemen mit Notwendigkeit wiederholbar, stationärer Therapien mit langen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeiten geführt haben. Die daraus resultierenden Leistungseinschränkungen sind derzeit mit dem Anforderungsprofil des Schulbetriebs nicht zu vereinbaren. Trotz umfangreicher, arbeitserleichternder Maßnahmen, ist es dem Beamten krankheitsbedingt nicht möglich gewesen, eine kontinuierliche und angemessene Arbeitsleistung zu erbringen. Aus gesundheitlichen Gründen ist die dienstliche Leistungsfähigkeit des Beamten deutlich und dauerhaft reduziert. Es besteht ein regelmäßiger, interdisziplinärer Therapiebedarf.“
Mit Schreiben vom 14. Mai 2020 (Bl. 110 der Behördenakte), dem Kläger am 16. Mai 2020 zugestellt, wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihn in den Ruhestand zu versetzen. In der Begründung nahm das Staatliche Schulamt Bezug auf das Gutachten vom 22. April 2020. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme binnen Monatsfrist gegeben.
Mit Schreiben vom 8. Juni 2020 teilte der Kläger mit, er sei mit der Versetzung in den Ruhestand nicht einverstanden. Eine Dienstunfähigkeit auf Dauer sei aus dem ärztlichen Gutachten nicht zu entnehmen. Er befinde sich seit 1978 in Therapie. Mit weiterem Schreiben vom 26. Juli 2020 ergänzte der Kläger seinen Vortrag und trug vor, er sei bereit, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, bei der er persönlich anwesend sei.
Mit Verfügung vom 24. September 2020 (Bl. 135 f. der Behördenakte), zugestellt am 26. September 2020, versetzte das Staatliche Schulamt für den Landkreis E. den Kläger aufgrund Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.
Am 29. September 2020 legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 26. Oktober 2020 wiederholt wurde.
In der Widerspruchsbegründung vom 1. Februar 2021 (Bl. 152ff. der Behördenakte) ließ der Kläger vortragen, das Gutachten sei lediglich aufgrund einer telefonischen Anamneseerhebung erstellt worden. Dies entspreche nicht den Regeln der Kunst. Die Gutachterin habe vor der Erstellung des Gutachtens keinen persönlichen Eindruck von dem Kläger gewinnen können. Auch sei unklar, welche ärztlichen Befundberichte dem Gutachten zugrunde gelegt worden seien. Außerdem sei der Begutachtung nicht zu entnehmen, dass berücksichtigt worden sei, dass der Kläger schwerbehindert sei und die angesprochenen chronischen Erkrankungen bereits seit Jahrzehnten bestünden, ohne dass dies der Dienstwahrnehmung dauerhaft entgegengestanden habe. Der angesprochene wiederholte krankheitsbedingte Ausfall des Klägers rechtfertige eine negative Prognose dann nicht, wenn die Fehltage auf verschiedenen abgeschlossenen Erkrankungen beruhten.
In der Zeit vom 24. November 2020 bis 15. Dezember 2020 unterzog sich der Kläger einer Reha-Maßnahme und ließ mit Anwaltsschreiben vom 2. März 2021 mitteilen, dass unter Berücksichtigung dieses Umstandes die Ruhestandsversetzung keinen Bestand haben könne.
Mit Schreiben vom 16. März 2021 bat das Staatliche Schulamt das Versorgungsamt in E. um eine erneute Untersuchung des Klägers auf seine Dienstfähigkeit. Hintergrund war vor allem die Rüge des Klägers, dass die vorherige Untersuchung lediglich aufgrund einer telefonischen Anamnese erfolgt sei.
Mit Schreiben vom 16. März 2021 teilte das Staatliche Schulamt der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, welche Arztberichte und Befundberichte zum Gegenstand der versorgungsärztlichen Untersuchung gemacht werden sollten.
Mit Datum vom 16. März 2021 erging dann ein weiterer Untersuchungsauftrag an das Versorgungsamt in H. Dort wurde der Kläger am 8. April 2021 erstmals körperlich untersucht. Nachdem die untersuchende Ärztin, Frau
Dr. I. der Behörde mitgeteilt habe, dass eine Zusatzuntersuchung erforderlich sei, wurde von Seiten des Staatlichen Schulamts entschieden, dass eine solche erfolgen solle.
Nach zwischenzeitlicher Weigerung des Klägers, sich dieser zusätzlichen Untersuchung zu unterziehen, fand dann am 18. August 2021 letztlich die psychiatrische Zusatzuntersuchung bei einer Frau
Dr. J. in K. statt. Das Ergebnis dieser Untersuchung wurde in das erstellte ärztliche Gutachten vom 26. August 2021 (Bl. 217
ff. der Behördenakte) übernommen. Wie bereits das vorangegangene Gutachten kommt auch dieses zu dem Schluss, dass der Kläger derzeit und in sechs Monaten nicht in der Lage sei, seine Dienstpflichten zu erfüllen. Eine anderweitige Verwendung könne nicht empfohlen werden.
In dem ärztlichen Gutachten heißt es unter der Überschrift „Tragende Feststellungen und Gründe“:
„Der Beamte leidet unter mehreren, schwerwiegenden, chronischen Erkrankungen auf dem psychiatrischen, internistischen und nephrologischen Gebiet, die in den Jahren vor der Versetzung in den Ruhestand zu erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen mit Notwendigkeit wiederholter stationärer Therapien und damit zu langen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeiten geführt haben. Anhaltende psychosoziale Belastungen führen beim Beamten zu psychovegetativen Beschwerden und wirken sich zusätzlich leistungseinschränkend aus.
Die versorgungsärztliche Nachuntersuchung und die zusätzliche fachärztliche Begutachtung haben ergeben, dass beim Beamten keine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes eingetreten ist.
Vielmehr wird ärztlicherseits und fachärztlicherseits keine hinreichende Belastbarkeit für den Schulbetrieb gesehen.
Aus gesundheitlichen Gründen ist die dienstliche Leistungsfähigkeit des Beamten unverändert deutlich und dauerhaft reduziert. Es besteht ein fortwährender und regelmäßiger, interdisziplinärer Therapiebedarf.“
Im weiteren Text des Gutachtens heißt es, geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit würden nicht gesehen, da trotz adäquater Therapie keine wesentliche Besserung zu erwarten sei. Eine Nachuntersuchung werde nicht empfohlen, weil mit einer wesentlichen Besserung der Gesundheit, die zu einer dienstlichen Einsatzfähigkeit führen würde, nicht mehr zu rechnen sei.
Im Februar 2022 wurden sodann Schwerbehindertenvertretung und Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte beteiligt. Dies erfolgte dergestalt, dass ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt sei, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen. Beide stimmten der Versetzung in den Ruhestand zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2022 (Bl. 230ff. der Behördenakte) wurde der Widerspruch des Klägers sodann zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Behördenakte verwiesen.
Am 8. März 2022 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, zum Zeitpunkt der behördlichen Widerspruchsentscheidung vom 14. Februar 2022 sei nicht die Annahme gerechtfertigt gewesen, dass er dienstunfähig gewesen sei. Die der Beurteilung von Frau
Dr. I. zugrundeliegende medizinische Feststellung sei nicht nachvollziehbar. Es bestünden erhebliche Aufklärungsdefizite der beteiligten Amtsärzte. So würden bereits keine konkreten Befunde in dem Gutachten genannt. Insoweit sei auszuführen, dass der Kläger bereits seit 1978 und mithin bereits zum Zeitpunkt seiner Lebenszeitverbeamtung unter einer bipolaren Störung gelitten habe. Damit hätte es einer Darstellung bedurft, welche zwischenzeitliche Änderungen inzwischen die Annahme rechtfertigten, dass diese,
ggf. im Zusammenspiel mit anderen Erkrankungen, nunmehr dauerhaft einer dienstlichen Tätigkeit des Klägers entgegenstehen könnten. Eine bipolare Störung sei keine konstante Erkrankung.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Staatliche Schulamtes für den Landkreis Fulda vom 24. September 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2022 aufzuheben,
auszusprechen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren notwendig gewesen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 19. Juli 2022 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Behördenakte sowie die Personalakten des Klägers, ferner die Gerichtsakte.