Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 05.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2015 nicht
i.S.d. § 54
Abs. 2
SGG beschwert, weil sich dieser als rechtmäßig erweist. Sie hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die vom 01.06.2014 bis 31.08.2017
bzw. (laut der Klägerin) 30.09.2017 von dem Beigeladenen als kontinuierliche Förderung oder in Blocktherapie durchgeführte Petö-Therapie.
1.) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 05.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2015 (§ 95
SGG), mit welchem er die Kostenübernahme für die Petö-Therapie für die Zeit ab dem 01.06.2014 abgelehnt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin statthaft und auch sonst zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54
Abs. 1 und 4, 56
SGG,
vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 -
B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 9). Da die Eltern der Klägerin die aus der Durchführung der Therapie entstandenen Verbindlichkeiten nach Auskunft des Beigeladenen (Schriftsatz vom 28.05.2020) vollständig beglichen haben, richtet sich das Begehren nicht mehr auf Kostenübernahme im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis, sondern nur noch auf Kostenerstattung und damit eine Geldleistung, die die Klägerin auf insgesamt 11.091,32
EUR beziffert.
2.) Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Kostenerstattung für die in der Zeit vom 01.06.2014 bis 31.08.2017/30.09.2017 durchgeführten Petö-Therapien hat.
a) Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist § 15
Abs. 1 Satz 4 Alt. 2
SGB IX a.F. (s.
BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 17;
BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 16;
BSG, Urt. v. 28.08.2018 - B 8 SO 5/17 R -, juris Rn. 13). Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung u.a. zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
b) Das Begehren der Klägerin findet hinsichtlich der ursprünglich beantragten Sachleistung seine Rechtsgrundlagen in
§ 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53 Abs. 1 Satz 1,
54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.d.F. bis 31.12.2019, nachfolgend a.F. (Leistungen der Eingliederungshilfe als Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung). Der Beklagte ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe für die als Eingliederungshilfe beantragte Petö-Therapie sowohl örtlich als auch sachlich (§ 97
Abs. 1
SGB XII i.V.m. § 1
Abs. 1
AG-
SGB XII
NRW i.d.F. bis 31.12.2017) zuständig. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit des Beklagten im maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin bereits aus
§ 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F., da er hinsichtlich des hier maßgebenden Weiterbewilligungsantrags vom 23.05.2014 für die Zeit ab dem 01.06.2014 erstangegangener Rehabilitationsträger für die beantragten Teilhabeleistungen (
§§ 4,
5 SGB IX a.F.) gewesen ist und den Antrag nicht (fristgerecht) an einen anderen Rehabilitationsträger, etwa die Krankenkasse, weitergeleitet, sondern diesen vielmehr beschieden hat.
c) Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen für Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 53
Abs. 1 Satz 1
SGB XII, da sie wegen einer körperlichen und geistigen Behinderung
i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F. in Form einer Spina Bifida mit thorako-lumbaler Querschnittslähmung mit (u.a.) Bewegungsstörungen, Krampfleiden, Stuhl- und Harninkontinenz, hochgradiger Schwerhörigkeit, Sprachentwicklungsbehinderung sowie allgemeiner Entwicklungsverzögerung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben eingeschränkt ist (
vgl. auch § 1
Nr. 1 u. § 2 EinglHV bis 31.12.2019).
d) Bei den im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum von Juni 2014 bis September 2017 durchgeführten Petö-Therapien, ungeachtet, ob sie in Form kontinuierlicher Förderung oder als Blocktherapien erbracht worden sind, handelt es sich bei umfassender Würdigung der aktenkundigen Unterlagen, insbesondere der vorliegenden Therapieberichte des Beigeladenen, bereits um keine Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung
i.S.d. § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
SGB XII, § 12
Nr. 1 EinglHV, weil sie nicht der sozialen, sondern der medizinischen Rehabilitation dienten. Damit ist auch (erst recht) das Vorliegen einer privilegierten Maßnahme nach
§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ausgeschlossen.
Nach § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
SGB XII sind neben den Leistungen nach den
§§ 26,
33,
41 und
55 SGB IX a.F. Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern (s. § 12
Nr. 1 EinglHV). Nach ständiger Rechtsprechung des
BSG, welcher der Senat folgt, richtet sich die Abgrenzung solcher Leistungen zur sozialen Rehabilitation von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht nach den in Betracht kommenden Leistungsgegenständen; entscheidend ist vielmehr der Leistungszweck (
BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 21;
BSG, Urt. v. 28.08.2018 - B 8 SO 5/17 R -, juris Rn. 19; Senat, Urt. v. 10.02.2011 - L 9 SO 11/08 -, juris Rn. 40
ff.). Leistungen der medizinischen Rehabilitation setzen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen nach § 26
Abs. 1
SGB IX a.F. (jetzt
§ 42 Abs. 1 SGB IX n.F.) dazu, Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (
Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (
Nr. 2). Leistungen der sozialen Rehabilitation zielen hingegen darauf, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung von (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, oder den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Daher dienen die Leistungen der sozialen Rehabilitation unter Zugrundelegung eines individualisierten Förderverständnisses dazu, soziale Folgen einer Behinderung zu beseitigen oder zu mildern (
BSG, Urt. v. 28.08.2018 - B 8 SO 5/17 R -, juris Rn. 21
m.w.N. zur st. Rspr.).
Für die Abgrenzung von medizinischer und sozialer Rehabilitation ist hiernach maßgeblich, ob die Therapie direkt an der Behandlung der behinderungsbedingten Störung ansetzt oder unmittelbar die sozialen Folgen einer Behinderung beseitigen
bzw. mildern soll. Dementsprechend bleiben lediglich mittelbar verfolgte Zwecke und Ziele außer Betracht (so
BSG, a.a.O. -, juris Rn. 22). Dies bedeutet nicht, dass eine Leistungserbringung, die an der Behandlung der behinderungsbedingten Störung ansetzt, nicht gleichzeitig mit dem Ziel durchgeführt werden kann, die sozialen Folgen einer Behinderung zu beseitigen
bzw. zu mildern und umgekehrt. Eine Maßnahme kann ausgehend von einer am Einzelfall orientierten, individuellen Beurteilung vielmehr auch mehrere unterschiedliche Zwecke haben, sodass sich die Leistungszwecke des
SGB V bzw. der medizinischen Rehabilitation und der sozialen Rehabilitation überschneiden und (bei Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen) die Leistungspflicht des Rehabilitationsträgers für eine soziale Rehabilitation begründen können, wenn die Leistung nicht als Leistung zur medizinischen Rehabilitation erbracht wird (
BSG, a.a.O. -, juris Rn. 23
m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Entscheidungsmaßstäbe hat es sich bei den durch den Beigeladenen im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum (01.06.2014 bis 31.08.2017/30.09.2017) der Klägerin gegenüber tatsächlich erbrachten Leistungen um unmittelbar solche der medizinischen Rehabilitation gehandelt.
Wie der Senat in vergleichbaren "Petö-Fällen" ausgeführt hat (Urteile v. 06.12.2018 - L 9 SO 224/16 - und v. 25.07.2019 - L 9 SO 317/17 -; die hiergegen jeweils eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden hat das
BSG als unzulässig verworfen (Beschlüsse v. 31.07.2019 - B 8 SO 20/19 B -, juris und v. 04.03.2020 - B 8 SO 61/19 B -) kommt es für die o.a. Abgrenzung nicht darauf an, dass die Petö-Therapie nach ihrem theoretischen Konzept
bzw. Grundverständnis eine konduktive, d.h. pädagogische, therapeutische und medizinische Bereiche zusammenführende Förderung darstellen will. Im konkreten Fall ist vielmehr entscheidend, welche Aufgaben und Ziele die konkreten Maßnahmen im streitgegenständlichen Zeitraum hatten. Hier hat der gerichtliche Sachverständige
Dr. J in seinem medizinischen Gutachten vom 13.05.2017 Theorie und Verfahren der konduktiven Therapie nach Petö überzeugend wie folgt geschildert:
"Bei der konduktiven Förderung nach Petö handelt es sich um ein multidimensionales Verfahren zur Förderung motorisch beeinträchtigter Kinder und Jugendlicher, welches Ansätze der Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Pädagogik miteinander verbindet und dabei im Rahmen einer Gruppentherapie zielorientiert individuell mit den betroffenen Patienten arbeitet. Dabei bestehen die Therapieziele in einer Verbesserung des Bewegungsradius, der Ausdauer und damit der Teilhabe in der Gesellschaft. Neben einer Förderung motorischer Fertigkeiten werden auch kognitive, soziale und kommunikative Fähigkeiten verbessert.
Im eigentlichen Sinne ist das Therapieziel eine verbesserte Eingliederung in ein schulisches System. (Ursprünglich diente die Therapie dem Ziel, Kinder mit Cerebralparesen lauffähig und damit überhaupt beschulbar zu machen). Dieses Ziel, auch Orthofunktion genannt besteht in der selbständigen Eingliederung in die Gesellschaft, für Kinder vor allem in Regelkindergarten und Regelschule. lm Mittelpunkt steht dabei die Förderung der eigenen Aktivität, um es Kindern zu ermöglichen, eigene Wege zu finden, um vorgeschlagene Ziele zu erreichen. Dabei geht es nicht um die Defizite der Entwicklung, sondern die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten. Das Kind soll zu Tätigkeiten angeregt werden, und diese in zielgerichteten motivierten Handlungen (sog. Operationen) erreichen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Kommunikation, sowohl sprachfrei als auch sprachgebunden.
Im Unterschied zur klassischen Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage geht es bei der konduktiven Förderung nach Petö nicht um die Qualität einer motorischen Handlung, sondern um das prinzipielle Gelingen. Auch ist die konduktive Therapie als Gruppentherapie konzipiert im Gegensatz zur Krankengymnastik. Die letztere muss zur umfassenden Förderung eines mehrfach behinderten Kindes mit anderen Therapieformen wie Ergotherapie, Logopädie und (heil)pädagogischen Maßnahmen kombiniert werden, während die konduktive Therapie diese verschiedenen Ansätze versucht zu integrieren. Es gibt nur wenige wissenschaftliche Studien, die eine Petötherapie mit konventionellen Fördermethoden vergleicht. Eine Arbeit von 1992 aus Deutschland (Weber und Rochel) bei Vorschulkindern und einem Vergleichszeitraum von 2 Jahren kommt für beide Verfahren auf vergleichbare Ergebnisse. Eine weitere Studie aus England von 1993 (Bairstow
et al.) kommt zu dem Schluss, dass durchschnittlich gleiche Ergebnisse erzielt werden konnten. Eine Überlegenheit der Petötherapie im Vergleich zu konventioneller Förderung konnte also nicht belegt werden. Die Methode kommt vor allem für kognitiv relativ gut entwickelte Kinder in Betracht, die zu einer sinnvollen und aktiven Mitarbeit in der Lage sind.
Die Gesellschaft für Neuropädiatie stellt dazu in einer Stellungnahme fest, dass es sich um eine pädagogisch geprägte, umfassende Methode zur Förderung von Kindern mit vorwiegend motorischen Störungen handelt. Die der Methode zugrunde liegenden Konzepte lassen sich am besten in einer Gruppenarbeit verwirklichen. Das Besondere der Methode ist die herausragende Rolle der Konduktorin, die sehr verschiedene Aufgaben (s.o.) bewältigen muss, welche üblicherweise von verschiedenen Berufsgruppen übernommen werden. Die wichtigste Aufgabe besteht darin, Fern- und Nahziele zu formulieren und zur Bewältigung dieser Ziele anzuregen. Diese sollten vom Kind so selbständig wie möglich erreicht werden. Die Methode kommt daher insbesondere für kognitiv relativ gut entwickelte Kinder in Betracht, die auch zu einer sinnvollen und aktiven Mitarbeit fähig sind. Weniger geeignet erscheint die Methode für schwer- und mehrfach behinderte Kinder. (Zitiert nach Boltshauser, Schmitt, Steinlin , 1997, Aktuelle Neuropädiatrie, Novartis Pharma Verlag Nürnberg,
S. 475-484)."
Ungeachtet dieses geschilderten, ganzheitlichen Therapieansatzes knüpften die Behandlungen und Übungen hier unmittelbar an die bestehende Krankheit der Klägerin und ihren Ursachen an. Dies ergibt sich zuvorderst aus den aktenkundigen Therapieberichten des Beigeladenen. So wurden mit Blick auf die Klägerin in nahezu sämtlichen (fast identisch formulierten!) Therapieberichten seit 2008/2009 (
vgl. die Berichte vom 30.03.2009, 01.04.2010, 29.11.2010, 10.10.2011, 23.05.2012 und 28.04.2013), insbesondere aber auch in den für den streitgegenständlichen Zeitraum bedeutsamen Therapieberichten vom 02.05.2014, 07.05.2014, 22.05.2014, 14.01.2015 und 16.02.2017 als "Konduktive Ziele" angegeben (hier exemplarisch der Therapiebericht vom 02.05.2014):
"Es sollten ihre (der Klägerin) Grundbewegungen (Rollen, Krabbeln) weiter gefördert werden
Es sollte ihre Rumpfstabilität gefördert werden, dadurch ihre Körperhaltung und Sitzsicherheit verbessert werden
Es sollte ihr Hantieren weiter gefördert und verbessert werden
Es sollte ihre Mundmotorik weiter gefördert werden
Es sollte ihr Stehen und Gehen weiter gefördert werden".
Dass diese Ziele durch den Beigeladenen kontinuierlich über viele Jahre seit 2008 und auch im streitigen Zeitraum durch ein unmittelbares Ansetzen bei den behinderungsbedingt schweren motorischen Defiziten der Klägerin verfolgt worden sind, zieht sich durch die aktenkundigen o.a. Therapieberichte wie der sprichwörtliche "rote Faden". So wird im Therapiebericht vom 02.05.2014 hinsichtlich der im Jahr 2013 verfolgten Ziele hervorgehoben, dass die Klägerin beim Drehen und Rollen ihren Zustand gut beibehalten habe und während des Krabbelns mit Hilfe einer Person in den Armstreckschienen aktiver geworden sei. Sie habe gelernt, ihren Kopf länger anzuheben und nach vorne zu gucken. Auch habe sich ihre Körperhaltung während des Stehens in ihrer Spreizorthese mit Hüftkorb verbessert und sie habe gelernt, dabei ihren Kopf besser anzuheben und ihn in der Mitte zu halten. Ferner ist ausweislich des Berichts im Rahmen der Intensivtherapie - mit wechselndem Erfolg - an der Sitzsicherheit der Klägerin gearbeitet worden, ebenso der Beweglichkeit der rechten und linken Hand. Hinsichtlich ihrer Sprache wurde lediglich mitgeteilt, dass diese sich nicht verändert habe und die Klägerin "launenabhängig" mal mehr, mal weniger artikuliere. Und weiter: "Ihre Körperhaltung, ihr Sitzen und auch das Greifen, Halten, Loslassen sind in dem Alltag (zu Hause und auch in der Schule) sehr wichtig". Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Verbesserung der Bewegungsfähigkeit der Klägerin ganz im Vordergrund der Therapie stand. Dies ist aber nichts Anderes als medizinische Rehabilitation
i.S.d. § 26
Abs. 1
SGB IX. Darauf, dass die Petö-Therapie einen wesentlich breiteren Ansatz verfolgt, kommt es hinsichtlich der Abgrenzung der medizinischen von der sozialen Rehabilitation, wie bereits erwähnt, nicht an. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die für eine Förderung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft besonders bedeutsamen kognitiven Fähigkeiten der Klägerin aufgrund ihrer auch geistigen Behinderung nach den insoweit übereinstimmenden medizinischen Unterlagen so gering ausgebildet sind, dass diese auch durch die streitige Petö-Therapie nicht unmittelbar hätten gefördert werden können. Sollte es diesbezüglich überhaupt Fortschritte gegeben haben, was nach Aktenlage auch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen nach Untersuchung der Klägerin nicht objektivierbar ist, wären sie allenfalls mittelbare Folge der von Seiten des Beigeladenen nahezu ausschließlich durchgeführten motorischen Behandlungen der Klägerin. Dass, wie die Klägerin im Rahmen der Berufungsbegründung geltend gemacht hat, durch die Therapie ihre vorhandenen kognitiven Fähigkeiten, auch wenn diese gering ausgebildet seien, angesprochen worden seien, ist vor dem Hintergrund des soeben erläuterten unmittelbar medizinisch-rehabilitativen Ansatzes der Behandlungen nicht maßgebend.
Die Klägerin kann in diesem Zusammenhang insbesondere nicht damit gehört werden, dass sie aufgrund der im Rahmen der Petö-Therapie durchgeführten motorischen Übungen in der Lage gewesen wäre, dem Förderschulunterricht zu folgen und ihr deshalb der Schulbesuch ermöglicht oder erleichtert worden sei. Wie sich aus den aktenkundigen Therapieberichten des Beigeladenen ergibt, waren die Therapien der Klägerin erkennbar nicht auf ein bestimmtes Bildungsziel
i.S.d. § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
SGB XII a.F., § 12
Nr. 1 EinglHV bis 31.12.2019 ausgerichtet, sondern auf die allgemeine Förderung und Stärkung ihrer motorischen Fähigkeiten (s.o.). Abgesehen davon, dass ausweislich der Entwicklungsberichte der I-Schule (Förderschule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung), etwa vom 01.12.2016 für das Schuljahr 2015/2016, die für den Schulbereich bedeutsame Kommunikation der Klägerin gerade durch die Förderschule mit Hilfe eines Integrationshelfers sowie später auch einer Kommunikationshilfe mit Kopfsteuerung gefördert worden ist - was wiederum deutliche Zweifel am von der Klägerin hergestellten Zusammenhang zwischen der Therapie und ihrer Integration in den Klassenverband weckt -, wären etwaige positive Auswirkungen der durch die Petö-Therapie erfolgten Behandlungen auf den Schulbesuch der Klägerin lediglich deren mittelbare Folge gewesen.
e) Aber selbst für den hier zu verneinenden Fall, dass die streitgegenständlichen Petö-Therapien unmittelbar Ziele der sozialen Rehabilitation verfolgt hätten, kann sich der Senat keine sichere Überzeugung davon bilden, dass diese
i.S.d. § 4
Abs. 1
SGB IX bzw. § 12
Nr. 1 EinglHV geeignet und notwendig, d.h. unentbehrlich gewesen wären, um die in der Ermöglichung oder Erleichterung des Schulbesuches bestehenden Eingliederungsziele zu verwirklichen. Im Gegenteil ist der Senat davon überzeugt, dass die Petö-Therapie für die Klägerin bereits nicht geeignet, jedenfalls aber nicht notwendig gewesen ist, die o.a. Eingliederungsziele zu verfolgen. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil an und nimmt auf sie Bezug (§ 153
Abs. 2
SGG). Insbesondere ist die Würdigung des Gutachtens des Arztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin
Dr. J vom 13.05.2017 auch in Ansehung der eher allgemein gehaltenen Einwände der Klägerin im Berufungsverfahren nicht zu beanstanden (§ 128
SGG). So hat der Sachverständige die Klägerin im April 2017 eingehend untersucht, hierbei eine ausführliche Anamnese vorgenommen, die medizinischen und sonstigen Unterlagen einschließlich der Entwicklungsberichte des Beigeladenen vollständig ausgewertet und ist zu einer schlüssigen, widerspruchsfreien und überzeugenden Beurteilung gelangt. Dabei ist der Sachverständige hinsichtlich der Eignung der Petö-Therapie zur besseren Eingliederung behinderter Menschen in ein schulisches System - anders als bei der vorgelagerten Frage der Abgrenzung der medizinischen von der sozialen Rehabilitation - zutreffend von ihrem oben geschilderten ganzheitlichen Ansatz als multidimensionale Therapie mit Elementen der Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Pädagogik ausgegangen und hat diese Maßstäbe auf die individuelle Situation der Klägerin angewendet. Hierbei ist er unter Berücksichtigung der eigenen Untersuchungsbefunde sowie der aktenkundigen, insbesondere medizinischen Unterlagen zu dem überzeugenden Ergebnis gelangt, dass angesichts der sehr schwach entwickelten kognitiven und damit auch kommunikativen Fähigkeiten der Klägerin sowie einer nach Aktenlage (s. etwa die ausführliche amtsärztliche Stellungnahme des Fachdienstes Gesundheit des Beklagten vom 11.09.2014) und im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung nachweisbar eingetretenen Verschlechterung ihrer Motorik im streitgegenständlichen Zeitraum von September 2014 bis zum Zeitpunkt der Untersuchung im April 2017 ein gegenüber den "klassischen" und bei der Klägerin auch parallel zum Einsatz gelangten Heilmitteltherapien wie Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie bestehender "Mehrwert" der Petö-Therapie im Sinne eines zusätzlichen Nutzens für die Teilhabe, insbesondere im Bereich der Beschulung, nicht erkennbar ist. Auch hat der Sachverständige unter Auswertung der Therapieberichte des Beigeladenen schlüssig darauf hingewiesen, dass selbst hinsichtlich der motorischen Behandlungen im Zeitraum 2013 bis 2017 keine objektivierbaren Fortschritte bei der Klägerin erkennbar waren, die auf eine immer wie geartete Überlegenheit der Petö-Therapie gegenüber den klassischen o.a. Heilmitteln bei ihr hätten schließen lassen. So wurden beispielsweise im Therapiebericht vom 14.01.2015 ausdrücklich die Verschlechterungen
bzw. fehlenden Fortschritte im Bereich der Grundbewegung, der Rumpfstabilität, des Hantierens, der Mundmotorik sowie des Stehens und Gehens konstatiert. Auch hat die Klägerin selbst eingeräumt, dass es bei ihr letztlich nicht um eine Verbesserung ihrer motorischen und kognitiven Fähigkeiten geht, sondern die Abwehr weiterer Verschlechterungen, was jedoch im streitigen Zeitraum ausweislich der Unterlagen sowie des gerichtlichen Sachverständigengutachtens eben leider nicht gelungen ist. Zu Recht hat der Sachverständige deshalb im Hinblick auf die schweren Behinderungen der Klägerin zusammenfassend ausgeführt, dass das Verfolgen pädagogischer Förderziele, wie sie die Petö-Therapie ja als primäres Mittel der Wahl zur schulischen Eingliederung definiert, bei der Klägerin auf der Grundlage ihres ganzheitlichen Ansatzes unter der Voraussetzung bestehender kognitiver Fähigkeiten gar nicht möglich gewesen ist, und selbst die von dem Beigeladenen vorgegebenen motorischen Therapieziele wie selbstständiges Stehen oder Krabbeln nicht realistisch gewesen sind. Maßgeblich wären vielmehr ein bewussterer Einsatz der rechten Hand gewesen, um
z.B. technische Hilfen bedienen zu können, sowie eine Verbesserung der Kommunikation, die bei der Klägerin jedoch nur mit technischen Hilfsmitteln wie dem Einsatz von Bildkarten und einem sogenannten Alpha-Talker zu verwirklichen gewesen wären. Und genau hier fehlt es nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen an dem Nachweis, dass nur die Petö-Therapie, insbesondere weil sie bei der Klägerin nur im Rahmen motorischer Behandlungen
bzw. Übungen zum Einsatz gelangen konnte, ihre Teilhabe in der Schule und auch allgemein am gesellschaftlichen Leben gewährleisten konnte. Im Gegenteil hält es auch der Senat für überzeugend, dass der Entwicklungsstand der Klägerin auch durch die klassischen Heilmittel wie Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie, welche bei ihr im streitigen Zeitraum ebenfalls zum Einsatz gekommen sind, gehalten werden konnte. Insbesondere ist auch hier auf die intensive Förderung der Klägerin im kommunikativ-kognitiven Bereich durch die I-Schule einschließlich des Einsatzes eines Integrationshelfers sowie technischer Hilfsmittel zu verweisen, die im Rahmen der Petö-Therapie aufgrund der Mehrfachbehinderung der Klägerin gar nicht möglich gewesen ist. Angesichts dieses objektivierbaren Ergebnisses ist die Behauptung der Klägerin, dass gerade die Petö-Therapie auch angesichts ihrer seit dem 18. Lebensjahr aufgetreten epileptischen Anfälle eine weitere Verschlechterung ihres Zustandes verhindert hätte und sie durch diese Therapien besser in die Schule habe eingegliedert werden können, eine nach dem Gutachtenergebnis unter Berücksichtigung der sonstigen aktenkundigen Unterlagen nicht zu vertretende Spekulation. Nach alledem ist im Fall der Klägerin die Eignung und erst recht die Erforderlichkeit
bzw. Notwendigkeit der Petö-Therapie zur Ermöglichung und Erleichterung des Schulbesuchs sowie der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht nachgewiesen.
f) Endlich scheidet eine Leistungsverpflichtung des Beklagten nach § 54
Abs. 1 Satz 2
SGB XII mit Blick auf die hier vorliegenden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (s.o.) aus. Nach § 54
Abs. 1 Satz 2
SGB XII entsprechen die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation den Rehabilitationsleistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung. Wie bei der Hilfe zur Gesundheit (§ 52
Abs. 1 Satz 1
SGB XII) werden die Leistungen der medizinischen Rehabilitation mit den Leistungen der Krankenversicherung so verknüpft, dass sie nach Art und Umfang nicht über die Leistungen des
SGB V hinausgehen. Nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-RL) (hier i.d.F. vom 21.12.2004,
BAnz 2005, S 4995;
§ 138,
§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190) gehört die sog. konduktive Therapie nach Petö zu den nichtverordnungsfähigen Heilmitteln (II 8. und 15.
i.V.m. der Anlage Nichtverordnungsfähige Heilmittel Abschnitt a
Nr. 12 der Heilmittel-RL). Scheidet danach eine Leistungspflicht des Beklagten aus, ist auch die für die Klägerin zuständige Krankenkasse nicht zur Leistung verpflichtet (
vgl. hierzu
BSG, Urt. v. 28.08.2018 - B 8 SO 5/17 R -, juris Rn. 27), so dass deren Beiladung insoweit nicht erforderlich gewesen ist.
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193
SGG.
4.) Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160
Abs. 2
Nr. 1 oder 2
SGG) bestehen nicht.