Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 01.10.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2005 ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; denn sie hat keinen Rechtsanspruch auf Kostenübernahme für das ärztlich verordnete Segufix-Bandagen-System durch die Beklagte.
Gem.
§ 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte u.a. Anspruch auf Versorgung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch.
Es reicht aus, wenn ein Hilfsmittel zum Ausgleich eines körperlichen Funktionsdefizits geeignet und notwendig ist. Hierbei genügt es, wenn es die beeinträchtigte Körperfunktion ermöglicht, ersetzt, erleichtert oder ergänzt (BSGE 50, 68). Das Hilfsmittel muss insoweit der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens, wie gesunde Lebensführung, allgemeine Verrichtungen des täglichen Lebens, geistige Betätigung und Erweiterung des durch die Behinderung eingeschränkten Freiraumes dienen ( wie hier:
BSG, Urteil vom 07.03.1990, Az:
3 RK 15/89). Andererseits darf es sich nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handeln. Als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens zählen Gegenstände, die allgemein im täglichen Leben verwendet, also von einer großen Zahl von Personen üblicherweise regelmäßig benutzt werden (
BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 5). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (
BSG), der das erkennende Gericht folgt, ist für die Abgrenzung entscheidend, ob der veränderte Gegenstand ausschließlich bei Behinderten
bzw. Kranken Verwendung findet. Sofern er auch von Nichtbehinderten
bzw. Gesunden benutzt und ohne Weiteres gegen einen demselben Zweck dienenden handelsüblichen Gegenstand ausgetauscht werden kann, ist die Hilfsmitteleigenschaft zu verneinen (wie hier:
BSG, Urteil vom 25.01.1 995, Az:
3/1 RK 63/93) . Da das beantragte Segufix-Bandagen-System ausschließlich von behinderten
bzw. kranken Personen benutzt werden dürfte, handelt es sich um keinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Ein Anspruch ist auch nicht nach § 34
Abs. 4
SGB V ausgeschlossen. Danach kann der Bundesminister für Gesundheit durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Heil- und Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt (Satz 1). In der auf Grund dieser Ermächtigung erlassenen Verordnung über Hilfsmittel von geringem technischen Nutzen oder geringem Abgabepreis in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 13. Dezember 1989 in der Fassung vom 17.01.1995 sind entsprechende Bandagensysteme nicht erfasst.
Die ärztliche Verordnung von Frau
Dipl.-Med. N ... vom 05.08.2004 allein ist jedoch noch nicht geeignet, die begehrte Hilfsmittelversorgung zu begründen. Denn die Krankenkasse hat nach
§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V dem Anspruch auf Sachleistungen nur insoweit zu genügen, als dieser wirtschaftlich ist. Mithin ist sie nach
§ 275 Abs. 3 SGB V befugt, unabhängig von der Verordnung des Hilfsmittels, die Erforderlichkeit vorab vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung überprüfen zu lassen. Dieser vom Gesetzgeber eingeräumten Befugnis hätte es aber dann nicht bedurft, wenn bereits die ärztliche Verordnung für die Krankenkassen bindend wäre.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin erweist sich die begehrte Versorgung mit einem Segufix-Bandagen-System indes nicht als erforderlich im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung. Für die nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V zu beantwortende Frage, welches Hilfsmittel im Einzelfall "erforderlich" ist, um die Behinderung auszugleichen, ist der Geltungsbereich der Norm von der Rechtsprechung immer weiter gezogen worden. Während zunächst nur eine Leistungspflicht für diejenigen Hilfsmittel bestand, die den Ausgleich der körperlichen Behinderung selbst bezweckte (so:
BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 29), wurde dies später auch für den Fall bejaht, dass das Hilfsmittel nicht unmittelbar an der Behinderung selbst ansetzt. Es reicht danach aus, wenn der Funktionsausfall anderweitig ausgeglichen wird. Dadurch muss nur insoweit ein "allgemeines Grundbedürfnis" sichergestellt werden (
BSG SozR 3-2500 § 33
Nr. 16). Dahinter steht nunmehr die Erwägung, dass es nach
§ 1 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) Aufgabe der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln ist, ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu fördern (§ 1 Satz 1
SGB IX), wobei dies im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur innerhalb deren Aufgabengebietes ( Krankenhilfe und medizinische Rehabilitation) und unter deren besonderen Voraussetzungen (
§ 7 SGB IX ) gelten kann ( zum Vorstehenden,
vgl. auch:
BSG, Urteil vom 06. Juni 2002, Az:
B 3 KR 68/01 R).
Hierbei ist insbesondere das Wirtschaftlichkeitsgebot des
§ 12 Abs. 1 SGB V zu beachten. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Neuerungen, die nicht ausschließlich die Funktionalität, sondern vorrangig der Bequemlichkeit der Nutzung der Versicherten dienen, sind mithin ausgeschlossen (
vgl. BSG, wie vor).
So liegt der Fall hier jedoch nicht. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des
BSG, der gefolgt wird, erweist sich nach Abschluss der Beweisaufnahme und Anhörung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Grund der vorzunehmenden Einzelfallprüfung die Hilfsmittelversorgung mit einem Segufix-Bandagen-System nicht als "erforderlich" im Sinne des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V.
Vorliegend ist die Verordnung von
Dipl.-Med. N ...durch Befundbericht vom 13.06.2005 mit der Selbstgefährdung der Klägerin begründet worden. Sie leide unter epileptischen Anfällen und sei orientierungslos. Ähnlich äußerte sich der Allgemeinmediziner
Dr. M ...in seinem Befundbericht für das Gericht vom 16.06.2005. Unstreitig beruht der Beschluss des Amtsgerichts T ... zur Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen auf der erheblichen Intelligenzminderung der Klägerin. Das Moment der Gefahrenabwehr (Selbstgefährdung) dient jedoch nicht dem Ausgleich einer Behinderung oder einer
Krankenbehandlung, weil nicht die medizinische Rehabilitation im Vordergrund steht. Vielmehr ist der Klägerin wegen erheblicher Erkrankung keine selbstbestimmte Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft möglich. Sie kann demzufolge auch nicht mehr durch Mittel der gesetzlichen Krankenversicherung gefördert werden. Im Gegenteil dient das Segufix-Bandagen-System, wie auch aus dem Beschluss des Amtsgerichts T ...hervorgeht, der Freiheitsberaubung der Klägerin, um weitere gesundheitliche Schäden von ihr abzuwenden. Ein selbstverantwortliches Leben ist ihr, auch nicht in eingeschränktem Umfang, möglich. Zugleich dient das beantragte Fixierbandagensystem auch einer Reduzierung des Beaufsichtigungsbedarfes.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der das erkennende Gericht folgt, ist aber bei der Abgrenzung der Leistungsverpflichtung in Pflegeheimen zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung für die Hilfsmittelversorgung einerseits und der Vorhaltepflicht des Heimträgers andererseits danach zu treffen, ob noch eine Krankenbehandlung und ein Behinderungsausgleich im Sinne medizinischer Rehabilitation stattfindet oder ob überwiegend die Pflege im Vordergrund steht
(
BSG, Urteil vom 22.07.2004, Az:
B 3 KR 5/03 R). Hier steht jedoch die Pflege im Vordergrund, da der Klägerin auf Grund ihrer hochgradigen geistigen Behinderung eine Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht mehr gestattet ist. Weil sie damit zu einer verantwortungsbewussten Bestimmung über das eigene Schicksaal nicht in der Lage ist, fehlt es an eigengesteuerten Bestimmungsmöglichkeiten, so dass sie zum "Objekt der Pflege" geworden ist (so auch: Götze, in: Hauck/Noftz,
SGB IX, § 1
Rdnr. 14
m.w.N., Stand: 4/03).
Wenngleich der Klägerin zuzugeben ist, dass das beantragte Segufix-Bandagen-System nicht nur eine Selbstgefährdung der Klägerin vermeiden helfen, sondern zugleich auch der Nahrungsaufnahme und der Bettruhe dienen soll, hat nach den gesetzlichen Bestimmungen ein Behinderungsausgleich lediglich in den Fällen zu erfolgen, in denen dem Zweck des § 93
Abs. 1 Satz 1
SGB V, d.h. der medizinischen Rehabilitation, noch genügt werden kann. Somit kommt es auch nicht darauf an, ob die Segufix-Bandage Bettenzubehör ist oder nicht; denn der Zweckrichtung des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V, d.h. der medizinischen
Rehabilitation, kann hierdurch nicht genügt werden. Mithin bedurfte es auch keiner Entscheidung, ob die Klägerin als Bewohnerin eines Heimes der Behindertenhilfe zugleich auch Leistungen der Pflegeversicherung bezieht oder nicht.
Soweit sich die Klägerin auf eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Heim und der Beigeladenen zu 2) beruft, war darauf hinzuweisen, dass die Beklagte selbst an der vertraglichen Ausgestaltung nicht beteiligt oder Vertragspartnerin war. Mithin können auch keinerlei vertraglichen Ansprüche hieraus gegen die Beklagte geltend gemacht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Zwar erreicht der Wert des Beschwerdegegenstandes unter Zugrundelegung des Kostenvoranschlages des Sanitätshauses ... nicht 500,00
EUR; gleichwohl hat die Kammer wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung nach Maßgabe des § 144
Abs. 2
Nr. 1
SGG zugelassen. Eine obergerichtliche Entscheidung zu der Frage, ob Segufix-Bandagen-Systeme für den der Klägerin vergleichbaren Personenkreis dem Behinderungsausgleich dienen und der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung unterfallen, liegt bis dato nicht vor. Die grundsätzliche Bedeutung der Frage dürfte auch darin liegen, dass ein größerer Personenkreis im Freistaat Sachsen hiervon betroffen sein dürfte.