Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 30.5.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch so gestellt zu werden als wäre er zum 17.2.2012 nach
Art. 64
Nr. 2 BayBG wegen Schwerbehinderung in den Ruhestand getreten.
Die allgemeine Altersgrenze für den gesetzlichen Ruhestand war das Ende des Monats, in dem Beamte und Beamtinnen das 65. Lebensjahr vollenden. Ausgehend davon war die Altersgrenze für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen am Ende des Schuljahres, das dem Schuljahr vorangeht, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Durch § 4 Ziffer 19 des Gesetzes zum neuen Dienstrecht in Bayern vom 5.8.2010, GVBl
S. 410, wurde mit Wirkung zum 1.1.2011 die gesetzliche Altersgrenze für Beamtinnen und Beamte im Dienst des Freistaats Bayern für den Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand durch Änderung des
Art. 62 BayBG auf das 67. Lebensjahr angehoben. Für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen bedeutet dies, dass als Altersgrenze neu das Ende des Schulhalbjahres festgelegt ist, in dem sie das 67. Lebensjahr vollenden (
Art. 62 Satz 2 BayBG). In Abweichung von
Art. 62 BayBG legt
Art. 143
Abs. 1 Satz 2 BayBG fest, dass für Beamtinnen und Beamte, die nach dem 31.12.1946 und vor dem 1.1.1964 geboren sind, abweichende Altersgrenzen gemäß Tabelle gelten. Vorliegend ergibt sich für den 1948 geborenen Kläger die Altersgrenze von 65 Jahren und zwei Monaten, so dass er regulär am Ende des Schulhalbjahres des Schuljahres 2012/2013, d.h. am 31.7.2013 in Ruhestand treten würde.
Der Kläger wurde antragsgemäß nach
Art. 64
Nr. 1 BayBG zum 17.2.2012 in Ruhestand versetzt. Die Urkunde wurde ihm am 7.2.2012 gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür, insbesondere Antrag und Erreichen der Altersgrenze lagen vor. Gemäß
Art. 64
Nr. 1 BayBG kann nämlich derjenige Beamte auf Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn er das 64. Lebensjahr vollendet hat, und nicht Altersteilzeit im Blockmodell in Anspruch nimmt, soweit nicht besonders schwerwiegende Gründe eine Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze rechtfertigen. Demgegenüber genügt gemäß
Art. 64
Nr. 2 BayBG bei Vorliegen der Schwerbehinderung
i.S.d. § 2
Abs. 2 des 9. Buches Sozialgesetzbuch (
SGB XI), wenn der Beamte mindestens das 60. Lebensjahr vollendet hat. Letztlich ergäben sich für den Kläger durch die Ruhestandsversetzung aufgrund seiner Schwerbehinderung Vorteile in Bezug auf die Höhe seiner Versorgungsbezüge.
Der Kläger hatte die Ruhestandsversetzung mit Schreiben vom 21.7.2011 beantragt. Diesen schriftlichen Antrag hat der Kläger weder ausdrücklich noch konkludent zurückgenommen oder widerrufen. Hierfür wäre nämlich das Telefonat vom 2.2.2012 weder hinsichtlich der Form noch inhaltlich ausreichend. Der Wortlaut des Schreibens vom 21.7.2011 ist eindeutig. Insbesondere hat der Kläger erklärt, die versorgungsrechtlichen Gesichtspunkte der Ruhestandsversetzung vor der gesetzlichen Altersgrenze im Hinblick auf mögliche Versorgungsabschläge hinreichend geklärt zu haben. Rücknahme, Widerruf oder Verzicht auf die Ruhestandsversetzung hätten aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit einer eindeutigen Aussage bedurft. Davon abgesehen enthielte das Telefonat vom 2.2.2012 eine Bedingung, die nicht eingetreten ist. Nach dem Aktenvermerk vom 2.2.2012 ging es darum, eine neue Urkunde auszustellen, wenn der Kläger bis zum 17.2.2012 - dem anvisierten Ruhestandseintritt - die Schwerbehinderung "durchbringen" würde. Das Erfordernis eine neue Urkunde auszustellen, ergibt sich daraus, dass die Urkunde zur Ruhestandsversetzung vom 23.12.2011 datiert ist. Es ist hierbei unproblematisch, eine Urkunde auszutauschen, solange sie noch keinerlei Rechtswirkung entfalten konnte. Denn weder war die Urkunde bereits an den Kläger zum Zeitpunkt 2.2.2012 übergeben, noch war der Beginn des Ruhestands bereits eingetreten. Denn nach der Urkunde vom 23.12.2011 wird der Kläger mit Ablauf des 17.2.2012 in den Ruhestand versetzt.
Es ist hierbei unerheblich, ob der Aktenvermerk inhaltlich aus Sicht des Klägers zutreffend ist. Denn dieser Aktenvermerk gibt lediglich die Sichtweise des Empfängers, d.h. des Gesprächspartners des Klägers beim Bayer. Staatsministerium für Unterricht und Kultus wieder. Möglicherweise ist beim Empfänger hierbei ein anderer Erklärungsinhalt angekommen, als der Kläger formulieren wollte. Letztendlich liegt aber das Risiko, falsch verstanden zu werden, beim Erklärenden. Aus dem Aktenvermerk vom 2.2.2012 ergibt sich jedenfalls nicht, dass der Kläger eindeutig erklärt hätte, in jedem Fall vorrangig aufgrund der Schwerbehinderung in Ruhestand versetzt zu werden und
ggf. hierbei auch einen späteren Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung in Kauf zu nehmen. Möglicherweise wäre dies dann das Ende des Schuljahres 2011/2012, d.h. Ende Juli 2012 gewesen oder aber erst das Ende des Schuljahres 2012/2013. Ein Anhaltspunkt, dass es dem Kläger vorrangig darum gegangen ist, als Schwerbehinderter in Ruhestand versetzt zu werden und nicht vorrangig um den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung zum 17.2.2012, ergibt sich auch nicht aus der Reaktion des Klägers in zeitlichem Zusammenhang mit der Urkundenaushändigung oder dem Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung zum 17.2.2012. Soweit der Kläger meint, die Beklagte hätte in diesem Zusammenhang Aufklärungspflichten verletzt, deutet er ein Schadensersatzbegehren an, das - ohne entsprechende Geltendmachung im behördlichen Verfahren (Antrag) - nicht zulässigerweise Gegenstand dieser Klage sein könnte. Davon abgesehen ist dem Kläger der eindeutige Wortlaut des Schreibens vom 21.7.2011 entgegenzuhalten, in dem er gerade die versorgungsrechtlichen Aspekte selbst thematisiert und angibt, diese ausreichend geklärt zu haben.
Die bedingungsfeindliche und grundsätzlich auch auflagenfeindliche Ruhestandsversetzungsverfügung ist rechtsgestaltend und bewirkt eine Statusänderung. Die Versetzung in den Ruhestand kann nur bis zum Beginn des Ruhestands zurückgenommen werden (
Art. 71
Abs. 1 Satz 2 2. Hs. BayBG). Daher kann nach Zustellung der Verfügung über die Ruhestandsversetzung der Beamte seinen Antrag auf Ruhestandsversetzung nicht mehr zurücknehmen (
BVerwG v. 17.9.1996, BayVBl 1997, 378). Zwar besteht auch später noch die Möglichkeit, den Antrag auf Versetzung in den Ruhestand wegen Willensmängeln nach §§ 119, 123
BGB (analog) anzufechten. Diese Fallgestaltung liegt indes nicht vor. Der Kläger wurde nicht arglistig getäuscht, als er den Antrag vom 21.7.2011 stellte. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt weder im Erklärungsirrtum noch im Inhaltsirrtum. Der Kläger hat sich mit dem Schreiben vom 21.7.2011 nicht über den Inhalt dieser Erklärung dahingehend getäuscht, dass er mit der Erklärung eigentlich eine Ruhestandsversetzung wegen Schwerbehinderung wollte. Denn zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung hatte der Kläger offensichtlich noch gar keinen Antrag auf Änderung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt. Nach dem Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Niederbayern, Versorgungsamt, vom 14.3.2012 datiert der Antrag des Klägers vom 19.1.2012 und ging beim Versorgungsamt am 24.1.2012 ein. Daraufhin erließ das Versorgungsamt den Änderungsbescheid vom 14.3.2012, mit dem es das Vorliegen eines
GdB von 50 v.H. ab 24.1.2012 bestätigte. Die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers wurde somit erst nach Ruhestandsversetzung festgestellt und war dem Dienstherrn erst mit Übersendung des Bescheids mit Fax vom 19.3.2012 bekannt. Zuvor war lediglich eine Anerkennung im Raum gestanden, wobei unsicher war, zu welchem Zeitpunkt und ob überhaupt diese erfolgen würde. Auch wenn die Feststellung des
GdB für die Zeit ab 24.1.2012 erfolgte, kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 25.10.2007, Az.
2 C 22/06, NVwZ-RR 2008, 193
ff.) nach Beginn des Ruhestands weder die Versetzung in den Ruhestand noch der Grund, auf dem sie beruht, durch Widerruf, Rücknahme oder Wiederaufgreifen des Verfahrens,
i.S.d. §§ 48, 49 oder 51 BayVwVfG, mithin nach den allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes nachträglich geändert werden. Für § 47
Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 BBG hat dies das Bundesverwaltungsgerichts mit dem Hinweis entschieden, dass die Bestimmung dem Vertrauensschutz des in den Ruhestand versetzten Beamten dient, zum anderen dem allgemeinen Interesse an der Rechtsbeständigkeit der Statusentscheidung und der Rechtsklarheit. Damit erweist sie sich als Gegenstück der Ämterstabilität, die aus ähnlichen Gründen den Widerruf wie die Rücknahme der Ernennung von den allgemeinen Vorschriften ausnimmt und an spezielle im Gesetz selbst geregelte Voraussetzungen knüpft. Nichts anderes gilt für die Artikel 62
ff. BayBG.
Inwieweit die Rechtsprechung, dass die Pensionierung wegen Schwerbehinderung zu erfolgen habe, wenn deren förmliche Feststellung erst nach Eintritt in den Ruhestand aber noch vor Bestandskraft des Zurruhesetzungsbescheids erfolgt und ein Beamter seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand nicht nur wegen Erreichens der vorgezogenen Altersgrenze, sondern vorrangig zugleich unter Hinweis auf ein laufendes Verfahren auf Anerkennung als Schwerbehinderter beantragt (
vgl. OVG Rheinland- Pfalz, Urt. v. 22.9.2011, Az. 2 A 10 665/11 (juris)), mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vereinbar ist, kann dahingestellt bleiben. Denn diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es fehlt schon an einem entsprechend formulierten Antrag, d.h. der Kläger hat nicht vorrangig und zugleich unter Hinweis auf das laufende Verfahren auf Anerkennung als Schwerbehinderter seine Pensionierung beantragt. Der Kläger hat auch die Ruhestandsversetzung mit Urkunde vom 23.12.2011, ausgehändigt am 7.2.2012, nicht angefochten - d.h. der Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung sollte unangetastet bleiben -, sondern den Bescheid vom 30.5.2012.
Auch eine Zusicherung im Sinne des
Art. 38
Abs. 2 BayVwVfG, den Grund für die Ruhestandsversetzung nachträglich auszutauschen, sowie die Urkunden auszutauschen, lag nicht vor. Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit nämlich der Schriftform (
Art. 38
Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Hierfür genügt ein Aktenvermerk nicht, vielmehr muss die Zusicherung für den Betroffenen in Schriftform ergehen.
Letztlich konnte der Beklagte Rechtsfolgen der Feststellung des Grads der Behinderung erst nach dessen Feststellung mithin dem Bescheid vom 14.3.2012 ziehen, auch wenn der Grad der Behinderung für einen rückwirkenden Zeitraum festgestellt wurde. Soweit im Urteil des
OVG Rheinland-Pfalz vom 22.9.2011 (a.a.O) darauf hingewiesen wird, dass der Dienstherr einem Hinweis auf ein laufendes Verfahren auf Anerkennung als Schwerbehinderter dadurch Rechnung tragen könnte, dass die Pensionierung hinsichtlich ihres Grundes zunächst nur vorläufig vorbehaltlich einer späteren Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft in einem laufenden sozialbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren erginge, ist indes nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Ruhestandsversetzung nicht an Bedingungen geknüpft und darf nicht mit Auflagen versehen werden.
Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154
Abs. 1
VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung mit Abwendungsbefugnis beruht auf § 167
VwGO, §§ 708
Nr. 11, 711
ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 3.555,04
EUR festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52
Abs. 1 GKG
i.V.m. Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs 2004 (2facher Jahresbetrag der Differenz der Versorgungsbezüge bei erfolgter Ruhestandsversetzung
bzw. Ruhestandsversetzung als Schwerbehinderter). Hierbei wird verwiesen auf die Stellungnahme der Beklagten vom 23.10.2012
i.V.m. der Auskunft des Landesamts für Finanzen, Dienststelle Regensburg vom 15.10.2012.