Die form- und fristgerecht (§ 151
Abs. 1
SGG) eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143
SGG), aber nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des SG Osnabrück vom 17. Dezember 2018 sowie der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2016 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 24. Februar 2017 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 48
Abs. 1
S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Die erforderlichen formellen Voraussetzungen für die Aufhebung des Ausgangsbescheides sind erfüllt, insbesondere ist dem Aufhebungsbescheid eine ordnungsgemäße Anhörung gemäß § 24
Abs. 1
SGB X vorausgegangen.
Auch die materiellen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 48
Abs. 1
S. 1
SGB X lagen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids als letzter maßgeblicher Verwaltungsentscheidung vor. Ist - wie hier - die Zeit der Heilungsbewährung erfolgreich abgelaufen, haben sich die tatsächlichen Grundlagen des Bescheides über die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne dieser Vorschrift entscheidungserheblich geändert (
vgl. hierzu
BSG, Urteil vom 11. August 2015 -
B 9 SB 2/15 R - juris Rn. 13 m. w. N.).
Gemäß
Teil B Nr. 1 c der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VMG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung ist nach Behandlung bestimmter Krankheiten, die zu Rezidiven neigen, insbesondere bei bösartigen Geschwulsterkrankungen, eine Heilungsbewährung abzuwarten. Der Zeitraum der Heilungsbewährung beträgt in der Regel fünf Jahre, und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem die Geschwulst durch Operation oder andere Primärtherapie als beseitigt angesehen werden kann. Die hinsichtlich der häufigsten und wichtigsten solcher Krankheiten angegebenen
GdB-Anhaltswerte sind auf den "Zustand nach operativer oder anderweitiger Beseitigung der Geschwulst bezogen". Sie beziehen den "regelhaft verbleibenden Organ- oder Gliedmaßenschaden ein". Außergewöhnliche Folgen oder Begleiterscheinungen der Behandlung -
z. B. langdauernde schwere Auswirkungen einer wiederholten Chemotherapie - sind zu berücksichtigen.
Bestehen keine solchen außergewöhnlichen Folgen oder Begleiterscheinungen der Krebserkrankung, so legen die
VMG die Höhe des
GdB pauschal fest. Erst für die Zeit nach Ablauf der Heilungsbewährung ist der
GdB nach den konkreten Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bemessen (
vgl. dazu
Teil A Nr. 2 VMG). Beruht daher die Höhe des
GdB auf einer Erkrankung, für welche die einschlägigen Normen einen erhöhten
GdB-Wert während des Zeitraums der Heilungsbewährung ansetzen, ändert das Verstreichen dieses Zeitraums die wesentlichen, d. h rechtserheblichen tatsächlichen Verhältnisse, die der Feststellung des
GdB zugrunde lagen (
vgl. BSG a. a. O. juris Rn. 15 m. w. N.).
Bei der dann anstelle pauschaler Bemessung erforderlichen Bewertung anhand der tatsächlichen Umstände sind die in den
VMG niedergelegten Maßstäbe zu beachten (
vgl. Teil A
Nr. 2 a
VMG). Die
VMG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar (ständige Rechtsprechung des
BSG,
vgl. z. B. Urteil vom 16. Dezember 2014 -
B 9 SB 2/13 R - juris Rn. 10 m. w. N.) und ihre Bindungswirkung für Behörden und Gerichte im Feststellungsverfahren nach
§ 69 SGB IX (seit dem 1. Januar 2018:
§ 152 SGB IX) hat der Gesetzgeber in
§ 159 Abs. 7 SGB IX (jetzt:
§ 241 Abs. 5 SGB IX) ausdrücklich geregelt.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der
GdB gemäß § 69
Abs. 3
S. 1
SGB IX (jetzt: § 152
Abs. 3
S. 1
SGB IX) nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des
GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (s.
§ 2 Abs. 1 SGB IX) und die damit einhergehenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. Dabei ist im Falle einer Anfechtungsklage - wie hier - auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, mithin des Widerspruchsbescheides, abzustellen, so dass spätere Entwicklungen, insbesondere erst im Laufe des Klageverfahrens neu hinzugetretene Gesundheitsstörungen oder eine Verschlimmerung bestehender Gesundheitsstörungen, nicht berücksichtigt werden können. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den
VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-
GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist - in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-
GdB (
vgl. Teil A
Nr. 3 c
VMG) - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-
GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in den
VMG feste Grade angegeben sind (Teil A
Nr. 3 b
VMG). Hierbei führen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen
GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung und auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem
GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A
Nr. 3 d ee
VMG;
vgl. zum Vorstehenden auch
BSG, Urteil vom 17. April 2013 -
B 9 SB 3/12 R - juris Rn. 29).
Die Bemessung des
GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung des
BSG grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (
vgl. BSG a.a.O. Rn. 30). Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen. Maßgeblich für die darauf aufbauende
GdB-Feststellung ist aber nach § 2
Abs. 1, § 69
Abs. 1 und 3
SGB IX (seit dem 1. Januar 2018: § 152
Abs. 1 und 3
SGB IX), wie sich nicht nur vorübergehende Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auswirken. Bei der rechtlichen Bewertung dieser Auswirkungen sind die Gerichte an die Vorschläge der von ihnen gehörten Sachverständigen nicht gebunden (
BSG, Beschluss vom 20. April 2015 - B 9 SB 98/14 B - juris Rn. 6
m.w.N.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze sind der Gerichtsbescheid des SG Osnabrück vom 17. Dezember 2018 und die Entscheidung des Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat vielmehr zu Recht den
GdB des Klägers auf 30 herabgesetzt.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Gesundheitszustandes im vorliegenden Anfechtungsfall ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides als letzter Verwaltungsentscheidung, wobei dieser entgegen der Rechtsansicht des Beklagten dem Zeitpunkt des "Erlasses" des Verwaltungsaktes entspricht, welchen der Beklagte seinerseits - zutreffend (
vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl. 2017, § 54 Rn. 33) - für maßgeblich hält. Der "Erlass" eines Verwaltungsakts ist nämlich nichts anderes als die Bekanntgabe eines entsprechenden Entschlusses der Verwaltung und ist nicht mit der vorherigen Entschlussfassung der Verwaltung oder der schriftlichen Ausarbeitung gleichzusetzen.
Die Feststellung eines
GdB von 50, wie sie mit Wirkung ab Juli 2011 getroffen war, ist aufgrund des Eintritts der Heilungsbewährung nicht mehr gerechtfertigt. Der Senat folgt zunächst insoweit der ausführlichen und überzeugenden Begründung des Gerichtsbescheides des SG Osnabrück vom 17. Dezember 2018, der er sich nach eigener Sachprüfung anschließt und die er daher nicht wiederholt (§ 153
Abs. 2
SGG), als dass sowohl hinsichtlich der Behinderung "Schulterblattteilentfernung mit Bewegungseinschränkung der Schulter rechts" als auch hinsichtlich der Beschwerden und Schmerzen im Bereich von HWS und LWS nach den getroffenen Feststellungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2017 lediglich noch die sichere Feststellung eines Einzel-
GdB von jeweils 20 gerechtfertigt war. Den nach Eintritt der Heilungsbewährung verbleibenden Gesamt-
GdB des Klägers hat der Beklagte nach Überzeugung des Senats auf dieser Erkenntnisgrundlage nicht mit mehr als 30 feststellen können.
Allerdings gehen verbleibende Zweifel in Anfechtungsfällen der vorliegenden Art zu Lasten des Beklagten, der sich auf eine eingetretene Änderung der Verhältnisse beruft. Dementsprechend wäre bezogen auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides die volle Überzeugung des Senats erforderlich, dass ein
GdB von wenigstens 40 unter keinem medizinischen Gesichtspunkt mehr gerechtfertigt war. Eine derartige volle Überzeugung besteht aufgrund der bislang nicht ausreichenden medizinischen Ermittlungen (noch) nicht und ein Teilerfolg des Rechtsbehelfs des Klägers würde demzufolge möglich erscheinen.
Indes hat der Kläger an entsprechenden Aufklärungsbemühungen des SG Osnabrück nicht ausreichend mitgewirkt, zum Ausdruck kommend in der Beweisanordnung vom 27. September 2017, nachfolgend geändert mit Beschluss vom 10. April 2018 und schließlich aufgehoben mit Beschluss vom 23. Oktober 2018. Demzufolge nimmt der Senat eine Umkehr der Beweislast an. Eine derartige Umkehr der Beweislast hat das
BSG für tatsächliche Fallgestaltungen anerkannt, in denen der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (
BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 89/12 R - juris Rn. 32 m. w. N.).
Der Kläger hat die vom SG Osnabrück und auch vom Senat in medizinischer Hinsicht insbesondere bezogen auf das orthopädische Fachgebiet für erforderlich erachtete weitere Aufklärung des Sachverhalts vereitelt. Entgegen seiner Auffassung hat der Kläger keinen Anspruch auf die Anwesenheit seiner Tochter
bzw. seines Sohnes bei der Durchführung der medizinischen Untersuchungen durch die vom Gericht ernannten orthopädischen Sachverständigen
Dr. Q. und
Dr. R ...
Ob und unter welchen Umständen ein zu untersuchender Beteiligter ein Recht auf Anwesenheit eines Dritten hat, ist nicht abschließend geklärt und wird von den Gerichten unterschiedlich beantwortet, wobei es wegen der fehlenden positiven Normierung ein uneingeschränktes Recht auf Anwesenheit von Dritten bei der medizinischen Begutachtung nicht gibt (Bayerisches Landessozialgericht -
LSG -, Beschluss vom 4. April 2019 - L 7 U 396/16 - juris Rn. 8
ff., m. w. N.).
Die fachliche Durchführung der Untersuchung fällt hierbei nach Auffassung des Senats in die Beurteilungskompetenz des Sachverständigen. Das Gericht darf ihm zwar grundsätzlich Weisungen darüber erteilen (Keller,
a. a. O., 12. Aufl. 2017, § 118 Rn. 11m unter Hinweis auf § 404a
Abs. 1 Zivilprozessordnung -
ZPO;
a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. November 2009 - L 2 R 516/09 B - juris Rn. 12
ff.). Die Beurteilung der Frage, wie der Sachverständige seine Untersuchung gestaltet und somit auch die Beurteilung der Frage, ob die Anwesenheit einer Begleitperson die Unverfälschtheit der Untersuchungssituation gefährdet, ist jedoch regelmäßig Gegenstand und Teil der medizinischen Kompetenz des Sachverständigen, in welche einzugreifen der Senat nicht für zweckmäßig hält. Jedenfalls ist den Senatsmitgliedern aus ihrer beruflichen Tätigkeit kein einziger Fall bekannt, in dem die Erteilung einer Weisung in Bezug auf Einzelheiten des Untersuchungsablaufs an einen medizinischen Sachverständigen sachgerecht erschienen wäre, abgesehen von generellen Weisungen etwa der Art, einen Probanden ambulant zu untersuchen und das Gutachten nicht nach stationärer Untersuchung oder nach Aktenlage zu erstellen.
Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit der Beweiserhebung räumt den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf ein, über bevorstehende Beweiserhebungen unterrichtet zu werden und daran teilzunehmen. Dieses nach § 116
SGG bestehende Anwesenheits- und Fragerecht insbesondere bei der Zeugenbeweisaufnahme ist eines der wichtigsten Parteirechte und ein direkter Anwendungsfall des
Art. 103
Abs. 1 Grundgesetz (
vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. Februar 2006 - L 4 B 33/06 SB - juris Rn. 5). Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit bezieht sich auch auf die Ermittlung von Tatsachen durch Sachverständige zur Vorbereitung des Gutachtens (Bundesverwaltungsgericht -
BVerwG - Beschluss vom 18. März 2014 - 10 B 11/14 - juris Rn. 11 m. w. N.). Der Grundsatz des fairen Verfahrens und der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebieten es, den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, der Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen eines Gutachtens durch den Sachverständigen beizuwohnen. Die Frage einer möglichen Verletzung dieses Grundsatzes stellt sich indes im vorliegenden Zusammenhang aufgrund der ohnehin gegebenen Anwesenheit des Klägers bei der Untersuchung allenfalls modifiziert; hierbei ist im Übrigen zu beachten, dass aufgrund des Schutzes der Intimsphäre des Klägers insbesondere der Beklagtenseite die Anwesenheit eines Vertreters bei der körperlichen Untersuchung einer Partei
bzw. eines Beteiligten nicht ermöglicht werden kann, dies unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde (
Art. 1 Grundgesetz). Dementsprechend stellt sich auch die Frage einer Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit der Beteiligten in diesem Zusammenhang nicht, denn der Beklagte ist von jeglicher Teilnahme an der Untersuchung ausgeschlossen und der gerichtliche Sachverständige ist eine neutrale Hilfsperson des Gerichts.
Wenn es ein Sachverständiger für erforderlich hält, die Untersuchung in Abwesenheit dritter Personen vorzunehmen, bewegt er sich vorbehaltlich besonderer Umstände im Bereich seiner Fachkompetenz. Es ist kein wissenschaftlicher Standard erkennbar, der die Anwesenheit Dritter bei Gutachten der vorliegenden Art vorsieht (
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. November 2009 - L 2 R 516/09 B -, juris Rn. 12
ff.; mit Verweis auf Bundesgerichtshof -
BGH - Beschluss vom 8. August 2002 - 3 StR 239/02 - NStZ 2003, 101 - sowie weiteren Nachweisen). Zweck der Beweisanordnung ist es, ein gerichtlich verwertbares Beweisergebnis zu erreichen. Ist ein solches bei Anwesenheit eines Dritten nicht möglich oder besteht zumindest die hinreichende Gefahr, dass eine Verfälschung des Ergebnisses droht, kann die Anwesenheit einer Vertrauensperson des Betroffenen ausgeschlossen werden (SG Mainz, Gerichtsbescheid vom 7. Februar 2017 - S 11 SB 204/15 - juris Rn. 44).
Hierdurch ist
Art. 103
Abs. 1 Grundgesetz (
GG) nicht verletzt, denn die Gewährung rechtlichen Gehörs wird im vorliegenden Zusammenhang ebenso wenig eingeschränkt (
vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. November 2009 -
a. a. O.) wie die rechtsstaatlichen Gebote der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes und der Sicherstellung eines fairen Verfahrens. Insoweit erscheint die Vorgehensweise des Sachverständigen aus der Sicht eines verständigen Beteiligten nicht als unfair (
a. A. jedenfalls bei nicht hinreichender Begründung der Entscheidung des Sachverständigen
LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. Februar 2006 - L 4 B 33/06 SB - juris Rn. 5
ff.), zumal der Kläger durch die Abwesenheit einer Begleitperson an der Geltendmachung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen gegenüber dem Sachverständigen in keiner Weise gehindert ist (
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. November 2009 -
a. a. O.); wäre dies anders, etwa aufgrund der Eigenart seiner Funktionsstörungen, könnte der Sachverhalt anders zu beurteilen sein. Hierfür jedoch ist vorliegend nichts ersichtlich.
Der Senat teilt nicht die in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung teilweise vertretene Auffassung (Oberlandesgericht -
OLG - Hamm, Beschluss vom 3. Februar 2015 - II-14 UF 135/14 - juris Rn. 7), die Hinzuziehung einer Begleitperson müsse zugelassen werden, weil ein medizinisch oder psychologisch zu begutachtender Beteiligter ansonsten keine Möglichkeit hätte, gegenüber abstrakt immer denkbaren Wahrnehmungsfehlern des Sachverständigen effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Sofern dieses Argument angeführt wird, damit bei möglicher Unrichtigkeit der Wiedergabe durch den Sachverständigen die Möglichkeit bestehe, mit Aussicht auf Erfolg einen Zeugenbeweis anzutreten (
vgl. OLG Hamm,
a. a. O.), so ist auf vielfältige Möglichkeiten hinzuweisen, die dem Kläger zur Verfügung stehen, um die Überzeugungsbildung des Gerichts von der Richtigkeit des Gutachtenergebnisses zu erschüttern, was neben der schriftlichen oder mündlichen Befragungsmöglichkeit des Sachverständigen insbesondere die eigene abweichende Darstellung des persönlich untersuchten Klägers von den Abläufen, ferner die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 109
SGG umfasst. Vielmehr ist eine zu befürchtende Aufblähung der Verfahren, wenn als denkbarer Goldstandard anwaltlicher Tätigkeit im sozialgerichtlichen Rechtsstreit an die Erstattung von Sachverständigengutachten bei für den Kläger nachteiligem Ergebnis zunächst eine umfangreiche Zeugenbeweisaufnahme zu Einzelheiten des Untersuchungsablaufs anschließt, nach Befürchtungen des Senats kontraproduktiv für die generelle Möglichkeit der Gerichte, ihre vorrangige Aufgabe zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes zugunsten aller Rechtssuchender zu erfüllen. Die Entscheidungstätigkeit der medizinisch geprägten Zweige der Sozialgerichtsbarkeit ist auf die Verfügbarkeit und Effektivität ihrer medizinischen Sachverständigen und der von ihnen erstatteten Gutachten zur Erhaltung ihrer Funktionsfähigkeit angewiesen. Eine vergleichbare Situation besteht bei den Familiengerichten allein aufgrund der Anzahl der Verfahren, in denen diese Frage relevant werden könnte, nicht in gleichem Ausmaß; zudem besteht dort die Möglichkeit nach § 109
SGG nicht.
Anders als das
OLG Hamm
a. a. O. ist der Senat auch nicht der Auffassung, die auch dort gesehene Besorgnis einer etwaigen Beeinflussung des Untersuchungsganges - speziell im psychiatrischen und psychologischen Bereich - durch die bloße Anwesenheit der Begleitperson in einer angemessenen Hörweite müsse hingenommen werden. Vielmehr ist eine derartige Beeinflussung naheliegend, insbesondere wenn es sich um eine Vertrauensperson des persönlich untersuchten Klägers handelt, da zu befürchten ist, dass der Kläger in seinem Verhalten im Rahmen der Untersuchung allein dadurch beeinflusst wird, dass er um die Wahrnehmung sämtlicher Umstände durch die Vertrauensperson weiß und er sich deswegen
ggf. bewusst oder unbewusst anders verhalten könnte als ohne diese Anwesenheit.
Den hilfsweise für den Fall der Zurückweisung der Berufung gestellten Antrag des Klägers nach § 109
SGG auf Einholung eines Gutachtens des
Dr. T. lehnt der Senat in diesem Zusammenhang wegen Rechtsmissbräuchlichkeit ab. Der Kläger hat die Einholung zweier vom SG Osnabrück von Amts wegen in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten vereitelt, nämlich der erfahrenen und viele Male als gerichtliche Sachverständige tätig gewordenen Orthopäden
Dr. Q. und
Dr. R ... Der Antrag des Klägers nach § 109
SGG zeigt sich in diesem Zusammenhang darauf gerichtet, anstelle der vom Gericht von Amts wegen beauftragten Sachverständigen einen ihm genehmen Sachverständigen durchzusetzen. Zwar sind die Beteiligten im Rahmen der Ermittlung von Amts wegen nicht daran gehindert, Vorschläge zur Person des Gutachters zu machen (§ 118
Abs. 1
S. 1
SGG, § 404
Abs. 2 und
Abs. 4
ZPO). Die Auswahl des Sachverständigen bei Ermittlungen von Amts wegen obliegt indes dem Gericht (§ 118
Abs. 1
SGG, § 404
Abs. 1
ZPO; Keller,
a. a. O., 12. Aufl. 2017, § 118 Rn. 11c). Regelungszweck des § 109
SGG ist, aus rechtsstaatlichen Gründen die Gleichbehandlung der Beteiligten vor Gericht bei der Beschaffung von Beweismitteln zu schaffen ("Grundsatz der Waffengleichheit"). Der Beteiligte, der nicht wie der Versicherungsträger oder die Behörde auf ärztlichen Sachverstand im eigenen Bereich zurückgreifen kann, soll die Möglichkeit haben, eine (weitere) Bewertung durch einen Arzt seines Vertrauens in das Verfahren einzubringen, wenn das Gericht von sich aus nicht (weiter) ermittelt (
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Dezember 2018 -
L 8 R 2569/17 -, juris Rn. 39). Dieser Zweck wird unterlaufen, wenn ein Beteiligter nach Verhinderung einer von Amts wegen in Auftrag gegebenen Gutachtenerstattung im Wege des § 109
SGG den Versuch unternimmt, einen von ihm ausgewählten Sachverständigen als nunmehr alleinigen Gutachter durchzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.