Die Berufung ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 31. Mai 1991 ist abzuändern. Der Bescheid vom 29. Dezember 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 1989, durch den die Beklagte die Gewährung eines Zuschusses zu den Anschaffungskosten des vom Kläger erworbenen Neuwagens abgelehnt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat es durch den weiteren Bescheid vom 29. Dezember 1988 und den Bescheid vom 2. Februar 1989, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 1989, sowie durch den gemäß § 96
Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Bescheid vom 4. Oktober 1989 jedoch zu Unrecht abgelehnt, im Rahmen der Übernahme der Kosten für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung auch den rechnerischen Mehraufwand für die Servolenkung und den stärkeren Motor zu übernehmen.
Da der Kläger bereits für die Zeit vor dem 1. Januar 1992 einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Rehabilitation erhebt und den entsprechenden Antrag vor dem 31. März 1992 gestellt hat, sind gemäß § 300
Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) im vorliegenden Fall zunächst noch die Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der vor Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 2261) maßgeblichen Fassung anzuwenden.
Ist die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder ist sie gemindert, kann der Träger der Rentenversicherung gemäß § 13
Abs. 1 Satz 1 AVG Leistungen zur Rehabilitation erbringen, wenn die Erwerbsfähigkeit durch diese Leistungen wesentlich gebessert oder wieder hergestellt werden kann oder wenn bei einer bereits geminderten Erwerbsfähigkeit durch diese Leistungen der Eintritt von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit abgewendet werden kann. Gemäß § 13
Abs. 1 Satz 5 AVG bestimmt der Rentenversicherungsträger im Einzelfall Art und Umfang der Leistungen unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach pflichtgemäßem Ermessen. Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation von Behinderten können dabei gemäß § 14a
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 AVG in Verbindung mit
§ 2 Abs. 1 der Verordnung über die Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation (Kraftfahrzeughilfe-Verordnung -
KfzHV -) unter anderem Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs sowie Leistungen für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung gewährt werden.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei den Leistungen im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe um Ermessensleistungen des Versicherungsträgers, so dass die gerichtliche Nachprüfung der angefochtenen Bescheide sich nach Maßgabe des § 54
Abs. 2 Satz 2
SGG darauf zu beschränken hat, ob die Grenzen des der Beklagten vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.
Dass die Beklagte im vorliegenden Fall die Gewährung eines Zuschusses zu den Anschaffungskosten des vom Kläger erworbenen Neuwagens abgelehnt hat, kann nach Auffassung des Senats nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden.
Gemäß
§ 6 Abs. 1 KfzHV wird der Zuschuss zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges nur dann gewährt, wenn das Einkommen des Behinderten 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV), bezogen auf das hier maßgebliche Jahr 1988 mithin den Betrag 2.310,00 DM nicht übersteigt. Einkommen im Sinne des
Abs. 1 sind gemäß § 6
Abs. 3 Satz 1
KfzHV das monatliche Netto-Arbeitsentgelt, Netto-Arbeitseinkommen und vergleichbare Lohnersatzleistungen des Behinderten. Die Ermittlung des Einkommens richtet sich gemäß § 6
Abs. 3 Satz 2
KfzHV nach den für den zuständigen Träger maßgeblichen Regelungen, für die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung mithin nach §§ 14
ff. SGB IV.
Auszugehen ist vom sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des Arbeitsentgelts. Dieser wird in § 14
SGB IV sowohl für die Berechnung von Beiträgen als auch von Leistungen definiert. Die Vorschrift differenziert zwischen Bruttoarbeitsentgelt (Arbeitsentgelt, § 14
Abs. 1
SGB IV) und Nettoarbeitsentgelt (§ 14
Abs. 2
SGB IV), wobei das Nettoarbeitsentgelt keine selbständige Berechnungsgröße, sondern das um die gesetzlichen Abzüge verminderte Bruttoarbeitsentgelt ist (
vgl. BSG SozR 2200 § 182
Nr. 49;
BSG SozR 2200 § 1241 Nrn. 3, 4, 9). Zu den gesetzlichen Lohn- und Gehaltsabzügen gehören unter anderem Lohn- und Kirchensteuern sowie die gesetzlichen Anteile des Arbeitnehmers zu den Beiträgen der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sowie zur Bundesanstalt für Arbeit. Ob "steuerliche Vergünstigungen" - wie im vorliegenden Fall der Behindertenfreibetrag des Klägers - wegen der vom Gesetzgeber in § 16
SGB IV ausdrücklich angesprochenen steuerlichen Betrachtungsweise auch bei der Ermittlung des Nettoarbeitsentgelts nach § 14
Abs. 2
SGB IV zu berücksichtigen (
vgl. BSG SozR 2200 § 205 Nrn. 22, 43 und 45) oder aber nach Maßgabe des § 15 Satz 2
SGB IV unberücksichtigt zu lassen sind (
vgl. BSG SozR 2200 § 205
Nr. 52), wird in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht immer einheitlich beantwortet (
vgl. Burger, VSSR 1991, 205
ff. mit weiteren zahlreichen Nachweisen). Weitgehend anerkannt ist jedoch, dass zumindest bei der Ermittlung des für die Höhe des Übergangsgeldes von Rehabilitanden maßgeblichen Nettoarbeitsentgelts die in die Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibeträge zu berücksichtigen sind (
BSG SozR 2200 § 1241
Nr. 9). Bei Behinderten die in dem für die Gewährung von Kraftfahrzeughilfe maßgeblichen Zeitraum kein Arbeitsentgelt, sondern Übergangsgeld bezogen haben, ist freilich der Vorschrift des § 6
Abs. 3 Satz 1
KfzHV zufolge genau diese Lohnersatzleistung das für die Bedürftigkeitsprüfung nach § 6
Abs. 1
KfzHV maßgebliche Einkommen, so dass es zur Überzeugung des Senats im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten sowie unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Bemessungsgrundlage sachgerecht ist, auch bei der Ermittlung des für die Gewährung von Kraftfahrzeughilfe maßgeblichen Nettoarbeitsentgelts die auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibeträge zu berücksichtigen.
Der Hinweis des Klägers, dass er damit letztlich besser gestellt gewesen wäre, wenn er darauf verzichtet hätte, sich einen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen, gebietet keine andere Sicht der Dinge. Denn ohne den Lohnsteuerfreibetrag hätte der Kläger im gesamten Kalenderjahr ein zunächst tatsächlich geringeres verfügbares Einkommen gehabt, er hätte bezüglich des dann erst im Lohnsteuerjahresausgleich ermittelten Erstattungsbetrages einen Zinsverlust hinnehmen müssen und er hätte zum Beispiel auch nur Anspruch auf geringere Lohnersatzleistungen (Übergangsgeld, Krankengeld) gehabt. Im einen wie im anderen Fall ergeben sich mithin gewisse finanzielle Einbußen, wobei die Verschiedenheit der Ausgangskonstellationen der Annahme eines Verstoßes gegen den grundgesetzlich verbürgten Gleichbehandlungsgrundsatz entgegensteht (
BSG SozR 2200 § 1241
Nr. 3). Auch aus dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung lässt sich im übrigen nicht herleiten, dass ein durch eine bestimmte Vorschrift (§ 33 b Einkommensteuergesetz - EStG -) Begünstigter stets auch durch alle sonstigen, in seinem Fall anwendbaren Leistungsgesetze im Ergebnis begünstigt werden müsse.
Das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden konnte deshalb nicht aufrechterhalten werden, soweit die Beklagte verpflichtet worden ist, den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses zu den Anschaffungskosten des von ihm erworbenen Kraftfahrzeuges neu zu bescheiden. Hinsichtlich der außerdem streitigen Frage, ob zu den gemäß
§ 7 Satz 1 KfzHV in vollem Umfang zu übernehmenden Kosten für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung auch die im Preis des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs rechnerisch enthaltenen Mehrkosten für die Servolenkung und stärkere Motorversion gehören, schließt sich der Senat demgegenüber in vollem Umfang den Ausführungen des Sozialgerichts an. Sachargumente, die den im erstinstanzlichen Urteil enthaltenen Erwägungen entgegenstehen könnten, sind weder vorgetragen worden noch sonst erkennbar.
Die Berufung der Beklagten konnte damit nur zum Teil Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193
SGG.
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 160
Abs. 2
SGG.