Die Revision des Klägers ist zulässig. Sie ist kraft Zulassung durch das
LSG statthaft und innerhalb der gesetzlichen Fristen eingelegt und begründet worden. Die Begründung genügt den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3
SGG, jedenfalls soweit der Kläger eine fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts geltend macht.
Die Revision ist unbegründet.
Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen, Klage und Berufung sind zulässig. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Aufhebung des Berufungsurteils, mit dem die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen worden ist. Der Kläger erstrebt, unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 24.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2005 (§ 95
SGG) bei ihm ab dem 19.11.2004 den
GdB mit 50 festzustellen. Dieses prozessuale Ziel verfolgt der Kläger zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1
SGG - zur statthaften Klageart vgl
BSG Urteil vom 12.4.2000 -
B 9 SB 3/99 R - SozR 3-3870 § 3 Nr 9 S 21 f; Urteil vom 2.12.2010 -
B 9 SB 3/09 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 12 RdNr 11). Die Revision ist jedoch nicht erfolgreich.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Feststellung eines
GdB von 50 für die Zeit ab 19.11.2004 ist § 48 Abs 1 S 1
SGB X iVm § 69 Abs 1 und 3 SGB IX vom 19.6.2001 (BGBl I 1046)
idF des Gesetzes vom 23.4.2004 (BGBl I 606; alter Fassung (
aF)) und für die Zeit ab dem 21.12.2007
idF vom 13.12.2007 (BGBl I 2904;
nF).
Nach § 48 Abs 1 S 1
SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist (eingehend hierzu für das Schwerbehindertenrecht Senatsurteil vom 12.11.1996 -
9 RVs 5/95 - BSGE 79, 223, 225 = SozR 3-1300 § 48 Nr 57). Von einer solchen ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Änderung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des Gesamt-
GdB um wenigstens 10 folgt (vgl
BSG Urteil vom 11.11.2004 -
B 9 SB 1/03 R - Juris RdNr 12), während das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-
GdB von 10 regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-
GdB bleibt (
BSG Urteil vom 24.6.1998 - B 9 SB 18/97 R - Juris). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des
LSG (§ 163
SGG) ist mangels wesentlicher Änderungen in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine Erhöhung des Gesamt-
GdB auf 50 nicht festzustellen.
Nach § 69 Abs 1 S 1
SGB IX (in den genannten Fassungen) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den
GdB fest. Als
GdB werden dabei nach § 69 Abs 1 S 4
SGB IX (in beiden Fassungen) die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs 1 S 5
SGB IX aF gelten die im Rahmen des § 30 Abs 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Durch diesen Verweis auf die im Rahmen des § 30 Abs 1 BVG festgelegten Maßstäbe stellt § 69
SGB IX auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem ab, dessen Ausgangspunkt die "Mindestvomhundertsätze" für eine größere Zahl erheblicher äußerer Körperschäden iS der Nr 5 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu § 30 BVG sind. Von diesem leiten sich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der
AHP ab. Gemäß § 69 Abs 1 S 5
SGB IX nF wird zusätzlich auf die aufgrund des § 30 Abs 17 BVG erlassene
Rechtsverordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und § 35 Abs 1 BVG (
VersMedV) Bezug genommen, sodass ab 1.1.2009 die
VersMedV vom 10.12.2008 (BGBl I 2412), die durch die Verordnungen vom 14.7.2010 (BGBl I 928) und zuletzt 11.10.2012 (BGBl I 2122) geändert worden ist, anstelle der
AHP Grundlage für die Feststellung des
GdB ist (vgl auch
BSG Urteil vom 30.9.2009 -
B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 16 f). Als
Anlage zu § 2 VersMedV sind "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (AnlVersMedV) veröffentlicht worden, in denen ua die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (
GdS) iS des § 30 Abs 1 BVG festgelegt worden sind. Diese sind auch für die Feststellung der
GdB maßgebend (vgl
Teil A Nr 2 AnlVersMedV).
Die
AHP und die zum 1.1.2009 in Kraft getretene AnlVersMedV stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar (stRspr des
BSG; vgl Urteil vom 24.4.2008 -
B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 25 mwN; vgl auch zur Rechtslage nach dem Schwerbehindertengesetz:
BVerfG Beschluss vom 6.3.1995 -
1 BvR 60/95 - SozR 3-3870 § 3 Nr 6 S 11 f), die nicht nur die Regelung des § 69
SGB IX konkretisieren, sondern auch den Behinderungsbegriff der "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit und Behinderung" (deren Weiterentwicklung wurde im Mai 2001 von der Weltgesundheitsorganisation als
ICF verabschiedet) als Grundlage des Bewertungssystems berücksichtigen, auch wenn dieses Klassifikationsmodell in den
AHP und der AnlVersMedV bislang nicht überall konsequent umgesetzt worden ist (vgl
VersMedV, Einleitung S 5, 1. Aufl 2009). Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die
GdB-Bewertung auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln (vgl
BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 28;
BSG Urteil vom 29.8.1990 -
9a/9 RVs 7/89 - BSGE 67, 204, 208 f = SozR 3-3870 § 4 Nr 1 S 5 f; dazu auch Masuch, SozSich 2004, 314, 315; Straßfeld, SGb 2003, 613).
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der
GdB gemäß § 69 Abs 3 S 1
SGB IX (beider genannten Fassungen) nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des
GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (s
§ 2 Abs 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den
AHP/der AnlVersMedV genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-
GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann - in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-
GdB (vgl Nr 19 Abs 1
AHP und
Teil A Nr 3 Buchst a AnlVersMedV) - in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-
GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der
GdB-Tabelle der
AHP/AnlVersMedV feste Grade angegeben sind (vgl Nr 19 Abs 2
AHP und Teil A Nr 3 Buchst b AnlVersMedV; vgl auch
BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - aaO RdNr 18).
Die Bemessung des
GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung des
BSG grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (vgl Urteil vom 29.11.1956 - 2 RU 121/56 - BSGE 4, 147, 149 f; Urteil vom 9.10. 1987 -
9a RVs 5/86 - BSGE 62, 209, 212 f = SozR 3870 § 3 Nr 26 S 83 f; Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - aaO RdNr 23 mwN). Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen. Darüber hinaus sind vom Tatsachengericht die rechtlichen Vorgaben zu beachten. Rechtlicher Ausgangspunkt sind stets § 2 Abs 1, § 69 Abs 1 und 3
SGB IX (vgl
BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - aaO RdNr 16 bis 21 mwN); danach sind insbesondere die Auswirkungen nicht nur vorübergehender Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft maßgebend.
Zur
GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus - der zentralen Gesundheitsstörung des Klägers - hat der Senat bereits in mehreren Urteilen Stellung genommen. Mit Urteil vom 24.4.2008 (- B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9) hat er sich mit den Bewertungsgrundsätzen der früheren Nr 26.15
AHP (Ausgaben 1996 und 2004) befasst. Mit Urteil vom 11.12.2008 (-
B 9/9a SB 4/07 R - Juris) hat er sich zu der vorläufigen Neufassung des Abschnitts Diabetes mellitus in Nr 26.15 der
AHP geäußert. Mit Urteil vom 23.4.2009 (-
B 9 SB 3/08 R - Juris) hat der erkennende Senat
Teil B Nr 15 AnlVersMedV vom 10.12.2008 als nichtig angesehen, weil darin, wie in der vorläufigen Neufassung der
AHP allein die Einstellungsqualität und - noch - nicht der die Teilhabe beeinträchtigende Therapieaufwand berücksichtigt worden war. Schließlich hat der Senat mit Urteil vom 2.12.2010 (- B 9 SB 3/09 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 12) zu Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV
idF vom 14.7.2010 entschieden, dass diese Vorschrift mit § 69
SGB IX vereinbar und wirksam ist und auf sie auch in der Zeit vor ihrem Inkrafttreten zurückgegriffen werden kann (aaO RdNr 30 ff insbesondere 38). Diese Rechtsprechung hat der Senat nochmals mit Urteil vom 25.10.2012 (-
B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 29 f) bestätigt.
Im vorliegenden Fall ist bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung iS des § 48 Abs 1
SGB X der Zeitraum ab der letztmaligen Feststellung des Gesamt-
GdB mit Bescheid vom 4.12.1998 zu beurteilen. Formal betrachtet sind ab Stellung des Verschlimmerungsantrages durch den Kläger im November 2004 für die Zeit vom 1.11.2004 bis zum Ende des Jahres 2008 die
AHP (Ausgaben 1996, 2004, 2005 und 2008) und für die Zeit ab dem 1.1.2009 die
VersMedV idF vom 10.12.2008 heranzuziehen. Entsprechend den Urteilen des erkennenden Senats vom 23.4.2009, 2.12.2010 und 25.10.2012 (jeweils aaO) sind diese Vorschriften jedoch nicht zur
GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus Erkrankungen geeignet. Insoweit kann entgegen der Auffassung des Klägers auf die Neufassung der Vorschrift Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV
idF vom 14.7.2010 zurückgegriffen werden. Für die Zeit ab dem 22.7.2010 ist die Regelung in Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV
nF zur
GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus unmittelbar anzuwenden.
Die Vorschrift in Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV
nF hat folgenden Inhalt, der sich zwar unmittelbar auf die Feststellung des
GdS bezieht, jedoch für die Bemessung des
GdB entsprechend gilt (vgl Teil A Nr 2 AnlVersMedV):
15.1 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines
GdS rechtfertigt. Der
GdS beträgt 0.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der
GdS beträgt 20.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der
GdS beträgt 30 bis 40.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbstständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der
GdS beträgt 50.
Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere
GdS-Werte bedingen.
Hierzu hat der erkennende Senat bereits im Einzelnen ausgeführt, dass diese neugefassten Beurteilungsgrundsätze den Vorgaben seiner Rechtsprechung in den Urteilen vom 24.4.2008, 11.12.2008 und 23.4.2009 (jeweils aaO) genügen und Anhaltspunkte dafür, dass diese Bestimmungen nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen könnten, nicht ersichtlich sind (Urteil vom 2.12.2010, aaO, RdNr 26 und Urteil vom 25.10.2012, aaO, RdNr 33).
Soweit es die hier streitige Feststellung eines
GdB von 50 betrifft, enthält Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV
nF seinem Wortlaut nach drei Beurteilungskriterien: täglich mindestens vier Insulininjektionen, selbstständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung sowie eine (durch erhebliche Einschnitte) gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung. Diese Kriterien sind nach Auffassung des Senats nicht jeweils gesondert für sich genommen starr anzuwenden; vielmehr sollen sie eine sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustandes erleichtern (
BSG Urteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 34).
Insoweit ist es nicht erforderlich, dass ausnahmslos an allen Tagen eine Anzahl von vier Insulininjektionen durchgeführt wird. Hierzu hat der Senat bereits entschieden, dass eine Bewertung des
GdB, die sich ausschließlich an der Zahl der Insulininjektionen pro Tag orientiert, nicht überzeugt. Vielmehr ist der Therapieaufwand neben der Einstellungsqualität zu beurteilen (s Urteil vom 24.4.2008, aaO RdNr 40). Dazu hat der Senat ausgeführt, dass der
GdB relativ niedrig anzusetzen sein wird, wenn mit geringem Therapieaufwand eine ausgeglichene Stoffwechsellage erreicht wird, und der
GdB bei (in beeinträchtigender Weise) wachsendem Therapieaufwand und/oder abnehmendem Therapieerfolg (instabiler Stoffwechsellage) höher einzuschätzen sein wird (aaO). Obwohl die Begründung der Zweiten Verordnung zur Änderung der
VersMedV insoweit inhaltlich keine konkrete Aussage trifft (BR-Drucks 285/10), wollte der Verordnungsgeber der Rechtsprechung des
BSG erklärtermaßen folgen (s BR-Drucks 285/10 S 3). Es ist daher davon auszugehen, dass er bei der Neufassung des Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV zum 22.7.2010 die Zahl von vier Insulininjektionen am Tag nicht als absoluten Grenzwert angesehen hat (
BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO RdNr 35).
Des Weiteren verlangt das Erfordernis einer "selbstständigen" Variation in der Insulindosis kein "ständiges" Anpassen der Dosis. Entscheidend ist die Abhängigkeit der jeweiligen Dosierung vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung. Sie kann demnach unter Umständen auch mehrfach gleich bleiben. In keinem Fall ist insoweit allein auf die Anzahl von zusätzlichen Korrekturinjektionen abzustellen (
BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO RdNr 36).
Entgegen der Ansicht des Klägers reicht ein Erfüllen dieser beiden, auf den Therapieaufwand bezogenen Beurteilungskriterien nicht aus, um den
GdB mit 50 festzustellen. Vielmehr muss die betreffende Person durch Auswirkungen des Diabetes mellitus auch insgesamt gesehen erheblich in der Lebensführung beeinträchtigt sein. Das kommt in Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV durch die Verwendung des Wortes "und" deutlich zum Ausdruck. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber davon ausgegangen ist, dass bei einem entsprechenden Therapieaufwand immer eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung vorliegt. Je nach den persönlichen Fähigkeiten und Umständen der betreffenden Person kann sich die Anzahl der Insulininjektionen und die Anpassung der Dosis nämlich unterschiedlich stark auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auswirken. Abgesehen davon ist für die Beurteilung des
GdB bei Diabetes mellitus auch die jeweilige Stoffwechsellage bedeutsam (vgl auch Teil B Nr 15.1 Abs 3 AnlVersMedV; allgemein dazu
BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 40), die im Rahmen der Prüfung des dritten Merkmals (gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung) berücksichtigt werden kann. Die durch erhebliche Einschnitte bewirkte gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung kann mithin auf Besonderheiten der Therapie beruhen, etwa wenn ein Erkrankter aufgrund persönlicher Defizite für eine Injektion erheblich mehr Zeit benötigt, als ein anderer im Umgang mit den Injektionsutensilien versierter Mensch. Einschnitte in der Lebensführung zeigen sich daneben auch bei einem unzulänglichen Therapieerfolg, also an der Stoffwechsellage des erkrankten Menschen (
BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO, RdNr 37).
Dieser Auslegung steht - wie das
LSG zutreffend erkannt hat - nicht entgegen, dass es in Satz 1 im letzten Teilsatz des Abs 4 heißt: "erleiden auf Grund dieses Therapieaufwandes eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung". Diese Formulierung mag zwar sprachlich unklar erscheinen und in einem gewissen Widerspruch zu den zuvor aufgeführten drei Merkmalen stehen, sie ändert jedoch nichts an der durch § 69
SGB IX gebotenen umfassenden Betrachtung des Gesamtzustandes. Jedenfalls kann aus ihr nicht der Schluss gezogen werden, der Verordnungsgeber habe eine Mindestzahl von mit selbstständiger Dosisanpassung verbundenen Insulininjektionen für die Feststellung eines
GdB von 50 ausreichen lassen wollen (vgl
BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO, RdNr 38).
Diese Bestimmung des Inhalts des Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV
nF hat der Senat allein aufgrund einer Auslegung des Wortlauts der Vorschrift vor dem Hintergrund seiner zitierten Rechtsprechung gewonnen (vgl
BSG Urteil vom 25.10.2012, aaO, RdNr 39). Unklarheiten, die nur mit Hilfe medizinischen oder anderweitigen Sachverstands beseitigt werden können, sind nicht ersichtlich. Aus diesem Grund ist vorliegend eine Befragung des zuständigen Sachverständigenbeirats beim BMAS nicht erforderlich.
Auf dieser rechtlichen Grundlage verlangt die Bewertung des
GdB eine am jeweiligen Einzelfall orientierte Beurteilung, die alle die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinflussenden Umstände berücksichtigt. Gemessen an diesen Kriterien, ist das Berufungsurteil rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat danach keinen Anspruch auf Feststellung eines
GdB von 50, weder allein wegen des bei ihm bestehenden Diabetes mellitus noch unter Berücksichtigung weiterer Gesundheitsstörungen.
Nach den Feststellungen des
LSG führt der Kläger eine Insulinpumpentherapie durch mit bis zu fünf Insulininjektionen am Tag und einer ständigen Dosisanpassung. Der Kläger wird trotz des seine Lebensführung einschränkenden Therapieaufwandes nicht noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben erheblich beeinträchtigt. Betrachtet man die therapiebedingten und auch erkrankungsbedingten Einschränkungen in der konkreten Lebensführung des Klägers, so lässt sich nach den Feststellungen des
LSG eine gravierende Einschränkung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (Beruf, Freizeitgestaltung) noch nicht erkennen. Trotz des Entstehens von hypoglykämischen Zuständen ist es bisher noch nie zu schweren hypoglykämischen Entgleisungen mit erforderlicher Fremdhilfe gekommen. Der Kläger gleicht die unterschiedlichen Stoffwechsellagen mit der Insulinpumpe sehr gut aus.
Soweit der Kläger die Feststellungen des
LSG zum Therapieaufwand und zu den der Gesamt-
GdB-Bewertung zugrundeliegenden gesundheitlichen Einschränkungen mit der Begründung angreift, das
LSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es insoweit seinen zuletzt eingereichten Schriftsatz vom 25.4.2012 nicht berücksichtigt und erörtert habe, dringt er damit nicht durch. Der in §§ 62, 128 Abs 2
SGG konkretisierte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1
GG) soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht haben äußern können (s § 128 Abs 2
SGG; vgl
BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12; BVerfGE 84, 188, 190), und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). In diesem Rahmen besteht jedoch weder eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage, noch die Pflicht bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der mündlichen Verhandlung bereits die endgültige Beweiswürdigung darzulegen; denn das Gericht kann und darf das Ergebnis der Entscheidung, die in seiner nachfolgenden Beratung erst gefunden werden soll, nicht vorwegnehmen. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern. Art 103 Abs 1
GG gebietet vielmehr lediglich dann einen Hinweis, wenn das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (vgl BVerfGE 84, 188, 190).
Die Bewertung des Therapieaufwands sowie des Gesamt-
GdB ist grundsätzlich eine tatrichterliche Aufgabe, die eine Auswertung der im Verfahren insgesamt vorliegenden Tatsachen und Beweise einschließt. Hierbei handelt es sich nicht um einen komplizierten tatsächlichen Umstand; der dem Kläger insgesamt bekannte Sachverhalt ist ohne juristische oder anderweitige besondere Kenntnisse zu erfassen gewesen. Insofern waren dazu Hinweise des
LSG an den rechtskundig vertretenen Kläger nicht erforderlich. Auch sonst war entgegen der Darstellung des Klägers eine Sachlage, bei der er nicht damit zu rechnen brauchte, dass das
LSG den Therapieaufwand im Rahmen der Feststellung des Gesamt-
GdB anspricht und wertet, vor der Entscheidung des
LSG nicht gegeben. Zudem musste dem Kläger schon aufgrund des Inhalts des Widerspruchsbescheides, des Urteils des SG sowie seiner persönlichen Befragungen klar sein, dass es neben dem Therapieaufwand maßgeblich auch darauf ankommt, dass er durch Auswirkungen des Diabetes mellitus insgesamt erheblich in der Lebensführung beeinträchtigt ist. Dieses Verständnis hat der Kläger durch sein Vorbringen selbst erkennen lassen, mit dem er sich bemüht hat, dem
LSG eine erhebliche, gravierende Beeinträchtigung seiner Lebensführung darzulegen. Im Übrigen kommt im Berufungsurteil (s S 16 des Abdrucks) hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass das
LSG den Schriftsatz des Klägers vom 25.4.2012 in Erwägung gezogen hat.
Entgegen der Ansicht des Klägers sind weitere detaillierte Tatsachenfeststellungen, insbesondere durch Einholung eines Gutachtens, nicht erforderlich gewesen. Soweit der Kläger rügt, das
LSG hätte von Amts wegen gemäß § 103
SGG ein Sachverständigengutachten darüber einholen müssen, ob sich die von ihm vorgetragenen Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 4.12.1998 zugrunde gelegen haben, wesentlich geändert hätten, greift diese Rüge nicht durch. Denn das
LSG hat den Therapieaufwand im Rahmen der beim Kläger erfolgenden Insulinpumpentherapie auf der Grundlage der vorliegenden Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte dahin gewürdigt, dass er für sich genommen die betreffenden Voraussetzungen in Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV erfüllt. Für die Beurteilung, ob beim Kläger eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensführung durch den Diabetes mellitus vorliegt, bedarf es auf der Grundlage der getroffenen medizinischen Feststellungen und der eigenen Angaben des Klägers keiner besonderen Sachkunde. Diese kann der Tatrichter ohne sachverständige Unterstützung selbst vornehmen (vgl
BSG Urteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 46). Das
LSG hat sich ersichtlich neben den eigenen Angaben des Klägers auch auf die Einschätzungen der behandelnden Ärzte
Dipl.-Med. M.,
Dr. S. und W. in deren beigezogenen Befundberichten gestützt. Dabei sind auch die von dem Kläger diesen gegenüber geschilderten einschränkenden Umstände (zB Schwierigkeiten bei der Insulinpumpentherapie im Falle hypoglykämischer Zustände) berücksichtigt worden. Zudem hat das
LSG insbesondere die Angaben des Klägers in der öffentlichen Sitzung des SG vom 24.3.2006 sowie in der nichtöffentlichen Sitzung des
LSG am 13.7.2011 gewürdigt, wonach es bei ihm nicht zu schweren Hypoglykämien gekommen ist und er entsprechende Folgewirkungen nicht benennen konnte.
Die benötigten vier bis fünf Insulindosen pro Tag werden über die Insulinpumpe abgegeben, deren Reservoir der Kläger alle drei Tage wechseln muss. Die von dem Beklagten ausgewertete
CD-
ROM mit den aufgezeichneten Insulingaben hat weder besonders niedrige noch besonders überhöhte Werte ergeben. Auch die im Nachhinein erweiterten Angaben des Klägers, es werde ihm bei der Arbeit teilweise schwindelig, wenn er sich auf Rohrbrücken befinde oder Treppen schnell hoch und runter laufe, hat das
LSG in seine Feststellung miteinbezogen und keine behandlungsbedürftigen schweren Auswirkungen des Diabetes mellitus festgestellt. Dabei hat es insbesondere das erforderliche Ablegen der Insulinpumpe beim Badengehen des Klägers mit Freunden und deren anschließend erforderliche Aktivierung gewürdigt. Dadurch wird nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Wertung des
LSG die Teilhabe an diesen Freizeitmöglichkeiten zwar erschwert; diese können aber dennoch wahrgenommen werden. Insgesamt hat die Insulinpumpe als solche nach der Bewertung der Ärzte des Klägers bei diesem zu einer wesentlichen Verbesserung der gesundheitlichen Situation beigetragen.
In diese Überlegungen hat das
LSG auch die vom Kläger im Schriftsatz vom 25.4.2012 angegebenen Nachteile seiner Stoffwechselerkrankung (Dawn-Phänomen) miteinbezogen und weiter festgestellt, dass diese zwar einschränkend und belastend seien, nicht jedoch gravierend im Sinne der versorgungsmedizinischen Grundsätze. Hierzu hat der Kläger selbst mit seiner Revision dargelegt, dass aus diesen Umständen lediglich die Notwendigkeit einer strengeren Überwachung der Insulinpumpentherapie folge. Soweit der Kläger vorträgt, eine erhebliche Teilhabebeeinträchtigung ergebe sich auch dadurch, dass bei ihm Angst vor Hypoglykämien unruhige Nächte und Schlafstörungen auslöse, handelt es sich um erst mit der Revision vorgebrachte Umstände, die nicht vom
LSG festgestellt und daher für die Revision unbeachtlich sind (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl 2012, § 163 RdNr 5). Entsprechendes gilt für die erstmals mit der Revision erfolgte Angabe weiterer diabetesbedingter Beeinträchtigungen.
Im Übrigen setzt sich der Kläger kritisch mit der Beweiswürdigung des
LSG auseinander, ohne damit eine durchgreifende Verfahrensrüge anzubringen. Er hat nicht beachtet, dass eine Verletzung des insoweit einschlägigen § 128 Abs 1
SGG grundsätzlich erst dann vorliegt, wenn das
LSG gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen, nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt oder andere spezifische Beweisfehler gemacht hat.
Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des
LSG ist es zudem - auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens - auszuschließen, dass der
GdB des Klägers in Anwendung von Teil B Nr 15.1 Abs 5 AnlVersMedV einen Wert von 50 erreicht. Nach dieser Vorschrift können außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen jeweils höhere
GdB-Werte bedingen. Ausgehend von einem
GdB von 40 wäre danach eine Erhöhung auf 50 theoretisch möglich. Die Voraussetzungen der Vorschrift sind jedoch zweifelsfrei nicht erfüllt, da entsprechende Stoffwechsellagen bei dem Kläger vom
LSG nicht festgestellt worden sind. Die bloße Möglichkeit, dass zukünftig derartige schwerwiegende Stoffwechsellagen eintreten können, genügt den Anforderungen nicht.
Schließlich geht die von dem Kläger in diesem Zusammenhang vertretene Ansicht fehl, er dürfe wegen seines konsequenten Therapieverhaltens und seiner vernünftigen Lebensführung in Bezug auf seine Erkrankung bei der Festsetzung des
GdB nicht gegenüber einem behinderten Menschen benachteiligt werden, der bei gleicher Krankheitslage wegen einer nicht so konsequent durchgeführten Therapie eine schlechtere Stoffwechsellage aufweise und dem deswegen einer höherer
GdB als ihm zuerkannt werde. Dabei übersieht der Kläger, dass die Beurteilung des
GdB im Schwerbehindertenrecht ausschließlich final, also orientiert an dem tatsächlich bestehenden Zustand des behinderten Menschen zu erfolgen hat, ohne dass es auf die Verursachung der dauerhaften Gesundheitsstörung ankommt (vgl Oppermann in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl 2012, § 69
SGB IX RdNr 23 mwN). Das gilt sowohl hinsichtlich unbeeinflussbarer Kausalzusammenhänge (s dazu
BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 20 mwN) als auch für Vorgänge, auf die der Betroffene Einfluss nehmen kann oder die er sogar selbst zu verantworten hat. Insofern kommt es nicht darauf an, welche Folgen eine Vernachlässigung der Diabetes-Therapie bei dem Kläger haben würde (vgl
BSG Urteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 48).
Hinsichtlich der anderen beim Kläger vorliegenden Erkrankungen hat das
LSG gemessen an den maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen den jeweiligen Einzel-
GdB des Klägers rechtsfehlerfrei festgestellt. Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des
LSG liegt bei dem Kläger eine beginnende Nephropathie ohne derzeitige Einschränkungen sowie eine leichte Form der Hypertonie ohne oder mit nur geringer Leistungsbeeinträchtigung vor, die medikamentös kontrolliert werden kann. Grundlage für die Bemessung des Einzel-
GdB sind insoweit für die Zeit ab Antragstellung im November 2004 zunächst die
AHP 2004, anschließend bis zum Ende des Jahres 2007 die
AHP 2005, danach bis zum Ende des Jahres 2008 die
AHP 2008 und für die Zeit ab dem 1.1.2009 die
VersMedV (s jeweils die Einleitung). Bei Anwendung der für die
GdB-Bewertung bei einer beginnenden Nephropathie ohne Einschränkungen sowie bei einer leichten Form der Hypertonie maßgeblichen Tabellen in den jeweiligen Fassungen der Nr 26.12 bzw 26.9
AHP, die zum 1.1.2009 unverändert in
Teil B Nr 12.1.1 bzw
Nr 9.3 AnlVersMedV übernommen worden sind, ergibt sich für Nierenschäden ohne Einschränkung der Nierenfunktion ebenso wie für eine leichte Form der Hypertonie ohne oder mit geringen Leistungsbeeinträchtigungen ein Einzel-
GdB von 0 bis 10. Weitere mit einem Einzel-
GdB festzustellende Gesundheitsstörungen, insbesondere hinsichtlich der Bauspeicheldrüse oder des Dawn-Phänomens, hat das
LSG nicht festgestellt, weil hierzu weder vom Kläger noch von den behandelnden Ärzten Befunde oder funktionale Einschränkungen mitgeteilt worden sind.
Den Gesamt-
GdB hat das
LSG rechtsfehlerfrei mit 40 festgestellt. Dabei ist es nach Nr 18 und 19 der jeweiligen Fassungen der
AHP, die in
Teil A Nr 2. und
3. AnlVersMedV unverändert übernommen worden sind, von der Funktionsbeeinträchtigung ausgegangen, die den höchsten Einzel-
GdB bedingt, und hat dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen geprüft, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob der Ausgangswert also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen um 10, 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Insoweit führen von Ausnahmefällen abgesehen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen
GdB-Grad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Dies ist nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des
LSG bei dem Kläger der Fall, weil danach die neben dem mit 40 zu bewertenden Diabetes mellitus bestehenden Erkrankungen der beginnenden Nephropathie und der leichten Form der Hypertonie jeweils nur mit einem Einzel-
GdB von 0 bis 10 zu bewerten sind.
Bei der Prüfung eines Gesamt-
GdB von 50 verbietet sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht ein Vergleich mit anderen schwerwiegenden Erkrankungsbildern. Vielmehr sind bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, für die in der
GdB-Tabelle der
AHP/AnlVersMedV feste Grade angegeben sind (vgl Nr 19 Abs 2
AHP und Teil A Nr 3 Buchst b AnlVersMedV; auch
BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 18). Gemessen an diesen Voraussetzungen sind die beim Kläger bestehenden Erkrankungen nach den Feststellungen des
LSG insgesamt noch nicht mit Gesundheitsschäden zu vergleichen, deren Funktionsbeeinträchtigungen eine Schwerbehinderung mit einem Gesamt-
GdB von 50 begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.