Leitsatz:
1. Verschweigt ein Leistungsempfänger bewußt eine ihm nachteilige Änderung der Verhältnisse, muß die rückwirkende Aufhebung des Leistungsbescheids nicht mit Ermessenserwägungen begründet werden, wenn der Leistungsträger mit verstärkten Überwachungsmaßnahmen die Überzahlung hätte vermeiden können.
Orientierungssatz:
1. Weiß der Begünstigte, daß ihm die höhere Leistung (hier Bildungsbeihilfe) nicht mehr zusteht, und hat er eine andere, niedrigere Leistung (hier Arbeitslosenhilfe) nicht beantragt, um den fortdauernden unrechtmäßigen Leistungsbezug nicht zu gefährden, bewirkt die Rückzahlungsverpflichtung keine untypische Härte im Einzelfall. Von der Rückforderung ist nicht der Betrag ausgenommen, der an Arbeitslosenhilfe zu zahlen gewesen wäre. Der Rechtsgedanke des § 44 Abs 6 AFG, der einen Spezialfall der Zweckverfehlung öffentlich-rechtlicher Leistungen regelt, läßt sich nicht auf die verschuldensabhängigen Überzahlungstatbestände des § 48 SGB 10 übertragen. Es handelt sich um unterschiedliche Lebenssachverhalte und um rechtlich unterschiedlich zu bewertende Tatbestände, wenn in einem Fall das schuldhafte Verhalten dem Leistungsempfang nachfolgt (§ 44 Abs 6 AFG) und im anderen Fall das schuldhafte Verhalten den Leistungsbezug bewirkt (§ 48 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 10). Wird die Überzahlung durch eine grobe Pflichtwidrigkeit des Begünstigten verursacht, begründet die volle Erstattungspflicht selbst bei schlechter Einkommens- und Vermögenslage keinen atypischen Fall (Anschluß an BSG vom 21.7.1988 - 7 RAr 21/86 = AuB 1989, 161, 162 und BSG vom 26.11.1986 - 7 RAr 65/85 = NZA 1987, 467, 468).
Rechtszug:
vorgehend SG Frankfurt 1988-03-29 S 7 Ar 325/85
vorgehend LSG Darmstadt 1989-09-22 L 10 Ar 776/88