Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg. Der allein noch streitgegenständliche Bescheid vom 31. Juli 1998, den der Senat, dem SG folgend, trotz gewisser Bedenken gemäß § 96
Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) ins Verfahren einbezogen erachtet, ist aufzuheben.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsaktes (hier des Bewilligungsbescheids vom 10. November 1993) ist § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB X). Gemäß
Abs. 1 dieser Vorschrift darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf dem Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (
Abs. 2 Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Satz 2). Nach Satz 3 der Vorschrift kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit (
u. a.) 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier gegeben - kann bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die zitierten subjektiven Voraussetzungen erfüllt sind (
vgl. § 45
Abs. 3 Satz 3
SGB X); soweit dies mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgt, muss dies die Behörde innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme rechtfertigen (
vgl. Abs. 4 Satz 1 und 2).
Der Bewilligungsbescheid vom 10. November 1993 ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat für die Beschäftigung des R. Leistungen im Sinne vom § 33
Abs. 3 (
i. V. m.
Abs. 2 Sätze 1 bis 3)
SchwbG beantragt, nämlich Arbeitsentgeltzuschuss (AEZ) aus den Mitteln, die der Beklagten aus dem Sonderprogramm des Landes Baden-Württemberg "Mehr Arbeitsplätze für Schwerbehinderte" zugewiesen waren. Nach der auf der Ermächtigung des § 33
Abs. 2 Satz 5
SchwbG beruhenden das Nähere über Voraussetzungen, Personenkreis, Art, Höhe und Dauer der Leistungen sowie das Verfahren regelnden
SchwbAV vom 28. März 1998, BGBl. I Seite 484 werden die Zuschüsse auf Antrag des Arbeitgebers erbracht (§ 8 Satz 1
SchwbAV). Der Antrag ist vor der Einstellung zu stellen (Satz 2). In Ausnahmefällen kann der Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten noch innerhalb eines Monats nach der Einstellung des Schwerbehinderten gestellt werden (Satz 3). Die Zuschüsse werden vom Zeitpunkt der Einstellung an erbracht (Satz 4).
Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob eine Bewilligung, die in Unkenntnis einer bereits begonnenen Beschäftigung erfolgt ist, für welche jedoch alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, als rechtswidrig erachtet werden kann. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn die Beklagte nicht erfolgreich zu bestreiten vermag, die Förderungsleistung habe in jeder Hinsicht ihren Zweck erreicht. Das Erfordernis eines rechtzeitigen Antrags soll verhindern, dass keine vollendeten Tatsachen geschaffen sind und der Leistungsträger seiner Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung, Beratung und Ermessensentscheidung ordnungsgemäß nachkommen kann (
vgl. zum Recht der Rehabilitation Bundessozialgericht -
BSG - SozR 3-5765 Nrn. 1 und 2). Hierfür bestand vorliegend kein Hindernis. Der Kläger beschäftigte R. zur Zeit der Antragstellung zu Bedingungen, die (keine vereinbarte Arbeitszeit, Bruttomonatsentgelt nur DM 800) seitens der Beklagten für ein förderungsfähiges Arbeitsverhältnis nicht akzeptiert worden wären. Wäre eine Förderung nicht erfolgt, hätte die Beschäftigung angesichts der sich abzeichnenden Minderleistung des R. alsbald formlos geendet. Der Kläger hatte damit keine vollendeten Tatsachen geschaffen; die Erzielung eines "Mitnahmeeffekts" konnte ihm nicht ernstlich vorgehalten werden.
Hiermit in Zusammenhang stehende Erwägungen müssen dazu führen, dass der Beginn der Beschäftigung des R. mit 19. Oktober 1992 schon nicht als "Einstellung" im Sinne von § 8 Satz 2
SchwbAV betrachtet werden kann. Der Kläger hatte ein anerkennenswertes tatsächliches Interesse, R. auf dessen Leistungsfähigkeit für eine reguläre Beschäftigung zu prüfen. Dies hat er mit der formlosen Probebeschäftigung zum Bruttomonatsentgelt von DM 800 verwirklicht. In Anerkennung eines solchen Interesses ist für den Fall des regelmäßig eine unbefristete Beschäftigung fordernden Einarbeitungszuschusses nach § 49 des Arbeitsförderungsgesetzes (
AFG) entschieden worden, ein vorgeschaltetes befristetes Probearbeitsverhältnis stehe der Leistung nicht entgegen, wenn die Bewilligung unter der aufschiebenden Bedingung erfolge, sodann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu begründen (
vgl. BSG SozR 4100 § 49
Nr. 3; Urteil vom 22. Februar 1984 - 7 RAr 31/83 - DBlR. 2930,
AFG/§ 54). Auch vorliegend hat es sich um eine "vorgeschaltete" Probebeschäftigung gehandelt, die - wie bereits dargelegt - nicht unter förderungsfähigen Bedingungen abgelaufen ist. Diesbezüglich ist auch der Einwand des Klägers beachtlich, diese vorgeschaltete Probebeschäftigung könne noch nicht als Arbeitsplatz im Sinne der Bestimmungen des
SchwbG und der zu diesem erlassenen Verordnungen betrachtet werden. So ist etwa zur Eingliederungsbeihilfe entschieden worden, der Begriff des "Dauerarbeitsplatzes" sei noch nicht erfüllt, wenn bisher nur eine den Zweck der Leistung verfehlende vorübergehende Beschäftigung erkennbar sei (
vgl. BSG, Urteil vom 23. September 1980 -
7 RAr 67/79 - DBlR 2675a
AFG/§ 54). Für die hier in Rede stehende Leistung des AEZ ist ausdrücklich vorgesehen, dass sie auch erbracht werden kann bei befristeten Probearbeitsverhältnissen für die Dauer von bis zu sechs Monaten (§ 6
Nr. 5
SchwbAV) und bei Übernahme in ein Arbeitsverhältnis durch denselben Arbeitgeber im Anschluss an ein Probearbeitsverhältnis (§ 6
Nr. 6
SchwbAV). Diese Tatbestände belegen, dass der Verordnungsgeber das schützenswerte Interesse des Arbeitgebers an einer vorgeschalteten Probezeit durchaus anerkennt. Um keine wesentlich andersartige Gestaltung hat es sich vorliegend gehandelt mit der Folge, dass die Einstellung des R. im Sinne von § 8 Satz 2
SchwbAV für eine dauerhafte und vollzeitige Beschäftigung unter ortsüblichen Bedingungen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht gegeben war. Der Zweck der Förderung wurde mit dem Beginn der vollzeitigen Beschäftigung zum 1. Dezember 1992 erfüllt.
Nach alledem kommt es auf die Frage, ob der Kläger bei der Antragstellung gegen seine Pflicht zur richtigen Angabe der für die Leistung erheblichen Tatsachen (
vgl. § 45
Abs. 2 Satz 3
Nr. 2
SGB X i.V.m. § 60
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) verstoßen hat, nicht an. Im Übrigen wäre darauf hinzuweisen, dass selbst im Fall der Erfüllung der objektiven und subjektiven Rücknahmevoraussetzungen die hier dargelegten Gesichtspunkte in den ersetzenden Bescheid vom 31. Juli 1998 nicht als wesentliche Ermessenserwägungen eingeflossen wären. Der Sachverhalt ist erst weit nach Ende der Beschäftigung des R., nämlich bei der Einleitung des Verfahrens wegen des ursprünglich angefochtenen Bescheids beim SG im Dezember 1997 aufgedeckt worden. Die Rücknahme mit der Folge der Pflicht zur Erstattung des gesamten Förderbetrags wäre angesichts des Zwecks der vorhergehenden Antragstellung eine offensichtlich unverhältnismäßige Sanktion. Wäre ein etwa zu beanstandendes Verhalten des Klägers zeitnah entdeckt worden, hätten Modalitäten einer Beendigung der vorläufigen Beschäftigung und einer späteren Neubegründung geprüft und praktiziert werden können. Auf solche rückblickend sich anbietende hypothetische Gestaltungen kommt es jedoch nach der dargelegten Auffassung des Senats nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG. Sie berücksichtigt, dass der Kläger den Bescheid vom 25. Juni 1997 mit der nach § 10
Abs. 1
SchwbAV auferlegten Rückzahlung von DM 7.352, die zutreffend berechnet ist, zuletzt nicht mehr angegriffen hat.