Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4. Dezember 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25. Februar 2010 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4661,95 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits sowie die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Der Streitwert wird auf 4661,95 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung der von der Klägerin aufgewandten Kosten für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Reha) für die bei ihr versicherte Beigeladene in Höhe von 4661,95 Euro.
Die 1950 geborene Beigeladene ist seit 1991 als voll erwerbsgeminderter behinderter Mensch in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigt und sowohl in der Rentenversicherung (§ 1 S 1 Nr 2 Buchstabe b Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI)) als auch in der Krankenversicherung (
§ 5 Abs 1 Nr 8 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)) versicherungspflichtig. Am 8.6.2006 wurde ihr eine Hüfttotalendoprothese implantiert; am 12.6.2006 beantragte sie bei der beklagten Krankenkasse, ihr im Anschluss an die Krankenbehandlung eine Leistung zur medizinischen Reha zu gewähren. Die Beklagte leitete den Antrag am 20.6.2006 an die Klägerin weiter, die der Beigeladenen vom 23.6. bis zum 21.7.2006 die beantragte Anschlussheilbehandlung (AHB) bewilligte. Nach einer Zeit der arbeitsunfähigen Erkrankung vom 22.7. bis 3.9.2006 nahm die Beigeladene am 4.9.2006 ihre Beschäftigung in der WfbM wieder auf.
Die Klägerin beanspruchte hierauf als zweitangegangener Träger iS des
§ 14 Abs 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) bei der Beklagten die Erstattung der Kosten für diese Reha-Maßnahme in Höhe von 4661,95 Euro, weil sie für die Erbringung der Leistung nicht zuständig gewesen sei. Die erbrachte Leistung habe bei der voll erwerbsgeminderten Beigeladenen ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht wiederherstellen können, sodass die persönlichen Voraussetzungen für eine Leistungspflicht des Trägers der Rentenversicherung gemäß § 10 Abs 1 Nr 2
SGB VI nicht vorgelegen hätten. Die Beklagte lehnte eine Kostenerstattung ab (Schreiben vom 13.9.2006), weil bei der Beigeladenen zumindest der weitere Verbleib in der WfbM habe sichergestellt werden können.
Das Sozialgericht hat die Klage nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens abgewiesen (Urteil vom 25.2.2010), weil die medizinischen Leistungen Voraussetzung für den weiteren Verbleib der Beigeladenen in der WfbM gewesen seien. Das Landessozialgericht (
LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2012) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Auch voll erwerbsgeminderte Menschen wie die Beigeladene, die trotzdem rentenversicherungspflichtig beschäftigt und in der Lage seien, nach Erfüllung der Wartezeit von 240 Kalendermonaten durch die Beschäftigung in einer WfbM einen Rentenanspruch zu erwerben, hätten Anspruch auf Erhalt ihrer Leistungsfähigkeit im geschützten Bereich der WfbM. Diese Voraussetzungen nach § 10
SGB VI seien bei der Beigeladenen erfüllt; denn durch die in Frage stehende Leistung zur Reha habe eine wesentliche Verschlechterung der geminderten Erwerbsfähigkeit iS des § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b
SGB VI abgewendet werden können. Bei behinderten Menschen in einer WfbM liege eine wesentliche Besserung der Leistungsfähigkeit bereits dann vor, wenn zu erwarten sei, dass der Versicherte ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung iS des
§ 40 Abs 1 Nr 2 SGB IX erbringen könne.
Mit der vom
LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 10 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b
SGB VI sowie des § 14
SGB IX und führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Eine "wesentliche" Besserung des Leistungsvermögens der Beigeladenen iS des § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b
SGB VI habe durch die durchgeführte Reha-Maßnahme nicht erreicht werden können. Denn eine solche wesentliche Besserung verlange, dass die Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zumindest teilweise und nicht nur vorübergehend behoben werde. Liege bereits eine volle Erwerbsminderung vor, reiche es nicht, wenn die geminderte Erwerbsfähigkeit zwar gebessert, nicht aber die volle Erwerbsminderung beseitigt werde. Denn Leistungen eines Rentenversicherungsträgers zur Teilhabe sollten der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit dienen und nicht allein auf die Gesundung eines Versicherten gerichtet sein oder lediglich dazu dienen, einen Versicherten vor weiterem Abgleiten zu bewahren, ohne dass Aussicht bestehe, seine Erwerbsfähigkeit wieder herzustellen (Hinweis auf Bundessozialgericht (
BSG) Urteil vom 23.2.2000 -
B 5 RJ 8/99 R - BSGE 85, 298 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2). Bei der Klägerin habe aber ein Leistungsvermögen außerhalb einer WfbM nicht hergestellt werden können. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Eine Benachteiligung wegen der Behinderung liege nicht vor, wenn ein ohnehin eingeschränktes Leistungsvermögen, das einen Versicherten nur zu einer Tätigkeit in einer WfbM befähige, nicht durch eine Reha-Maßnahme des Rentenversicherungsträgers so geschützt werde wie die Leistungsgrenze eines nicht behinderten Versicherten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4. Dezember 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25. Februar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 4661,95 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist ergänzend auf Arbeitsanweisungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) (auf der Internetseite http://www.deutsche-rentenversicherung-regional.de/Raa/Raa.do?f=SGB6_10R3.9). Dort heiße es: "Versicherte, die wegen Art und Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, deshalb in einer WfbM tätig und nach § 1 Satz 1
Nr. 2
SGB VI versicherungspflichtig sind, können weiterhin Leistungen zur medizinischen Reha durch den Rentenversicherungsträger erhalten, selbst wenn die nach § 44
Abs. 2
SGB VI in der Fassung bis 31.12.2000
bzw. § 43
Abs. 2 Satz 3
Nr. 1
SGB VI in der Fassung ab 01.01.2001 bestehende Erwerbsunfähigkeit/volle Erwerbsminderung voraussichtlich nicht im Sinne des § 10
SGB VI behoben und keine Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werden kann. Voraussetzung ist allerdings, dass die medizinischen Leistungen für den weiteren Verbleib in der WfbM notwendig sind und bisher weder die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung erfüllt sind (Umdeutung nach § 116
Abs. 2
Nr. 1
SGB VI) noch eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/voller Erwerbsminderung nach § 44
Abs. 1 oder 3
SGB VI (ab 01.01.2001: § 43
Abs. 2 oder 6
SGB VI) bezogen wird
bzw. begründet beantragt wurde (ISRV:NI:FAR 5/94 6 und AGDR 3/99 5)."
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Entgegen den Entscheidungen der Vorinstanzen hat die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Erstattung der Kosten der Leistungen zur medizinischen Reha für die Beigeladene in Höhe von 4661,95 Euro.
Gemäß § 14 Abs 4 S 1
SGB IX erstattet ein Reha-Träger, der für die Leistung zuständig ist, dem Reha-Träger, der die Leistung erbracht hat, ohne zuständig zu sein, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach Bewilligung der Leistung durch den leistenden Reha-Träger nach Abs 1 S 2 bis 4 der Vorschrift festgestellt wird, dass der andere Reha-Träger zuständig ist. Vorliegend hat die Beigeladene den Reha-Antrag bei der Beklagten gestellt; diese hat den Antrag innerhalb von zwei Wochen an die Klägerin weitergeleitet, die die medizinische Reha-Maßnahme in Gestalt einer AHB bewilligt hat. Diese Vorgehensweise entspricht § 14 Abs 1 S 1 und 2
SGB IX, wonach der erstangegangene Reha-Träger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm feststellt, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; verneint er dies, leitet er den Antrag unverzüglich dem seiner Auffassung nach zuständigen Reha-Träger zu. Dieser ist nach § 14 Abs 2 S 1 und 3
SGB IX verpflichtet, unverzüglich den Reha-Bedarf festzustellen.
Für Leistungen zur medizinischen Reha sind grundsätzlich sowohl die Träger der Rentenversicherung als auch der Krankenversicherung zuständig (
§ 5 Nr 1 iVm § 6 Abs 1 Nr 1 und 4 SGB IX, § 9 Abs 1 S 1
SGB VI für die Rentenversicherung, § 40
SGB V für die Krankenversicherung). Dass der Reha-Bedarf in Form der AHB bei der Beigeladenen bestanden hat, hat das
LSG - unwidersprochen - festgestellt. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§ 163 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)). Nach Bewilligung der Leistung durch die Klägerin hat diese sich iS des § 14 Abs 4
SGB IX an die Beklagte mit ihrer Erstattungsforderung gewandt, weil sie für die Leistungserbringung nicht, vielmehr die Beklagte als zuständiger Krankenversicherungsträger zuständig sei. Diese Forderung ist berechtigt; denn die Beigeladene erfüllt die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erbringung der Leistung durch die Klägerin als Rentenversicherungsträger nicht. Zuständig zur Leistungserbringung ist die Krankenkasse (Beklagte).
Gemäß § 9 Abs 1 S 1
SGB VI erbringt die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Reha, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Nach Abs 2 dieser Vorschrift können diese Leistungen erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Gemäß § 10 Abs 1
SGB VI haben Versicherte für Leistungen zur Teilhabe die persönlichen Voraussetzungen ua erfüllt, bei denen nach Nr 2 dieser Vorschrift voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Reha oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, oder b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Reha oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann. Die Beigeladene ist Versicherte iS dieser Vorschrift; denn rentenversicherungspflichtig sind nach § 1 S 1 Nr 2 Buchst a
SGB VI ua behinderte Menschen, die in anerkannten WfbM tätig sind. Die Beigeladene ist seit 1991 in einer WfbM tätig und damit versicherungspflichtig.
Nach den bindenden Feststellungen des
LSG (§ 163
SGG) ist die Klägerin jedoch dauerhaft voll erwerbsgemindert iS des § 43 Abs 2 S 3 Nr 1
SGB VI. Hiernach sind voll erwerbsgemindert ua Versicherte nach § 1 S 1 Nr 2
SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Versicherte wie die Klägerin, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit - vorliegend bei Eintritt in das Erwerbsleben - voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, können nach § 43 Abs 6
SGB VI dennoch einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung erlangen, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.
Da die Beigeladene iS des § 43 Abs 2 S 3 Nr 1
SGB VI dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, konnte durch die von der Klägerin bewilligte AHB weder eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet (§ 10 Abs 1 Nr 2 Buchst a
SGB VI) noch die geminderte Erwerbsfähigkeit durch diese Leistungen zur medizinischen Reha wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden (§ 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b
SGB VI).
Wie der 5. Senat des
BSG bereits in seinem Urteil vom 24.4.1996 (
5 RJ 56/95 - BSGE 78, 163 = SozR 3-2600 § 44 Nr 6) ausgeführt hat, liegt bei dauerhaft Erwerbsgeminderten mit einer Beschäftigung in einer WfbM eine Benachteiligung wegen Behinderung nicht vor, wenn der behinderte Mensch einerseits wegen Art oder Schwere seiner Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht einsetzbar und infolgedessen als erwerbsunfähig (heute: voll erwerbsgemindert) angesehen wird, er andererseits aber einen Rentenanspruch (damals nach § 44 Abs 1 bis 3
SGB VI) erwerben kann, sofern er 240 Monate versichert ist. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art 3 Abs 3 S 2 Grundgesetz (
GG) vor, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.
In einem weiteren Urteil vom 23.2.2000 (
B 5 RJ 8/99 R - BSGE 85, 298 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2) hat der 5. Senat des
BSG ferner entschieden, dass Versicherte, die in einer WfbM tätig und erwerbsunfähig (= voll erwerbsgemindert) sind und lediglich Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Abs 3
SGB VI alter Fassung erhalten können, vom Rentenversicherungsträger keine medizinischen Leistungen zur Reha beanspruchen können, um lediglich ihr Leistungsvermögen für die Tätigkeit in einer solchen Werkstatt zu erhalten oder wiederherzustellen. In der Begründung heißt es, eine "wesentliche" Besserung iS des § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b
SGB VI verlange, dass die Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zumindest teilweise und nicht nur vorübergehend behoben werde. Liege bereits Erwerbsunfähigkeit vor, reiche es nicht, wenn zwar die geminderte Erwerbsfähigkeit gebessert, nicht aber die Erwerbsunfähigkeit beseitigt werde (so bestätigt durch das Urteil des 5. Senats des
BSG vom 11.5.2011 -
B 5 R 54/10 R - BSGE 108, 158 = SozR 4-3250 § 17 Nr 1, RdNr 47). Denn Leistungen eines Rentenversicherungsträgers zur Reha schieden von vornherein als nicht zweckgerichtet aus, wenn diese allein auf die Gesundung des Versicherten gerichtet seien oder lediglich dazu dienen sollten, vor weiterem Abgleiten zu bewahren, ohne dass Aussicht bestehe, seine Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat nach eigener Überzeugungsbildung an; sie entspricht der Zielsetzung des Gesetzes zur Erhaltung bzw Eingliederung in den "ersten" Arbeitsmarkt, dh der Herstellung eines Leistungsvermögens außerhalb einer WfbM.
Durch die der Beigeladenen bewilligte AHB konnte deren Leistungsvermögen nicht so weit gebessert werden, dass sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - also außerhalb einer WfbM - erwerbstätig sein könnte. Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des
LSG konnte lediglich ihr eingeschränktes Leistungsvermögen erhalten bzw wieder erreicht werden. Durch ein solches Maßnahmeziel werden die Voraussetzungen des § 10
SGB VI indes nicht erfüllt. Auf den Umstand, dass die Beigeladene weiterhin in einer WfbM beschäftigt ist, kommt es mithin nicht an. Die von der Beklagten zitierten Arbeitsanweisungen der DRV stehen - unabhängig von der Frage der rechtlichen Bindungswirkung solcher Arbeitsanweisungen - dieser Entscheidung auch nicht entgegen. Denn sie können nicht über den gesetzlichen Anspruch hinausgehen, der für Leistungen zur Teilhabe nur dann besteht, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 9 Abs 2
SGB VI).
Soweit sich das
LSG für seine - entgegengesetzte - Auffassung auf eine in der Literatur vertretene Auffassung (Luthe, juris PK - § 10
SGB VI, 2. Aufl 2013, "Anm" 52) beruft, vermögen diese - isoliert herausgegriffenen - Ausführungen den Senat vom Gegenteil nicht zu überzeugen. Denn auch Luthe erkennt (aaO RdNr 37, vgl auch RdNr 39 f), dass für den Begriff der Erwerbsfähigkeit das Leistungsvermögen des behinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entscheidend ist; Versicherte, die in einer WfbM tätig seien und die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (gemeint: voller Erwerbsminderung) erfüllt hätten, könnten vom Rentenversicherungsträger deshalb keine medizinischen Leistungen zur Reha beanspruchen, um lediglich ihr Leistungsvermögen für die Tätigkeit in einer solchen Werkstatt zu erhalten oder wiederherzustellen.
Eine "wesentliche" Besserung erfordert mithin eine nicht nur geringfügige oder vorübergehende Behebung der Leistungseinschränkung; liegt bereits eine volle Erwerbsminderung vor, reicht es nicht, wenn zwar die geminderte Erwerbsfähigkeit gebessert, gleichwohl aber volle Erwerbsminderung bestehen bleibt (BSGE 108, 158 = SozR 4-3250 § 17 Nr 1, RdNr 47 mwN). Ebenso wenig liegt eine wesentliche Besserung vor, wenn nur eine Linderung oder eine sonstige Erleichterung der Lebensumstände erreicht wird (vgl auch Auslegungsgrundsätze der Rentenversicherungsträger vom 8.2.1995
idF vom 18.7.2002, Ziffer 2.6, abgedruckt im KomGRV Anl 5 zu § 15 Abs 1 S 1
SGB VI; vgl ferner Günniker in Hauck/Noftz,
SGB VI, Stand: Oktober 2012, K § 10 RdNr 14).
Scheidet hiernach eine Leistungspflicht der Klägerin mangels Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen des § 10
SGB VI durch die Beigeladene aus, ergibt sich die Leistungspflicht der Beklagten aus
§ 11 Abs 2 S 1 iVm § 40 Abs 1 und 2 SGB V. Hiernach haben Versicherte ua Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Reha, wenn diese notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern; zum Leistungsumfang der Krankenkasse gehört auch eine erforderliche stationäre Reha-Maßnahme. Die Beigeladene ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert und die Erforderlichkeit der stationären Reha-Maßnahme in Form einer AHB ist durch das
LSG bindend festgestellt worden. Als zuständiger Träger iS des § 14 Abs 4 S 1
SGB IX ist die Beklagte der Klägerin gegenüber mithin zur Kostenerstattung verpflichtet.
Diese Zuständigkeitsaufteilung zwischen Trägern der Renten- und Krankenversicherung ist mit Art 3 Abs 3
GG vereinbar. Eine Benachteiligung wegen Behinderung liegt nicht vor, wenn Behinderte zwar auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen der Art oder der Schwere ihrer Behinderung keinen über der Geringfügigkeitsgrenze liegenden Lohn erreichen können und infolgedessen als erwerbsunfähig angesehen werden müssen, aber ihr eingeschränktes Leistungsvermögen, das sie zur Tätigkeit in einer WfbM befähigt, nicht durch Reha-Maßnahmen des Rentenversicherungsträgers so geschützt wird wie die Leistungsgrenze eines nicht behinderten Versicherten (vgl im Einzelnen BSGE 85, 298 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2, Juris RdNr 22 mwN). Sie stellt auch keine Diskriminierung behinderter Menschen dar, die Art 5 Abs 2 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (
UN-Behindertenrechtskonvention -
UN-
BRK) verhindern will. Diese Vorschrift der
UN-
BRK gebietet es nicht, dass der Anspruch des - dem Grunde und der Sache nach unstreitigen - Reha-Bedarfs im gegliederten Sozialsystem Deutschlands gerade durch den Träger der Rentenversicherung und nicht durch den Träger der Krankenversicherung gedeckt wird.
Die
UN-
BRK hat den Rang einfachen Gesetzesrechts und bedarf der Umsetzung durch nationales Recht, soweit die Bestimmungen der Konvention nicht wegen ihres hohen Konkretisierungsgrades unmittelbar anwendbar - self-executing - sind. Letztes ist bei Art 5 Abs 2
UN-
BRK der Fall (so bereits der 1. Senat des
BSG im Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 10/11 R - BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 29). Diese Vorschrift verbietet den Vertragsstaaten jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung und garantiert Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, gleichviel aus welchen Gründen. Mit seinen Vorschriften über medizinische Reha-Leistungen erfüllt Deutschland wesentliche Verpflichtungen, die es mit der Ratifizierung der
UN-
BRK eingegangen ist, und verhindert damit gerade eine Diskriminierung behinderter Menschen. Denn auch voll erwerbsgeminderte behinderte Menschen, die lediglich über ein für Tätigkeiten in einer WfbM, nicht jedoch für den allgemeinen Arbeitsmarkt ausreichendes Restleistungsvermögen verfügen, werden in die Versicherungspflicht der Rentenversicherung und Krankenversicherung einbezogen. Diese Systeme gehen im Grundsatz davon aus, dass die Versicherten durch versichertes Arbeitsentgelt, das sie auf dem regulären Arbeitsmarkt erzielen, Vorsorge für den Fall der Krankheit treffen und eine Altersvorsorge aufbauen können. Obwohl dies bei von Anfang an voll erwerbsgeminderten behinderten Menschen nicht der Fall ist, sollen sie durch mindestens 20-jährige Tätigkeit in einer WfbM in der gesetzlichen Rentenversicherung einen Rentenanspruch und damit eine bedürftigkeitsunabhängige Altersvorsorge aufbauen können.
Dies dient in hohem Maße dem Selbstwertgefühl, der finanziellen Unabhängigkeit und Selbständigkeit behinderter Menschen. Dass die gesetzliche Rentenversicherung medizinische Reha-Leistungen nur zum Erhalt oder zur Wiederherstellung der am allgemeinen Arbeitsmarkt orientierten Erwerbsfähigkeit vorsieht, ist unbedenklich, weil der medizinische Reha-Bedarf zur Wiederherstellung der "Werkstattfähigkeit" wegen erlittener Krankheit durch die Krankenversicherung abgedeckt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a
SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Streitwert bestimmt sich nach § 197a Abs 1 S 1
SGG iVm §§ 47, 52 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz.