Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines Treppenliftes.
Der am ... 1958 geborene Kläger arbeitet als Qualitätsingenieur im Reklamationsmanagement. Am 18. September 2012 erlitt er einen Schlaganfall. Seitdem besteht eine komplette Querschnittslähmung unterhalb des zwölften Brustwirbelkörpers. Am 26. November 2012 beantragte er Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Er reichte ein Angebot der Fa ... für den Einbau eines innenliegenden Treppenliftes mit zwei Haltestellen und zwei Türen ein. Die Kosten sollten 25.000
EUR betragen.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben erbringe sie, um die Möglichkeit zu schaffen, den Arbeitsplatz barrierefrei und selbständig zu erreichen. Hilfen, die auch ohne Bezug zur Arbeit zum Bestandteil der persönlichen Lebensführung gehörten, seien als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vom Sozialhilfeträger zu gewähren.
Im April 2013 ließ der Kläger den Treppenlift der Fa ... zum Preis von 25.000
EUR einbauen. Er verbindet das hochgelegene Erdgeschoss mit dem ebenerdigen Keller mit direktem Zugang zur Garage.
Mit Bescheid vom 15. Juli 2013 wies die Beklagte den fristgerecht eingelegten Widerspruch des Klägers zurück. Wohnungshilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben könne sie nur erbringen, wenn eine unmittelbare berufsbezogene Notwendigkeit bestehe.
Der Kläger hat fristgerecht Klage erhoben. Er meint, der Treppenlift sei kein zwingender Bestandteil der persönlichen Lebensführung. Er bewohne das Erdgeschoss des Hauses. Dieses verlasse er so selten, dass er dafür die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen könnte. Für den täglichen Arbeitsweg sei dies jedoch unzumutbar. Auf einen Lift an der Außentreppe zur 1. Etage habe er nur wegen der höheren Investitionskosten verzichtet. Der innenliegende Treppenlift verbinde das Erdgeschoss mit dem Keller, von wo er die Garage und damit selbst bei Schnee problemlos sein Auto erreichen könne.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2013 zu verurteilen, die Kosten für den Treppenlift zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es komme nicht darauf an, wie oft der Kläger das Haus arbeitsbedingt tatsächlich verlassen müsse. Der Lift sei erforderlich, um die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Auch wenn er diesen nutzen könne, um seine Arbeitsstelle aufzusuchen, sei in diesem Fall der Sozialhilfeträger zuständig.
Das Gericht hat das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Sozialagentur beigeladen. Diese verweist auf die Zuständigkeit der Beklagten als erstangegangene Leistungsträgerin. Die vom Kläger begehrten Leistungen seien zudem abhängig von einer Einkommens- und Vermögensprüfung.
Das Gericht hat den Kläger aufgefordert, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Installation des Treppenliftes darzulegen. Er gab an, welches Einkommen er und seine Ehefrau im Jahr 2013 erzielten. Im Übrigen lehnte er es auch auf gerichtliche Nachfrage ab, seine Vermögensverhältnisse zu offenbaren.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Die gemäß § 54
Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetztes statthafte kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Treppenliftes.
1. Die Beklagte ist als erstangegangene Leistungsträgerin für die begehrte Rehabilitationsleistung unter allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen im Außenverhältnis zum Kläger zuständig. Gemäß
§ 14 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (
SGB IX) stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrages fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Ist er für die Leistung nicht zuständig, leitet er den Antrag innerhalb von zwei Wochen dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Nach Ablauf dieser Frist verliert der materiell-rechtlich eigentlich zuständige Rehabilitationsträger (
§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, § 14
Abs. 2 Satz 1
SGB IX. Die Zuständigkeit für die beantragten Teilhabeleistungen geht dann für alle in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf den erstangegangenen Rehabilitationsträger über (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 24.01.2013, Aktenzeichen [Az.]
B 3 KR 5/12 R, Randnummer [Rn.] 16, zitiert nach juris).
Der Kläger hat am 26. November 2012 bei der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt und u.a. die Übernahme der Kosten für die Anschaffung und den Einbau eines Treppenliftes in seinem Wohnhaus begehrt. Diese hat den Antrag nicht an einen anderen Rehabilitationsträger im Sinne des § 6
SGB IX weitergeleitet.
2. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten für den nach Ablehnung der Kostenübernahme selbstbeschafften Treppenlift.
Die Erstattung selbstbeschaffter Leistungen der Teilhabe regelt
§ 15 SGB IX. Die Voraussetzungen des hier einzig in Betracht kommenden Erstattungstatbestandes § 15
Abs. 1 Satz 4 (Var. 2)
SGB IX sind jedoch nicht erfüllt. Danach besteht eine Erstattungspflicht, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
Die Beklagte hat die Gewährung der Teilhabeleistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger hat weder unter den Voraussetzungen des
SGB VI einen Anspruch auf Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben (a) noch nach dem
SGB XII einen Anspruch auf Förderung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Form einer Wohnungshilfe (b).
a) Nach § 9
Abs. 2
SGB VI können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn - wie hier der Fall - die persönlichen (§ 10
SGB VI) und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11
SGB VI) erfüllt sind. Der Umfang der Leistungen bestimmt sich gemäß § 16
SGB VI nach den
§§ 33 bis
38 SGB IX. Nach § 33
Abs. 8 Satz 1
Nr. 6
SGB IX umfassen diese auch die Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behindertengerechten Wohnung. Voraussetzung ist, dass die Maßnahme final auf die Entwicklung oder Sicherung der Erwerbsfähigkeit ausgerichtet ist. Im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hat die Wohnungshilfe zum Ziel, die Folgen behinderungsbedingter Erschwernisse auszugleichen, die sich im Leben des behinderten Menschen bei der Teilhabe am Arbeitsleben auswirken. Der Förderrahmen beschränkt sich auf die durch die Berufsausübung
bzw. Erreichung des Arbeitsplatzes ausgelöste Bedarfslage. Maßnahmen, die ohne unmittelbaren Bezug zur Berufsausübung zum Bestandteil der persönlichen Lebensführung gehören, die eine Verbesserung der Lebensqualität bewirken sowie elementare Grundbedürfnisse befriedigen und sich auf diese Weise nur mittelbar bei der Berufsausübung auswirken, sind nicht durch Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben förderungsfähig und allenfalls im Wege der Förderung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach
§ 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX zu übernehmen. Entscheidend ist, welchem Lebensbereich die begehrte Leistung schwerpunktmäßig zuzuordnen ist (
BSG, Urteil vom 26.10.2004, Az.
B 7 AL 16/04 R, Rn. 21; Urteil vom 20.09.2012, Az.
B 8 SO 15/11 R, Rn. 19;
LSG Thüringen, Urteil vom 29.01.2013,
L 6 R 202/08, Rn. 25, zitiert jeweils nach juris).
Nach diesem Maßstab ist der vom Kläger benötigte Treppenlift keine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16
SGB VI in Verbindung mit § 33
Abs. 8 Satz 1
Nr. 6
SGB IX. Der Schwerpunkt der Leistung liegt in der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Zwar benötigt der Kläger den Lift nach eigenen Angaben derzeit überwiegend für den Start des täglichen Arbeitsweges. Darin erschöpft sich jedoch nicht dessen Notwendigkeit. Ohne Treppenlift wäre es ihm nicht möglich, ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen zu können. Deshalb ist nicht entscheidend, ob er derzeit noch die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen könnte, wenn er - in den seines Erachtens seltenen Fällen - sein Haus verlassen will. Gegenüber der stets zu organisierenden Hilfe Dritter ist die Möglichkeit, mittels Treppenlifts zu jeder Tages- und Nachtzeit, spontan oder in Notfällen das Haus verlassen zu können und wieder hinein zu gelangen, eine Verbesserung der persönlichen Lebensführung und Lebensqualität. Die Unabhängigkeit und zusätzliche räumliche Bewegungsfreiheit, die ihm durch den Treppenlift verschafft wird, ist eine wesentliche Grundlage, um ein selbstbestimmten Leben zu führen und damit am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. Bei wertender Betrachtung kommt dieser Möglichkeit für das Selbstbestimmungsrecht des Klägers ein höheres Gewicht zu, als die zugleich eröffnete Möglichkeit, den Arbeitsplatz zu erreichen. Ist bereits die bloße Möglichkeit, das Haus zu privaten Zwecken verlassen zu können, derart gewichtig, kommt es nicht entscheidend darauf an, wie oft er von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch macht (s.a. SG Karlsruhe, Urteil vom 14.07.2014, Az.
S 11 R 1330/13, Rn. 26, juris).
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Förderung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach
§ 53 Abs. 4 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit
§ 5 Nr. 4 SGB IX,
§ 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX,
§ 55 Abs. 1 und 2 Nr. 5 SGB IX. Er war nicht bereit, bei der Prüfung seiner gemäß 53
Abs. 4 Satz 2
SGB XII in Verbindung mit
§ 19 Abs. 3 SGB XII festzustellenden Bedürftigkeit mitzuwirken. Diese umfasst nicht nur die Feststellung des vom Kläger für das Jahr 2013 offengelegten Einkommens, sondern auch des Vermögens, § 90
SGB XII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.