Urteil
Gewährung von Leistungen nach § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX für die behindertengerechte Einrichtung des Arbeitsplatzes eines schwerbehinderten Geistlichen

Gericht:

OVG Rheinland-Pfalz 7. Senat


Aktenzeichen:

7 A 11104/21


Urteil vom:

06.10.2022


Grundlage:

Leitsatz:

Der Anspruch nach § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX (juris: SGB 9) i.V.m. § 26 SchwbAV (juris: SchwbAV 1988) setzt voraus, dass mit der Leistung ein Arbeitsplatz i.S.d. § 156 Abs. 1 SGB IX (juris: SGB 9) eingerichtet wird. Arbeitsplätze, auf denen Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften beschäftigt werden, gelten nach § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX (juris: SGB 9) nicht als Arbeitsplatz, so dass dem Arbeitgeber kein Anspruch auf Geldleistung zur behinderungsgerechten Einrichtung von Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Geistliche zusteht.(Rn.21)

Orientierungssätze:

1. Vergleiche zum Leitsatz BVerwG, Urteil vom 8. März 1999 - 5 C 5/98 -, NZA 1999, 826 = juris, Rn. 11.(Rn.24)

2. Der Regelung des § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX und damit der Freistellung der Kirchen von der Beschäftigungspflicht und der Ausgleichsabgabe für ihre geistlichen Ämter liegt der Gedanke zugrunde, dass die kirchliche Ämterautonomie die Ausgestaltung und Besetzung kirchlicher Ämter frei von staatlicher Einflussnahme gebietet (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. November 2003 - 5 C 13/02 -, BVerwGE 119, 200 = juris, Rn. 14).(Rn.31)

Rechtsweg:

VG Neustadt, Urteil vom 10. Juni 2021 - 2 K 428/20.NW

Quelle:

Justizportal des Landes Rheinland-Pfalz

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße vom 10. Juni 2021 wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX für die behindertengerechte Einrichtung des Arbeitsplatzes eines schwerbehinderten Geistlichen.

Die Klägerin beantragte am 20. Februar 2019 beim Beklagten die Bewilligung von Geldleistungen für die behindertengerechte Einrichtung des Arbeitsplatzes des - aufgrund eines Augenleidens als schwerbehinderter Mensch mit einem Behinderungsgrad von 80 anerkannten - Pfarrers A. sowie die Bezuschussung einer Arbeitsassistenz für diesen. Zur Begründung führte sie aus, dass die Ausstattung des Arbeitsplatzes mit den vorgeschlagenen technischen Hilfsmitteln sowie eine Arbeitsassistenz in angemessenem Umfange erforderlich seien, um den Anspruch des Pfarrers auf Teilhabe am Arbeitsleben erfüllen und zukünftig sichern zu können. Pfarrer A. ist seit 1985 bei der Landeskirche beschäftigt, bis 2016 als Gemeindepfarrer und nunmehr wegen der Verschlechterung seines Augenleidens als Krankenhausseelsorger in Vollzeit. Die Kosten für die technische Umrüstung des Arbeitsplatzes als Krankenhausseelsorger beliefen sich nach einem Kostenvoranschlag auf 11.685,20 EUR/brutto.

Mit Bescheid vom 20. Mai 2019 lehnte das Integrationsamt den Antrag ab, da Geldleistungen nach § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX an die Klägerin als Arbeitgeberin des Betroffenen nur bewilligt werden dürften, wenn es sich hierbei um Hilfen für einen "Arbeitsplatz" im Sinne des § 156 Abs. 1 SGB IX handele. Dies sei nicht der Fall, denn nach § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX würden Stellen bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, auf welchen Geistliche beschäftigt seien, nicht als Arbeitsplätze im Sinne des Absatzes 1 dieser Vorschrift gelten. Die Arbeitsplätze von Geistlichen seien daher nicht in das System der Beschäftigungspflicht von Arbeitgebern nach dem SGB IX ("Pflichtarbeitsplätze") einbezogen. Daher kämen auch Leistungen an die Klägerin zur Förderung des Arbeitsplatzes des hier betroffenen schwerbehinderten Pfarrers nicht in Betracht. Für die beantragte Arbeitsassistenz sei nur der Betroffene selbst antragsberechtigt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, die Rechtsauffassung des Beklagten widerspreche der Zielsetzung des Schwerbehindertenrechts, Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben zu erleichtern. Der Wortlaut des § 185 SGB IX setze das Vorliegen eines Arbeitsplatzes im Sinne des § 156 SGB IX gerade nicht voraus. Diese Vorschrift verwende nicht den Begriff des Arbeitsplatzes, sondern den weiteren Begriff der Teilhabe am Arbeitsleben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - 5 C 13/02 - sei im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben wegen des sozialen Schutzzwecks des § 185 SGB IX vorrangig darauf abzustellen, dass die Tätigkeit einzelner Schwerbehinderter dem Arbeitsleben zuzurechnen sei. Dies sei hier bei der Tätigkeit als Krankenhausseelsorger unstreitig der Fall. Weiter führte die Klägerin aus, dass der Arbeitsplatzbegriff in § 156 Abs. 2 SGB IX nach dem teleologischen, systematischen und historischen Verständnis dieser Norm vor allem als Rechengröße bei der Ermittlung der maßgeblichen Beschäftigtenzahl auf Pflichtarbeitsplätzen zu verstehen sei. Der Anwendungsbereich der Norm sei hierauf zu beschränken. Davon unterscheide sich der Arbeitsplatzbegriff in § 164 Abs. 4 Nr. 5 SGB IX, der den Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber regele. Mit diesem Anspruch korrespondiere die Regelung des § 185 SGB IX. Der Arbeitsplatzbegriff sei hiernach in einem technischen Sinne gemeint als die räumliche Stelle, an der der Mitarbeiter seine Arbeit verrichte. Ein rechtfertigender Grund, die Teilhabe von schwerbehinderten Geistlichen am Arbeitsleben durch Zuwendungen an die kirchlichen Arbeitgeber nicht gewährleisten und nicht fördern zu dürfen, sei nicht ersichtlich. Insbesondere gebiete die Schwerbehinderten-Ausgleichabgabe keine gruppennützige Verwendung für Beschäftigte, die ausschließlich auf abgabepflichtigen Pflichtarbeitsplätzen eingesetzt würden.

Dem trat der Beklagte entgegen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter vertrete im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 1999 - 5 C 5/98 - mit bundesweiter Geltung die Rechtsauffassung, dass die Arbeitsplätze Geistlicher nicht in das System der Beschäftigungspflicht einbezogen seien, weshalb die Gewährung von finanziellen Hilfen an die Arbeitgeber von Geistlichen insgesamt nicht in Betracht komme (Bl. 76, 77 der Gerichtsakte - GA -). Die Bewilligung von Leistungen an den schwerbehinderten Geistlichen selbst (persönliche Hilfen) sei aber nicht ausgeschlossen.

Nach Zurückweisung des Widerspruchs unter Wiederholung der bereits angeführten Gründe hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie nur noch ihr Begehren auf Hilfe im Arbeitsleben in Form von Geldleistungen zur behindertengerechten Einrichtung des Arbeitsplatzes weiterverfolgt hat. Zur Begründung hat sie ihre bisherigen Ausführungen wiederholt und vertieft und ergänzend auf ein Rechtsgutachten des Prof. von Campenhausen vom 27. Juli 2004, welches ihre Rechtsauffassung stütze, verwiesen.

Mit Urteil vom 10. Juni 2021 hat das Verwaltungsgericht unter Aufhebung der Bescheide des Beklagten diesen verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 20. April 2019 auf Bewilligung von Geldleistungen zur behindertengerechten Einrichtung des Arbeitsplatzes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX schließe es nicht aus, finanzielle Zuwendungen aus § 185 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und Kirchen in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber von schwerbehinderten Menschen zu erbringen.

Der Anwendungsbereich des § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX sei maßgeblich bedeutsam für die Berechnung der Pflichtarbeitsplatzquote nach § 154 Abs. 1 SGB IX. Die Regelung im Wege der fiktiven Rückausnahme bestimmter Beschäftigungsverhältnisse von der Abgabepflicht spreche dafür, dass diese Ausnahmebestimmungen bereichsspezifisch eng zu verstehen seien und der Anwendungsbereich daher einschränkend auszulegen sei. Die Verwendung der Ausgleichsabgabe folge einem beschäftigungsrechtlichen Ansatz, da die Verwendung der Mittel nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht an eine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz i. S. d. § 156 Abs. 1 SGB IX gebunden sei. Denn nicht nur die persönlichen Hilfestellungen nach Nr. 1 dienten der Gewährleistung und Sicherung der Teilhabe schwerbehinderten Menschen am Arbeitsleben, sondern auch die an den Arbeitgeber. Zwar differenziere § 185 Abs. 3 SGB IX nach der Person des Zuwendungsempfängers, unterscheide aber selbst nicht nach der Abgabenrelevanz des umzurüstenden Arbeitsplatzes. Es sei mit dem Regelungsanliegen des § 185 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX, gerade dem schwerbehinderten Menschen durch Unterstützung auch seines Arbeitgebers eine weitere Teilhabe am Arbeits- und Berufsleben zu sichern, nicht zielführend zu vereinbaren, dem schwerbehinderten Geistlichen die finanzielle Unterstützung vorzuenthalten.

Auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 1999 - 5 C 5/98 - stünde dem nicht entgegen. Zwar habe es ausgeführt, dass mit den Leistungen die Einrichtung eines Arbeitsplatzes i.S.d. § 7 SchwbG gefördert werden müsse. Es habe jedoch keinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt, dass Zuwendungen an Arbeitgeber nur bei einer Einbindung des geforderten Arbeitsplatzes in das Abgabensystem gewährt werden dürften. In dem damaligen Fall habe es nicht an einem Arbeitsplatz, sondern an der mit einem Arbeitnehmer vergleichbaren Beschäftigung gefehlt. Daher habe es in seinem weiteren Urteil vom 14. November 2003 betont, dass der damaligen Entscheidung nicht zu entnehmen sei, dass für alle Formen der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben vom Arbeitsplatzbegriff des § 7 Abs. 1 SchwbG auszugehen sei. Auch aus den Beweggründen, Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften in § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX aus der Pflichtarbeitsplatzquote herauszunehmen, folge nicht zugleich, dass die kirchlichen Arbeitgeber von der Zuwendungsfähigkeit ausgeschlossen werden sollten. In systematischer Hinsicht sei zudem zu beachten, dass der Gesetzgeber den Begriff des Arbeitsplatzes im Schwerbehindertenrecht je nach Regelungszusammenhang inhaltlich unterschiedlich verwende.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten. Zur Begründung stützt er sich auf seine bisherigen Ausführungen. Die zu fördernde Stelle müsse von einem Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn - der damit einen Arbeitsplatz im Sinne des § 156 Abs. 1 SGB IX innehabe - eingenommen werden. Dies sei bei einem Geistlichen einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft schon nicht der Fall.


Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. Juni 2021 abzuändern und die Klage abzuweisen.


Dem tritt die Klägerin unter Bezugnahme auf die Gründe des Urteils und der eigenen erstinstanzlichen Ausführungen entgegen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 2019, mit dem das Integrationsamt den Antrag mit der Begründung abgelehnt hatte, dass die Bewilligung nach § 185 Abs. 3 Nr. 2a) Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX - voraussetze, dass es sich um Hilfen für einen "Arbeitsplatz" i. S. d. § 156 Abs. 1 SGB IX handeln müsse, und ein solcher im Fall des Geistlichen nach § 156 Abs. 2 Nr. 2 SBG IX nicht vorliege, sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 27. April 2020 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Leistung beziehungsweise Neubescheidung ihres Antrags (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

I. Nach den für den geltend gemachten Anspruch in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX i.V.m. § 26 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung - SchwbAV - kann das Integrationsamt aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Geldleistungen für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben erbringen, insbesondere an Arbeitgeber zur behinderungsgerechten Einrichtung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für schwerbehinderte Menschen. Konkretisiert werden die Leistungsvoraussetzungen durch die Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung, die korrespondierend mit § 185 Abs. 3 SGB IX die tatbestandlichen Voraussetzungen für die einzelnen Leistungen regelt. Gemäß § 26 SchwbAV können Arbeitgeber Darlehen oder Zuschüsse bis zur vollen Höhe der entstehenden notwendigen Kosten erhalten, und zwar u. a. für die Ausstattung von Arbeits- oder Ausbildungsplätzen mit den notwendigen technischen Arbeitshilfen (§ 26 Abs. 1 Nr. 3 SchwbAV).

Diese tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen liegen im Fall der Klägerin jedoch nicht vor.

1. Zunächst handelt es sich bei dem hier betroffenen Beschäftigungsverhältnis unstreitig um das eines Schwerbehinderten, da der hier betroffene Pfarrer mit einem Grad der Behinderung von 80 als schwerbehinderter Mensch anerkannt worden ist (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Ebenso ist die Klägerin als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft Dienstherrin des betroffenen Pfarrers, dessen Amtsausübung der Landeskirche zuzuordnen ist, die gemäß § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX als öffentlicher Arbeitgeber gilt.

2. Weitergehend setzt der Anspruch nach § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX i.V.m. § 26 SchwbAV jedoch voraus, dass mit der Leistung ein Arbeitsplatz eingerichtet wird und mithin der Geistliche auf einem Arbeitsplatz beschäftigt wird. Ein solcher Arbeitsplatz ist vorliegend nicht gegeben, da - entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanz - § 156 im Rahmen des § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX Anwendung findet (a.). Arbeitsplätze auf denen Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften beschäftigt werden gelten daher nicht als Arbeitsplatz (b.).

a. Die beantragte Leistung ist nach § 185 Abs. 3 Nr. 2 a) SGB IX schon tatbestandlich ausgeschlossen.

Bei den tatbestandlichen Voraussetzungen ist zu beachten, dass § 185 Abs. 3 SGB IX verschiedene Formen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben i.S.d. § 185 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX vorsieht. Die hier beantragte Hilfeleistung an den Arbeitgeber nach § 185 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX tritt neben die persönliche Hilfe aus den Mitteln der Schwerbehindertenausgleichsabgabe nach § 185 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX, die an einen Schwerbehinderten erbracht wird. Diese darf nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch an einen schwerbehinderten Geistlichen erbracht werden (BVerwG, Urteil vom 14. November 2003 - 5 C 13/02 -, BVerwGE 119, 200 = juris), da Geldleistungen an Schwerbehinderte, die im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben erbracht werden, die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz i. S. d. § 7 Schwerbehindertengesetz - SchwbG a.F. - (jetzt § 156 SGB IX) nicht voraussetzen. Hier ist, so das Bundesverwaltungsgericht, vorrangig darauf abzustellen, dass die entsprechende Tätigkeit dem Arbeits- und Berufsleben zuzurechnen ist. Dies ergibt sich rechtlich daraus, dass § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX (früher § 7 Abs. 2 SchwbG a.F.) Geistliche nur für den Begriff des Arbeitsplatzes ausnimmt, nicht aber für die Einordnung ihrer Tätigkeit in das Berufs- und Arbeitsleben. Zudem setzt der Wortlaut des § 185 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX eine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz nicht voraus. Auch den einzelnen Regelungen der Nummer 1 ist nicht zu entnehmen, dass das Vorliegen eines Arbeitsplatzes im Sinne des § 156 Abs. 1 SGB IX generell rechtliche Voraussetzung oder Ziel einer Hilfe durch Geldleistung ist (so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 14. November 2003 - 5 C 13/02 -, BVerwGE 119, 200 = juris, Rn. 11 zu § 7 Abs. 2 SchwbG und § 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 a) und f) SchwbG a.F.).

Betreffend die Hilfeleistung nach § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX liegt der Fall hingegen anders. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, betrifft die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. November 2003 nicht § 185 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX. Geht man vom Wortlaut des hier einschlägigen § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX aus, setzt dieser ausdrücklich voraus, dass mit der beantragten Leistung die behindertenregerechte Einrichtung eines Arbeitsplatzes für den schwerbehinderten Menschen gefördert wird, wobei es sich - und dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung geklärt (so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 8. März 1999 - 5 C 5/98, juris, Rn. 11) - um einen Arbeitsplatz im Sinne des § 156 Abs. 1 SGB IX handeln muss (so auch Pahlen, in: Neumann/Pahlen/Greiner/Winkler/Jabben, SGB IX, 14. Aufl. 2020, § 15 Rn. 23).

Offen bleiben kann daher, ob § 185 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX betreffend die Leistungen an den Arbeitgeber generell die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX voraussetzt, da eine Begrenzung der Leistungsgewährung sich zumindest insoweit ergibt, als der Gesetzgeber in § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX nach seinem Wortlaut einen Arbeitsplatz ausdrücklich zur Voraussetzung gemacht hat (vgl. zu § 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a) SchwbG BVerwG, Urteil vom 8. März 1999 - 5 C 5/98 -, juris, Rn. 11; ebenso OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. April 2001 - 2 L 35/01 - juris, Rn. 32).

Der Begriff des Arbeitsplatzes wird in § 156 Abs. 1 SGB IX dahingehend legaldefiniert, dass Arbeitsplätze im Sinne dieses Teils alle Stellen sind, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden. Mithin ist zwar der Begriff des Arbeitsplatzes in Teil 3, Kapitel 2 "Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber" geregelt und § 185 SGB IX steht im Kapitel 6 "Durchführung der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen", jedoch stehen beide Normen in Teil 3 "Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen (Schwerbehindertenrecht)", wobei § 156 SGB IX ausdrücklich den Arbeitsplatz für den gesamten Teil 3 definiert. Aus dem Umstand, dass § 156 SGB IX in Kapitel 2 und § 185 SGB IX in Kapitel 6 geregelt ist, lässt sich folglich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts kein anderes Verständnis herleiten, auch wenn § 156 SGB IX die maßgebliche Rechengröße bei der Bemessung der Pflichtarbeitsplätze liefert.

Auch der Einwand, dass das SGB IX den Arbeitsplatzbegriff beispielhaft in § 164 SGB IX - so die Klägerin - unterschiedlich verwende und im Rahmen des § 185 SGB IX von einem anderen Arbeitsplatzbegriff als dem des § 156 SGB IX auszugehen wäre, verfängt daher ebenfalls nicht. Der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil im Jahr 2003 im Rahmen seiner Ausführungen zu § 185 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX von einem - so das Verwaltungsgericht - beschäftigungsrechtlichen Ansatz ausgegangen ist, ändert an diesem Verständnis nichts, da nicht erkennbar ist, dass das Bundesverwaltungsgericht von der älteren Rechtsprechung zu § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX abweichen wollte. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht ausschließlich zu § 185 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX ausgeführt, zur Umschreibung der Voraussetzungen der begehrten Hilfe verwende § 31 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und f SchwbG nicht den Begriff des "Arbeitsplatzes", sondern - entsprechend den Worten "Arbeit, Beruf" in der Gesetzesüberschrift - den weiten Begriff des "Arbeits- und Berufslebens". Der Wortlaut der genannten Bestimmungen setze das Vorliegen eines "Arbeitsplatzes" im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG nicht voraus; den Einzelregelungen sei nicht zu entnehmen, dass das Vorliegen eines Arbeitsplatzes im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG generell rechtliche Voraussetzung oder Ziel einer Hilfe durch Geldleistungen wäre (BVerwG, Urteil vom 14. November 2003 - 5 C 13/02 -, BVerwGE 119, 200 juris, Rn. 11). Damit ist das Bundesverwaltungsgericht vom Wortlaut des § 185 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX ausgegangen, der - gerade anders als die Nummer 2a) des Absatzes 3 - den Begriff des Arbeitsplatzes tatbestandlich nicht vorsieht.

Damit kann auch aus der übrigen Wortwahl des § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX - so jedoch das Verwaltungsgericht -, der von der "behindertengerechten Einrichtung", und des § 26 SchwbG, der von "Ausstattung mit notwendigen technischen Hilfen" spricht, kein anderes Begriffsverständnis abgeleitet werden, da nicht der Begriff der Arbeitsstätte, sondern der des Arbeitsplatzes i.S.d. § 156 SGB IX gewählt wurde.

Soweit das Verwaltungsgericht das Bundesverwaltungsgericht einschränkend dahingehend versteht, dass in dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1999 zugrunde liegenden Sachverhalt es nicht an einem Arbeitsplatz, sondern an einem Arbeitnehmer gefehlt habe, und - so wohl das Verwaltungsgericht - das Vorliegen eines Arbeitsplatzes nicht gefordert worden sei, so ist dem nicht zu folgen. Zum einen ist diese Einschränkung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu entnehmen, da dieses, wie ausgeführt, ausdrücklich vom Vorliegen eines Arbeitsplatzes i. S. d. § 7 Abs. 1 SchwbG ausgegangen ist und im Anschluss daran die gesetzliche Definition des Arbeitsplatzes wiedergegeben hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 1999 - 5 C 5/98 -, juris, Rn. 11 f.) Zum anderen gehen diese beiden Begrifflichkeiten Hand in Hand. So hat das Bundesverwaltungsgericht dazu ausgeführt, Voraussetzung für einen Arbeitsplatz sei immer, dass dieser von einer Person eingenommen werde, die im Dienste eines anderen fremdbestimmte Dienstleistungen in persönlicher Abhängigkeit vom Dienstberechtigten erbringe, im arbeitsrechtlichen Sinne also als Arbeitnehmer (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 1999 - 5 C 5/98 -, juris, Rn. 12). Jemand, der kein Arbeitnehmer ist, hat mithin auch keinen Arbeitsplatz inne. Soweit das Verwaltungsgericht zudem das Bundesverwaltungsgericht dahingehend zitiert, dass dieses in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2003 betont habe, dass dem Urteil des Jahres 1999 nicht zu entnehmen sei, dass für alle Formen der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben vom Arbeitsplatzbegriff des § 7 SchwbG auszugehen wäre, so ist diese Wiedergabe unvollständig, weil das Bundesverwaltungsgericht dies lediglich "für alle in Abs. 3 unter Nr. 1 ausdrücklich genannten Formen der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben" geäußert hat (BVerwG, Urteil vom 14. November 2003 - 5 C 13/02 -, BVerwGE 119, 200 = juris, Rn. 13) und mithin auf Absatz 3 Nr. 1 beschränkt hat.

b. Ein Arbeitsplatz i.S.d. § 156 SGB IX liegt nicht vor, da § 156 Abs. 2 SGB IX vorliegend Anwendung findet und danach als Arbeitsplätze nicht die Stellen gelten, auf denen Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften beschäftigt werden. Damit gilt unabhängig von der umstrittenen Frage, ob die Stelle eines Geistlichen - und mithin auch die des Pfarrers als Seelsorger - den Arbeitsplatzbegriff des § 156 Abs. 1 SGB IX erfüllt (vgl. dazu v. Campenhausen, Kirchenfreiheit im Sozialstaat - zur Anwendung des Schwerbehindertengesetzes auf Geistliche -, in: Festschrift für H. G. Scupin, S. 705 ff.), diese gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX nicht als Arbeitsplatz.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch nicht aus teleologischen und systematischen Gründen § 156 Abs. 2 SGB IX als Ausnahmevorschrift bereichsspezifisch eng auszulegen, denn der Gesetzgeber hat das Vorliegen eines Arbeitsplatzes klar zur tatbestandlichen Voraussetzung erhoben. Unabhängig von der vom Verwaltungsgericht an dieser Stelle nicht näher nachgegangenen Frage, wie es sich bei den anderen Rückausnahmen des § 156 Abs. 2 SGB IX im Kontext des § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX verhält, oder ob nur für den Fall des § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX eine Einschränkung vorgenommen werden soll, bestehen hier keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber § 156 Abs. 2 SGB IX im Rahmen des § 185 SGB IX nicht angewandt wissen wollte. Die verfassungsrechtlichen Beweggründe, die dieser Regelung zugrunde liegen, fordern keine Rückausnahme. So liegt der Regelung des § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX und damit der Freistellung der Kirchen von der Beschäftigungspflicht und der Ausgleichsabgabe für ihre geistlichen Ämter der Gedanke zugrunde, dass die kirchliche Ämterautonomie die Ausgestaltung und Besetzung kirchlicher Ämter frei von staatlicher Einflussnahme gebietet (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. November 2003 - 5 C 13/02 -, BVerwGE 119, 200 = juris, Rn. 14). Um dieses Ziel zu erreichen und die bestehende Unklarheit, ob Geistliche unter den Katalog des § 156 Abs.1 SGB IX fallen, zu beseitigen, sollte § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX klarstellen, dass selbst wenn man Geistliche unter den Abs. 1 fassen wollte, sie jedenfalls nach Abs. 2 Nr. 2 wieder ausgenommen würden (vgl. dazu das von der Klägerin vorgelegte Gutachten: v. Campenhausen, Göttinger Gutachten III, S. 326). Soweit das Verwaltungsgericht diesbezüglich ausführt, dass von der Intention der Regelung her nur klargestellt werden sollte, dass die geistlichen Ämter nicht als Arbeitsplätze i. S. d. Regelung über die Beschäftigungspflicht von Arbeitgebern zählen sollten, dass das Ämterprivileg es jedoch weitergehend nicht gebiete, bei der Besetzung eines solchen Amtes mit einem schwerbehinderten Menschen den Kirchen die staatliche Unterstützung zur behindertengerechten Beschäftigung eines Geistlichen zu versagen, so ist dies zutreffend. Jedoch ist vorliegend nicht die entscheidende Frage, ob der Grundsatz der Staatsfreiheit der Gewährung einer solchen Leistung entgegensteht, sondern vielmehr, ob § 156 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX aus diesem Grund derart einschränkend ausgelegt werden muss, dass er im Fall des § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX nicht anzuwenden ist. Davon geht der Senat jedoch mangels Anhaltspunkten im Gesetzeswortlaut nicht aus. Vielmehr zeigt die Regelung des § 185 Abs. 2 Satz 3 SGB IX, dass der Gesetzgeber im Anwendungsbereich des § 185 SGB IX dem Grunde nach vom Arbeitsplatzbegriff des § 156 Abs. 1 bis 3 SGB IX ausgeht, da er für die begleitende Hilfe dessen Definition durchaus modifiziert. So gelten, abweichend von § 156 Abs. 3 SGB IX, auch solche Stellen als Arbeitsplätze, auf denen Beschäftigte befristet oder als Teilzeitbeschäftigt in einem Umfang von mindestens 15 Stunden, in Inklusionsbetrieben mindestens 12 Stunden, wöchentlich beschäftigt werden. Eine solche Modifikation der Arbeitsplatzdefinition hat der Gesetzgeber für die Bereichsausnahmen des § 156 Abs. 2 SGB IX gerade nicht vorgenommen.

Auch betreffend den Einwand, § 185 Abs. 3 SGB IX unterscheide in Bezug auf die Hilfeleistung nicht nach der Abgabenrelevanz und es gebe auch keinen Grundsatz, dass nur solche Arbeitsplätze gefördert werden sollten, für die eine Ausgleichsabgabe gezahlt wird, ist diese Feststellung zwar zutreffend, aus ihr lässt sich jedoch nicht das vom Verwaltungsgericht gewonnene Ergebnis ableiten. Hinsichtlich der u.a. vorgesehenen Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben besteht keine Koppelung an die Beschäftigungs- und Abgabenpflicht. So können Geldleistungen zur behindertengerechten Einrichtung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte auch an jene Arbeitgeber gewährt werden, wenn diese wegen der geringen Zahl an Arbeitsplätzen nach § 154 Abs. 1 SGB IX nicht der Pflicht zur Beschäftigung eines Mindestanteils an Schwerbehinderten unterliegen, mithin bei Nichtbeschäftigung auch nicht nach § 160 Abs. 1 SGB IX zur Ausgleichsabgabe herangezogen werden können (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. April 2001 - 2 L 35/01 -, juris, Rn. 31). Eine Begrenzung der Verwendungsmöglichkeit der aus der Ausgleichsabgabe dem Integrationsamt zufließenden Mittel ergibt sich hier allerdings insoweit, als das Gesetz selbst die Einrichtung von Arbeitsplätzen zur Voraussetzung einer Gewährung macht (so auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. April 2001 - 2 L 35/01 -, juris Rn. 32, unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 8. März 1999 - 5 C 5/98 -, juris. Durch diese begriffliche Verknüpfung ist die Abgabenrelevanz zwar keine tatbestandliche Voraussetzung. Faktisch laufen diese Normen jedoch im Anwendungsbereich des § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX, und nur um diesen geht es hier, parallel. Wenn kein Arbeitsplatz gegeben ist, werden sie zum einen bei der Berechnung der Pflichtquote und spiegelbildlich bei der Ausgleichsabgabe nicht berücksichtigt, für diese (Nicht-)Arbeitsplätze erhält der Arbeitgeber sodann jedoch keine Leistungen nach § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX.

Zuletzt gebietet auch die Zielsetzung des Schwerbehindertenrechts, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erleichtern, keine - ohnehin an der Wortlautgrenze scheiternde - einschränkende Auslegung des § 156 Abs. 2 SGB IX. Dem Geistlichen selbst verbleiben weiterhin die Ansprüche aus § 185 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX und solche gegenüber seinem Arbeitgeber. Eine Absenkung des Schutzniveaus bis zur Ruhestandsversetzung des Schwerbehinderten ist in Anbetracht der anderweitigen Hilfeleistungsmöglichkeiten nicht zu befürchten, da es sich bei § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX um die finanzielle Unterstützung bei der Erfüllung der Arbeitgeberpflichten bei der Ausstattung von Arbeitsplätzen nach § 164 Abs. 4 SGB IX (vgl. Spiolek, in: GK-SGB IX, Stand 1. Juli 2018, § 185 Rn. 77) handelt, auch wenn hinter § 185 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX der Ansatz steht, durch diese Regelung der eigentlichen Zielgruppe des Gesetzes, den schwerbehinderten Menschen, vermittelt über den Betrieb die notwendige Unterstützung im Arbeitsleben zur Verfügung zu stellen (vgl. Gutzler, in: Hauck/Noftz, SGB IX, 2. Aufl. 2021, § 185 Rn. 24).

3. Soweit in der Nichtgewährung der beantragten Leistung eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung der beeinträchtigen Arbeitnehmer gesehen wird, liegt eine solche nicht vor.

Eine - von der Klägerin gerügte - fehlerhafte Ermessensausübung des Beklagten aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 3 Grundgesetz - GG - scheitert bereits daran, dass der Anspruch auf der Tatbestandsebene ausscheidet und mithin keine Ermessensentscheidung der Behörde eröffnet ist und vorliegt.

Eine verfassungskonforme Auslegung des § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist nicht gleichfalls angezeigt. Hier käme nur eine Ungleichbehandlung der Arbeitgeber als Anspruchsberechtigte und mithin als maßgeblicher Normadressat und nicht der schwerbehinderte Arbeitnehmer in Betracht. Aber auch wenn eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitgebern, solchen die Beschäftigte die unter § 156 Abs. 2 SGB fallen und solchen, für die keine Rückausnahmen gelten, vorliegt, so dürfen auch bei einer verfassungskonformen Auslegung die Grenzen des Wortlauts nicht überschritten und die wesentlichen gesetzgeberischen Grundentscheidungen und Wertungen nicht angetastet werden (vgl. Walter, in: Dürig/Herzog/Scholz, 97. EL Januar 2022, GG Art. 93 Rn. 113). Der Gesetzgeber hat hier jedoch gerade die Grundentscheidung getroffen, einen Arbeitsplatz zur Voraussetzung der Leistungsgewährung zu erheben.

Im Übrigen verstößt die Regelung jedoch auch nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG). Dieses Grundrecht ist verletzt, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, BVerfGE 124, 199 = juris, Rn. 86).

Ein solch sachlicher Grund liegt hier darin, dass Arbeitsplätze, die unter § 156 Abs. 2 SGB IX fallen, für den Arbeitgeber keine Abgabepflicht und mithin für diesen auch keine Zahlungen in den Ausgleichsfonds auslösen können, aus dem die Leistungen nach § 185 Abs. 3 Nr. 2a) SGB IX erbracht werden. Diese Arbeitgeber beteiligen sich auch nicht mit eigenen Mitteln an der Realisierung der Ziele des Schwerbehindertengesetzes.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben (vgl. Urteil des Senats vom 24. September 2015 - 7 A 11121/14 -, juris, Rn. 28 m.w.N.).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 und 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Referenznummer:

R/R9580


Informationsstand: 15.03.2023