Der im Jahre 1949 geborene und im Jahre 1974 erblindete Kläger begehrt die Versorgung mit einem Tandem im Wege der Eingliederungshilfe. Wegen des Tatbestands im übrigen nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1
VwGO auf den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 5.
Kammer - vom 10. Januar 1996 Bezug.
Durch diesen Gerichtsbescheid hat das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Als Rechtsgrundlage für das Klagebegehren kämen die §§ 39, 40
Abs. 1
Nr. 2 BSHG in Betracht. Ein Tandem könne zwar ein "anderes Hilfsmittel" iSd § 40
Abs.1
Nr. 2 BSHG sein. Der Kläger sei aber wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf ein Tandem nicht angewiesen. Aus medizinischer Sicht bestehe für ihn die Notwendigkeit der Benutzung eines solchen Fahrzeuges nicht, und auch zur Erleichterung seiner Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft benötige er es nicht, zumal er seit Jahren Halter eines PKWs sei. Mit einem Auto sei er ebenso mobil wie mit einem Tandem, für beide Fahrzeuge brauche er eine Fahrerin oder einen Fahrer, um am Straßenverkehr teilnehmen zu können.
Gegen diesen, dem Kläger am 16. Januar 1996 zugestellten, Gerichtsbescheid hat er am 29. Januar 1996 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor: Die Wiederbeschaffung eines Tandems sei für ihn aus medizinischer Sicht, nämlich für seinen Bewegungsapparat, notwendig. Das ergebe: sich aus der Bescheinigung des Arztes für Innere Medizin
Dr. S. vom 9. Mai 1996, in der es unter anderem heiße: "Aufgrund des Gesundheitszustandes wäre die Anschaffung eines Tandemfahrrades ärztlich zu befürworten". Die Ablehnung der Hilfe verstoße außerdem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die Beklagte drei anderen Blinden jeweils Eingliederungshilfe zur Anschaffung eines Tandems gewährt habe, obwohl diese sehende Ehepartner hätten und gleichfalls jeweils über ein Kraftfahrzeug verfügten; einer von ihnen habe inzwischen ein Ersatztandem erhalten, weil das erste nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Gerichtsbescheides nach dem in erster Instanz gestellten Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid und trägt ergänzend vor: Zwar sei den benannten Blinden im Jahre 1981 - wie dem Kläger - ein Tandem und einem von ihnen im Jahre 1990 ein Ersatzrad zur Verfügung gestellt worden. Nach Überprüfung ihres Rechtsstandpunktes und mit Rücksicht auf die gewandelten Anschauungen hinsichtlich der Möglichkeiten der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft vertrete sie aber von nun an in allen Fällen die in den angefochtenen Bescheiden dargelegte Auffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat nicht Anspruch auf Versorgung mit einem Tandem als Hilfsmittel im Sinne des § 40
Abs. 1
Nr. 2 BSHG, weil er hierauf nicht wegen der Art und Schwere seiner Behinderung angewiesen ist (§ 9
Abs. 2
Nr. 12 EingliederungshilfeVO). Zu den Gründen für diese Beurteilung nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 2
VwGO auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug und wiederholt diese deshalb nicht. Zu dem Berufungsvorbringen ist das Folgende zu ergänzen:
Die Behauptung des Klägers, er sei auf die Benutzung eines Tandems angewiesen, weil er sich nur so durch Bewegung an frischer Luft gesund halten könne, ist durch die Bescheinigung des Arztes
Dr. S. nicht belegt. Dieser ist lediglich der Ansicht, daß aufgrund des Gesundheitszustandes des Klägers die Anschaffung eines Tandemfahrrades ärztlich zu "befürworten" wäre.
"Befürworten" bedeutet nicht Angewiesensein. Dazu, daß
Dr. S. seine Bescheinigung als (sachverständiger) Zeuge - also durch die Mitteilung von Tatsachen - entscheidungserheblich ergänzen könnte, ist nichts dargetan. Der Senat hält deshalb auch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nicht für geboten. Er ist davon überzeugt, daß sich der Kläger die für seine Gesundheit notwendige Bewegung auch auf andere Weise, zum Beispiel durch Spazierengehen, verschaffen kann.
Die weitere Behauptung des Klägers, daß die Benutzung eines Tandems (mit einer sehenden Begleitperson) ihm die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft im Sinne des § 39
Abs. 3 Satz 2 BSHG erleichtere, kann ohne weitere Ermittlungen als wahr unterstellt werden. Doch ist anzunehmen, daß sein Kraftfahrzeug diesen Zweck gleichermaßen erfüllen kann.
Danach ist der Kläger weder aus medizinischen noch aus Gründen der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft auf die Benutzung eines Tandems angewiesen.
Die Beklagte hat zwar dadurch, daß sie dem Kläger im Jahre 1994 ein Ersatztandem versagt hat, das sie dem blinden Herrn W. im Jahre 1991 noch zugestanden hatte, diese Blinden ungleich behandelt. Diese Ungleichbehandlung ist aber nicht zu beanstanden, weil die Beklagte nicht gehindert (gewesen) ist, ihre ( früher offenbar großzügige) Verwaltungspraxis zu ändern und ein solches Hilfsmittel nur noch zu bewilligen, wenn im Einzelfall die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind. Der Kläger erfüllt sie - wie dargelegt - nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154
Abs. 2, 188 Satz 2
VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167
VwGO i.V.m. § 708
Nr. 10
ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132
Abs. 2
VwGO) sind nicht gegeben.