Die Klage wurde vom SG Heilbronn mit Urteil vom 12. Oktober 2000 zurückgewiesen (Az. S 2 KR 3060/98). Das Doppelschalenfahrrad sei für den Kläger nicht erforderlich, um den Erfolg einer Krankenbehandlung, insbesondere einer Krankengymnastik zu sichern. Therapeutische Nebeneffekte seien kostengünstiger durch gezielte Therapien zu erreichen. Das Doppelschalenfahrrad sei auch nicht erforderlich, um die Behinderung des Klägers auszugleichen.
Gegen das Urteil legte der Kläger Berufung beim
LSG ein und führte zur Begründung u.a. aus, er sei auf dem geistigen Niveau eines 12 - 13 jährigen Kindes. Auch wenn er sich zu Fuß bewegen könne, müsse er jedoch ständig zur Bewegung angetrieben werden, wozu als Motivation ein behindertengerecht ausgestattetes Fahrrad förderlich sei. Es handele sich auch um ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung, da durch dessen Benutzung der Kreislauf stabilisiert, die Durchblutung gefördert, die Verdauung aktiviert, die Muskulatur gekräftigt und die Beweglichkeit der Gelenke gefördert werde. Darüber hinaus erhöhe ein Doppelschalenfahrrad seine Mobilität.
Das
LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Das Doppelschalenfahrrad sei für den Kläger nicht erforderlich im Sinne von § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V. Es sei auch zur Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung beim Kläger nicht notwendig, da diese durch andere gezielte Therapien erfolge.
Die beklagte Krankenkasse habe den Kläger schließlich nicht deshalb mit dem Fahrrad zu versorgen, um eine Behinderung auszugleichen. Zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sei nur die Behinderung selbst, nicht jedoch sämtliche direkten und indirekten Folgen einer Behinderung ausgleichbar. Die Leistungspflicht der
GKV beschränke sich allein auf die medizinische Rehabilitation. Die darüber hinausgehende soziale Rehabilitation sei Aufgabe anderer Sozialleistungsysteme. Bei nur mittelbarer oder nur teilweise die Organfunktion ersetzenden Mittel könne lediglich dann ein Hilfsmittel im Sinne der
GKV angenommen werden, wenn sich hiermit die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem Lebensbereich, sondern im gesamten täglichen Leben beseitigen oder mildern lassen und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens beträfen. Nach der Rechtsprechung des
BSG zählten zu den Grundbedürfnissen u.a. die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, wobei als Maßstab für die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis diejenige Entfernung zugrunde gelegt werde, die ein Gesunder zu Fuß zurücklege. Das Doppelschalenfahrrad sei zur Verwirklichung dieses so beschriebenen Grundbedüfnisses des Klägers zu Lasten der
GKV nicht zu leisten. Der Kläger könne selbst gehen, auch wenn er nach 1.000 m zunehmend ermüde. Den größeren Mobilitätsradius könne der Kläger mit Hilfe des Doppelschalenfahrrades nur erreichen, wenn eine zweite Person mitfahre. Er könne das Doppelschalenfahrrad nicht allein bewegen.
Schließlich sei das Doppelschalenfahrrad auch nicht zur Integration des Klägers in einer kindlichen oder jugendlichen Entwicklungsphase erforderlich, da der inzwischen nahezu 25 Jahre alte Kläger mit seiner Mutter allein in einem Haushalt lebe und seine Geschwister schon aus dem Haus seien. Da das Fahren mit dem Doppelschalenfahrrad nur eine ergänzende Wirkung zu einer
evtl. krankengymnastischen Behandlung haben könne, sei die Einholung eines Gutachtens zum therapeutischen Nutzen deshalb nicht erforderlich.