Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten (
vgl. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)) ist begründet. Die Beklagte ist zur Gewährung eines Dreiradtandems als Hilfsmittel nicht verpflichtet.
Nach § 33
Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) haben Versicherte einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4
SGB V durch
Rechtsverordnung ausgeschlossen sind. Zwar ist das Dreiradtandem kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und auch nicht durch
Rechtsverordnung von der Versorgung ausgeschlossen, jedoch ist dieses Hilfsmittel für die Klägerin nicht erforderlich. Das Dreiradtandem dient vorliegend nicht der Sicherung des Erfolges der Krankenbehandlung. Hierzu ist die gewährte Krankengymnastik besser in der Lage.
Das Dreiradtandem ist auch nicht erforderlich, um die Behinderung der Klägerin auszugleichen. Aufgabe der Krankenversicherung ist insoweit allein die medizinische Rehabilitation. Ein Hilfsmittel ist daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne eines vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. Abzustellen ist hierbei auf diejenigen Entfernungen, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt (
vgl. zum Vorstehenden
BSG 16.9.99 -
B 3 KR 9/98 R, SozR 3-2500 § 33
Nr. 32; 21.11.2002 -
B 3 KR 8/02 R, SGb 2003, 94 und 26.3.2003 -
B 3 KR 26/02 R, SozR 4-2500 § 33
Nr. 2) .
Der vorhandene Rollstuhl ist vorliegend ausreichend, denn mit ihm erschließt sich die Klägerin einen gewissen körperlichen Freiraum im Sinne eines Basisausgleichs. Sie kann zwar behinderungsbedingt nur in der Wohnung und kurze Strecken außerhalb dieser selbst bewältigen, jedoch ist der Rollstuhl ausreichend, um
z. B. die Mutter bei Besorgungen zu begleiten, denn bei längeren Strecken wird er durch die Begleitperson geschoben. Hierbei bleibt die Klägerin zwar unselbständig, aber diesen Nachteil hebt das Dreiradtandem nicht auf. Bereits der Rollstuhl ermöglicht der Klägerin zusammen mit ihrer Mutter den ansatzweisen Kontakt zu Gleichaltrigen, denn mit ihm kann jeder Ausflug zu Fuß unternommen werden,
z.B. Bummel durch eine Fußgängerzone, Besuch von Cafes, Restaurants oder Sportveranstaltungen, Abholen des Bruders von Spielkameraden.
Demgegenüber eröffnet das Dreiradtandem lediglich einen räumlich weiteren Radius, zu dem sonst nur motorisierte Verkehrsmittel verhelfen würden. Nach der Rechtsprechung des
BSG, der sich der Senat anschließt, gehören Radfahren und andere Freizeitaktivitäten, wie Ausflüge, nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens (
BSG 21.11.02, aaO). Ebenso zählt nicht zu den Grundbedürfnissen der Wunsch, sich mit Hilfe des Tandems wie ein Radfahrer zu bewegen und
z.B. Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen, sowie die damit verbundene Raumerfahrung, das Umwelterlebnis, Geschwindigkeitsempfinden, Gleichgewichtsgefühl oder sonstiges positives Erleben, wenn die Fortbewegung im Nahbereich anderweitig sichergestellt ist (
BSG 21.11.02, 16.9.99 und 26.3.03, aaO). Zwar hat das
BSG im Urteil vom 13. Mai 1998 (
B 8 KN 13/97 R SozR 3-2500 § 33
Nr. 28) einen Anspruch auf Versorgung mit einem Therapietandem bejaht. Dabei handelte es sich um einen Fall, in dem aufgrund einer plötzlich einsetzenden Halbseitenlähmung jede Eigenbewegung im Straßenverkehr zu gefährlich gewesen wäre und mangels anderer Integrationsmöglichkeiten für den dortigen Kläger die möglichst vollständige Einbindung in das familiäre Leben im Vordergrund stand, so dass in der konkreten Familiensituation, die in der Entscheidung allerdings nicht näher beschrieben wird, den gemeinsamen Fahrradausflügen eine große Bedeutung zukam. Eine damit vergleichbare Situation liegt hier jedoch nicht vor. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Durchführung von Fahrradausflügen eine besondere Bedeutung für die soziale Integration der Klägerin in die Familie, in ihr sonstiges Umfeld oder für die Kommunikation haben könnte. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann das Dreiradtandem nur der zielgerichteten Bewegung im Rahmen von Ausfahrten dienen, versetzt die Klägerin jedoch nicht in die Lage, ihrem älteren Bruder in dessen Bewegungsdrang bei einem Spiel mit Gleichaltrigen auch nur ansatzweise zu folgen. Es reicht nicht, wenn lediglich der Wunsch nach Eröffnung einer weiteren gemeinsamen Freizeitaktivität der Familie besteht.
Ebenso kann nicht darauf abgestellt werden, dass die Nutzung des Dreiradtandems das Selbstbewusstsein der Klägerin stärke, weil diese behinderungsbedingt glaube, sie bewege sich selbst fort. Hierzu sind andere Maßnahmen (wie
z. B. das Erreichen eines Lernerfolges in der Sonderschule) eher geeignet, die zudem weniger auf einer Täuschung der Wahrnehmung beruhen und deswegen für die Persönlichkeitsentwicklung von größerem Wert sein dürften.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2
Nr. 1 oder
Nr. 2
SGG nicht vorliegen.