Die Berufungen der Beteiligten sind unabhängig von der Höhe der in Streit stehenden Kinderbetreuungskosten nach §§ 143, 144
Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässig, da es um die Bewilligung der Kinderbetreuungskosten für die Dauer der dem Kläger als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährten Weiterbildung zum Fluggeräteelektroniker geht, die sich über gut zwei Jahre erstreckte. Sie haben jedoch in der Sache jeweils keinen Erfolg. Das Sozialgericht Berlin bewertet die Sach- und Rechtslage in seinem angegriffenen Urteil zutreffend.
Der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 30. September 2003 sowie ihr Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 10. Februar 2004, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2004, sind teilweise rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Richtig ist das Sozialgericht Berlin hier davon ausgegangen, dass der Kläger für die Dauer der Teilnahme an der ihm als Leistung zur Teilhabe gewährten, vom 31. März 2003 bis zum 30. Juni 2005 dauernden Weiterbildung zum Fluggeräteelektroniker einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Betreuung seiner Tochter in der Kindertagesstätte
bzw. im Hort hat, die vom Bezirksamt T-K geltend gemachten Betreuungssätze jedoch um monatlich 23,01
EUR für Verpflegung zu kürzen sind.
Nach §§ 16 und 28 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches
i.V.m. §§ 44 Abs. 1 Nr. 6 und 54 Abs. 1 und 3 SGB IX gewährt der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als ergänzende Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben Haushaltshilfe und Kinderbetreuungskosten. Letztgenannte können nach
§ 54 Abs. 3 SGB IX bis zu einem Betrag von 130
EUR je Kind und Monat übernommen werden, wenn sie durch die Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben unvermeidbar entstehen.
Die 1996 geborene Tochter des Klägers bedurfte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unstreitig der Betreuung und wurde bis zum 31. Juli 2003 in einer Kindertagesstätte sowie ab ihrer Einschulung am 01. August 2003 ergänzend zum Schulbesuch in einem Hort betreut. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten für die Betreuung seiner Tochter in den genannten Einrichtungen nicht entgegen, dass diese die Kindertagesstätte bereits vor Maßnahmebeginn, nämlich jedenfalls seit dem 01. Mai 2002 ganztägig besuchte. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zur Begründung insoweit auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, in denen das Gericht unter Berufung auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16. September 1998 - B 11 AL 19/98 R - (zitiert nach juris) den erforderlichen spezifischen Ursachenzusammenhang bereits dann als gegeben angesehen hat, wenn eine Teilnahme an der Maßnahme ohne die Betreuung der Kinder nicht möglich ist, weil der Teilnehmer die Betreuung infolge der Teilnahme nicht selbst oder durch einen Dritten sicherstellen kann (§ 153
Abs. 2
SGG). Soweit die Beklagte dieser Auslegung in der Berufung mit dem Argument entgegengetreten ist, dass der Gesetzgeber gerade in Kenntnis dieses Urteils bei der Einführung des
SGB IX zum 01. Juli 2001 die restriktive Formulierung "durch die Maßnahme unvermeidbar entstehen" bewusst gewählt habe, die eine großzügige Auslegung ausschließe, vermag der Senat ihr nicht zu folgen. Die genannte Entscheidung bezieht sich zwar in der Tat nicht auf die hier maßgebliche Vorschrift, sondern auf § 45 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes in der ab dem 05. August 1992 geltenden durch das Schwangeren- und Familienhilfegesetz vom 27. Juli 1992 (BGBl. I
S. 1398) erhaltenen Fassung. Danach trug die Bundesagentur auch die Kosten für die Betreuung der Kinder des Teilnehmers je Kind bis zu 120 DM monatlich ganz oder teilweise, wenn diese durch die Teilnahme an einer Maßnahme unvermeidbar entstanden und die Belastung durch diese Kosten für den Teilnehmer eine Härte bedeutet hätte. Hinsichtlich der hier wesentlichen Kausalität zwischen der Teilnahme an einer Maßnahme und dem Entstehen von Betreuungskosten sind die beiden Vorschriften mithin identisch, sodass eine abweichende Auslegung nicht nur nicht geboten, sondern im Gegenteil ausgeschlossen erscheint. Hätte der Gesetzgeber in Kenntnis der durch die Rechtsprechung vorgenommenen Auslegung der Norm eine abweichende Regelung beabsichtigt, dann hätte er dies durch eine andere Formulierung auch entsprechend klargestellt. Zu Recht ist daher das Sozialgericht Berlin - wie die Beklagte auch noch in ihrem Bewilligungsbescheid vom 30. September 2003 - davon ausgegangen, dass dem Kläger dem Grunde nach während seiner Teilnahme an der Weiterbildung ein Anspruch auf Gewährung der Kosten für die Betreuung seiner Tochter J in der Kindertagesstätte
bzw. im Hort zusteht. Soweit er diesen Anspruch im Hinblick auf seinen erst am 21. Juli 2003 gestellten Antrag wohl auch erst ab diesem Zeitpunkt und nicht schon ab dem 31. März 2003 gehabt haben dürfte, steht dem der insoweit nicht zurückgenommene Bewilligungsbescheid vom 30. September 2003 entgegen.
Auch ist es zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht Berlin die dem Kläger zustehenden Kinderbetreuungskosten - wie zunächst auch die Beklagte in ihrem Bewilligungsbescheid vom 30. September 2003 - nicht auf die Verpflegungskosten erstreckt, sondern unter Ansatz der vom Bezirksamt T-K in Rechnung gestellten Betreuungskosten abzüglich von monatlich 23,01
EUR Verpflegungskosten festgesetzt hat (
vgl. auch Olk in PK-
SGB III, § 83 Rn. 5, wonach zu den Betreuungskosten ebenfalls nicht die Verpflegungskosten gerechnet werden). Für die Verpflegung des Kindes zu sorgen, zählt zu den ureigensten Aufgaben der Eltern. Die damit verbundenen Kosten stehen in keinem spezifischen Kausalzusammenhang mit der Teilnahme an der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben, sondern wären auch ansonsten angefallen.
Der Auffassung des Klägers, dass die in Abzug gebrachten Kosten für die Verpflegung seiner Tochter in der Kindertagesstätte
bzw. im Hort jedenfalls deutlich zu hoch seien und ohne seine Teilnahme an der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht in dieser Höhe angefallen wären, vermag der Senat nicht zu folgen. Im Gegenteil empfindet er die Behauptung des Klägers, dass für die Zubereitung eines Mittagessens für seine Tochter zu Hause monatlich unter Ansatz der Kosten für Nahrungsmittel und Energie allenfalls 10,00
EUR anfielen, als extrem befremdlich. Mit einer etwa 0,50
EUR kostenden Mittagsmahlzeit dürfte eine adäquate Ernährung eines Vorschul-
bzw. Schulkindes nicht zu gewährleisten sein. Lediglich vergleichsweise sei darauf hingewiesen, dass bzgl. der Regelleistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches davon ausgegangen wird, dass zwischen 38 % und 50 % des Regelsatzes auf die Ernährung entfällt (
vgl. zu den jeweiligen Zahlen Lang in Eicher/Spellbrink,
SGB II, § 20 Rn. 29-36). Dies bedeutet unter Zugrundelegung der jetzt aktuellen Werte für die Tochter des Klägers, deren Anspruch sich auf lediglich 60 % der Regelleistung, mithin monatlich 207,00
EUR beliefe, dass hiervon monatlich 78,66
EUR bis 103,50
EUR für die Ernährung gedacht wären. Da von den Ernährungskosten wiederum je 39 % auf das Mittag- und Abendessen sowie 22 % auf das Früh¬stück entfallen sollen, ist von monatlichen Kosten für das Mittagessen in Höhe von 30,68
EUR bis 40,37
EUR bzw. täglichen von 1,02
EUR bis 1,35
EUR auszugehen. Die sich am Existenzminimum orientierenden Kosten sind damit mindestens doppelt so hoch wie die vom Kläger veranschlagten. Vor diesem Hintergrund ist der Senat überzeugt, dass die für Verpflegung in Abzug gebrachten Kosten angemessen sind. Für die Zeit vom 31. März bis zum 31. Juli 2003 standen dem Kläger damit monatliche Betreuungskosten nicht in Höhe der ursprünglichen Bewilligung von 99,70
EUR zu, sondern nur in Höhe von 15,34
EUR. Für die Zeit ab dem 01. August 2003 hat er einen Anspruch auf monatlich 20,45
EUR.
Soweit die Beklagte ihre zunächst im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2003 weitergehende Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 10. Februar 2004 für die Zeit vom 31. März bis zum 31. Juli 2003 der Höhe nach gestützt auf § 45
Abs. 2 Satz 3
Nr. 2
SGB X teilweise zurückgenommen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Nach Absatz 1 der Vorschrift darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß Absatz 2 darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Nach Absatz 2 Satz 3 Ziffer 2 kann sich der Begünstigte hingegen nicht auf Vertrauen berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Daran, dass dies vorliegend mit der Angabe nicht mehr aktueller Betreuungssätze der Fall war, bestehen aus Sicht des Senats keine Zweifel. Dies wird auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt. An der Einhaltung der sich aus § 45
Abs. 4
SGB X ergebenden Jahresfrist zur Rücknahme der Leistungsbewilligung bestehen ebenfalls keine Zweifel.
Soweit nach obigen Ausführungen die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Kinderbetreuungskosten hinsichtlich der Höhe für die Zeit vom 31. März bis zum 31. Juli 2003 nicht zu beanstanden ist, ist auch die auf § 50
Abs. 1
SGB X beruhende Erstattungsforderung rechtmäßig. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Unter Berücksichtigung der dem Kläger zustehenden Kinderbetreuungskosten in Höhe von monatlich 15,34
EUR für die Zeit vom 31. März bis zum 31. Juli 2003 ist die Erstattungsforderung zutreffend auf 340,25
EUR festgesetzt worden. Dem Kläger sind ursprünglich 402,12
EUR gewährt worden (99,70
EUR x 4 Monate = 398,80
EUR + 1/30 von 99,70
EUR für den 31. März 2003). Zugestanden haben ihm jedoch lediglich 61,87
EUR (15,34
EUR x 4 Monate = 61,36
EUR + 1/30 von 15,34
EUR für den 31. März 2003). Der Differenzbetrag entspricht der von der Beklagten geltend gemachten Erstattungsforderung in Höhe von 340,25
EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160
Abs. 2
Nr. 1 und 2
SGG nicht vorliegt.