Das Urteil betrifft eine 1970 geborene geistig behinderte Frau, die zu 100% in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Im Schwerbehindertenausweis ist das Merkzeichen H (für hilflos) eingetragen. Sie lebt in einer Einrichtung, in der sie heilpädagogisch und arbeitstherapeutisch betreut wird. Die Kosten werden im Rahmen der erweiterten Eingliederungshilfe vom Sozialhilfeträger getragen. Die Wochenenden verbringt die Frau (Tochter des Klägers) regelmäßig im Elternhaus. Für diese Aufenthalte enthält sie ein anteiliges Pflegegeld aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II (rund 27 DM täglich). In der ersten Instanz hatte das Finanzgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen hatte die Familienkasse mit der Begründung Revision eingelegt, der Lebensbedarf der Tochter sei durch die Eingliederungshilfe-Leistungen vollständig abgedeckt. Auch nach bürgerlichem Unterhaltsrecht habe ein Kind Leistungen Dritter zum eigenen Unterhalt einzusetzen. Nach Ansicht des Klägers decken die Sozialhilfeleistungen das Existenzminimum seiner Tochter nicht hinreichend ab. So seien weder die Besuchskontakte zur Familie und die damit verbundenen Belastungen noch die tatsächlichen Aufwendungen für die häusliche Pflege erfaßt. Der BFH hat die Revision zurückgewiesen und den Kindergeldanspruch bejaht. Nach der gesetzlichen Regelung ( § 32
Abs.4
Nr.3 EStG) sei der Anspruch auf Kindergeld für ein volljähriges behindertes Kind von 2 Voraussetzungen abhängig: Es müsse "(1) wegen seiner Behinderung (2) außerstande sein, sich selbst zu unterhalten". Falls das Kind zwar behindert sei, sich aber aufgrund vorhandener Einkünfte oder Bezüge selbst unterhalten könne, könne kein Kindergeld gewährt werden. Positiv formuliert sei ein Kind erst dann imstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfüge, die zur Bestreitung des gesamten Lebensbedarfs, bestehend aus Grundbedarf und behinderungsbedingtem Mehrbedarf, ausreiche. Bezüglich des Grundbedarfs kann nach Ansicht des BFH auf den vom Gesetgeber für nichtbehinderte Kinder bestimmten Grundbetrag zurückgegriffen werden, wenn behinderungsbedingte Bezüge außer Betracht blieben und ein behinderungsbedingter Mehrbedarf berücksichtigt werde. Danach seien nur solche Bezüge zu berücksichtigen, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt und geeignet seien. Die Eingliederungshilfe stelle einen behinderungsbedingten Bezug dar, der nicht zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung stehe. Im Mittelpunkt der Eingliederungshilfe stünden Maßnahmen der beruflichen und sozialen Rehabilitation. Bei der Ermittlung des Mehrbedarfs eines in einem Heim lebenden Kindes könnten ergänzende persönliche Betreuungsleistungen der Eltern und Fahrtkosten anzusetzen seien. Die in Einrichtngen gewährte Eingliederungshilfe umfasst auch den notwendign Lebensunterhalt. Ob dieser als Bezug (Einkommen) zu behandeln ist oder ebenfalls als behinderungsbedingt zu behandeln wäre, konnte der BFH im vorliegenden Fall offenlassen.