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Urteil
Autismustherapie als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung

Gericht:

OVG Lüneburg


Aktenzeichen:

12 ME 78/04


Urteil vom:

19.04.2004


Der 1992 geborene und an frühkindlichem Autismus leidende Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung einer ambulanten Autimustherapie als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne der §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 4 BSHG. Die Vorinstanz (Urteil des VG Braunschweig vom 03.02.2004, Az. 3 B 384/03) hatte entschieden, dass es sich bei der vom Antragsteller begehrten Autismustherapie um eine Leistung zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft im Sinne der §§ 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG i.V.m. § 55 SGB IX handele, die nur einkommensabhängig zu gewähren sei.

Das OVG hat dem Antrag stattgegeben und den Leistungsträger zur einkommensunabhängigen Hilfeleistung verpflichtet. Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichtes handele es sich vorliegend um eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Wie das Gericht bereits in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (vgl. RdLh 1/03, S. 17 f.) entschieden habe, genüge für die Annahme einer Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, die Kosten einer Autismustherapie als Eingliederungshilfeleistung i.S. der §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 4 BSHG zu übernehmen, wenn diese Therapie als heilpädagogische Maßnahme erforderlich und geeignet sei, den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht in dem Sinn zu erleichtern, dass das betroffene Kind in die Lage versetzt werde, die Schule erfolgreicher zu besuchen. Dass diese Voraussetzung erfüllt sei, könne jedenfalls für das Eilverfahren mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden.

Bei dem Anspruch handele es sich um eine sog. Muss-Leistung. Der zunächst nur begrenzte Leistungszeitraum ermögliche eine zeitnahe Erfolgskontrolle. Im Übrigen müsse die eingliederungshilferechtliche Behandlung von Autismustherapien bei schulpflichtigen behinderten Kindern und Jugendlichen nicht stets als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung qualifiziert werden. Voraussetzung hierfür sei vielmehr einerseits eine genaue Untersuchung des bestehenden individuellen Förderbedarfs und dessen Abdeckung durch die jeweils besuchte Einrichtung, andererseits die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Therapie für einen jedenfalls erleichterten bzw. erfolgreichen Schulbesuch. Weiterhin müsse auch der Gesichtspunkt einer etwaigen Überforderung des behinderten Kindes oder Jugendlichen durch mehrere Therapieformen Berücksichtigung finden. Diese Gesichtspunkte seien jedoch im Eilverfahren nicht zu prüfen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Rechtsdienst der Lebenshilfe 04/2004

Referenznummer:

R/R2042


Informationsstand: 29.12.2004