Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144,151
SGG), aber nicht begründet.
Die Bescheide der Beklagten vom 24.06.2004 und 02.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Schwaben vom 09.01.2007 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Beschwerdewert von 500
EUR (§ 144
Abs. 1
Nr. 1
SGG a.F.) ist allein bei Zugrundelegung der geltend gemachten Nichtanrechnung des Kindergeldes in Höhe von 154
EUR für den streitgegenständlichen Zeitraum 01.07.2004 bis 31.12.2004 erreicht (924
EUR). Ohne dass es hier entscheidungserheblich darauf ankommt (
vgl. § 17 a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -), stellt der Senat fest, dass das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten zutreffend gemäß § 51
Abs. 1
Nr. 6 a
SGG als eröffnet angesehen hat. Das Bundessozialgericht (
BSG) bejaht eine einheitliche Zuständigkeit der Sozialgerichte für alle ab 01.01.2005 rechtshängig werdenden Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (dazu
BSG vom 13.10.2005 SozR 4-1500
§ 51
Nr. 1 = FEVS 57,350), die als Angelegenheiten der Sozialhilfe anzusehen sind. Eine Übergangsregelung für Fälle nach den GSiG zugunsten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nicht erfolgt (
vgl. Art. 38 und 70 des
SGB XII - Einführungsgesetzes, BGBl 03, 3065, 3071).
Gegenstand des Verfahrens sind die angegriffenen Bewilligungsbescheide für den Leistungszeitraum 01.07.2004 bis 31.12. 2004. Die entsprechenden Bewilligungsbescheide datieren vom 24.06.2004 und 02.08.2004 (dieser betraf den Leistungszeitraum 01.08.2004 bis 31.12.2004 und wurde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gemäß § 86
SGG wegen der Änderung der laufenden Bewilligungsperiode im Zeitraum vom 01.07.2004 bis zum 31.12.2004) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Schwaben vom 09.01.2007 (§ 95
SGG).
Der Bescheid vom 28.12.2004 (neuer Bewilligungszeitraum ab 01.01.2005) ist als Folgebescheid über einen neuen Bewilligungsabschnitt nicht über § 86
SGG Gegenstand des seinerzeit laufenden Widerspruchsverfahrens geworden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Nichteinbeziehung von Bescheiden über Folgebewilligungsabschnitte über § 96
SGG ist entsprechend auf § 86
SGG anzuwenden. Gegen den Bescheid vom 28.12.2004 wurde kein Rechtsbehelf erhoben. Insoweit ist dieser Verwaltungsakt nach
§ 77
SGG bestandskräftig und damit bindend.
Zutreffende Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54
Abs. 1,
Abs. 4
SGG. Die Klage ist auf höhere Leistungen gerichtet.
Zu beurteilen ist der gesamte Leistungsanspruch, bei dem alle Leistungsvoraussetzungen thematisiert über Grund und Höhe der Leistungen nach dem GSiG für die Zeit vom 01.07.2004 bis 31.12.2004 zu prüfen sind. Unerheblich ist, dass zwischen den Beteiligten ausschließlich die Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen der Klägerin thematisiert worden ist, weil es sich hierbei um ein nicht gesondert anfechtbares Berechnungselement der geltend gemachten höheren Leistung handelt (
vgl. hierzu
BSG 8. Senat Urteil vom11.12.2007 Az.: B 8/9b SO 23/06 R" ob der Klägerin für den streitigen Zeitraum eine um 154
EUR monatlich höhere Leistung zusteht. Bei der Entscheidung hierüber sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen gemäß § 19 Abs 2
SGB XII iVm §§ 41 ff
SGB XII in der Zeit vom 01.05.2006 bis zum 30.11.2006 zu prüfen). Denn insoweit handelt es sich nur um nicht gesondert anfechtbare Berechnungselemente der geltend gemachten höheren Leistung (
vgl. auch
BSG, Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 29/06 R RdNr. 18; Eicher in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40 RdNr. 11;
vgl. auch
BSG, Urteil vom 16.10.2007 -
B 8/9b SO 8/06 R - RdNr. 8 und 25).
Es besteht nach dem GSiG kein Anspruch der Klägerin auf höhere Grundsicherungsleistungen im streitgegenständlichen Zeitraum 01.07.2004 bis 31.12.2004, da die Berechnung des Beklagten einschließlich der Anrechnung des Kindergeldes zu Recht erfolgte. Die entsprechenden Bewilligungsbescheide vom 24.06.2004 und 02.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Schwaben vom 09.01.2007 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten - § 54
Abs. 1
S. 2
SGG.
Die Klägerin erfüllt unstreitig die Grundvoraussetzungen für eine Anspruchsberechtigung nach § 1 GSiG, weil sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
BRD hat, das 18. Lebensjahr vollendet hat, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert i.
S. von § 43
Abs. 2
SGB VI ist und unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann (
vgl. hierzu Schwerbehindertenausweis mit
GdB 80 vH und Merkzeichen B und G, zeitweise auch Merkzeichen "H" und Tätigkeit der Klägerin in einer WfbM).
Sie hat nach § 2
Abs. 1
S. 1 GSiG Anspruch auf Leistungen der beitragsunabhängigen, bedarfsorientierten Grundsicherung, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen beschaffen kann.
Der bis zum 31.12. 2004 geltende Grundtatbestand § 3 [Bedarfsorientierte Grundsicherung- GSiG] lautet folgendermaßen:
(1) Die bedarfsorientierte Grundsicherung umfasst
1. den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz zuzüglich 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes nach dem Zweiten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes,
2. die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, bei stationärer Unterbringung sind als Kosten für Unterkunft und Heizung Beträge in Höhe der durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die Warmmiete eines Einpersonenhaushaltes im Bereich der nach § 4 zuständigen Behörde zugrunde zu legen,
3. die Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entsprechend § 13 des Bundessozialhilfegesetzes,
4. einen Mehrbedarf von 20 vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes nach Nummer 1 bei Besitz eines Ausweises nach § 4
Abs. 5 des Schwerbehindertengesetzes mit dem Merkzeichen G,
5 ...
(2) Für den Einsatz von Einkommen und Vermögen gelten die §§ 76 bis 88 des Bundessozialhilfegesetzes und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.
Hinsichtlich der Feststellungen des Beklagten zum grundsicherungsrechtlichen Bedarf der Klägerin wird zunächst auf die Anlage zum Bescheid vom 24.06.2004 verwiesen. Der Beklagte hat den Bedarf der Klägerin wie folgt festgestellt:
Regelbedarf 230 Euro, zuzüglich Erhöhung 43,05 Euro, zuzüglich Mehrbedarf 46,00 Euro, Kosten der Unterkunft von 194,55
EUR plus Heizkosten 21,75
EUR, insgesamt 535,35
EUR.
Diese Feststellung ist auf die Berufung der Klägerin nicht zu beanstanden, da die Klägerin zumindest keinen höheren Bedarf als 535,35
EUR geltend machen kann.
Hinsichtlich des Regelbedarfes hat der Beklagte der Klägerin rechnerisch zu Recht den Regelsatz um 27
EUR monatlich gekürzt, weil der Bedarf der Klägerin an Ernährung durch das kostenlose Mittagessen in der Werkstatt für behinderte Menschen anderweitig gedeckt war. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 16.09.2010 im Berufungsverfahren ausgeführt, dass die Regelsatzkürzung für das Mittagessen
EDV-technisch als Einnahme erfasst wurde. Rechnerisch wirkt es sich nicht aus, ob der Regelsatz um 27
EUR monatlich reduziert wird oder eine Einnahme in Höhe von 27
EUR bedarfsmindernd auf den vollen Regelsatz angerechnet wird. Das
BSG hat in seiner Entscheidung vom 11.12.2007, Az.
B 8/9 b SO 21/06 R klargestellt, dass das kostenlos in einer WfbM zur Verfügung gestellte Essen kein Einkommen iS § 82
SGB XII sei. Vielmehr sei der Regelsatz nach § 28
Abs. 1
S. 2
SGB XII abzusenken, wobei die Absenkung als Element innerhalb der Berechnung der Höhe der Leistung in dem Umfang vorzunehmen sei, in dem der Bedarf des Leistungsempfängers im Einzelfall gedeckt sei. Maßgebend sei dabei nicht der tatsächliche Wert der den Bedarf anderweitig deckenden Leistung, sondern der im Regelsatz normativ vorgesehene Betrag für das Mittagessen. Das
BSG hat in der Entscheidung vom 11.12. 2007, B 8/9 b SO 21/06 R RdNr. 22 offen gelassen, ob eine abweichende Regelsatzbemessung auch bei Leistungen nach § 3
Abs. 1
Nr. 1 GSiG in Betracht kommt und dabei auch aber auf Entscheidungen des
OVG NRW hingewiesen - Urteil vom 29.11.2006,
21 A 1565/05, Urteil vom 22.03.2006 -12 A 32/05 - in denen bei der Bemessung der Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG allein auf den Regelsatz nach § 22
Abs. 1
S. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) abzustellen sei.
Angesichts des Zwecks und des identischen Wortlautes des § 3
Abs. 1
Nr. 1 GSiG ("Die bedarfsorientierte Grundsicherung umfasst den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz zuzüglich 15 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes ...") und des
§ 42 Nr. 1 SGB XII ("Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28
SGB XII ...") hat der Senat keinen Zweifel, dass auch für Leistungen nach dem GSiG eine abweichende Bedarfsfeststellung nach § 22
Abs. 1
S. 2 BSHG bei anderweitiger Bedarfsdeckung vorzunehmen ist.
Anzusetzen ist hier ein niedrigerer Regelsatz, weil die Klägerin über den vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe finanzierten Werkstattbesuch (WfbM) ein kostenloses Mittagessen erhält und dieses eine nach unten abweichende Bedarfsfeststellung rechtfertigt, wobei der Sozialhilfeträger bei der Absenkung des Regelsatzes keinen Entscheidungsspielraum mehr hat und die Absenkung ein Element innerhalb der Berechnung der Höhe der Leistung ist - eines eigenständigen (Absenkungs-) Verwaltungsaktes bedarf es nicht (
BSG Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 21/06 R, RdNr. 18,19). Allerdings kommt insoweit allenfalls eine Minderung des Regelsatzes in dem Umfang in Betracht, in dem im allgemeinen Regelsatz normativ ein Betrag für das Mittagessen vorgesehen ist. Der Beklagte hat diesen Betrag in Höhe von 27
EUR zutreffend ermittelt:
Regelsatz 230
EUR, davon 50 % für Ernährung, entspricht 115
EUR;
davon 39 % = 44,85
EUR - Anteil des Mittagessens an Ernährungsanteil im Regelsatz
44,85
EUR x 12 Monate = 538,00EUR für 1 Jahr = 365 Tage
538,00
EUR x 220 Arbeitstage: 365 Tage = 324,39
EUR für die Arbeitstage in einem Jahr
324,39
EUR: 12 Monate = 27,03
EUR, abgerundet 27
EURDabei geht der Beklagte abweichend von der o.g. Rechtsprechung des
BSG von einer durchschnittlichen Anzahl der Arbeitstage ( und nicht von den individuell ermittelten tatsächlichen Arbeitstagen) aus, an denen die Klägerin das Mittagessen erhalten hat (18,
33 Tage), obwohl im streitgegenständlichen Zeitraum von Juli 2004 bis Dezember 2004 zwischen 21 und 24 Arbeitstagen zu leisten waren. Hierin ist aber - eine Verböserung in der Gesamtsumme ist ohne verboten - keine Benachteiligung der Klägerin zu sehen, weil keine Fehlzeiten der Klägerin in der WfbM im streitigen Zeitraum bekannt sind.
Auch bei den tatsächlichen Kosten der Unterkunft nach § 3
Abs. 1
Nr. 2 GSiG hat der Beklagte zumindest nicht zum Nachteil der Klägerin die monatlichen Kosten in Höhe von 194,55
EUR festgestellt. Aus dem Anhörungsschreiben des Beklagten vom 31.01.2006 (das auf Angaben des Vermieters gründet) ergibt sich, dass die Mutter der Klägerin gegenüber dem Vermieter in der Zeit vom 01.07.2004 bis 31.12.2004 die Miete um monatlich 42,24
EUR gemindert hat (
vgl. auch Anhörung vom 27.06.2005). Damit war der tatsächliche Mietanteil der Klägerin um monatlich 21,12
EUR niedriger, als vom Beklagten festgestellt (Kopfanteil). Eine "Verböserung" ist jedoch auf die alleinige Berufung der Klägerin hin nicht möglich (
vgl. § 123
SGG).
Hinsichtlich des auf den Bedarf anzurechnenden Einkommens gelten nach § 3
Abs. 2 GSiG für den Einsatz von Einkommen und Vermögen die §§ 76 ff BSHG und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Nach § 76 BSHG gehören zum Einkommen i.
S. des Gesetzes alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert.
Zutreffend hat der Beklagte das Werkstatteinkommen der Klägerin in Höhe von 208,40
EUR um die Absetzungsbeträge nach § 76
Abs. 2 und
Abs. 2 a BSHG und der entsprechend anwendbaren VO zu § 76 BSHG bereinigt und einen Freibetrag in Höhe von 121,23
EUR sowie Arbeitsmittel in Höhe von 5,20
EUR monatlich abgesetzt. Unzutreffend hat der Beklagte das kostenlose Mittagessen als Einkommen in Geldeswert angesetzt. Dies wirkt sich jedoch rechnerisch nicht aus, weil um den entsprechenden Betrag eine Regelsatzkürzung hätte erfolgen müssen (s.o.).
Weiterhin zutreffend hat der Beklagte das Kindergeld als Einkommen der Klägerin bedarfsmindernd angerechnet.
Kindergeld ist seiner Natur nach Einkommen im Sinne von § 3
Abs. 2 GSiG in Verbindung mit § 76
Abs. 1 BSHG: Zum Einkommen im Sinne dieses Gesetzes gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Gesetz, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit gewährt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Dies entspricht auch dem weiten sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff gemäß § 82 Abs 1 Satz 1
SGB XII ("alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert"), der alle Leistungen umfasst, die den Leistungsberechtigten - ohne Rücksicht auf ihre Art und auf die Tatsache, ob sie laufend oder einmalig anfallen - zufließen (
vgl. BVerwGE 21, 208; stRspr; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm,
SGB XII, Kommentar, 17. Aufl. 2006, § 82 Rz. 12). Es ist auch die herrschende Meinung in Rechtsprechung (Urteil des
BSG vom 08.02.2007, Az. B 9b SO 6/06 R. Das Kindergeld ist sozialhilferechtlich anrechenbares Einkommen iS der §§ 76ff BSHG -
vgl. BVerwG vom 25.11.1993 - 5 C 8/90 = BVerwGE 94, 326 = FEVS 44, 362). Über § 3 Abs 2 GSiG ist das Kindergeld damit auch nach dem GSiG als Einkommen zu qualifizieren.
Eine Nichtanrechnung findet auch nicht wegen einer Zweckbindung statt. § 77 BSHG (Nach Zweck und Inhalt bestimmte Leistungen) bestimmt:
(1) Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden, sind nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient. Zu den nicht als Einkommen zu berücksichtigenden Leistungen im Sinne des Satzes 1 zählen auch der Zuschuss zu den Sozialversicherungsbeiträgen sowie der Kindergeldzuschlag, die nach den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erlassenen Richtlinien zur Durchführung des Sonderprogramms "Mainzer Modell" an den Arbeitnehmer gewährt werden.
Das Kindergeld wird nicht zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt. Es dient vielmehr dazu, die allgemein in einer Familie mit Kindern höheren Lebenshaltungskosten zu decken (
vgl. Fichtner in Fichtner/Wenzel BSHG Kommentar, 2. Auflage § 77 RdNr. 5). Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 11.03.2010 (Az. 1 BvR 3163/09) zur Zulässigkeit der leistungsmindernden Anrechnung von Kindergeld auf das Sozialgeld nach dem
SGB II erneut bekräftigt.
Aus der Einstufung des Kindergeldes als anrechenbares Einkommen folgt jedoch noch nicht, wem dieses zugerechnet wird. Anspruchsinhaber des Kindergeldes ist der Kindergeldberechtigte. Kindergeldberechtigt ist der Erziehungsberechtigte (- §§ 31, 62
ff. Einkommenssteuergesetz - EStG -). Nach neuem Recht, § 82
Abs. 1
S. 2
SGB XII, ist bei Minderjährigen das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes benötigt wird. Eine entsprechende Vorschrift gab es aber für das Grundsicherungsgesetz nicht. Eine rückwirkende Anwendung ist umstritten. Nach dem Urteil des
BSG vom 08.02.2007, Az.: B 9b SO 6/06 R, kann es bezogen auf die Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen - dahinstehen, inwieweit der Regelung des § 82
Abs. 1 S 2 SGB 12 rückwirkend klarstellende Bedeutung zukommt (wenn der minderjährige Hilfebedürftige keine Leistungen nach dem BSHG, sondern nach dem GSiG, begehrt).
Schließlich verfolgt das GSiG einen eigenen Zweck (
vgl. dazu RdNr. 33 in
BSG vom 08.02.2007, Az.: B 9b SO 6/06 R -" GSi-Leistungen sollen es dem dauerhaft Erwerbsgeminderten in erster Linie ermöglichen, trotz seiner Unfähigkeit sich selbst zu versorgen, keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Die gleichzeitige Nichtberücksichtigung von Unterhaltsansprüchen gegen die Eltern stärkt zudem - im Interesse seiner Versorgung - die Einheit der Familie, den familiären Zusammenhalt. Die Eltern sollen finanziell entlastet werden, da diese durch die Pflege und Sorge für den voll erwerbsgeminderten Menschen in aller Regel bereits in weit überdurchschnittlichem Maße belastet sind. Dieser Regelung des Unterhaltsausschlusses liegt mithin die rechtspolitische Wertung zu Grunde, für den Lebensunterhalt dieses Personenkreises habe in der Regel - vorrangig vor den eigenen Eltern - die staatliche Gemeinschaft einzustehen".)
Eine entsprechende Anwendung des § 82
Abs. 1
S. 2
SGB XII scheitert aber hier ohnehin schon daran, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum bereits volljährig war.
Aus der Einstufung des Kindergeldes als Einkommen folgt nicht, dass dieses stets Einkommen eines volljährigen dauerhaft erwerbsgeminderten Kindes ist, das im Haushalt der Eltern lebt, es sich dabei also um leistungsminderndes Einkommen des nach § 1 GSiG Leistungsberechtigten iS des § 3 GSiG handelt. Das
BSG (vergleiche oben 08.02.2007, Az. B 9b SO 6/06 R) folgt auch insoweit der Rechtsprechung des
BVerwG, wonach Einkommen grundsätzlich immer bei demjenigen bedarfsmindernd anzurechnen ist, dem es zufließt (Zuflusstheorie). Dieses ist im Falle des Kindergeldes der Kindergeldberechtigte, also im Regelfall der Elternteil, an den das Kindergeld ausgezahlt wird (
vgl. nur
BVerwG, Urteile vom 17.12.2003 - 5 C 25/02 - Buchholz 436.0 § 76 BSHG
Nr. 38, und vom 21.10.2004 - 5 C 30/03 - BVerwGE 122, 128, JURIS;
vgl. hierzu Brühl in LPK-BSHG,
6. Aufl. 2003, § 77 RdNr. 48)
Nur im Falle der Weiterleitung, wenn es also dem Kind tatsächlich als Geldbetrag zufließt, ist es als dessen Einkommen anzurechnen (s. auch
BSG Urteile vom 08.02.2007 Az.: B 9 b 5/05 R, B 9b 6/05 R, B 9 b 5/06 R, B 9b 6/06 R, Urteil vom 16.10.2007, B 8/9b 8/06 R, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b 23/06 R , Urteile vom 26.08.2008, B 8/9b 16/07 R, B 8/9b 26/07 R; BVerwGE 32, 141; 47, 120; 60, 6).
Im vorliegenden Fall ist jedoch zur vollen Überzeugung des Senats (§ 128
Abs. 1
SGG) davon auszugehen, dass die Mutter und Betreuerin der Klägerin das Kindergeld zumindest im fraglichen Zeitraum an die Klägerin weitergeleitet hat. Hierfür sprechen insbesondere die mehrfachen schriftlichen Bekundungen der Mutter der Klägerin. So hat die Mutter und Betreuerin mit Schreiben vom 17.06.2005 ausgeführt, die Tochter habe seit ihrer Geburt das Kindergeld bekommen. Weiter hat sie am 29.06.2005 vorgetragen, dass vom Kindergeld nichts einbehalten werde und es der Tochter gehöre. Dies bestätigte die Mutter der Klägerin nochmals auf die Anfrage der Beklagten in ihrer schriftlichen Erklärung vom 04.07.2005 mit dem Wortlaut "Ich, A.,- 1952 gebe das Kindergeld an meine Tochter N. weiter (wende es ihr zu). N. kann über das Kindergeld selbst verfügen." Aufgrund der mehrfachen und von der Mutter der Klägerin selbst formulierten Schreiben (Schreiben vom 17.06.2005 und 29.06.2005) hält der Senat eine Einvernahme der Mutter und Betreuerin der Klägerin für nicht notwendig.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Mutter der Klägerin wegen des eigenen Leistungsbezugs nach dem
SGB II ein Interesse an einer Zurechnung des Kindergeldes an die Klägerin gehabt haben könnte. Für den streitgegenständlichen Zeitraum 01.07.2004 bis 31.12.2004 kommt es darauf jedoch nicht an, weil das Kindergeld während des Bezuges von Arbeitslosenhilfe ohnehin nicht anzurechnen war (§ 194
Abs. 3
Nr. 9
SGB III a.F).
Im Ergebnis ist der Senat angesichts der klaren Bekundungen der Mutter der Klägerin voll davon überzeugt, dass es sich um eine echte Weiterleitung handelt und nicht um eine Erfüllung der Unterhaltspflicht der Mutter der Klägerin im Rahmen des Wirtschaftens aus einem Topf. Decken die Leistungen der Eltern in Naturalform einen Teil des vom GSiG erfassten Bedarfs im weitesten Sinne ab - hierzu gehören nach § 12
Abs. 1 BSHG: Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens, einschließlich, in vertretbarem Umfang, Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben -, sind sie hier gleichwohl nicht - anstelle des Kindergeldes als Einkommen des Antragsberechtigten zu berücksichtigen. § 3
Abs. 2 GSiG sieht nur eine entsprechende Anwendung der dortigen Vorschriften des BSHG vor. Hieraus folgt, dass die Anrechnung derartiger Naturalleistungen als Einkommen des Anspruchsberechtigten nur unter Berücksichtigung der besonderen Zwecksetzung des GSiG erfolgen darf, -
BSG a.a.O. RdNr. 32 in B 9b SO 6/06 R. Dafür genügt es nicht, dass es dem Kind durch das "Wirtschaften aus einem Topf" zugute kommt. Erforderlich ist vielmehr, dass durch den Zuwendungsakt der notwendige Lebensbedarf des Kindes gerade mit Rücksicht auf das für das Kind gewährte Kindergeld gedeckt wird. Das Kind muss den weitergegebenen Betrag zur Abdeckung seines Bedarfs benötigen (
vgl. BVerwG vom 07.02.1980 BVerwGE 60, 7 = FEVS 28, 177;
vgl. auch
OVG Hamburg vom 03.04.2002 FEVS 54, 77 = NDV-RD 2002, 63 = NVwZ-RR 2002, 756)".
Sonst wäre es unter Umständen so, dass keine Verpflichtung zur Weiterleitung bestehen würde, weil die Klägerin sich selbst unterhalten kann (mit dem Einkommen aus der Werkstatt und den Leistungen der Grundsicherung). Die nach § 74 EStG vorausgesetzte Unterhaltspflichtverletzung besteht nur dann, wenn sich auf der Seite des Unterhaltsberechtigten ein Unterhaltsdefizit ergibt.
Hier ist es so, dass die Klägerin erwerbstätig ist und ihren Lebensunterhalt in gewisser Weise selbstständig bewerkstelligt. Genau dazu ist das Kindergeld da. Die Mutter der Klägerin hat das Kindergeld bereits im Erstantrag vom 08.11.2002 als Einkommen der Klägerin angegeben und mehrfach schriftlich und anlässlich der persönlichen Vorsprache bei dem Beklagten am 23.06.2005 ausgeführt, dass sie das Kindergeld an die Klägerin weiterleitet. Als Betreuerin ihrer Tochter ist die Mutter gegenüber dem Vormundschaftsgericht jährlich verpflichtet, Rechenschaft über die Verwaltung des Vermögens und Einkommens abzulegen. Somit kann die Mutter das Kindergeld nicht im Rahmen des Wirtschaftens aus einem Topf in einen solchen "Topf" einfließen lassen, ohne dass nachzuvollziehen ist, für was das Einkommen verwendet wird.
Der Klägerin stehen damit für die Zeit vom 01.07.2004 bis 31.12.2004 keine höheren Leistungen der Grundsicherung nach dem GSiG zu, so dass die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 07.12.2007 zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160
Abs. 2
SGG liegen nicht vor.