Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft nach § 144
Abs. 1 Satz 2
SGG. Der Kläger begehrt die Gewährung höheren Übergangsgeldes für die Dauer der zweijährigen Umschulung, mithin für einen Zeitraum von über einem Jahr.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 19. November 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2015, dieser in der Fassung des Bescheides vom 1. November 2016. Der Bescheid vom 19. November 2013 hat den Bescheid vom 13. August 2013 ersetzt und ist Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden.
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil vom 15. Juni 2016 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf höheres Übergangsgeld für die Dauer der bewilligten Umschulung hat. Die Berechnung des Übergangsgeldes durch die Beklagte entspricht den gesetzlichen Vorschriften.
Nach § 20
Abs. 1
Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (Gesetzliche Rentenversicherung -
SGB VI haben Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder sonstige Leistungen zur Teilhabe erhalten, Anspruch auf Übergangsgeld.
Höhe und Berechnung des Übergangsgeldes bestimmen sich gemäß § 21
Abs. 1
SGB VI nach Teil 1 Kapitel 6
SGB IX, soweit die Absätze 2 bis 4 nichts Abweichendes bestimmen.
§ 21
Abs. 2 bis 4
SGB VI sind auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Weder ist der Kläger als Selbstständiger tätig oder freiwillig versichert gewesen (§ 21
Abs. 2
SGB VI i.V.m. § 15 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -
SGB IV)), noch hat er vor der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld (§ 21
Abs. 3
SGB VI i.V.m. § 49 SGB IX) bezogen oder hat an einer medizinischen Leistung teilgenommen (§ 21
Abs. 4
SGB VI).
Vorliegend richtet sich die Berechnung des Übergangsgeldes mithin nach den
§§ 44 bis
54 SGB IX. Nach
§ 46 Abs. 1 SGB IX werden der Berechnung des Übergangsgelds 80 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt) zugrunde gelegt, höchstens jedoch das in entsprechender Anwendung des
§ 47 SGB IX berechnete Nettoarbeitsentgelt.
Für die Berechnung des Regelentgelts wird nach § 47
Abs. 1 Sätze 1 bis 3
SGB IX das von den Leistungsempfängern im letzten vor Beginn der Leistung oder einer vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden geteilt, für die es gezahlt wurde. Das Ergebnis wird mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden vervielfacht und durch sieben geteilt. Ist das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen oder ist eine Berechnung des Regelentgelts nach den Sätzen 1 und 2 nicht möglich, gilt der 30. Teil des in dem letzten vor Beginn der Leistung abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelentgelt.
Der letzte vor Beginn der Leistung abgerechnete Entgeltzeitraum war diejenige des Klägers bei der A ...
GmbH vom 1. bis 4. Oktober 2013.
Ein Rückgriff auf das Entgelt aus der Beschäftigung des Klägers bis 31. Mai 2013 bei der
Fa. H ... K ... ist nicht möglich. Es handelt sich nicht um den letzten Entgeltzeitraum vor der Beschäftigung. Dieser ist jedoch allein maßgeblich.
Für die Grundsätze der Vorschrift des § 47
SGB IX kann auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG) zu § 47 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (Gesetzliche Krankenversicherung -
SGB V) zurückgegriffen werden, weil die Vorschriften wort- und inhaltsgleich sind. § 47
SGB IX übernahm nach dem Willen des Gesetzgebers weitgehend die bereits geltenden Regelungen des Sechsten und Siebten Buches (§§ 21
SGB VI, 47 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (Gesetzliche Unfallversicherung -
SGB VII)
i.V.m. § 47
SGB V) über die Ermittlung der Berechnungsgrundlage für das Übergangsgeld (BT Drs. 14/5074,
S. 110).
Für das Krankengeld hat das
BSG im Urteil vom 30. Mai 2006 (B 1 KR 19/05 R) ausgeführt, es diene der wirtschaftlichen Sicherstellung und biete Ersatz für das Entgelt, das dem Versicherten infolge Krankheit entgehe. Nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes komme es für die Bemessung allein auf das aktuell bestehende Beschäftigungsverhältnis an (Rn. 12). Es solle sichergestellt werden, dass das Krankengeld das jeweils "aktuelle" Lohnniveau des Versicherten widerspiegele (
vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 1973, 3 RK 80/71, Rn. 11).
Gleiche Grundsätze finden sich bei der Berechnung des Verletztengeldes. Auch dieses soll durch eine zeitnahe Anknüpfung an die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles sicherstellen, dass eine durch Zufälle bestimmte Berechnung verhindert wird und die Funktion des Verletztengeldes als Ersatz für das aktuell ausgefallene Entgelt bestehen bleibt.
Die vom Kläger vom 1. bis 4. Oktober 2013 ausgeübte Tätigkeit könnte nur dann bei der Berechnung des Übergangsgeldes unberücksichtigt bleiben, wenn es sich hierbei um eine geringfügige Beschäftigung gehandelt hätte. Nach § 8
SGB IV ist eine Beschäftigung (
Nr. 1) dann geringfügig, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450
EUR nicht übersteigt. Nach
Nr. 2 des § 8
Abs. 1
SGB IV ist eine Beschäftigung dann geringfügig, die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450
EUR im Monat übersteigt.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der auf drei Monate befristete Arbeitsvertrag sah eine Vergütung in Höhe von 7,02
EUR/
Std. brutto bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 48 Stunden/Woche vor, mithin ein Bruttoentgelt in Höhe von 1.448,93
EUR/Monat (7,02
EUR x 48 x 4,3). Es handelte sich folglich im streitigen Zeitraum um eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit der Folge, dass sie bei der Berechnung des Übergangsgeldes heranzuziehen ist.
Die klägerische Auffassung, es sei das in der bis 30. Mai 2013 andauernden Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt der Berechnung des Übergangsgeldes zugrunde zu legen, wird auch nicht durch das von ihm herangezogene Urteil des
BSG vom 7. September 2010 (B 5 R 104/08 R) gestützt. Diese Entscheidung betrifft nicht die Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes nach § 47
SGB IX, sondern den Anwendungsbereich des § 49
SGB IX. Letztere Vorschrift bestimmt, unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise auf frühere Abrechnungszeiträume zurückgegriffen werden darf. Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird nach § 49
SGB IX bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze. Die vom Kläger in Bezug genommenen Ausführungen des
BSG betreffen allein die Rechtsfrage, wie der Begriff des "Anschlusses" auszulegen ist. Sie sind jedoch nicht übertragbar auf die Berechnung nach § 47
SGB IX, da insoweit § 49
SGB IX eine Sonderregelung darstellt.
Diese Vorschrift findet auf den Kläger aus den bereits o.g. Gründen aber keine Anwendung. Er hat vor der Teilhabeleistung Arbeitslosengeld bezogen. Auf diese Leistung ist jedoch § 49
SGB IX nicht entsprechend anwendbar (
vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012,
B 2 U 26/11 R, Rn. 27).
Soweit der Kläger darauf abstellt, § 48
SGB IX sei als Sonderregelung nur für die Fälle anwendbar, in denen die Erzielung von Arbeitsentgelt mehr als drei Jahre vom Beginn der Maßnahme an zurückliege, verkennt er den Anwendungsbereich der Norm.
Nach § 48
SGB IX wird die Berechnungsgrundlage für das Übergangsgeld während Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus 65 vom Hundert des auf ein Jahr bezogenen tariflichen oder, wenn es an einer tariflichen Regelung fehlt, des ortsüblichen Arbeitsentgelts ermittelt, das für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger gilt, wenn (1.) die Berechnung nach den §§ 46 und 47
SGB IX zu einem geringeren Betrag führt, (2.) Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder (3.) der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.
§ 48
SGB IX findet mithin seinem Wortlaut nach auf drei alternative Fallgestaltungen Anwendung. Die dritte Variante ist entgegen der klägerischen Auffassung nicht Grundvoraussetzung für den Anwendungsbereich der Norm.
Die Berechnung des Beklagten auf der Grundlage des Verdienstes des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der A ...
GmbH ist nicht zu beanstanden. Sie ist unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben erfolgt. Da die Berechnung nach dem für den Wohnsitz des Klägers maßgebenden Tariflohns als Kraftfahrer ab dem 5. Jahr der Beschäftigung zu einem höheren Übergangsgeld geführt hat, war dieses zu bewilligen. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in ihrem Bescheid vom 19. November 2014 und des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil und macht sie sich nach eigener Prüfung zu Eigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Das Urteil ergeht auf gesicherter Rechtsgrundlage und ist eine Einzelfallentscheidung.