Der Kläger wohnt im Haushalt seiner Eltern und arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) und erhält dort ein kostenloses Mittagessen. Die Beklagte kürzte den Regelsatz zur Berechnung der Grundsicherungsleistung um einen Betrag von Euro 54,81 für das kostenlos in der Werkstatt eingenommene Mittagessen. Zugrunde gelegt wurde ein Preis des Mittagessens in Höhe von Euro 2,61 anhand der Sachbezugsverordnung für 21 Tage. Bei längerer Abwesenheit könne ein Antrag auf Befreiung von dem monatlichen Abzug des Pauschalbetrags gestellt werden. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein, das Sozialgericht gab seiner Klage statt.
Zunächst stellte das Gericht klar, dass keine rückwirkende Regelsatzkürzung zulässig sei, sondern allenfalls eine Rücknahme des ursprünglichen Verwaltungsakts nach § 45 SGB X. Dieser sei jedoch rechtmäßig, da darin zutreffend von einem ungekürzten Regelsatz für den Kläger ausgegangen werde. Der Kläger erhalte in der WfbM das Mittagessen als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Der erlangte Sachwert der Verpflegung sei daher kein Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 SGB XII.
Eine indirekte Anrechnung käme allenfalls nach der Regelung des § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII (sog. "häusliche Ersparnis") in Betracht. Diese sei Ausdruck einerseits des Bedarfsdeckungsprinzip der Sozialhilfe, zu der auch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehöre, (§ 8 SGB XII) und andererseits eine begrenzende Sonderregelung dieses Prinzips für die Anrechnung häuslicher Ersparnisse. Hiernach könnte nur bei Personen, die in einer teilstationären oder stationären Einrichtung lebten, die Aufbringung der Mittel für Leistungen nach dem dritten Kapital verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart würden. Eine solche Anrechnung des Mittagessens sei allenfalls in Höhe des im Regelsatz enthaltenen Anteils für eine Mahlzeit zulässig, nicht aber in Höhe des ungleich höhere Betrags der Sachbezugsverordnung (ebenso SG Dortmund, 18.10.2005, Az S 31 SO 10/05; SG Osnabrück, Az S 16 SO 11/05, Urteil vom 28.04.2005). Vorraussetzung sei nach § 82 Abs. 4 SGB XII jedoch, dass die Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung lebe. Dies treffe nicht auf eine Werkstatt zu, weil die Leistungsberechtigten dort in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis nach § 138 SGB IX zur Werkstatt stünden. Sie lebten daher nicht in dieser Einrichtung. Zwar sei die Werkstatt fraglos eine Einrichtung nach § 13 Abs. 2 SGB XII, die den Bedarf an Eingliederungshilfe decke. Es handele sich daher nicht um eine ambulante Hilfe. Es sei jedoch ein Zirkelschluss, aus der Aufzählung des § 13 Abs. 1 Satz 1 StGB XII ("teilstationäre und stationäre Einrichtungen") und der Definition stationärer Einrichtungen in § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu schließen, dass jeder, dem Hilfe nicht ambulant erbracht werde, in einer ( teil-)stationären Einrichtung lebe. Dagegen spreche, dass das Gesetz in § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII im Gegensatz etwa zu § 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII neben dem Erfordernis der teilstationären Leistung ein Leben in einer solchen Einrichtung voraussetze. Es sei auch kein zwingender Grund erkennbar, über den Wortlaut des § 82 Abs. 4 SGB XII hinaus einen Ersatz ersparter häuslicher Lebenshaltungskosten auch von solchen Personen zu verlangen, die nicht in der Einrichtung lebten, sondern dort arbeiteten, wie in der WfbM. Denn der Sinn und Zweck der Übernahme der Verpflegungskosten in der WfbM beschränke sich nicht auf den bloßen Nährwert des Essens, sondern umfasse das integrative Moment der gemeinsamen Mahlzeit als eigenständige Eingliederungsleistung. Dies solle sicherstellen, dass Leistungsberechtigte unterhalb der Einkommensgrenze ohne Rücksicht auf individuelle Einkommensverhältnisse ausreichende Hilfe für die Eingliederung in einen Arbeitnehmer ähnlichen Alltag erhielten.
Schließlich sei zu beachten, dass der Kläger ein kostenfreies Mittagessen bei seinen Eltern erhalte, wenn er dieses nicht in der Werkstatt einnehme. Es sei daher die Rechtsprechung des BVerwG zu § 85 BSHG zu beachten, wonach bei einer solchen Sachlage keine häusliche Ersparnis vorliege (BVerwG, Urteil vom 19.03.1992, Az 5 C 20/87, SG Dortmund a.a.O.).
Da damit eine Kürzung des Regelsatzes um den Betrag des Werkstattmittagessens rechtswidrig sei, erübrige sich eine weitere Bewertung des pauschalen Vorwegabzugs in Höhe des Betrags des maximal denkbaren, regelmäßig aber nicht zu erwartenden Mittagessens, der dem Bedarfsdeckungsprinzip widerspreche.