Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Arbeitslosengeld ohne Ruhen und ohne Minderung der Anspruchsdauer bereits ab 01.01.2006, denn es ist keine Sperrzeit eingetreten.
Nach
§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 144
Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1
SGB III vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Anhaltspunkte dafür, dass ein arbeitsvertragwidriges Verhalten des Klägers Anlass für das Beschäftigungsverhältnis gewesen ist, finden sich nicht. Der Kläger hat sein Beschäftigungsverhältnis auch nicht gelöst.
Ausgangspunkt dieser Überzeugung des Gerichtes ist das Kündigungsschreiben des Arbeitgebers vom 30.05.2005. Dieses entspricht in Form und Inhalt ohne weiteres einer arbeitgeberseitigen Kündigung. Soweit in diesem Kündigungsschreiben die Höhe der Abfindung über 108.000,00
EUR davon abhängig gemacht wird, dass der Kläger gegen diese Kündigung keine Klage erhebt, steht dies der Einschätzung, dass es sich um eine Kündigung handelt, nicht entgegen. Zwar stellt auch die Mitwirkung an sogenannten Abwicklungsverträgen, die zur Umgehung von Sperrzeiten geschlossen werden, einen Lösungstatbestand durch den Arbeitnehmer im Sinne von § 144
Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1
SGB III dar (Niesel in Niesel in
SGB III, Kommentar, 3. Auflage, § 144 RdNr. 31
ff. m.w.N.). Wenn Kündigung und Modalitäten des Abwicklungsvertrages vorher abgesprochen sind, liegt der Aufhebungsvertrag bereits in der Absprache. Da für den Eintritt einer Sperrzeit nur der tatsächliche Geschehensablauf maßgeblich ist, tritt bei derartigen Absprachen eine Sperrzeit unabhängig davon ein, dass formell nur eine Arbeitgeberkündigung vorliegt (Niesel a.a.O.). Dagegen löst das bloße Schweigen des Arbeitnehmers auf die Kündigung keine Sperrzeit aus, denn der Begriff "Lösung" setzt einen aktiven Lösungsakt voraus (Niesel a.a.O. RdNr. 35
m.w.N.). Nach Ansicht des Gerichts liegt hier ein bloßes Schweigen auf die Kündigung vor. Sofern die Beklagte darauf hinweist, dass der Kläger im Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angegeben habe, vor Zugang des Kündigungsschreibens habe er in einem persönlichen Gespräch, an dem auch der Betriebsrat beteiligt gewesen sei, von seiner Entlassung erfahren und die Abfindung sei ihm bereits am 30.04.2005 zugesagt worden, steht dies der Einschätzung des Gerichtes nicht entgegen. Wäre dies relevant, müssten Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber immer mit Kündigungen überfallen werden, um nicht Gefahr zu laufen, in verdeckte Abwicklungsverträge verwickelt zu werden. Nach Ansicht des Gerichtes ist es selbstverständlich, dass ein Arbeitgeber, der sich um Stellenabbau bemüht, mit den in Betracht kommenden Arbeitnehmern vor der Kündigung Gespräche führt und diese darüber informiert, dass sie für eine solche Kündigung vorgesehen sind. Dass der Betriebsrat zu solchen Gesprächen hinzugezogen wird, ist nicht nur ein ehrenwertes Verhalten des Arbeitgebers, sondern entspricht arbeitsrechtlichen Pflichten. Dass aus Anlass solcher Informationsgespräche auch über die Zahlung von Abfindungen gesprochen wird und dass dem zur Kündigung vorgesehenen Arbeitnehmer auch die Höhe der Abfindung vor Ausspruch der Kündigung mitgeteilt wird, hält das Gericht für selbstverständlich. Im Falle des Klägers waren solche Gespräche auch unter dem Gesichtspunkt notwendig, dass der Kläger als schwerbehinderter Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz genoss und auch eine betriebsbedingte Kündigung nach
§ 85 SGB IX der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedurfte. Nach
§ 87 Abs. 2 SGB IX holt das Integrationsamt im Zustimmungsverfahren eine Stellungnahme des zuständigen Arbeitsamtes, des Betriebsrates oder Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung ein und hört den schwerbehinderten Menschen an. Schon dieses Anhörungsverfahren macht eine vorherige Beteiligung des Klägers auch durch den Arbeitgeber im Kündigungsverfahren notwendig. Das Integrationsamt hat durch Bescheid vom 23.05.2005 die Zustimmung zur Kündigung erteilt und in diesem Bescheid ausgeführt, dass der Betrieb in wesentlichen Teilen nicht nur vorübergehend eingeschränkt werde. Die Gesamtzahl der verbleibenden schwerbehinderten Menschen zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht nach
§ 71 SGB IX reiche aus. Aus der Zustimmung des Integrationsamtes einerseits und der im Zustimmungsverfahren erfolgten Beteiligung der Agentur für Arbeit, also einer Dienststelle der Beklagten, andererseits folgt unmittelbar, dass die arbeitgeberseitige Kündigung rechtmäßig war, so dass es einer weiteren Sachaufklärung insoweit nicht bedarf.
Selbst wenn man jedoch der Ansicht wäre, dass in der Erfüllung der in der Kündigung zur Höhe der zugesicherten Abfindung enthaltenen Bedingung, keine Klage zu erheben, ein verdeckter Aufhebungsvertrag zu sehen sei, ändert dies nichts daran, dass eine Sperrzeit nicht eintritt, denn dann hätte der Kläger einen wichtigen Grund für sein Verhalten gehabt. Dabei ist zu beachten, dass das
BSG seine Rechtsprechung zur Sperrzeitrelevanz von Aufhebungsverträgen durch seine Urteile vom 17.11.2005, B 11 a/11 AL 69/04 R, und vom 12.07.2006, B 11 a/AL 47/05 R, fortentwickelt hat. In diesen Entscheidungen hat das
BSG dargelegt, dass ein wichtiger Grund zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages auch dann vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer von einer ansonsten sicher bevorstehenden rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung bedroht ist. In einer solchen Situation bestehe angesichts der ohnehin nicht zu vermeidenden Beschäftigungslosigkeit ein Interesse daran, sich durch Abschluss des Aufhebungsvertrages zumindest eine zugesagte Abfindung zu sichern. Diesem Interesse stünde kein gleichwertiges Interesse der Versichertengemeinschaft am Abwarten einer Arbeitgeberkündigung gegenüber. Unter Berücksichtigung des Zwecks der Sperrzeit und des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes unterläge es durchgreifenden Bedenken, das Eigeninteresse des Versicherten an einer für ihn günstigen Gestaltung der Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unberücksichtigt zu lassen, wenn ein Interesse der Versichertengemeinschaft an einem Abwarten der Kündigung nicht ersichtlich sei. Bei einer drohenden rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung sei im Regelfall ein wichtiger Grund anzunehmen, ohne dass der zusätzliche Nachweis eines besonderen Interesses an der Auflösungsvereinbarung erforderlich sei (
BSG a.a.O.). In den Entscheidungsgründen zum Urteil vom 12.07.2006 hat das
BSG unter Hinweis auf die ab 01.01.2004 in Kraft getretenen Regelungen des
§ 1 a KSchG ausgeführt, dies könne Veranlassung dafür geben, künftig einen wichtigen Grund bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages ohne die ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung anzuerkennen. Dies erwäge der Senat für Sperrzeiten wegen Arbeitsaufgabe mit einem Lösungssachverhalt ab dem 01.01.2004, wenn die Abfindungshöhe die in § 1 a
Abs. 2
KSchG vorgesehene nicht überschreite.
Das Gericht macht sich diese Erwägung zu Eigen. Die Erwägungen des
BSG bedeuten, dass von einer Rechtsmäßigkeitsprüfung der drohenden Arbeitgeberkündigung abgesehen werden kann, wenn sich die Abfindungshöhe im Rahmen des nach § 1 a
KSchG Vorgesehen hält. Nur wenn die Abfindungshöhe den Rahmen des nach § 1 a
KSchG Vorgesehen übersteigt, ist die Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung zu überprüfen. Auf die Höhe der Abfindung kommt es nicht an, wenn die drohende Arbeitgeberkündigung rechtmäßig wäre. Hier ergibt sich aus den bereits geschilderten Umständen, dass eine auf den selben Zeitpunkt festgelegte arbeitgeberseitige Kündigung rechtmäßig gewesen wäre.
Die Aufhebung der Sperrzeit führt zur Änderung auch des Bewilligungsbescheides vom 02.08.2006, denn Leistungsbeginn ist bereits der 01.01.2006 und korrektes Leistungsende - sofern der Leistungsbezug nicht unterbrochen wird - der 29.02.2008.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.