Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch ansonsten zulässige (§§ 143, 144
SGG in der bis zum 1. März 2008 gültigen Fassung) Berufung der Beklagten hat, abgesehen von der in den Tenor aufgenommenen zeitlichen Begrenzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld bis zum 3. September 2006, keinen Erfolg.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 23. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2006 aufgehoben. Einer darüber hinausgehenden Verurteilung zur Leistung, nämlich der Weitergewährung von Arbeitslosengeld an den Kläger über den 24. Juli 2006 hinaus, hätte es eigentlich nicht bedurft, da es sich vorliegend um eine reine Anfechtungsklage handelt. Durch den Bewilligungsbescheid vom 17. Mai 2006 war dem Kläger Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 354 Kalendertagen bewilligt worden. Durch die Aufhebung der angefochtenen Bescheide lebt dieser Bewilligungsbescheid wieder auf, da die Gesamtanspruchsdauer zum Zeitpunkt der Aufhebung noch nicht erschöpft war. Der Senat hat aber davon abgesehen, den Tenor mit einer weiteren Maßgabe zu versehen und hat aufgrund eines rechtlichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung und einer daraufhin abgegebenen entsprechenden Erklärung des Klägervertreters im Tenor nur klarstellend den streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 3. September 2006 begrenzt.
Diese Begrenzung entspricht genau dem 6-Wochen-Zeitraum des
§ 126 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der hier maßgeblichen Fassung ab. 1. Januar 2006, auf den das Sozialgericht die Pflicht der Beklagten zur Leistungsfortzahlung zutreffend gestützt hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten lagen nämlich die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 17. Mai 2006 gemäß § 48
Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (
SGB X)
i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III nicht vor, da keine für die Anspruchsvoraussetzungen der bewilligten Leistung rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vorgelegen hat. Zwar gehört nach § 117
Abs. 1
Nr. 1
SGB III zu den Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld die Arbeitslosigkeit. Diese setzt wiederum die Fähigkeit und Bereitschaft voraus, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für den Anspruchsteller in Betracht kommenden Arbeitsmarkts aufnehmen und ausüben zu können (§ 118
Abs. 1
Nr. 2
i.V.m. § 119
Abs. 1;
Abs. 3 und
Abs. 5
SGB III). Versicherte, deren Leistungsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen so weit abgesunken ist, dass sie diesen Anforderungen nicht genügen können, haben gleichwohl einen Anspruch auf Arbeitslosengeld unter den Voraussetzungen der sogenannten "Nahtlosigkeitsregelung" des § 125
SGB III. Allerdings liegen die Voraussetzungen der Nahtlosigkeitsregelung - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - nicht vor, weil die Situation im vorliegenden Fall eine andere ist. Der Kläger ist nicht unabsehbar arbeitsunfähig und es steht auch nicht im Raum, dass der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung noch Feststellungen zu einer verminderten Erwerbsfähigkeit treffen wird. Das Bundessozialgericht hat aber in seiner zu den Akten gelangten Entscheidung vom 21. März 2007 (B 11a AL 31/06 R) ausgeführt, dass sich Leistungen nach § 126
SGB III und nach § 125
SGB III aufgrund der Nahtlosigkeitsregelung tatbestandlich nicht ausschließen.
Für den hier zu entscheidenden Sachverhalt hat das Sozialgericht danach richtigerweise § 126
SGB III zugrunde gelegt, dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Es spielt hier keine Rolle, dass der Kläger ursprünglich seit dem 6. August 2004 arbeitsunfähig erkrankt war, denn der Arzt der Beklagten hat den Kläger bereits Ende April 2006 wieder als voll erwerbsfähig für leichtere Arbeiten eingestuft. Da dem Kläger aber tatsächlich keine Arbeit vermittelt werden konnte, hat er weiterhin Arbeitslosengeld bezogen. In dieser Situation hätten die behandelnden Ärzte auch eine komplette Arbeitsunfähigkeit erneut attestieren können. Wenn sie statt dessen der Meinung waren, dass eine schonende Wiedereingliederung möglich sei, so gilt dies als Minus zu einer kompletten Arbeitsunfähigkeit. Dadurch, dass die den Kläger behandelnden Ärzte ab Ende Juli 2006 die Möglichkeit für diese stufenweise Wiedereingliederung gesehen haben, wird das vorherige ärztliche Zeugnis sozusagen "außer Kraft" gesetzt. Da es im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 21. März 2007, a.a.O.,
m.w.N.) keine Teilarbeitsunfähigkeit gibt, ist der Kläger während der Wiedereingliederungsmaßnahme als arbeitsunfähig zu betrachten und hat daher für 6 Wochen einen Anspruch auf Fortzahlung von Arbeitslosengeld, beginnend ab dem 24. Juli 2006. Der Senat geht bei dieser Bewertung ausdrücklich davon aus, dass die Feststellungen, die das Bundessozialgericht im Rahmen von Entscheidungen zum Krankenversicherungsrecht getroffen hat, im Sinne des bereits mehrfach zitierten Urteils vom 21. März 2007 auch auf den Bereich des
SGB III anzuwenden sind. Danach ist ein Versicherter weiterhin arbeitsunfähig, solange er die bisherige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht in vollem Umfang wieder ausüben kann, zum Beispiel weil ihn seine Erkrankung noch an vorher geleisteter vollschichtiger Arbeit hindert und ihm stattdessen nur eine Teilzeitarbeit zur Wiedereingliederung erlaubt ist, da es im rechtlichen Sinne keine Teilarbeitsunfähigkeit gibt.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die freiwillige stufenweise Wiederaufnahme einer Beschäftigung trotz anhaltender Arbeitsunfähigkeit letztlich auch im Interesse der Beklagten liegt, da dadurch die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des aktuellen Leistungsfalls eröffnet wird (so auch
BSG, a.a.O.). Es ist dabei ohne Belang, ob die Wiedereingliederung mehrere Stufen umfasst, oder - wie hier - für eine begrenzte Zeit eine Wiedereingliederungsmaßnahme mit einer täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden, also circa der Hälfte der regulären Arbeitszeit, vorsieht. Durch die reduzierte Arbeitszeit wird auch kein echtes Arbeitsverhältnis begründet, da Gegenstand der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht eine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ist, sondern der Gesichtspunkt der Rehabilitation im Vordergrund steht. Es entsteht ein Rechtsverhältnis eigener Art und der Arbeitnehmer unterliegt
z. B. auch nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers (
vgl. BAGE 69, 272; 92, 140). Dementsprechend hatte die Arbeitgeberin des Klägers auch vor Beginn der Wiedereingliederungsmaßnahme bestätigt, dass sie mit der Maßnahme einverstanden sei, der Kläger aber weiterhin als erkrankt geführt werde.
Da Leistungsfortzahlung nach § 126
SGB III aber nur für 6 Wochen erfolgen kann, hat der Kläger zutreffender Weise den Streitgegenstand auf den Zeitraum bis zum 3. September 2006 begrenzt. Im Übrigen ist hier anzumerken, dass die Wiedereingliederungsmaßnahme auch in dem von der Beklagten gewünschten Sinne zum Erfolg geführt hat, denn der Kläger war kurz nach Beendigung der Maßnahme ab dem 8. September 2006 wieder vollschichtig arbeitsfähig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2 Nrn. 1 und 2
SGG nicht vorliegen. Insbesondere ist keine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits gegeben, denn das Bundessozialgericht und das Bundesarbeitsgericht haben in der Vergangenheit die betroffenen grundsätzlichen Rechtsfragen bereits geklärt.