II.
Gegenstand des Verfahrens ist allein noch das Begehren des Ast, die von der Ag mit Bescheid vom 15. Oktober 2012 bewilligten Leistungen der
Kfz-Hilfe auch zu erhalten, nämlich den Zuschuss zu den Anschaffungskosten sowie die Übernahme der Umbaukosten. Dieses Begehren ergibt sich hinreichend deutlich aus der umfänglichen Begründung des Antrags im einstweiligen Rechtsschutz.
Der so verstandene Antrag ist zulässig. Es handelt sich nicht um einen Fall des § 86a
Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG), weil der Ast sich in der Hauptsache gegen die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes, des Bescheids der Ag vom 15. Oktober 2012
bzw. 25. Oktober 2012 über die
Kfz-Hilfe, wendet. Da seine Klage aufschiebende Wirkung hat, kann für die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kein Bedürfnis bestehen. Vielmehr geht es dem Ast darum, dass die Ag die zwar bewilligten, aber noch nicht bezahlten Leistungen auch tatsächlich ausreicht, damit er sein
Kfz auch nutzen kann. Somit liegt ein nach § 86a
Abs. 2
SGG zu regelnder Fall vor.
Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 86b
Abs. 2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b
Abs. 2 Satz 2
SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Anspruchs, den sogenannten Anordnungsanspruch, sowie die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sogenannten Anordnungsgrund, glaubhaft macht, § 86b
Abs. 2 Satz 4
SGG i.V.m. § 920 der Zivilprozessordnung (
ZPO). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist somit, dass dem Antragsteller ohne eine entsprechende Regelung schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage ist. Eine solche Eilbedürftigkeit liegt nur dann vor, wenn dem Antragsteller ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann (Anordnungsgrund) und wenn ihm aufgrund der glaubhaft gemachten Tatsachen bei summarischer Prüfung der Rechtslage ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Handlung
bzw. Unterlassung zusteht (Anordnungsanspruch). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, sondern es besteht zwischen ihnen eine Wechselbeziehung in dem Sinne, dass sich die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit und Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) verringern und umgekehrt. Denn Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (
vgl. Hess
LSG, Beschluss vom 27. März 2009,
L 3 U 271/08 B ER).
Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Eine Glaubhaftmachung liegt in entsprechender Anwendung von § 23
Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (
SGB X) dann vor, wenn das Bestehen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nach dem glaubwürdigen Vortrag des Antragstellers und nach den im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens möglichen Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich ist.
Nach diesen Maßstäben fehlt es schon an einem Anordnungsgrund.
Was den Zuschuss zu den Anschaffungskosten des vom Ast mittlerweile bestellten und auch bezahlten
Kfz anbelangt, ist schon keine Eilbedürftigkeit ersichtlich, weil der Ast den Kaufpreis inzwischen schon vollständig selbst bezahlt hat. Das ist nach den vom Ast vorgelegten Unterlagen offenbar über einen Bankkredit erfolgt, den er in Raten zurückzahlt. Ein dringendes Bedürfnis, bereits vor der Entscheidung in der Hauptsache, den Zuschuss von maximal 9.500
EUR zu erhalten, kann damit nicht bestehen. Auch nicht im Hinblick auf die vom Ast zu entrichtenden Raten. Insofern ist es so, dass bei Auszahlung des Zuschusses der Kredit nur in geringerer Höhe hätte aufgenommen werden müssen
bzw. in dieser Höhe vorzeitig getilgt werden könnte. Dafür, dass die demgegenüber höheren Kreditraten den Ast unangemessen belasten würden, ist nichts vorgetragen worden oder sonst im Rahmen der im Eilverfahren vorzunehmenden Ermittlungen ersichtlich.
Auch bezüglich der Übernahme der Kosten für den behinderungsbedingten Umbau und die Zusatzausstattung ist ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung für den Ast nicht mit unzumutbaren Nachteilen verbunden. Nach dem insofern übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten steht dem Ast noch sein altes
Kfz zur Verfügung, das auch behindertengerecht ausgestattet ist. Das Gericht sieht es auch nicht als glaubhaft gemacht an, dass der Ast dieses
Kfz nicht noch für eine gewisse Zeit nutzen könnte. Zwar hat der Ast ausgeführt, sein bisheriges
Kfz sei nunmehr 13 Jahre alt und weise erhebliche Mängel auf; er hat auch konkrete Mängel benannt. Allerdings hat er nicht behauptet oder gar belegt, dass das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit sei. Für die weiterhin bestehende Nutzbarkeit spricht auch, dass der Ast bereits bei der Beantragung der
Kfz-Hilfe im Juni 2012, also vor einem Jahr, angegeben hat, das Auto sei ein wirtschaftlicher Totalschaden. Dennoch hat er nach der Rücknahme des Bescheids über die
Kfz-Hilfe mit dem Bescheid vom 15. Oktober 2012 noch bis Anfang April 2013 zugewartet und erst dann um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zugleich hat er nichts dargetan, was für eine wesentliche Verschlechterung der Fahrtüchtigkeit des alten
Kfz gegenüber dem Zustand im Juni 2012 sprechen würde. Solches ist auch sonst nicht erkennbar.
Darüber hinaus besteht auch kein Anordnungsanspruch. Bei summarischer Prüfung hat das Gericht keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung der Ag. Auch wenn in dem fraglichen Bescheid vom 27. November 2012 einmal von einem Verwaltungsakt vom 25. Oktober 2009 und dann von einer Entscheidung zur
Kfz-Hilfe vom 25. Oktober 2012 die Rede ist, während sich in den von der Ag vorgelegten Akten ein Bescheid vom 15. Oktober 2012 findet, ist dem Ast als Empfänger der Rücknahmeentscheidung klar gewesen, worauf sich diese bezieht. Denn die Ag hat ihn betreffend nur einen Verwaltungsakt über
Kfz-Hilfe erlassen. Dabei geht das Gericht davon aus, dass das Datum 15. Oktober 2012 zutreffend ist, nachdem der Ast auch in seinem Schreiben vom 14. Mai 2013 von einem Bescheid zur
Kfz-Hilfe vom 15. Oktober 2012 spricht.
Ferner geht das Gericht im Rahmen der vorläufigen Beurteilung mit dem Bayer. Landessozialgericht davon aus, dass zum Zeitpunkt des Unfalls des Ast vom 27. Juli 2007 dieser nicht bei der Ag versichert war. Die rechtlichen Ausführungen zu diesem Punkt im Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 31. Juli 2012, L 3 U 305/11, das beiden Beteiligten bekannt ist, erscheinen insofern überzeugend, so dass darauf verwiesen werden kann. Demnach erweist sich der Bescheid der Ag über die
Kfz-Hilfe als von Anfang an rechtswidrig.
Auch die übrigen Voraussetzungen der Rücknahme nach § 45
SGB X hält das Gericht für erfüllt. Insbesondere ist im Rahmen der hier vorzunehmenden Prüfung nicht davon auszugehen, dass schutzwürdiges Vertrauen des Ast bestand, das eine Rücknahme gemäß § 45
Abs. 2
SGB X verhindern würde. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Rücknahmeentscheidung hatte der Ast weder erbrachte Leistungen verbraucht noch Vermögensdispositionen getroffen, die er nicht oder nur mehr mit unzumutbaren Nachteilen hätte rückgängig machen können. Wenn der Ast bereits damals das
Kfz bestellt hatte, hätte er dies stornieren können. Die Ag hatte auch in der Rücknahmeverfügung erklärt, etwaige Stornokosten oder sonstigen Schaden zu ersetzen. Den Umbau hat der Ast sogar erst im Laufe des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens beauftragt, so dass er insoweit auf keinen Fall mehr auf den Bestand des Bewilligungsbescheids vertrauen durfte.
Der Verweis des Ast auf die
§§ 14 und
15 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (
SGB IX) verfängt nicht, weil vorliegend nicht ein Rehabilitationsbedarf im Raum steht, über den die Ag nicht (zeitnah) entschieden hätte oder bezüglich dessen die Zuständigkeit streitig wäre. Vielmehr hat die Ag den Antrag längst beschieden und es geht allein um die Rücknahme dieser Entscheidung nach § 45
SGB X. Und es ist auch nicht ersichtlich, welcher andere Rehabilitationsträger
i.S.d. § 6 SGB IX zuständig sein sollte. Nachdem der Ast nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war
bzw. ist, scheidet deren Zuständigkeit aus. Gleiches gilt für die gesetzliche Krankenversicherung, zumal kein medizinischer Rehabilitationsbedarf streitig ist, sondern es um Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft geht. Aus diesem Grund kommt auch eine Leistung der begleitenden Hilfe durch das Integrationsamt nach
§ 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IX nicht infrage.
Daher ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §§ 183, 193
SGG.